Maria von Nazaret

Maria von Nazaret
Die Sixtinische Madonna von Raffael aus dem Jahr 1512/1513, eine der bekanntesten Mariendarstellungen
Die Hawanger Madonna, eine Mondsichelmadonna von Ivo Strigel (um 1500) in der Frauenkirche zu Memmingen

Maria (Aram. מרים Mariam) ist im Neuen Testament die Mutter des Jesus von Nazaret. Sie lebte nach Mk 1,9 EU u.a. als gläubige Jüdin mit ihrem Mann Josef und weiteren Angehörigen in der Kleinstadt Nazaret in Galiläa.

Als „Gottesgebärerin“, die Jesus als Jungfrau empfangen und geboren habe, wird sie im Katholizismus und in der Orthodoxie verehrt. Im Protestantismus wird die Jungfrauengeburt überwiegend dogmatisch anerkannt, die Verehrung Marias als Gottesmutter jedoch abgelehnt.

Inhaltsverzeichnis

Name

Maria ist die griechische Form des hebräischen Vornamens Miriam. Dieser kommt im Tanach häufiger vor: Seine erste prominente Trägerin ist Mirjam, die Prophetin und Schwester des Mose, deren Lobgesang (Ex 15,1–21) zu den ältesten Bestandteilen der Tora gezählt wird.

Auch im NT heißen noch weitere Frauen unter Jesu Nachfolgern „Maria“ (Mk 15,40), darunter:

Im griechischen Urtext des NT heißt Jesu Mutter meist Mariam; die Form Maria wurde erst später im lateinischen Sprachraum üblich.

Im Islam ist Maria analog als Maryam bekannt.

Maria im Neuen Testament

Darstellung der Evangelien

„Maria im Rosenhag“, Stefan Lochner, um 1448, Köln, Wallraf-Richartz-Museum

Die meisten Informationen über Maria stammen aus den Evangelien. Das Bild, das sie von Jesu Mutter zeichnen, ist jedoch nicht als Biografie anzusehen, sondern von der Absicht der Verkündigung Jesu Christi geprägt. Daher ist die historische Auswertung der Angaben im NT umstritten. Apokryphe Evangelien nennen Anna als Mutter der Maria. Darüber hinaus gibt es außerbiblische Quellen – wie zum Beispiel die Schriften der Kirchenväter – in denen Maria erwähnt wird.

Vor allem im ersten Kapitel des Lukasevangeliums finden sich Angaben über Marias Mitwirken in der Heilsgeschichte des Volkes Israel. Dort wird sie als jung verlobte Frau geschildert. Sie wird von einem Engel Gottes besucht (Lk 1,28). Dieser begrüßt sie als Begnadete (κεχαριτωμενη: Partizip perfekt passiv von χαριτω angenehm machen) und kündigt ihr an, dass sie, ohne zuvor mit ihrem Verlobten Josef zusammenzukommen, den von Israel erwarteten Messias und Gottessohn zur Welt bringen wird (siehe Verkündigung des Herrn). Im Magnificat stellt sie mit eigenen Worten das Geschehen dar.

Marias Demut und Furcht, ihr Glaube sowie ihre vertrauensvolle Zustimmung, mit der sie sich in Gottes Plan fügt, sind das Grundmotiv der späteren Marienverehrung, die durch Elisabeth (Lk 1,42) und von Maria selbst (Lk 1,48) bereits angedeutet wird.

Maria teilte mit ihrer älteren Verwandten und Freundin Elisabeth das Schicksal, dass ihrer Niederkunft eine Engelverkündigung voraus ging (vgl. Mariä Heimsuchung). Bei der Darstellung im Tempel kündigt Simeon ihr das Leiden um und mit ihrem Sohn an (Lk 2,35). Als Jesus zwölf Jahre alt ist, muss Maria anfangen zu lernen, dass ihr Sohn sich immer stärker seinen Aufgaben widmet. So bleibt er nach einem Fest im Tempel, anstatt den Heimweg mit seinen Eltern anzutreten, die ihn suchen (Lk 2,48f). Dies setzt sich fort während des weiteren öffentlichen Wirkens des Sohnes, wo Jesus aus seiner Ursprungsfamilie heraustritt und eine „neue Familie“ mit seiner Jüngerschaft gründet, was Maria Sorge bereitet (Lk 8,19–21). Die Leiden Mariens vollenden sich angesichts seiner Kreuzigung (als deren Zeugin sie das Johannesevangelium ausdrücklich nennt). Zum letzten Mal wird Maria in der Apostelgeschichte als eine der Frauen erwähnt, die mit den Jüngern betend auf die Sendung des heiligen Geistes wartet (Apg 1,14).

