Antoine Busnoys

Antoine Busnoys

Antoine Busnoys (auch Busnois; * zwischen 1432 und 1435 in Busne bei Béthune, Nähe Lille; † vor dem 6. November 1492 in Brügge) war ein französischer Komponist, Sänger, Dichter und Kleriker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Sein Name deutet auf eine Herkunft aus Busnes (bei Lilliers). Er scheint aus dem Patriziat oder gar dem Adel zu stammen und wurde wahrscheinlich an unbekanntem Ort in einer Maitrise ausgebildet.

In der Handschrift Paris 9223 hat sich vielleicht ein Hinweis auf eine Tätigkeit Busnoys in der Bretagne erhalten. Von den 15 in diesem Manuskript genannten Dichtern, zu denen auch Busnoys gehört, haben sich einige 1458 am Hof des bretonischen Herzogs Arthur III. aufgehalten. Bislang konnte diese Hypothese aber nicht durch Dokumentenfunde untermauert werden.

Mindestens seit 1460 ist Busnoys als Stundenleser an der Kathedrale Saint-Martin de Tours nachweisbar. Deren Schatzmeister war Johannes Ockeghem, ein berühmter Komponist, den Busnoys in der Motette In hydraulis (1465/67) als seinen Lehrer gerühmt hat.

1461 schrieb Busnoys aus Anlass der Krönung Ludwigs XI. zum König von Frankreich die Ballade Resjois toy terre de France.

Ein Streiflicht auf Busnoys Charakter wirft die Nachricht, dass er in Tours fünf Angriffe auf einen Priester organisiert hat und an diesen selbst beteiligt war. Dafür wurde er 1461 exkommuniziert, von Papst Pius II. auf Bitten Busnoys aber exkulpiert.

Dieses Verbrechen hat Busnoys Karriere aber nicht geschadet. Am 7. April 1465 (Palmsonntag) begann Busnoys Aufstieg in der Priesterhierarchie. An diesem Tag wurde er an Saint-Venant zu Tours in die niedrigsten Priesterorden erhoben, schon am 13. April 1465 zum Subdiakon ernannt. Es ist erwiesen, dass Buisnoys in diesem Jahr Magister puerorum an der Kathedrale in Tours war: er stand also den Chorknaben vor und hatte für deren Ausbildung und einwandfreien Lebenswandel zu sorgen.

Wahrscheinlich am 14. September 1465 beschloss das Kanonikat der Kathedrale Saint-Hilaire-le-Grand in Poitiers, Busnoys Bewerbung auf den Posten des Magister puerorum zu entsprechen. Kurzerhand wurde der Inhaber des Amtes, ein gewisser Le Begun, entlassen und Busnoys angestellt. Das spricht entweder für den exzellenten Ruf Busnoys als Musiker oder für starken politischen Druck. Tatkräftig hob Busnoys das Niveau des Chores, indem er darauf drängte, fähige Chorknaben aufzunehmen. Doch schon nach am 19. Juli 1466 führte das Kapitel Le Begun wieder in sein altes Amt ein, was nur bedeuten kann, dass Busnoys Poitiers verlassen hatte.

Die nächste Lebensstadion Busnoys war Burgund. Als burgundischen Komponisten hat man ihn lange betrachtet. Doch neuere Dokumentenfunde haben diese Einschätzung relativiert. Mittlerweile glaubt die Busnoys-Forschung, dass ungefähr zwei Drittel seiner Chansons vor 1467 und damit in Frankreich komponiert wurden. In einigen dieser Chansons spielt Busnoys z.B. auf eine gewisse Jacqueline d’Hacquelville an, bei der es sich um die Frau Jean Bocharts oder Boucharts, des Kanzlers des Pariser Parlements, handeln dürfte. Ein Kranz aus 12 Chansons ist Estiene Petit gewidmet; so hießen Beamte am Hof des französischen Königs.

Wahrscheinlich seit dem 1. Februar 1467 stand Busnoys im Dienst des Grafen von Charolais. Dieser war kein Geringerer als Karl der Kühne, Sohn des regierenden burgundischen Herzogs Philipps des Guten und ab 1467 Herzog von Burgund. Busnoys gehörte jedoch nicht der Hofkapelle an, sondern war als chantre-valet de chambre ein privater Angestellter des Grafen. In dieser Position ist er bis zum September 1468 nachweisbar.

