Los Angeles Riots

Los Angeles Riots

Die gewalttätigen Unruhen in Los Angeles 1992 (engl.: Los Angeles Riots, auch LA Riots, Rodney King Riots) begannen am 29. April 1992, als vier Polizisten, die in Los Angeles (USA) der Misshandlung des Afroamerikaners Rodney King beschuldigt worden waren, von einem Gericht freigesprochen wurden. Die daraus vor allem in der afroamerikanischen Bevölkerungsgruppe resultierende Empörung löste in Teilen Los Angeles für einige Tage einen Gewaltausbruch mit bürgerkriegsähnlichen Zuständen aus. Am Ende waren 53 bekannt gewordene Todesfälle zu beklagen, mehrere tausend Menschen wurden verletzt und es entstanden Sachschäden in Höhe von ca. einer Milliarde US-Dollar. Unter den 53 Todesopfern waren 48 Männer und 5 Frauen.

Inhaltsverzeichnis

Auslöser

Am Abend des 3. März 1991 wurde Rodney King von Polizisten der Los Angeles Police Department (LAPD) gestellt, nachdem er sich in alkoholisiertem Zustand eine Auto-Verfolgungsjagd mit mehreren Streifenwagen durch Los Angeles geliefert hatte. Der große und kräftige Mann widersetzte sich seiner Festnahme und griff die Polizisten an, worauf diese ihre Schlagstöcke einsetzten und über 50 Mal auf King einschlugen, auch noch als dieser am Boden liegend kaum noch zu ernsthaftem Widerstand in der Lage schien.

Ein Augenzeuge, der diesen Vorgang aus seiner nahegelegenen Wohnung mit einer Videokamera gefilmt hatte, reichte seine Aufzeichnung an Fernsehsender weiter. In der Folge entwickelte sich unter dem Eindruck des häufig im Fernsehen abgespielten Ausschnitts, der nur die Stockschläge, nicht aber den vorhergehenden Ablauf zeigte, eine hitzige Debatte in der US-amerikanischen Öffentlichkeit. Die betroffenen Polizisten, drei Weiße und ein Latino, wurden besonders von Afroamerikanern der überzogenen, rassistisch motivierten Gewalt beschuldigt.

Das Gerichtsverfahren folgte ein Jahr später. Zuvor gelang es der Verteidigung der vier Beschuldigten, dass ein Gericht in einem Vorort von Los Angeles die Zuständigkeit zugesprochen bekam. Die Geschworenen, die aus dem jeweiligen Bezirk zufällig ausgesucht werden, waren entsprechend dessen Bevölkerungsanteilen überwiegend weiß. Kein Schwarzer befand sich in der Jury. Trotzdem wurde der live im Fernsehen übertragene Freispruch aller Beschuldigten am 29. April 1992 angesichts der Videoaufnahme der Tat und des öffentlichen Drucks als Überraschung gewertet. An mehreren Stellen in Los Angeles versammelten sich Menschen überwiegend schwarzer Hautfarbe, um gegen das Urteil zu protestieren. Innerhalb kürzester Zeit schlugen die Proteste in Gewalt um.

Tiefere Gründe für die Ausschreitungen

Jenseits des unmittelbaren Auslösers, dem Rodney King Beating, werden als Ursachen der Unruhen eine Reihe weiterer Faktoren genannt:

  • In den betroffenen Gegenden von Los Angeles, in erster Linie dem Bezirk South Central, waren Arbeitslosigkeit und Armut weit verbreitet. Grassierende Kriminalität und Bandenwesen waren Ausdruck der Probleme. South Central und angrenzende Bezirke galten als soziales Pulverfass.
  • Die Polizeikräfte der LAPD wurden aufgrund ihres harten Vorgehens in den Problemvierteln häufig als eine Art Besatzungsmacht gesehen und die Rodney-King-Aufnahmen bestätigten viele in ihrem Empfinden.
  • In den betroffenen Bezirken gab es latente bis offene Rassenkonflikte. Lateinamerikanische und koreanische Einwanderer zogen in großer Zahl in Gebiete, die vorher rein schwarze Gegenden gewesen waren. Vor allem die Koreaner waren aufgrund ihrer offensichtlichen Geschäftstüchtigkeit und der daraus resultierenden Übernahme örtlicher Ladengeschäfte bei den Afroamerikanern unbeliebt.
  • Zwischen den Vorfällen um Rodney King und den Freisprüchen gelangte ein anderes Videoband an die Öffentlichkeit, das vorhandene Rassenspannungen verstärken sollte. Die Überwachungskamera eines koreanisch geführten Getränkeladens in Los Angeles hatte aufgezeichnet, wie die Ladeninhaberin der 15-jährigen Afroamerikanerin Latasha Harlins, die sie für eine Ladendiebin hielt, nach kurzer Auseinandersetzung tödlich von hinten in den Kopf schoss. Sie wurde im November 1991 zu fünf Jahren Haft auf Bewährung, einer Geldstrafe und gemeinnütziger Arbeit verurteilt; in den Augen vieler Schwarzer ein zu mildes Urteil und ein weiterer Beweis für die Diskriminierung ihrer Volksgruppe.

Der Verlauf der Ausschreitungen

Soldaten der 40. Infanteriedivision patrouillieren in den Straßen von Los Angeles

Noch am Nachmittag, als der Freispruch der vier im Rodney King Beating beschuldigten Polizisten bekannt wurde, entluden sich Wut und Frustration der Afroamerikaner in South Central und weiteren Stadtteilen von Los Angeles. Es wurden Steine geworfen und nicht-schwarze Passanten und Autofahrer angegriffen. Geschäfte wurden geplündert, Fahrzeuge und Gebäude in Brand gesteckt, Schusswaffen eingesetzt. Die örtliche Polizei sah sich dem Ausbruch an Gewalt nicht gewachsen und zog sich zurück – Teile der Polizeiführung befanden sich nicht in der Stadt. Ein Ersticken des Aufstandes im Keim fand nicht statt. Dieser Umstand wurde später häufig als entscheidendes Versäumnis hinsichtlich des weiteren Verlaufs der Ausschreitungen gewertet.

Während der folgenden beiden Tage erreichten die Ausschreitungen und der Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung ihren Höhepunkt. In zunehmendem Maße hatten sich auch andere Volksgruppen an den Plünderungen beteiligt. Geschäftsinhaber versuchten, sich und ihren Besitz durch den Einsatz von Schusswaffen zu verteidigen. Ein öffentlicher Aufruf Rodney Kings im Fernsehen, sich zu „vertragen“ („Can we all get along?“), blieb ohne Wirkung. Die Unruhen hatten mit ihrem direkten Auslöser kaum noch etwas zu tun. US-Präsident George H. W. Bush kündigte in einer Fernsehansprache hartes und entschlossenes Vorgehen gegen die Randalierer an – am 29. April hatte er selbst noch öffentlich sein Unverständnis über die Freisprüche zum Ausdruck gebracht.

Erst ab dem vierten Tag gelang es den Polizeikräften, unterstützt durch Nationalgarde, US Marines und US Army, die Oberhand zu gewinnen. Eine nächtliche Ausgangssperre war verhängt worden. Über 20.000 Sicherheitskräfte und Soldaten und eine große Zahl an Fahrzeugen und Material waren inzwischen in der Stadt im Einsatz. Dennoch dauerte es weitere zwei Tage, bis die Unruhen abgeflaut waren und die Ausgangssperre aufgehoben werden konnte. Mehr als 7000 Menschen waren bis dahin verhaftet worden.