Die Namen von Marias angeblichen Eltern, Anna und Joachim, sind nicht in der Bibel, sondern nur in apokryphen Schriften wie zum Beispiel dem Protevangelium des Jakobus überliefert.

Siehe auch: Marienleben

Marias Beziehung zu Jesus

Michelangelos Pietà im Petersdom aus dem Jahr 1499

Das Johannesevangelium fügt dem Marienbild in der Szene vom Hochzeitsfest in Kana („Was er euch sagt, das tut“ Joh 2,5) und im Kreuzeswort Jesu („Siehe, dein Sohn – siehe, deine MutterJoh 19,25ff) entscheidende Aspekte hinzu. Interessant ist die distanzierte Haltung, die Jesus in den überlieferten Szenen zu seiner Mutter einnimmt; so spricht er Maria niemals mit „Mutter“ an, sondern mit „Frau“ („Frau, was habe ich mit dir zu schaffen?“ Joh 2,4; vgl. Joh 19,26). Als seine eigentliche Mutter bezeichnet Jesus nach Mk 3,31-35 solche, „die den Willen Gottes erfüllen“. Auch in Lk 11,27 tritt Jesus einer Seligpreisung seiner Mutter auf Grund der körperlichen Mutterschaft entgegen und nennt vielmehr diejenigen selig, „die Gottes Wort hören und danach handeln.“ Nach orthodoxem und katholischem Verständnis trifft gerade dies aber auf Maria in besonderem Maße zu, weshalb dieser „marienkritisch“ erscheinende Abschnitt in der orthodoxen Kirche an allen Marienfesten eine vorgeschriebene Lesung ist.

Marias Nachkommen

Dass Jesus der Sohn Marias ist, wird in den Evangelien auf unterschiedliche Weise bezeugt. Ob sie außer Jesus später noch weitere Kinder gebar, gehört auf Grund mehrerer Bibelverse, die von seinen „Brüdern und Schwestern“ berichten, zu den zwischen den Konfessionen strittigen Fragen. Die Namen der Brüder Jesu sind in Mk 6,3 aufgezeichnet (Jakobus, Joses, Judas und Simon).

In der orthodoxen und der katholischen Kirche fasst man die Geschwister Jesu (ausführlicher Artikel dort) als Vettern und Basen Jesu oder - seltener - als Kinder Josephs aus einer früheren Ehe (nach apokryphen Quellen), auf. Das griechische Wort für „Brüder“, „adelphoi“, lässt diese Deutung auch zu, andere behaupten aber, dass sie unwahrscheinlich erscheine, da es im Griechischen ein eigenes Wort für Vettern („anepsios“, auch biblisch verwendet in Kol 4,10) gibt; außerdem sei diese Verwendung von „adelphoi“ lediglich möglich, aber keinesfalls zwingend und auch nicht allgemein üblich gewesen. Sie verweisen auch auf die Bibelstelle Lk 2,7, wo Jesus als erstgeborener Sohn Marias bezeichnet wird, was für den uninformierten Leser nahe legt, dass Jesus noch Geschwister hatte; in der Antike waren jedoch mit der (männl.) Erstgeburt bestimmte Rituale, Verantwortlichkeiten und erbrechtliche Sonderstellungen verbunden, egal ob das Kind danach Einzelkind blieb oder nicht, wobei Einzelkinder jedoch im damaligen Israel sehr selten waren.

Der biblische Bericht in Mt 1,18–25 beschreibt weiterhin, dass Josef Maria als seine Frau zu sich nahm und dass beide lediglich (so wörtlich) „bis zur Geburt Jesu“ keinen Geschlechtsverkehr hatten. Da Josef zudem in Mt 1,20–24 aufgefordert wird, „Maria als deine Frau zu dir zu nehmen“ - wobei nach damaligem wie in der Regel heutigem Eheverständnis dies ausdrücklich den Geschlechtsakt mit beinhaltet - erscheint es jedoch als naheliegend, dass es zum Vollzug der Ehe zwischen den beiden kam.

