Mannichl

Mannichl

Alois Mannichl (* 15. April 1956) ist ein deutscher Polizeibeamter. Als Polizeidirektor bei der Bayerischen Polizei leitet er seit 2004 die Polizeidirektion der Stadt Passau.

Mannichl wurde bundesweit bekannt, als am 13. Dezember 2008 auf ihn eine Messer-Attacke verübt wurde und die Polizei aufgrund Aussagen des Opfers rechtsextremistische Motive vermutete. Infolge dieses Angriffs kam die Diskussion über ein erneutes NPD-Verbotsverfahren auf.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werdegang

Mannichl begann seine berufliche Karriere als Hauptwachtmeister im mittleren Dienst der Bayerischen Grenzpolizei und wurde am deutsch-österreichischen Grenzübergang Achleiten bei Passau eingesetzt.[1] In den 1980er Jahren wechselte er in den gehobenen Dienst und übernahm die Leitung der Dienststelle der Grenzpolizei Lindau-Autobahn,[2] bevor er 1997 Chef der Abteilung für organisierte Kriminalität beim Polizeipräsidium Niederbayern/Oberpfalz mit Dienstsitz in Regensburg wurde. Später wurde er stellvertretender Leiter der Polizeidirektion Passau und im September 2004 zum dortigen Leiter ernannt.[3]

Anfang 2008 wurde Mannichl über die Liste einer überparteilichen Wählergemeinschaft in den Gemeinderat von Fürstenzell gewählt. Er ist verheiratet und Vater zweier erwachsener Kinder.

Messerattacke

Am 13. Dezember 2008 wurde Mannichl vor seinem Haus in Fürstenzell niedergestochen und verletzt. Nach seinen Aussagen stach der Täter ihn mit einem Messer aus Mannichls eigenem Haushalt nieder, das vor seinem Haus vergessen worden war.[4] Mannichl war sechs Tage im Krankenhaus.

Annahme eines rechtsextremen Tathintergrundes

Laut Aussage von Mannichl rief der Täter „Du trampelst nimmer auf den Gräbern unserer Kameraden herum,“ bevor er auf ihn einstach.[5] Als Hintergrund wird ein Vorfall am Volkstrauertag auf dem Innstadtfriedhof in Passau vermutet.[5][6][7][8][9][10] Bei einer Veranstaltung zum Gedenken an die Kriegstoten berührte Mannichl angeblich eine Grabplatte mit dem Fuß. Tags darauf veröffentlichte der NPD-Kreisverband auf seiner Internetseite einen verbalen Angriff auf den Polizeidirektor. Dort hieß es: „Verärgert stellte sich Mannichl auf eine Grabplatte gefallener Soldaten und trampelt mit seinen Schuhen auf einem Gedenkgesteck herum.“[5] Noch am selben Tag, am 17. November, beantragte Mannichl per Einstweiliger Verfügung beim Amtsgericht die Entfernung der Textpassage und bekommt Recht, woraufhin die NPD den Satz löscht. Aufgrund dieses Internet-Beitrags wurde am 08. April 2009 ein führender NPD-Funktionär aus Bayern wegen übler Nachrede zu einer Geldstrafe verurteilt.[7] Mannichl selbst sieht in dieser Veröffentlichung im Internet einen Auslöser für die Tat.[6] Bereits zuvor wurde Mannichl wegen seines harten Kurses gegen Rechtsextremisten zur Hassfigur der rechtsextremen Szene in und um Passau.[11] So verhinderte Mannichl persönlich Anfang 2007 einen Auftritt des Rechtsextremen Friedhelm Busse in einem Passauer Cafe.[12] Zudem war die Passauer Polizei unter seiner Leitung gegen Aufmärsche von Rechtsextremen vorgegangen, löste ein Zeltlager der rechtsextremen Gruppe „Blood Brothers Niederbayern“ auf und hatte im Auftrag der Staatsanwaltschaft Passau eine Reichskriegsflagge mit Hakenkreuz aus dem Grab von Friedhelm Busse sicherstellen lassen, die der NPD-Aktivist Thomas Wulff während der Beerdigung auf dessen Sarg niedergelegt hatte.[13]

