Lysosomen

Lysosomen

Lysosomen sind Zellorganellen in den eukaryotischen Zellen der Tiere. Diese Membranvesikel schnüren sich vom Golgi-Apparat ab und enthalten hydrolytische Enzyme und Phosphatasen. Die Hauptfunktion der Lysosomen besteht darin, körperfremde (z. B. bakterielle und virale) Proteine und Substanzen mittels der in ihnen enthaltenen Enzyme zu verdauen. Pflanzen besitzen keine Lysosomen, wie es früher fälschlicherweise angenommen wurde. Deren Zellsaftvakuolen erfüllen in ihnen eine ähnliche Funktion.

Inhaltsverzeichnis

Aufbau

Lysosomen haben einen Durchmesser von 0,1–1 μm. Sie enthalten zur intrazellulären Verdauung von Material viele verschiedene hydrolysierende Enzyme, wie Proteasen, Nukleasen und Lipasen. Diese Enzyme dienen der Hydrolyse von Proteinen, Polysacchariden, Nucleinsäuren, Lipiden, also aller wichtigen Gruppen von Makromolekülen. Diese erreichen nur eine hohe Aktivität bei einer sauren Umgebung von 4,5–5 pH. Dies dient dem Schutz der Zelle bei einem Aufbruch eines Lysosoms. In einem solchen Fall wären die Enzyme im pH-neutralen Milieu des Cytosols inaktiv. Dies ist ein Beispiel für die Wichtigkeit der Kompartimentierung innerhalb der Zelle. Der niedrige pH-Wert innerhalb der Lysosomen wird durch die Lysosomenmembran aufrecht gehalten. Lysosomen sind von einer Membran mit spezifischer Proteinausstattung umgeben. Eine V-Typ-ATPase transportiert pro ATP-Molekül zwei Protonen (H+) in die Lysosomen. Die Membranproteine sind auf der Innenseite zum Schutz stark glykosyliert.

Entstehung

Die hydrolytischen Enzyme und die Lysosomenmembran werden vom rauhen (granulären) endoplasmatischen Retikulum gebildet und zum Golgi-Apparat transportiert. Die lysosomalen Enzyme erfahren im trans-Golgi-Apparat eine Sortierung und werden gezielt in Vesikel verpackt und zu den späten Endosomen transportiert. Im Fall der Hydrolasen ist ein spezifisches Signal bekannt: Mannose-6-Phosphat-Gruppen (M6P) an ausschließlich Stickstoff-gekoppelten Oligosacchariden. Diese Modifikation findet im cis-Golgi-Apparat statt und wird von zwei Enzymen katalysiert: Eine Phosphotransferase erkennt, dass es sich um ein lysosomales Enzym handelt und heftet N-Acetylglucosamin-1-Phosphat an ein oder zwei Mannosereste; das zweite Enzym schneidet den N-Acetylglucosamin-Rest ab, womit die Markierung durchgeführt ist.

Im trans-Golgi-Apparat werden die M6P-Reste von membranintegralen M6P-Rezeptoren erkannt. Im späten Endosom trennen sich die M6P-Rezeptoren bei pH 6 wieder von ihren Liganden und werden rezyklisiert.

Es gibt auch einen M6P unabhängigen Transportweg in die Lysosomen, z. B. bei den Membranproteinen der Lysosomen. Der Mechanismus ist nicht bekannt.

Aufgaben

Lysosomen verdauen zellfremdes (Heterophagie) aber auch zelleigenes (Autophagie) Material. Dies geschieht auch beim programmierten Zelltod.

Verdauung zellfremden Materials

Lysosomen wirken auf mehrere Weisen an der Verdauung auf Zellebene mit. Durch Phagozytose entstandene Endosomen verschmelzen mit primären Lysosomen zu sekundären Lysosomen. Bei Protisten wird dies Nahrungsvakuole genannt. Bruchstücke des im Lysosom verdauten zellfremden Materials werden in Form sogenannter Antigenfragmente an MHC-II-Rezeptoren an der Zelloberfläche präsentiert. Dieser Vorgang spielt eine wichtige Rolle im Immunsystem. Als Beispiel für menschliche Zellen, die hierzu fähig sind, sind die Makrophagen zu nennen.

Verdauung zelleigenen Materials

Die Lysosomen verwerten nicht nur zellfremdes, sondern auch zelleigenes Material. Dies nennt man Autophagie. Hierbei werden Organellen oder Teile des Zytosols durch die Lysosomenenzyme zerlegt und wiederverwertet. Auf diese Weise erneuert sich die Zelle mit Hilfe der Lysosomen selbst. In einer menschlichen Leberzelle werden pro Woche die Hälfte aller Makromoleküle auf diese Weise zerlegt.

Programmierter Zelltod

Auch der programmierte Zelltod (Apoptose) durch eigene Lysosomenenzyme ist eine wichtige Aufgabe der Lysosomen. Durch Apoptose werden beispielsweise der Schwanz der Kaulquappe bei Amphibien oder die "Schwimmhäute" zwischen den Fingern des menschlichen Embryos abgebaut.

Erkrankungen mit lysosomaler Beteiligung

Ein Defekt in der Phosphotransferase führt zu einer so genannten lysosomalen Speicherkrankheit. Da keine Markierung mit Mannose-6-Phosphat stattfinden kann, werden die lysosomalen Enzyme nicht sortiert und gelangen unkontrolliert über die Plasmamembran in die extrazelluläre Matrix (I-Zellkrankheit, autosomal rezessiv vererbt). Andere lysosomale Speicherkrankheiten werden durch Defekte lysosomaler Hydrolasen ausgelöst. Dadurch kommt es zur Vermehrung von nicht-abgebautem Material in den Lysosomen (z. B. Morbus Hunter). Meistens sind schwere Krankheitserscheinungen die Folge.

Weblinks

Literatur

  • Bruce Alberts u. a.: Molecular Biology of the Cell. 4. Auflage. Garland Science, New York 2002, ISBN 0815340729.
  • Neil A. Campbell, Jane B. Reece: Biologie. 6. Auflage. Spektrum, Heidelberg 2003, ISBN 3827413524.

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