In den Evangelien werden Jesu „Mutter und seine Brüder“ mehrmals zusammen genannt. In keinem Bibeltext wird explizit erwähnt, dass es sich bei den Brüdern und Schwestern Jesu nur um entferntere Verwandte handele (über die auch sonst keine Details genannt werden). Aus dem Kontext der Berichte über Geschwister Jesu schließen einige, dass es sich um den engeren Familienverband handele. Zur „Menschwerdung“ des Sohnes Gottes gehört nach neuerer protestantischer Auffassung auch dass Jesus mit Vater, Mutter und Geschwistern aufwuchs, obwohl die Reformatoren selbst dies noch anders gesehen hatten.

Da Jesu ältester Bruder Jakobus der Gerechte in der Jerusalemer Urgemeinde später eine Führungsrolle übernahm (Gal 1,19; 2,9), können auch seine Mutter Maria und weitere Verwandte Jesu dazu gehört haben. Nach katholischer Sicht jedoch gilt der „Bruder des Herrn“, der Apostel Jakobus, als Vetter Jesu.

Christliche Marienverehrung

Die religiöse Bedeutung Marias ist einer der großen Unterschiede zwischen den Konfessionen.

Die Marienverehrung hat ihre Wurzeln zu Beginn des 5. Jahrhunderts. Hintergrund waren jedoch stets christologische Kontroversen. Dabei führte insbesondere die Bezeichnung Mariens als Gottesmutter resp. Gottesgebärerin zu Auseinandersetzungen innerhalb des Christentums, vor allem von Seiten des Bischofs Nestorius, der sich gegen Cyrill und dessen Bezeichnung Mariens als „Gottesgebärerin“ und für den Titel „Christusgebärerin“ aussprach, da der Titel „Christus“ Gottheit und Menschheit Jesu umfasse. 431 n. Chr. fand zur Beilegung dieser Frage das Konzil von Ephesos statt. Dieses bestätigte die alexandrinische Position Cyrills und bestimmte Christus als eine Person in zwei Naturen, wobei zwischen den beiden Naturen Idiomenkommunikation herrsche. Entsprechend wurde Maria als „theótokos“, Gottesgebärerin definiert, was zur Abspaltung der Nestorianischen Kirche führte.

Orthodoxe und katholische Kirche

Mariä Verkündigung, Gemälde von Fra Angelico (1395 - 1455)
Ikone der Jungfrau Maria aus dem Katharinenkloster (Sinai) auf dem Sinai, 16. Jahrhundert

Zentral für das orthodoxe und katholische Verständnis der Figur Mariens ist sie als Ort der Inkarnation Gottes. Orthodoxe und katholische Theologen legen zwei Stellen im Lukasevangelium als biblischen Beleg für die von diesen Kirchen praktizierte Marienverehrung aus.[1] In den orthodoxen Kirchen zeigt sich diese Verehrung nicht zuletzt an der großen Zahl der Marienikonen, die nur von der der Christusikonen übertroffen wird.

Die Römisch-katholische Kirche beruft sich bei ihrem Marienbild weniger auf biblische Aussagen als auf ihre Traditionen und Überlieferung. Diese werden von ihr als das „Zeugnis des Heiligen Geistes“ interpretiert – im Gegensatz zu den protestantischen Kirchen, bei denen das Zeugnis des Heiligen Geistes niemals über das der Bibel hinausgehen kann. Maria – so die katholische Argumentation – nimmt das Wort Gottes durch einen Engel über das Ohr auf.

Der Engel antwortete ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden. (Lk 1,35)

Sie trägt dann das Wort Gottes, das ihr der Engel verkündete in sich und wird zur Stätte der Fleischwerdung des Sohnes des allmächtigen Gottes. Die Rolle Marias im Heilsgeschehen wird in der katholischen Kirche von der Mariologie untersucht. So wird Maria in der katholischen Kirche wegen der Jungfräulichen Geburt Jesu oft auch kurz „die heilige Jungfrau“ genannt. Andere häufige Titel sind „Mutter Gottes“, „Unsere Liebe Frau“, im ostkirchlichen Bereich „Theotokos“ (Gottesgebärerin).