Am Ende waren 53 Menschen direkt und indirekt durch die Ausschreitungen ums Leben gekommen, 35 durch Schussverletzungen, jeweils sechs Menschen starben bei Autounfällen und durch Brandstiftung, zwei Menschen wurden erschlagen und ein Mann wurde erhängt. Unter den Opfern waren 25 Afro-Amerikaner, 16 Lateinamerikaner, acht Weiße, zwei Asiaten, ein Algerier und ein Inder. 22 Todesfälle sind bis heute ungeklärt. Acht Tötungen durch Schusswaffen erfolgten durch die eingesetzten Sicherheitskräfte.

Nachwirkungen

Zwei der beschuldigten Polizisten wurden in einem weiteren Verfahren schuldig gesprochen, Rodney Kings Bürgerrechte verletzt zu haben. Sie wurden am 4. August 1993 zu je 30 Monaten Haft verurteilt. Die beiden anderen Polizisten wurden auch in diesem Prozess freigesprochen. Am Tag des Urteilsspruchs wurden in Los Angeles weitreichende Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Die Medien hatten sich auf eine weniger kontroverse Berichterstattung über den Urteilsspruch geeinigt. Ausschreitungen blieben diesmal aus.

Noch heute sind Spuren der Los Angeles Riots in South Central, das heute offiziell South Los Angeles heißt, zu sehen. Trotz vielfältiger öffentlicher Anstrengungen zum Wiederaufbau klaffen noch immer große Lücken in jenen Blocks, wo im Frühjahr 1992 insgesamt über 800 Gebäude niedergebrannt worden waren. Die Bereitschaft, in diese nach wie vor problematische Gegend zu investieren, ist gering.

Literatur

  • Lou Cannon: Official Negligence: How Rodney King and the Riots Changed Los Angeles and the LAPD, Westview Press, 1999 ISBN 0813337259 (engl.)

Filme

Dark Blue mit Kurt Russel berichtet über die Problematik der Rassen in L.A. und das Vorgehen der Sicherheitskräfte. The L.A. Riot Spectacular von Regisseur Marc Klasfeld aus dem Jahr 2005 befasst sich in einer satirischen Art und Weise mit dem Thema. Freedom Writers mit Hillary Swank und Danny Devito. Dort wird der „Rodney King Fall“ als Einstieg genutzt und als Grundlage für die Bandenkriege in Long Beach genannt.

Musik

  • Das Lied Cop Killer (30. März 1992) der Band Body Count
  • Das Lied „April 29th 1992“, über Plünderungen und Unruhen in Los Angeles, der Band Sublime bezieht sich mit seinem Text auf diese Ereignisse.
  • Das Lied „L.A.P.D.“, von dem Album Ignition (1992), der Band The Offspring bezieht sich auf den Rodney King Vorfall.
  • 1993 erschien das Album „Cyberpunk“ von Billy Idol, das den Song „Shock to the System“ beinhaltet, der das Thema behandelt und Kontroversen auslöste ob seiner angeblichen Gewaltverherrlichung.
  • 1994 erschien ebenfalls ein Lied von Downset mit dem Namen „Anger“, das über die Ereignisse von 1992 handelt.
  • Im Jahr 1999 veröffentlichte die Band Rage Against the Machine das Album „The Battle of Los Angeles“.
  • Auf seinem Album „Welcome to the cruel world“ singt Ben Harper den Song „Like a king“ und zieht eine Verbindung von Rodney King zu Martin Luther King.

Popkultur

  • Im Videospiel Grand Theft Auto: San Andreas wird der weiße Polizist Ralph Pendelbury vom hispanischen Cop Jimmy Hernandez erschossen, der von den Kollegen Frank Tenpenny und Eddie Pulaski zu der Tat gezwungen wird. Als der Mord an die Öffentlichkeit gerät und Tenpenny und Pulaski vor Gericht gestellt und freigesprochen werden, brechen im Los-Angeles-Gegenstück „Los Santos“ Unruhen aus, die anhalten, bis beide tot sind.

Weblinks und Quellen

Weiterführende Links


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