Livonien

Livonien
Livische Flagge
Polen-Litauen (1618) mit heutigen Grenzen
██ Preußen, Polnisches Lehen
██ Herzogtum Kurland, Lithauisches Lehen
██ Herzogtum Livland
██ Schwedisches und Dänisches Livland

Livland (veraltet: Liefland[1], lateinisch: Livonia, livisch: Līvõmō, lettisch: Livonija, estnisch: Liivimaa) ist die Bezeichnung für eine historische Landschaft und politische Einheit im Baltikum. Sie umfasste in ihrer größten Ausdehnung vollständig die Gebiete der heutigen Staaten Estland und Lettland im Meistertum Livland. Livland im engeren Sinn bezeichnet nur die lettische Provinz Vidzeme.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Vorgeschichte

Erste Ansiedlungen auf dem Gebiet der heutigen baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland gehen vermutlich auf die Zeit des ersten vorchristlichen Jahrhunderts zurück. Neben den baltischen Stämmen der Kuren, Semgallen, Selonen, Latgallen und weiterer fanden sich an deren Stammesgebiete grenzend auch die finnougrischen Liven. Ihr Siedlungsgebiet umfasste um 1200 n. Chr. die Dünamündung und erstreckte sich entlang der Küste in nördlicher und westlicher Richtung. Das besiedelte Gebiet reichte bis in den Süden des heutigen Estlands. Die Zahl der Angehörigen livischer Stämme wird für diese Zeit auf 20.000 geschätzt.[2]

Mittelalter und Frühe Neuzeit

Die Karte Livlands von Joannes Portantius, 1573

Deutsche Herrschaft

Im Spätmittelalter wurde mit Livland (damals auch Eifland) das gesamte Territorium des Schwertbrüderordens bezeichnet, also das heutige Lettland und Estland (zunächst ohne den dänischen Teil im Norden Estlands). Im engeren Sinn, der ab dem 16. Jahrhundert allgemein wurde, bezeichnet es die Landschaft nördlich der Düna (lettisch: Daugava). Das Gebiet wurde im 13. Jahrhundert vom Schwertbrüderorden unter Führung des aus Bremen stammenden Bischofs von Riga, Albert I. von Buxhöveden, unterworfen (und insofern als territoriales Gebilde erst geschaffen); der Orden ging 1237 im Deutschen Orden auf. Anders als in Preußen konnte sich der Deutsche Orden in Livland - auch nach der Schlacht bei Tannenberg (1410) - als der führende Landesherr Livlands durchsetzen. Diese Leistung verdankte der Orden den Landmeistern Johann Freytag von Loringhoven (1483-1494) und Wolter von Plettenberg (1494-1535). Unter Plettenberg, der als Deutschordensmeister selbst katholisch blieb, setzte sich in Livland ab 1524 die Reformation durch, ohne dass es zu Gewalt zwischen Katholiken und Protestanten kam. Nach dem Untergang Altlivlands 1561 zeigte sich, dass der Protestantismus zum entscheidenden Bindeglied zwischen den Deutschen, Esten und Letten Altlivlands geworden war. Protestantische Pastoren trugen Außerordentliches dazu bei, dass es zu einer zunehmenden Annäherung zwischen ihren Völkern kam, auch kulturell. In den verschiedenen staatlichen Konstruktionen - und selbst in der Zeit der lettischen und estnischen Emanzipation - konnte dieser Zusammenhalt bisher niemals nachhaltig zerstört werden.

Polnische, dänische und schwedische Herrschaft

Die Woiwodschaften der Rzeczpospolita im 17. Jahrhundert

Auf dem Augsburger Reichstag von 1530 wurde Livland zum Mitglied des Heiligen Römischen Reiches erklärt, ohne praktische Konsequenzen. Um sich gegen die russische Bedrohung abzusichern, unterstellten sich Kurland und Livland, vertreten durch ihre Ritterschaften, daher 1561 der polnischen Oberhoheit. Estland und Ösel (Saaremaa) unterstellten sich aus demselben Grund und ebenfalls vertreten durch ihre Ritterschaften, dänischer Oberhoheit. 1629 wurde der größte Teil des Livlands durch Eroberungen Gustav Adolfs schwedisch. Nur die Gegend um Dünaburg (Daugavpils) blieb (ebenso wie Kurland) polnisch und wurde Polnisch Livland genannt. Dies ist mit der heutigen Landschaft Lettgallen (lettisch: Latgale) identisch.

Russische Ostseeprovinz 1721-1919

1721 fiel die Gegend durch Eroberungen Peter des Großen an Russland und bildete mit dem damaligen Estland (dem heutigen Nordteil der Republik Estland) und Kurland eines der drei Ostseegouvernements, die vom deutsch-baltischen Adel jeweils autonom verwaltet wurden. Das von 1721 bis 1919 bestehende kaiserlich russische Ostsee-Gouvernement Livland mit der Hauptstadt Riga (die vorher unter wechselnden Oberherrschaften eine gewisse Autonomie genossen hatte) und der Universitätsstadt Tartu (Dorpat) umfasste in etwa das heutige Südestland (mit Dorpat) und das nordöstliche Lettland bis zur Düna. Der lettische Teil dieses waldreichen Gebiets ist (unter dem einheimischen Namen Vidzeme) eine der vier historischen Landschaften dieses Landes. Sie nimmt die Gegend um Valmiera (Wolmar), Sigulda (Segewold) und Cēsis (Wenden) sowie um den Fluss Gauja (Livländische Aa) ein. Da Livland keine ethnisch einheitliche Bevölkerung hatte, sondern vielmehr von Esten und Letten bewohnt wurde, wurde es 1919 zwischen Estland und Lettland geteilt. Großgrundbesitz und Stadtbürgertum (und damit auch fast die gesamte Intelligenz) waren durchwegs deutschsprachig.

Die deutsche Volksgruppe wurde jedoch im Zuge des Hitler-Stalin-Paktes in die Gegend von Posen (Warthegau) vertrieben, von wo sie 1945 abermals weiter westwärts vertrieben wurde.

Städte

Im heute lettischen Teil

Im heute estnischen Teil

Siehe auch

Literatur

  • Friedrich Konrad Gadebusch: Abhandlung von Livländischen Geschichtsschreibern. Hartknoch, Riga 1773, 282 Seiten, online.
  • Johann Bernhard von Fischer: Versuch einer Naturgeschichte von Livland, Friedrich Nicolovius, 2. Auflage, Königsberg 1791 (Anhang enthält u.a. unaufgeklapptes Faltbild der Stadt Narva), online.
  • Johann Karl Bähr: Die Gräber der Liven. Rudolf Kuntze, Dresden 1850, online.
  • Kurd von Schlözer: Livland und die Anfänge deutschen Lebens im baltischen Norden. Wilhelm Hertz, Berlin 1850, online.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Charles Knight: "Penny Cyclopaedia of the Society for the Diffusion of Useful Knowledge", London, 1839 Google books
  2. Tuchtenhagen, Ralph (2005): Geschichte der baltischen Länder. München: Beck.

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