Annibale Carracci, Mariä Himmelfahrt (1590)

Nach protestantischer Ansicht stellt die orthodoxe bzw. katholische Art der Marien- und Heiligenverehrung einen Widerspruch zu vielen biblischen Aussagen dar, nach denen das Gebet in seinen unterschiedlichen Facetten (Fürbitte, Dank, Lobpreis, Anbetung) ausschließlich Gott zum Adressaten haben darf. Katholische Dogmatiker unterscheiden allerdings zwischen Ehrerweisung, die auch Menschen erwiesen werden kann (z. B. Maria und anderen Heiligen) und Anbetung, die nur Gott zukommt. Sie weisen eine von der Gottesverehrung losgelöste Marienverehrung zurück. Zwischen Orthodoxen und Katholiken sind die Unterschiede in diesem Punkt geringer, allerdings werden die Mariendogmen von 1854 (Unbefleckte Empfängnis) und 1950 (leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel) – nach mancher Ansicht im zweiten Fall nur aus kirchenrechtlichen Gründen, im ersten wegen der unterschiedlichen Erbsündenlehre der beiden Kirchen, jedoch nicht aus mariologischen Gründen – von der Orthodoxie abgelehnt.

Religionswissenschaftler weisen darauf hin, dass Maria im katholischen Christentum die Funktion einer Göttin innehabe. Der Zürcher Christoph Uehlinger hält die Lehrmeinung, Maria werde als Heilige verehrt, aber nicht als Göttin angebetet, für eine bloße „Sprachregelung“:

„Unter Umständen verehren sie die Gottesmutter stärker als Gott selbst, der so fern und entrückt scheint, dass die Menschen gar nicht wissen, wie sie mit ihm kommunizieren sollen“.[2]

Ähnlich urteilt auch der Amerikaner Steven Benko in seinem Buch The Virgin Goddess:

„In seiner Verehrung der Jungfrau Maria absorbierte das katholische Christentum nicht nur viele Kultelemente der griechischen und römischen Göttinnen, sondern im Endeffekt ersetze Maria diese Gottheiten und setzte sie in christlicher Form fort.[3]

Mariendogmen

In der römisch-katholischen Theologie existieren vier Glaubensdogmen zur Person der Heiligen Maria:

Das Dogma der Gottesmutterschaft ist auch in der Orthodoxie und in den protestantischen Kirchen anerkannt. Die beiden letzten Dogmen gelten nur in der römisch-katholischen Kirche. Das Dogma der immerwährenden Jungfräulichkeit wurde noch von den Kirchenreformern Martin Luther, Jean Calvin und Huldrych Zwingli vertreten, die modernen evangelischen Kirchen vertreten dieses Dogma jedoch überwiegend nicht mehr, da es sich ihrer Auffassung nach nicht mit dem Sola scriptura-Prinzip vereinen lässt.

Protestantismus

Evangelische und auch Alt-Katholische Christen betrachten Maria mit Respekt als ein Vorbild des christlichen Glaubens unter vielen. Eine Verehrung als Gnadenmittlerin sowie eine weit über die biblischen Aussagen hinausgehende Mariologie, wie sie in den Dogmen von der Unbefleckten Empfängnis oder der Leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel zum Ausdruck kommt, betrachten sie als Irrlehre (Häresie).

Marienfeiertage

Gotische Madonna mit Kind, Stiftskirche St. Arnual (Lothringisch-trierischer Kunstraum, 14. Jahrhundert)

Siehe Hauptartikel Marienfeiertag

Marianische Jahre

  • Es wurden im katholischen Bereich folgende Marianische Jahre gefeiert: 1953/54, 1987/88, 2002/03 (auch „Rosenkranzjahr“)
Gotische Madonna aus der ehemaligen Dietkirche in Bonn ( ca.1350 )

Auch in der evangelischen Kirche werden drei Marientage gottesdienstlich begangen. In der lutherischen Bekenntnisschrift Confessio Augustana von 1530 heißt es in Artikel XXI: „Vom Heiligendienst wird von den Unseren so gelehrt, dass man der Heiligen gedenken soll, damit wir unseren Glauben stärken, wenn wir sehen, wie ihnen Gnade widerfahren ist“, jedoch soll man nicht „die Heiligen anrufen oder Hilfe bei ihnen suchen“.