Ermittlungen

Zunächst übernahm eine 50-köpfige Sonderkommission die Ermittlungen. Zum Jahreswechsel 2008/2009 wurde die Sonderkommission „Fürstenzell“ aufgelöst und die Zahl der Verlautbarungen der Ermittler und des Opfers drastisch reduziert. Das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) übernahm den Fall und erhöhte die Belohnung für Hinweise, die zur Aufklärung der Tat führen, am 23. Januar 2009 auf 20.000 Euro. Im März 2009 wurde die Sonderkommission von 50 auf 30 Beamte verkleinert und die Kommission nach München verlegt. Es schieden Beamte aus, aus deren Bereichen die Spuren abgearbeitet waren.[14]

Gesucht wird nach einem 1,90 Meter großen Mann mit kräftiger Statur, runder Gesichtsform, Glatze oder sehr kurz geschnittenen Haaren. Die Fahndung nach zwei Tatverdächtigen mit auffälligen Tätowierungen, die eine Zeugin gesehen haben wollte, wurde aufgegeben.[15] Dem Verfassungsschutz liegen bislang keine Hinweise auf eine rechtsextremistische Tat vor,[16] weshalb die Ermittlungen auch andere mögliche Täterkreise berücksichtigen. Die Staatsanwaltschaft räumte „merkwürdige“ Tatumstände ein, bestritt allerdings Hinweise auf eine Beziehungstat.[17] Die Alibis der Familienangehörigen und Bekannten Mannichls konnten durch die Erstellung von Bewegungsprofilen auf Grund von Handypeilungsdaten bestätigt werden.[18] Bereits Anfang Januar 2009 berichteten die Medien über Ungereimtheiten in Mannichls Angaben und den Aussagen einer Nachbarin.[19][20] Weiterhin gelangten wiederholt interne Informationen durch undichte Stellen an die Medien, die verschiedensten Mutmaßungen und Spekulationen Auftrieb gaben. Der leitende Passauer Oberstaatsanwalt Helmut Walch schloss im Februar 2009 einen familiären Hintergrund aus, da es dafür "nicht den geringsten Anhaltspunkt" gäbe.[21]

Politische Reaktionen auf die Tat

Nach der Tat wurden verstärkt Maßnahmen gegen den militanten Rechtsextremismus und gegen die NPD diskutiert.

In einer Aussprache im Landtag forderte Bayerns Innenminister Herrmann am 16. Dezember 2008, dass die staatliche Parteienfinanzierung für die NPD überprüft werden müsse. Einem erneutem Verbotsverfahren stand er in der Aussprache aber skeptisch gegenüber, da die V-Leute in der Partei nicht zurückgezogen werden könnten und das NPD-Verbotsverfahren von 2001 an der Existenz der V-Leute gescheitert war.[22] Ein entsprechender Vorstoß der Bundesländer Rheinland-Pfalz und Bayern fand nach einer Beratung mit der Bundeskanzlerin Merkel und den Ministerpräsidenten keine Mehrheit. Ein „Verbotsdruck“ solle aber aufrecht erhalten bleiben.[23]

Am 16. Dezember 2008 beschloss der Bayerische Landtag, ein Präventionskonzept gegen Rechtsradikalismus erarbeiten zu lassen. Die bayerische Landesregierung hat außerdem die Richtlinien zur Unterstützung von Beamten des Freistaates bei zivilrechtlichen Klagen geändert. Bei Beleidigungsklagen soll künftig eine finanzielle Unterstützung der Beamten möglich sein.[24]

