Manfred Hausmann

Manfred Hausmann
Sonderbriefmarke von 1998 zum 100. Geburtstag von Manfred Hausmann

Manfred Georg Andreas Hausmann (* 10. September 1898 in Kassel; † 6. August 1986 in Bremen) war ein deutscher Schriftsteller und Journalist, der das Pseudonym Toyotama Tsuno mit dem erfundenen Lebenslauf einer japanischen Dichterin für Gedichte benutzte, die er angeblich übersetzt hatte.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Geboren 1898 als Sohn eines Fabrikanten (Firma Zeiss-Winkel), besuchte er das Gymnasium in Göttingen und wurde Mitglied der Wandervogelbewegung, in der viele von ihm geschriebene Fahrtenlieder gesungen werden. 1916 legte er das Notabitur als Soldat im Ersten Weltkrieg ab und kehrte 1918 zurück nach Göttingen. In Göttingen und München studierte er Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte.

1922 promovierte er und heiratete die Studienkollegin Irmgard Schmidt, 1923 begann er eine Kaufmannslehre in Bremen. 1924 wurden die Zwillinge Wolf und Tjark geboren. 1924 und 1925 war er Feuilletonredakteur der Weser-Zeitung; seine Novellen wurden erstmals im Schünemann Verlag veröffentlicht.

Ende 1925 legte er die Arbeit bei der Zeitung nieder und zog als Landstreicher ein Jahr durch Deutschland, bis er seinen ersten Roman Lampioon fertig gestellt hatte. 1926 wurde er freier Schriftsteller in Worpswede, bis er 1928 einen Vertrag mit dem S. Fischer Verlag schloss. 1929 unternahm er eine Amerikareise, 1930 wurde seine Tochter Bettina geboren.

Um 1933 wandte er sich dem Christentum zu, u. a. durch die Bekenntnisschrift Theologische Existenz heute (Karl Barth) und die anschließende intensive Auseinandersetzung mit dessen Theologie sowie mit Schriften Kierkegaards, den Romanen Dostojewskis und der Bibel. 1934 starb der Verleger Samuel Fischer und Hausmann hielt die Grabrede. 1936 wurde sein Sohn Martin geboren. 1938 erschien der erste Gedichtband Jahre des Lebens.

1939/40 war er Soldat; er lebte während des Krieges zurückgezogen, schrieb aber für die von Joseph Goebbels kontrollierte Zeitung Das Reich, sowie für Frontzeitschriften und die nationalsozialistische Krakauer Zeitung, die im besetzten Polen, dem sogenannten „Generalgouvernement“ erschien.[1]

Das „Hausmann-Haus“ wurde Zuflucht für einige intellektuelle „Querdenker“. 1941 veröffentlichte er den Gedichtband Alte Musik.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs schrieb Hausmann für Die Neue Zeitung, wo er 1947 als Repräsentant der „Inneren Emigration“ eine schwere Auseinandersetzung mit Thomas Mann hatte.[1] Daneben war Hausmann von 1945 bis 1952 Schriftleiter beim Weser-Kurier Bremen und freier Schriftsteller in Bremen-Rönnebeck. 1946 erschienen im Suhrkamp-Verlag, ehemals S. Fischer, die Gedichte Füreinander.

Als die Jury zur Vergabe des Literaturpreises der Stadt Bremen, der Hausmann angehörte, 1959 auf einer Sitzung, an der er nicht teilnahm, Günter Grass (Die Blechtrommel) für den Literaturpreis 1960 vorschlug, wandte Hausmann sich öffentlich gegen diese Entscheidung und kündigte seine Mitgliedschaft in der Jury auf. Tatsächlich entschied sich der Bremer Senat gegen Grass, und der Preis wurde für 1960 gar nicht vergeben.

Hausmann verfasste Gedichte, Erzählungen, Essays, Dramen, theologische Schriften und eine literarische Neu-Bearbeitung des Hohelieds Salomos; außerdem übertrug er früh-griechische, chinesische und japanische Gedichte in die deutsche Sprache. 1968 wurde er zum Ältestenprediger der Bremischen Evangelischen Kirche ordiniert; er übernahm viele Predigtdienste, Vortragstätigkeiten und sprach bei Rundfunk-Veranstaltungen und Kirchentagen.

Hausmann lebte seit seiner Hinwendung zum Christentum in einem ständigen Konflikt zwischen seiner Berufung zum Dichter einerseits und zum Theologen andererseits. Der Versuch, „dichtend“ zu verkündigen, verlief sowohl für ihn als auch für seine Leserschaft unbefriedigend. Erst mit der Ordination zum Ältestenprediger schuf er eine Lösung. Er trennte Kunst und Verkündigung voneinander: seine Predigten sind keine Dichtung und seine späten Dichtungen sind frei vom Verkündigungscharakter. Hausmann starb 1986. Sein Grab befindet sich auf dem evangelischen Friedhof in Rönnebeck-Farge.