Nach evangelischem Verständnis sind die Marientage Christusfeste. Sie haben deswegen die liturgische Farbe weiß, die für Christus steht. Nach Luthers Regel werden nur solche Heiligen- und Marienfeste gefeiert, deren Grundlage eine biblische Geschichte ist (die kath. und orthodoxen Feste beruhen z.T. auf nachbiblischen oder apokryphen Traditionen).

Unbewegliche Festtage

Mariengrab

Marientod von Caravaggio (1571-1610)

In der Bibel findet sich die letzte Erwähnung Marias zu Beginn der Apostelgeschichte (Kapitel 1 Vers 14), wo sie mit den übrigen Aposteln und den Brüdern Jesu betet. Weiter ist nichts über den restlichen Lebenslauf Marias angegeben. Infolgedessen ist auch die Begräbnisstätte Marias unbekannt.

Der älteren Tradition nach ist Maria in Jerusalem (Mariengrab) gestorben, doch wurde auch immer wieder ihr Tod in Ephesus behauptet. Hier soll sie zusammen mit dem Apostel Johannes gelebt haben. Die deutsche Mystikerin Anna Katharina Emmerick gab im 19. Jahrhundert aufgrund ihrer Visionen das Haus Mariens und ihre Grabstätte als auf einem Hügel in der Nähe von Ephesus gelegen an. Nachdem in der Gegend sehr alte Ruinen gefunden wurden, baute man diese wieder auf. Dieses Haus wurde von drei Päpsten besucht: 1967 von Paul VI., 1979 von Johannes Paul II. sowie 2006 von Benedikt XVI.

Nach der im Jahr 1950 durch Pius XII. gegebenen Apostolischen Konstitution Munificentissimus Deus ist Maria nach dem Ablauf ihres irdischen Lebens mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen worden (lat. Immaculatam Deiparam semper Virginem Mariam, expleto terestris vitae cursu, fuisse corpore et anima ad caelestem gloriam assumptam.), wonach das Grab leer sein müsste. Es wurde auch nie in der Geschichte des Christentums ein Grab Mariens verehrt. Auch die ostkirchliche Tradition kennt die leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel, betont allerdings in ihren Darstellungen bis heute den Tod Mariens (dormitio/Mariä Entschlafung), während die katholische Kirche seit dem Barock Himmelfahrtsdarstellungen bevorzugte.

Da der Tod die unmittelbare Folge der Sünde ist, von welcher der Mensch ursprünglich hätte verschont bleiben sollen, hätte Maria, da sie nach kirchlichem Dogma von der Erbsünde bewahrt wurde, auch nicht sterben müssen. Weil aber ihr Sohn, der vollkommen Sündenlose, für die Tilgung der Sünden aller Menschen den Tod auf sich genommen hat, wird in der kirchlichen Tradition eine gewisse Nachfolge Mariens ihrem Sohn gegenüber auch in diesem Punkt angenommen, allerdings scheut man sich, direkt vom Tod zu reden, eher von „Entschlafung“ (dormitio). Darstellungen der „Entschlafung Mariens“ gibt es auch in der lateinischen Kirche. Weiterhin werden oft die Apostel um das mit Blumen gefüllte, leere Grab nach der Aufnahme Mariens in den Himmel gezeigt.

Islamische Marienverehrung

Die Heilige Maryam mit ihrem Sohn Isa (Jesus). Altpersische Miniatur.

Im Islam wird Maryam, die Mutter des Propheten Isa, wie Jesus von Nazaret im Koran genannt wird, mit der christlichen Maria gleichgesetzt und als Heilige hoch verehrt. Der Begriff der „Gottesmutter“ und ein übertriebener Marienkult, das Anbeten Marias, wird jedoch abgelehnt (Koran 5:116).

Sure 66,12 nennt als Vater Maryams Imran. Dies ist die arabische Form des hebräischen Namens Amram. Er bezeichnet in Num 26,59 EU den Vater einer anderen Maria, nämlich Mirjams, der Schwester von Mose und Aaron. So stellt der Koran indirekt Isa (Jesus) mit diesen Führern der Israeliten gleich.