Im Sommer 1469 wurde Busnoys Kantor. Zwischen dem 1. Oktober und dem 1. November 1470 erfolgte seine Ernennung zum Demi-Chappellain (ein Chappellain in Teilzeit und der Hälfte der Bezüge eines Chappellain): damit war Busnoys endlich offizielles Mitglied der herzoglichen Kapelle. Was Busnoys trotz mehr als zwei Jahre gehindert hat, reguläres Mitglied der Kapelle zu werden, ist unbekannt. Womöglich war seine Kaplansstelle im Château zu Mons mit einer halbjährigen Residenzpflicht verbunden.

Als Mitglied der Hofkapelle hat Busnoys seinen Herren auf dessen Reisen und Kriegszügen begleitet. Es ist überliefert, dass Busnoys für Kosten, die ihm durch Anschaffung eigener Ausrüstung und Bewaffnung, entstanden waren, entschädigt wurde.

In der Zeit zwischen Juni 1471 und Juli 1472 wurde Busnoys nunmehr zum Priester geweiht, clerc. Zwischen dem 13. Oktober und dem 24. November 1472 rückte er in den Rang eines Chappellain auf. Vielleicht steht damit in Zusammenhang, dass Karl das Kapitel von Saint-Silvestre im Château bei Mons am 4. Juni 1473 darüber unterrichtet hat, dass Busnoys auf sein dortiges Benefizium verzichtet habe.

1476 hat der Herzog seine Kapelle erheblich verkleinert. Wahrscheinlich sind Busnoys deshalb die Kampagne in Lorraine (Schlacht bei Grandson am 2. März 1476, Schlacht bei Murten am 21. Juni 1476) und die Katastrophe von Nancy erspart geblieben. Wahrscheinlich diente er in dieser Zeit Margarete von York, die seit 1468 Gemahlin Karls war.

Busnoys nahm am Begräbnis des Herzogs teil. Dessen Kapelle wurde 1477 von Marie von Burgund, seiner Tochter, übernommen. Nach der Hochzeit Marias und König Maximilians I. kam Busnoys in Kontakt mit dessen im Aufbau begriffener Kapelle, die den Grundstein der berühmten habsburgischen Kapelle bildete, der später Heinrich Isaac, Alexander Agricola und Pierre de la Rue angehörten.

Vielleicht schon 1478, sicher ab 1479 stand Busnoys im Dienst Maximilians. Am Morgen des 6. März 1482 erlitt Marie einen Jagdunfall, an dessen Folgen sie am 27. März 1482 verstarb. Als sie am 3. April 1482 begraben wurde, nahm auch Busnoys an der Zeremonie teil.

Nach dem 21. Mai 1483 ist Busnoys’ Name in den relativ vollständig erhaltenen Rechnungen des Königs nicht mehr zu finden. Die Gründe dafür sind nicht bekannt.

Busnoys besaß Pfründe in Oost-Voorne und Tholen in Holland, an der Kirche Saint-Gommaire in Lierre (Lier), in Vorne (oder Verne, zweifellos Furnes in der Diözese Thérouanne), vielleicht auch in Condé.

Seit etwa 1485 war Busnoys cantor an Saint-Sauveur in Brügge, wo in dieser Zeit auch Jacob Obrecht beschäftigt war. An Saint-Sauveur vereinigte der cantor die Funktion des cantor im engeren Sinne, der üblicherweise den Choralgesang leitete, und die des Succentors, der die Chorknaben das Discantsingen lehrte. Er war Mitglied der Confraternitas chori an Saint-Sauveur. Am 6. November 1492 wurde Busnoys Tod verzeichnet.

Werk

Messen

  1. Missa L’homme armé;
  2. Missa O crux lignum;
  3. Patrem Vilayge.

Busnoys zugeschriebene Messen

  1. Missa L’Ardent desir
  2. Missa super L’homme armé
  3. Missa sine nomine
  4. Missa Quant ce viendra

Motetten und Magnificat

  1. Ad coenam agni providi;
  2. Alleluia, verbum caro factum est;
  3. Anima mea liquefacta est / Stirps Jesse;
  4. Anthoni usque limina;
  5. Asperges me (verschollen);
  6. Conditor alme siderum;
  7. Gaude coelestis domina;
  8. In hydraulis;
  9. Lamentation auf den Tod Guillaume Dufays (nach 1474, verschollen);
  10. Magnificat sexti toni;
  11. Noel, noel;
  12. Regina caeli (I);
  13. Regina caeli (II);
  14. Victimae paschali laudes.