Hausmann war Ehrenmitglied des Nerother Wandervogels. 1973 wurde ihm die Humboldt-Plakette als Ehrengabe verliehen.

Werke

  • Kunstdichtung und Volksdichtung im deutschen Soldatenlied 1914–18. Diss. München 1923
  • Die Frühlingsfeier. Novellen, 1924
  • Orgelkaporgel. Erzählungen, 1925
  • Lampioon küßt Mädchen und kleine Birken. 1928
  • Lilofee, Dr. 1929
  • Salut gen Himmel. 1929
  • Kleine Liebe zu Amerika. 1931
  • Abel mit der Mundharmonika. 1932
  • Ontje Arps. Erzählung 1934
  • Mond hinter Wolken. Erzählung 1935
  • Die Begegnung. Vor der Weser. Erzählungen, 1936
  • Abschied von der Jugend. 1937 (später unter dem Titel Abschied vom Traum der Jugend)
  • Demeter. 1937
  • Jahre des Lebens. 1938
  • Einer muß wachen. 1940, Vergleich zweier Skulpturen der Johannesminne
  • Geheimnis einer Landschaft. Worpswede 1940
  • Das Worpsweder Hirtenspiel. 1946
  • Von der dreifachen Natur des Buches. München 1948
  • Die Gedichte. 1949
  • Martin. 1949
  • Einer muß wachen. Betrachtungen. Briefe. Gedanken. Reden. 1950
  • Liebe, Tod und Vollmondnächte. Japanische Gedichte. 1951
  • Der dunkle Reigen. Ein Mysterienspiel, 1951
  • Der Überfall. Gesammelte Erzählungen, 1952
  • Isabel. 1953
  • Liebende leben von der Vergebung. 1953
  • Hafenbar. Komödie, 1954
  • Hinter dem Perlenvorhang. Gedichte nach dem Chinesischen. 1954
  • Der Fischbecker Wandteppich. Ein Legendenspiel, 1955
  • Was dir nicht angehört. Erzählung, 1956
  • Andreas. 1957
  • Die Zauberin von Buxtehude. Ein Schauspiel, 1959
  • Kleiner Stern im dunklen Strom. Ein Roman, 1963
  • Heute noch. Erzählung, 1963
  • Gelöstes Haar. Japanische Gedichte von Toyotama Tsuno. 1964
  • Und wie Musik in der Nacht. 1965
  • Kreise um eine Mitte. 1968
  • Wort vom Wort. Acht Predigten, 1968
  • Gottes Ja. Neun Predigten, 1969
  • Der golddurchwirkte Schleier. Gedichte um Aphrodite, 1969
  • Das abgründige Geheimnis. Fünfzehn Predigten, 1972
  • Kleine Begegnungen mit großen Leuten. Ein Dank, 1973; als Hörbuch: gelesen von Peter Bieringer, Edition Apollon, Königswusterhausen 2009
  • Der Mensch vor Gottes Angesicht. Rembrandt-Bilder-Deutungsversuche, 1976
  • Nüchternheit. Predigten, 1975
  • Bis nördlich von Jan Mayen. Geschichten zwischen Kopenhagen und dem Packeis, 1978
  • Andreas, Viola und der neue Stern. (3. Auflage), 1985
  • Das Unerwartete. Städte und Landschaften, 1988
  • Worpsweder Kalenderblätter. Tage, Stunden, Augenblicke; aus dem Nachlass, Worpswede 1990
  • Abdrucke in Die Zeit:

Sekundärliteratur

  • Siegfried Hajek: Manfred Hausmann. Emil Müller Verlag, Wuppertal 1953 (= Dichtung und Deutung, Heft 5).
  • Karlheinz Schauder: Manfred Hausmann. Emil Müller Verlag, Wuppertal 1963 (= Dichtung und Deutung, Heft 8).
  • Arn Strohmeyer: Der Mitläufer. Manfred Hausmann und der Nationalsozialismus. Donat Verlag, Bremen 1999, ISBN 3-931737-84-5
  • Regina Jung-Schmidt: Sind denn die Sehnsüchtigen so verflucht? Die verzweifelte Suche nach Gott im Frühwerk des Dichters Manfred Hausmann. Neukirchener Verlagshaus, Neukirchen-Vluyn 2006, ISBN 3-7975-0115-3, „Blick ins Buch“
  • Ulrich Kriehn: Zwischen Kunst und Verkündigung. Manfred Hausmanns Werk zwischen Literatur und Theologie. Phil. Diss., FernUniversität Hagen. Tectum Verlag, Marburg 2008, ISBN 978-3-8288-9544-7, PDF
  • Andreas Wittbrodt: Hototogisu ist keine Nachtigall. S. 232–258: über Hausmanns japanische Dichtung u.a. Google-Books
  • Georg Plasger: Manfred Hausmann. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 16, Herzberg 1999, ISBN 3-88309-079-4, Sp. 643–647.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, S. 224.

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