Maryam ist übrigens die einzige Frau, die der Koran namentlich erwähnt und nach der er eine Sure – die 19. – benennt [4][5]. Dort wird auch die jungfräuliche Empfängnis Jesu erzählt. Demnach glauben Muslime auch an die Jungfrau Maria und an Jesus Christus, der im Koran Titel wie „Messias“ und das „Wort Gottes“ (4:172) trägt. Der Unterschied ist jedoch, dass Jesus nicht im wörtlichen Sinne als Sohn Gottes anerkannt wird. Jesus wird im Koran ohne Vater geboren. Vielmehr erscheint Maria der Erzengel Gabriel in Menschengestalt und verkündet ihr die Geburt Christi als „Zeichen an die Menschen“ (19:21). In Koran 21:91 findet sich im Zusammenhang mit der jungfräulichen Empfängnis der Hinweis auf den „Geist der Heiligkeit“, wie der Erzengel Gabriel nach sunnitischer Auffassung auch genannt wird. Jesus, Sohn der Maria, ist dem Koran zufolge ein Gesandter und Prophet Gottes (19:30), der nicht am Kreuz gestorben ist, sondern zu Gott lebendig erhöht wurde.

Nach dem Glauben vieler Muslime ist auch Maria in den Himmel aufgefahren. Sie gilt allgemein als eine der vier hervorragendsten Frauen der Menschheitsgeschichte neben Fatima bint Muhammad, Chadidscha bint Chuwailid und Asia bint Muzahim.[6]

Kunst

Die Stuppacher Madonna, Matthias Grünewald, um 1517-1519 – ein Bild voller Mariensymbole

Marienbilder

Die frühesten Marienbilder stammen aus dem 2. bis 3. Jahrhundert. Bereits in den Katakomben sieht man Maria mit dem Kind auf dem Schoß in Anlehnung an heidnische Bilder der Isis mit dem Horusknaben gestaltet. Seit dem Konzil von Ephesos, das im Jahre 431 die Gottesmutterschaft dogmatisierte, nahmen die Darstellungen an Häufigkeit zu.

Auf griechischen Ikonen erscheint Maria in streng festgelegten Typologien, wogegen in der westlichen Kunst die Bildfindung im Lauf der Jahrhunderte sich zunehmend freier gestaltet. Trotzdem haben sich auch hier bestimmte Typen wie die Schutzmantelmadonna, die Schwarze Madonna oder die „Jungfrau im Ährenkleid“ entwickelt.

Die Bilder sind oft von Marianischen Symbolen begleitet, wie etwa dem Hortus conclusus, dem verschlossenen Garten aus dem Hohen Lied als Bild der Jungfräulichkeit.

Viele Szenen sind nicht der Bibel entnommen, sondern den Apokryphen oder der Legenda aurea.

Bildhauerisch wurde Maria vor allem mit Jesus im Arm dargestellt. In der Romanik war die Darstellung als Sedes sapientiae, mit Jesus auf dem Schoß sitzend, weitverbreitet. Seit der Gegenreformation sind Marienstatuen nahezu ausschließlich entweder als Himmelskönigin (Regina Coeli) oder – ohne Kind – als Immaculata gestaltet. Darstellungen, die Maria auf eine Schlange tretend darstellen, beziehen sich auf Gen 3,15 im Alten Testament, wo die „Feindschaft“ zwischen der Frau und der Schlange vorausgesagt wird.

Seit den Marienerscheinungen des 19. und 20. Jahrhunderts (insb. Lourdes und Fatima) nahm die Anzahl von Marienstatuen zu, die sich auf diese Ereignisse beziehen („Lourdesgrotten“).

Musik

In der Musik gehören marianische Hymnen zu den ältesten Marienliedern. Vertonungen des Ave Maria, Litaneien und zahlreiche andere Lieder entstanden für den täglichen Gebrauch, zu Wallfahrten und für Marienfeiertage. Das Motiv der Stella Maris – lateinisch für Meerstern, erfreute sich seit dem Spätmittelalter besonderer Beliebtheit.