Busnoys zugeschriebene Magnificat und Motetten

  1. Magnificat octavi toni;
  2. Magnificat secundi toni;
  3. Incomprehensibilia / Preter rerum ordinem.

Weltliche Musik

  1. Acordes moy;
  2. Advegne que advenir pourra;
  3. Amours nous traicte / Je m’en vois;
  4. A qui vens tu tes coquilles;
  5. Au gré de mes iculx;
  6. A une dame;
  7. Au povre par necessité;
  8. A vous, sans autre;
  9. Bel acueil;
  10. Bone chére;
  11. Ce n’est pas moy;
  12. C’est bien maleur;
  13. C’est vous en qui;
  14. Con tutta gentileça;
  15. Corps digne / Dieu quel mariage;
  16. Cy dit benedicite;
  17. En soustenant;
  18. En tous les lieux;
  19. En voyant sa dame;
  20. Esaint-il merci;
  21. Faictes de moy;
  22. Faulx mesdisans;
  23. Fortuna desperata;
  24. (O) Fortune, trop tu es dure;
  25. Ha que ville;
  26. In myne zynn;
  27. Ja que lui ne;
  28. J’ay mayns de bien;
  29. J’ay pris amours tout au rebours;
  30. Je m‘esbaïs de vous;
  31. Je ne demande aultre degré;
  32. Je ne demande lialté;
  33. Je ne puis vivre ainsi;
  34. Joye me fuit;
  35. Laissez dangier;
  36. L’autrier la pieça /En l’ombre du buissonet / Trop suis jonette;
  37. L’autrier que passa;
  38. Le corps s’en va;
  39. Le monde a tel;
  40. Ma damoiselle;
  41. Maintes femmes;
  42. Ma plus qu’assez;
  43. Ma tres souveraine princesse;
  44. M’a vostre cueur;
  45. Mon mignault / Gracieuse, playsant;
  46. Mon seul et sangle souvenir;
  47. On a grant mal / On est bien malade;
  48. Pour entretenir mes amours;
  49. Pucellotte;
  50. Quant j’ay au cueur;
  51. Quant vous me ferez;
  52. Quelque povre homme;
  53. Quelque povre homme;
  54. Resjois toy terre de France / Rex pacificus;
  55. Seule a par moy;
  56. Soudainementmon cueur;
  57. Terrible dame;
  58. Une filleresse / S’il y a compagnion / Vostre amour;
  59. Ung grand povtre homme;
  60. Ung plus que tous;
  61. Vostre beauté / Vous marchez;
  62. Vostre gracieuse acointance.

Busnoys zugeschriebene weltliche Werke

  1. Amours, amours, amours;
  2. Amours fait moult / Il est de binne heure né /Tant que nostre argent dura;
  3. Cent mile escus;
  4. Et qui la dira;
  5. J’ay bien choisi;
  6. Il sera pour vous canbatu / L’homme armé;
  7. Je ne fay plus;
  8. Je suis venu;
  9. Le serviteur;
  10. Quant ce vendra;
  11. Sans avoir (‚S’ amours vous fiu‘ oder ‚Malagrota‘);
  12. Se brief puis.

Literatur

  • Catherine Brooks: Antoine Busnois, Chanson Composer. In: Journal of the American Musicological Society. Band 6, 1953, S. 111-135
  • Martin Claes: Antoine Busnois/Explanatory Notes. CD booklet Busnois, Van der Kamp & Kapel van de Lage Landen, 1993, Emergo Classics EC 3954-2
  • Christian Einsiedel: Antoine Busnoys - Gründe für eine Neubewertung. Grin, München 2001. ISBN 3-638-13636-1
  • Clemens Goldberg: Die Chansons von Antoine Busnois: die Ästhetik der höfischen Chansons. Lang, Frankfurt a.M. 1994. ISBN 3-631-47079-7
  • Paula Marie Higgins: Antoine Busnoys: method, meaning and context in late medieval music. Clarendon Press, Oxford 1999
  • Paula Marie Higgins: Parisian Nobles, a Scottish Princess, and the Woman’s Voice in Late Medieval Song. In: Early Music History. Band 10, 1991, S. 145-200
  • Paula Marie Higgins: Antoine Busnois and Musical Culture in Late Fifteenth-Century France and Burgundy. Dissertation, Princeton 1987
  • Leeman L. Perkins: Antoine Busnois and the d’Hacqueville Connection. In: M. B. Win (Hrsg.): Musique naturelle et musique artificielle: In memoriam Gustave Reese, Le Moyen Français 5. Montréal 1979
  • G. Perle: The Chansons of Antoine Busnois. In: Musical Review. Band 11, 1950, S. 89-97
  • Micheline D. Ustilla: The texts of the chansons of Antoine Busnois. Dissertation, New York 1960

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