Für Anfang Januar 2009 wurde von einer Privatperson aus dem Umfeld der NPD eine Demonstration in Passau unter dem Motto „Gegen polizeiliche Willkür und Medienhetze“ im Fall Mannichl angemeldet. Die Partei und ihr nahestehende Organisationen riefen auf Internetseiten zur Teilnahme auf.[25] Die Demonstration wurde durch die Stadt Passau zunächst untersagt, die Entscheidung wurde aber durch das Verwaltungsgericht Regensburg und schließlich dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof unter Auflagen zugelassen.[26] Zwischen 200[27] und 300[28] Rechtsextremisten demonstrierten am 3. Januar 2009. Gegen diese Demonstration versammelten sich mindestens 1.000 Gegendemonstranten, rund 1.000 Polizeibeamte befanden sich im Einsatz.[27][28]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Der Fall Mannichl Die Zeit vom 15. Januar 2009
  2. Passaus Polizeichef hat in Lindau gelernt Schwäbische Zeitung vom 16. Dezember 2008
  3. Portrait: Mannichl gilt als Feindbild der Neonazis Kölnische Rundschau vom 14. Dezember 2008
  4. Ermittlungen in Eishockey-Szene im Fall Mannichl Welt vom 2. Januar 2009
  5. a b c War diese Szene Anlass für das Attentat? Passauer Neue Presse vom 17. Dezember 2008
  6. a b Mannichl zu Unrecht beschimpft: Geldstrafe für NPD-Chef Gabling Passauer Neue Presse vom 09. April 2009
  7. a b NPD-Funktionär wegen Beleidigung Mannichls verurteilt in Zeit online vom 08. April 2009
  8. Neonazi-Szene setzt immer stärker auf Gewalt tagesschau.de vom 15. Dezember 2008
  9. Polizei lässt Verdächtige wieder frei taz.de vom 16.12.2008
  10. [http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/468755/index.do?_vl_backlink=/home/politik/index.do NPD-Funktionär wegen Beleidigung Mannichls verurteilt] Die Presse.com vom 10.April 2009
  11. Julia Jüttner, Kriegserklärung an der Haustür Spiegel Online vom 14. Dezember 2008
  12. MORDANSCHLAG: Tarnkappen-Nazis, Focus-Nachrichtenmagazin Nr. 52/08, abgerufen am 12. Januar 2009
  13. Zur Ablage der Flagge vgl. Philipp Wittrock, NPD bringt Neonazis gegen sich auf. Spiegel Online vom 5. August 2008 und Justiz lässt Hakenkreuzfahne aus frischem Grab holen Spiegel Online vom 30. Juli 2008
  14. Ermittlungsteam im Fall Mannichl wird verkleinert, Welt Online vom 12. März 2009
  15. dpa vom 23. Januar 2009, unter anderem bei Saarbrücker Zeitung
  16. Die Zeit: Verfassungsschutz: Keine Hinweise auf rechten Anschlag auf Mannichl vom 10. Januar 2009
  17. Frankfurter Allgemeine Zeitung: Mannichl weist Spekulationen über Attacke zurück vom 10. Januar 2009
  18. Mannichl: Noch keine Spur zu Attentätern, ORF vom 4. Februar 2009.
  19. Ein Stich und die Folgen Süddeutsche vom 8. Januar 2009
  20. Die Ungereimtheiten im Fall Alois Mannichl Welt Online vom 9. Januar 2009
  21. Spiegel online: Ermittler schließen familiären Hintergrund der Tat aus vom 11. Februar 2009
  22. Bayern will Zuwendungen an NPD kappen FAZ.net vom 16. Dezember 2008
  23. Spiegel Online: Ermittler verfolgen Spuren in Münchens Neonazi-Szene vom 18. Dezember 2008
  24. Minister will Polizisten besser schützen Passauer Neue Presse vom 17. Dezember 2008
  25. LKA zieht Ermittlungen an sich Die Zeit vom 30. Dezember 2008.
  26. Fall Mannichl - Gerichte heben Verbot von NPD-Demo in Passau auf , Beck-Aktuell vom 7. Januar 2009
  27. a b Friedlicher Protest gegen Neonazi-Aufmarsch, Süddeutsche Zeitung vom 3. Januar 2009
  28. a b Protest gegen Neonazi-Aufmarsch, N24 vom 3. Januar 2009

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