Anunnaku

Anunnaku

Die Anunna (sumerisch DINGIRA.NUN.NA, Götter, die vom Samen Enkis sind) stellen in der sumerischen Religion den göttlichen Ältestenrat dar. Die Anunna wurden zusätzlich mit dem Titel DINGIRGAL.GAL.E.NE (die Großen der großen Götter) belegt.

Inhaltsverzeichnis

Mythologischer Hintergrund

Frühere Annahmen, dass es sich um eine eigenständige Gottheit handelt, sind durch die moderne Forschung widerlegt. In der Frühzeit Sumers wurde der Begriff Anunna noch ohne die göttliche Zuweisung „DINGIR” geschrieben und bezeichnete die „Götterversammlung zur Bestimmung des Schicksals”. Die Anunna entsprechen nicht den Anunnaki in der akkadischen Überlieferung, da sie nicht den Rang von Unterweltsgöttern einnahmen, den die Anunnaki in späterer akkadischer Zeit teilweise bekleideten.

Die Anunna galten als mythologisches Vorbild für die akkadischen Anunnaki, deren Bezeichnung zusätzlich eine sprachliche Begriffsentlehnung darstellte, jedoch nur in literarischen Texten vorkam und einen Bedeutungswandel erfuhr. In der akkadischen Sprache wurden „die großen Götter” entsprechend „ilu-rabutum” und „ilu-matim” als „Götter des Landes” bezeichnet.

Die zusätzliche Silbe KI als Anhang zu Anunna hatte unter anderem die Bedeutung von „Erde” und „Unterwelt”. Dieser Wortanhang transformierte die ehemals „großen Götter” zu „Göttern der Unterwelt”. Eine mythologische Gleichsetzung kann deshalb nicht vorgenommen werden.[1]

Zugehörigkeit zur Anunna

Der sumerische Name A.NUN.NA verweist auf die Abstammung vom „großen weisen Fürsten (NUN)”. Mit „NUN” ist Enki als Weisheitsgott gemeint. An den Götterversammlungen durften daher nur die Gottheiten teilnehmen, die über Verwandtschaftslinien miteinander verbunden waren.

Im En-hedu-anna-Text „Oberherrin, Mutige” wird Inanna als „stolzeste aller Anunna-Gottheiten” betitelt, „deren Befehle die anderen Anunna zum Kriechen veranlasst. Ohne Inanna findet kein ausgefeilter Ratsbeschluss Zustimmung”.[2] Die späteren Verschmelzungen und Gleichsetzungen der Gottheiten werden durch die vorliegenden Götterlisten der Anunna deutlich.

Aufbauorganisation der Anunna

In der obersten Götterversammlung entschieden die wichtigsten Landesgottheiten, die gleichzeitig die wichtigsten Götter und Vorsteher der regionalen Götterversammlungen darstellten. Die Gottheiten der regionalen Götterversammlung repräsentierten wiederum die ranghöchsten Götter der kleinsten Regionalgemeinden.

So lautete beispielsweise die Götterversammlung von Eridu: DINGIRA.NUN.NA E.RI.DUKI. Es war möglich, dass verschiedene Götter in verschiedenen Götterversammlungen anwesend waren, da es auch mehrere Kultorte der jeweiligen Gottheiten gab. In den Inschriften wird meist symbolisch vermerkt, dass es sich immer um eine Versammlung der 50 höchsten Gottheiten handelte. Nach Überprüfung der Götterlisten, die als Anwesenheitslisten geführt wurden, stellte sich heraus, dass mal mehr oder weniger Götter genannt wurden.

Funktionsprinzip der Anunna

Die Anunna traten zusammen, wenn es um wichtige göttliche Entscheidungen ging. Erstmals traten die Anunna bei der Schöpfung des Menschen zusammen, um die Erscheinungsform des Menschen und dessen Aufgaben zu bestimmen. Die ursprüngliche Bedeutung Gottesopfer entstand aus diesem mythologischen Zusammenhang heraus, da das erste Gottesopfer ein tatsächliches Opfer einer Gottheit war. Das Blut der getöteten Gottheit wurde mit Lehm zu einer Modelliermasse vermischt, aus der nach sumerischer Überlieferung der erste Mensch hervorging.

In anderen Zusammenhängen fungierten die Anunna als oberste Richter über Strafen und Belohnungen der jeweiligen Gottheiten selbst. Im Epos Inannas Gang in die Unterwelt entschieden sieben Mitglieder der Anunna, ob Inanna wieder auferstehen sollte. In gleicher Funktion traten die Anunna bei der Schöpfung des Enkidu im Gilgamesch-Epos zusammen.

Frühere Annahmen

Die frühere Zuweisung als Unterweltsgötter gründete sich auf einen Passus im Epos Inannas Gang in die Unterwelt:

DINGIRA.NUN.NA dikuiminbi iginise di mun[...]/dimundakurune/dimundakurune, was sinngemäß bedeutet: Die göttlichen Anunna, sieben Richter von ihnen, sprachen Recht hinsichtlich der Inanna vor Ereschkigal.“

ANUNNA[3]

Aus dieser Passage wird nur ersichtlich, dass sieben Richter der Anunna ein Urteil fällten. Dass dieses Urteil in der Unterwelt gesprochen wurde oder dass es sich um Unterweltsrichter handelt, wird dagegen mit keinem Wort erwähnt. Die Zuweisung an die Unterwelt steht zudem im Widerspruch zur sonstigen Funktion der Anunna.

Siehe auch


Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. RLA Bd. 5, Seite 37-38.
  2. Gebhard J. Selz: Sumerer und Akkader, C.H. Beck, München 2005, S. 68.
  3. RLA Bd. 5, Seite 39.

Literatur


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