Sinnbilder

Die einzige bekannte Darstellung eines Einhornes, welches das Jesuskind trägt und in den Schoß Mariens gejagt wird in der Frauenkirche zu Memmingen

Maria wird seit dem Mittelalter oft unter verschiedenen Sinnbildern gesehen. Solche Mariensymbole sind beispielsweise:

die Sonne, der Mond, der Stern (des Meeres), die Zeder, der Zweig aus der Wurzel des Jesse, die Lilie unter Dornen, die Rose, die immer volle Quelle, der versiegelte Brunnen, die verschlossene Pforte, der verschlossene Garten, das versiegelte Buch, der makellose Spiegel, der brennende Busch Moses, die Rute, der Stab Aarons, das Vlies Gideons, der Turm Davids, die Stadt Davids, der Tempel Salomos und die Himmelspforte.

Diese Beispiele sind vor allem dem Alten Testament, vorzugsweise dem an solchen dichterischen Bezeichnungen reichen Hohen Lied entlehnt, das manchmal auch geradezu auf die Heilige Jungfrau bezogen wurde. Einige symbolische Bilder gibt es aber auch, die nicht der Bibel, sondern den Vorstellungen entlehnt sind, welche das Mittelalter auf naturkundlichem Gebiet hegte:

der Phönix, der Pelikan, der Löwe und das Einhorn.

Das Einhorn konnte in der mittelalterlichen Naturwissenschaft nur dadurch gefangen werden, dass es in den Schoß einer Jungfrau gejagt wird. Auch hier wurde wiederum auf Maria bezug genommen. [7]

Der Analytischen Psychologie in der Tradition Carl Gustav Jungs gilt Maria als Gottesmutter und Schutzfrau der Menschheit als besonders deutliche Ausprägung des sogenannten Mutterarchetyps.

Alttestamentliche Vorbilder

Zuweilen wird Maria mit ihren alttestamentlichen Vorbildern gezeigt. Sie werden in charakteristischen Szenen vorgestellt:

  • Abigajil überreicht David den verweigerten Proviant (1 Sam 25)
  • Judit enthauptet Holofernes (Jdt 13)
  • Debora zieht mit Barak in den Krieg, weil er sich weigert ohne sie zu kämpfen (Ri 4)
  • Jaël tötet Sisera (Ri 4)
  • Rut liest die Ähren hinter den Schnittern auf den Feldern des Boas auf (Rut 2)
  • Ester bittet beim König Artaxerxes für ihr Volk (Est 5–8)
  • Die Dirne Rahab rettet den Kundschaftern in Jericho das Leben (Jos 2)
  • Die Schunemiterin erreicht durch ihre Bitten, dass Elischa ihren Sohn vom Tod erweckt (2 Kön 4)
  • Die Frau von Tekoa bittet David um die Begnadigung Abschaloms (2 Sam 14)
  • Batseba, die Mutter Salomos, bittet bei ihrem Sohn für Adonija (1 Kön 2)
  • Rebekka gibt Eliëser und seinen Kamelen am Brunnen zu trinken (Gen 24,1–20)

Wappen

Die Mutter Jesu erscheint auch in folgenden Gemeindewappen:

Siehe auch

Literatur

  • Wolfgang Beinert/Heinrich Petri (Hrsg.): Handbuch der Marienkunde (2 Bde.), Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 1996
  • Steven Benko, The Virgin Goddess. Studies in the Pagan and Christian Roots of Mariology, Brill, Leiden und Boston 2004
  • Remigius Bäumer/Leo Scheffczyk (Hrsg.): Marienlexikon (6 Bde.), Eos-Verlag, St. Ottilien 1988-1994
  • Paul J. Achtermayer u.a./Raymond E. Brown u.a.(Hrsg.): Maria im Neuen Testament. Eine ökumenische Untersuchung. (Übers. von Ursula Schierse, Originaltitel: Mary in the New Testament, Philadelphia/New York 1978), Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 1981
  • Wolfgang Beinert u.a.: Maria - eine ökumenische Herausforderung, Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 1984
  • Schalom Ben-Chorin: Mutter Mirjam. Maria in jüdischer Sicht. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2006, ISBN 3-579-05344-2 (Maria aus jüdischer Sicht)
  • Ernst Josef Fuchs: Maria, frauliches Vorbild christlichen Lebens. Die Relevanz des Immaculataglaubens für die Moraltheologie, Patris-Verlag, Vallendar-Schönstatt 1982 (= Schönstatt-Studien Bd. 4)
  • Hilda Graef: Maria. Eine Geschichte der Lehre und Verehrung, Herder, Freiburg i. Br. 1964
  • Johannes Paul II.: Maria - Gottes Ja zum Menschen (Enzyklika „Mutter des Erlösers“, Hinführung von Joseph Ratzinger, Kommentar von Hans Urs von Balthasar), Herder-Verlag, Freiburg i. Br. 1987
  • ders.: Mutter der Kirche. Die marianische Botschaft des Papstes, Patris-Verlag, Vallendar-Schönstatt 1980
  • René Laurentin: Die marianische Frage (Übers. von La question mariale, Paris 1963), Herder-Verlag, Freiburg i. Br. 1965
  • Alois Müller: Glaubensrede über die Mutter Jesu. Versuch einer Mariologie in heutiger Perspektive, Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz 1983
  • Karl Rahner SJ: Maria – Mutter des Herrn. Theologische Betrachtungen, Herder, Freiburg i. Br. 1956
  • Joseph Ratzinger: Die Tochter Zion. Betrachtungen über den Marienglauben der Kirche, Johannes Verlag, Einsiedeln (CH) 3. Aufl. 1978
  • ders./Hans Urs von Balthasar: Maria - Kirche im Ursprung, Herder, Freiburg i. Br. 1980
  • Reiprich, Torsten: Das Mariageheimnis. Maria von Nazareth und die Bedeutung familiärer Beziehungen im Markusevangelium, FRLANT 223, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2008.
  • Reiprich, Torsten: Maria von Nazareth: Eine Mutter im Konflikt, in: Praxis Gemeindepädagogik 4/2006, 42-44.
  • Johannes Stöhr, German Rovira (Hrsg.): Maria, unsere Mutter. Mariologische Studien. Luthe, Köln 1991, ISBN 3922727573
  • Klaus Schreiner: Maria. Leben, Legenden, Symbole. C.H. Beck Wissen, München 2003, ISBN 978-3-406-48013-3
  • Klaus Schreiner: Maria. Jungfrau, Mutter, Herrscherin. Hanser, München 2000, ISBN 978-3446178311
  • Max Thurian, Frère de Taizé: Maria. Mutter des Herrn – Urbild der Kirche. Matthias-Grünewald Verlag, Mainz 4. Aufl. 1988 (= Topos-Taschenbücher 72)
  • Gerhard Wolf: "Salus Populi Romani". Die Geschichte römischer Kultbilder im Mittelalter . VCH, Acta Humaniora, Weinheim 1990, ISBN 3-527-17717-5.
  • Gerhard Wolf: Icons and sites: cult images of the Virgin in mediaeval Rome. In: Maria Vassilaki (Hrsg.): Images of the Mother of God: perceptions of the Theotokos in Byzantium. Ashgate, Aldershot u.a. 2008, p. 23-49, ISBN 0-7546-3603-8.

Siehe auch

Einzelbelege

  1. Lk 1,42: "Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?" und Lk 1,48: "Von nun an preisen mich selig alle Geschlechter."
  2. Kai Michel zur Ausstellung "Gott Mutter" In: Die ZEIT Nr. 13 vom 19. März 2007, S. 31
  3. Steven Benko, The Virgin Goddess. Studies in the Pagan and Christian Roots of Mariology, Brill, Leiden und Boston 2004, S. 2
  4. Sure 19 in der Übersetzung von A. Yusuf Ali (engl.)
  5. Hinweis: Abdullah Yusuf Ali hatte die einleitenden Worte übersetzt mit In the name of God, Most Gracious, Most Merciful., da Allah das arabische Wort für God ist. Das wurde später verändert, wodurch Allah den Eindruck eines Eigennamens erweckt.
  6. Musnad Ahmed bin Hanbal, Kapitel 1, Seite 293 Überlieferungsnummer 2668.
  7. Dr. th. Friedrich Braun: Die Stadtpfarrkirche zu Unser Frauen in Memmingen - Ein Beitrag zur Geschichte des oberschwäbischen Kirchenbaues, Seite 82. Köselsche Buchhandlung, München 1914. 

Weblinks


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