Marie Therese von Österreich-Este (1849–1919)

Marie Therese von Österreich-Este (1849–1919)
Maria Therese Königin von Bayern

Marie Therese Henriette Dorothea, auch Maria Theresia (* 2. Juli 1849 in Brünn; † 3. Februar 1919 auf Schloss Wildenwart/Chiemgau) war Erzherzogin von Österreich-Este, Prinzessin von Modena und von 1913 bis 1918 Königin von Bayern.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Marie Therese stammte als einziges Kind aus der am 4. Oktober 1847 geschlossenen Ehe von Erzherzog Ferdinand von Österreich-Este, Prinz von Modena (1821–1849) und Erzherzogin Elisabeth Franziska Maria von Österreich (1831–1903). Marie Therese verlor ihren Vater im Dezember 1849, vier Monate nach ihrer Geburt, als er einer Typhusepidemie zum Opfer fiel. 1854 vermählte sich ihre Mutter ein zweites Mal mit dem ebenfalls verwitweten, kinderlosen Erzherzog Karl Ferdinand von Österreich (1818–1874). Aus der Ehe gingen sechs Kinder hervor: Franz-Joseph (*/† 1855), Friedrich, Maria Christina, Karl Stephan, Eugen und Maria Eleonora (*/† 1864).

Marie Therese war eine Nachfahrin der Stuarts. Sie wurde deshalb von den Jakobiten nach dem Tode ihres Onkels Franz V. als Inhaberin des englischen Thrones angesehen und von ihnen als Mary III., Königin von England, Schottland, Irland und Frankreich bezeichnet. Sie hat diesen Titel jedoch niemals öffentlich beansprucht. Ihre Position als Erbin des Hauses Stuart ging an ihren Sohn Rupprecht von Bayern (Robert I. und IV.) über.

Franz V., der Vormund Marie Thereses, hatte längst bestimmt, dass die Erzherzogin den vierzehn Jahre älteren Ferdinand, Großherzog von Toskana heiraten sollte. Doch traf Marie Therese zu Pfingsten 1867 beim Begräbnis ihrer Freundin Mathilde in Wien den bayrischen Prinzen Ludwig, der in Vertretung von Ludwig II. reiste und beide verliebten sich ineinander. Dies empörte Franz V. derartig, dass Prinz Luitpold (der spätere Prinzregent (1886–1912), Ludwigs Vater, im August 1867 zu einem gemeinsamen Gespräch mit Franz nach Salzburg reiste.

Schließlich fand am 22. Oktober 1867 auf Schloss Seelowitz in Mähren die offizielle Verlobung statt. Das Schloss, dazu das Schloss Sárvár in Westungarn zwischen Neusiedler- und Plattensee, eine Mühle in Pornopat brachte die Braut neben Geldmitteln als Heiratsgut mit in die Ehe. Nach der Verlobung wohnte das Paar bis zum 20. November im Palais Modena in Wien. Danach kehrte der Bräutigam nach München zurück. Es folgte ein inniger Briefwechsel, bis die Braut Ende November 1867 zusammen mit ihrer Mutter eine Reise nach Prag und Brünn unternahm, wo sie den Großvater ihres zukünftigen Gemahls mütterlicherseits, Großherzog Leopold von Toskana und seine zweite Frau Maria Antonia von Neapel-Sizilien besuchte.

Maria Theresia als Prinzessin von Bayern (1908)

Am 20. Februar 1868 fand die feierliche Hochzeit in der Wiener Hofburg in Anwesenheit des Kaisers Franz Joseph statt. Der Bischof von Brünn, Graf Schaffgotsch, der Marie Therese bereits Taufe, erste Kommunion und Firmung gereicht hatte, vollzog auch die Eheschließung. Die Feierlichkeiten hatten bereits acht Tage vor der Vermählung begonnen. Der Brautstaat war im Palais des Erzherzogs Albrecht auf der Augustinerbastei öffentlich ausgestellt worden und zog ganz Wien in seinen Bann. Für den 22. Februar 1868 war der Einzug des Paares in die Residenzstadt München vorgesehen, doch wurde dabei auf jede Festlichkeit verzichtet, da mit dem Tod Ludwigs I. zu rechnen war und auch die Königin-Mutter Marie Friederike von Preußen schwer erkrankt war. Vor der Residenz begrüßten die Prinzen und Prinzessinnen das Paar, welches sich sogleich zum Krankenbett der Königin-Mutter begab. Danach bezogen Marie Therese und Ludwig das Palais Leuchtenberg am Odeonsplatz.

Nachdem Prinzregent Luitpold am 12. Dezember 1912 verstorben war, wurde Ludwig zum neuen Prinzregenten ausgerufen, da der rechtmäßige König Otto immer noch lebte. Nach einer Verfassungsänderung stiegen Ludwig und Marie Therese schließlich am 5. November 1913 zum neuen bayrischen Königspaar auf. Marie Therese war bei ihrem Regierungsantritt bereits 64 Jahre alt. Sie war die erste katholische Königin des Königreichs Bayern. Anfang Dezember fand anlässlich der Thronbesteigung ein Ball in der Münchner Residenz statt, zu dem auch Kaiser Wilhelm II. erschien. Nach dem Weihnachtsfest folgte 1914 der Hofball, bei dem nach 50 Jahren endlich wieder ein Königspaar zu sehen war. Darum wurde das Fest mit allem Glanz und Prunk gefeiert.

Am 1. August 1914 gab Ludwig III. an der Seite seiner Frau vom Balkon des Wittelsbacher Palais aus die Mobilmachung bekannt. Darauf verfasste Marie Therese einen Aufruf an die bayrischen Frauen und Mädchen, indem sie alle Frauen zur Unterstützung des Landes und der Soldaten an der Front aufrief. Außerdem funktionierte Marie Therese die Nibelungensäle in der Residenz zur "Größten Nähstube Deutschlands" um und scharte dort die wohlhabenden Frauen Bayerns um sich, um dort Pakete mit Kleidungsstücken und Nahrungsmitteln für Soldaten und Verwundete anzufertigen. Sie forderte Bayerns Mädchen dazu auf, sich an ihren Töchtern Hildegard, Helmtrud und Gundeline ein Beispiel zu nehmen und Schwester beim Deutschen Roten Kreuz zu werden. Marie Therese glaubte fest an den Deutschen Sieg und kümmerte sich während der gesamten Kriegszeit um Soldaten und Verwundete, besuchte Lazarette und rief die Frauen unermüdlich zur Hilfe für ihre Männer auf.

Am 20. Februar 1918, mitten in den Wirren des Ersten Weltkriegs, wurde Marie Therese und Ludwig III. das seltene Glück zuteil, die Goldene Hochzeit begehen zu können. Anlässlich dieses Ereignisses spendete das Königspaar zehn Millionen Mark für wohltätige Zwecke.

Doch verschlechterte sich die Lage in München immer mehr: Die Bevölkerung wurde immer unruhiger, Männer starben reihenweise an der Front, die Frauen mussten in den Fabriken immer härter arbeiten und die Lebensmittel wurden immer knapper. Da das Königshaus jedoch weiterhin kaisertreu blieb, stürzte die bayrische Monarchie als erstes. Am Abend des 7. November 1918 erklärte Kurt Eisner König Ludwig III. für abgesetzt und rief die Republik Bayern aus. Es folgten Massendemonstrationen durch ganz München und die Königsfamilie flüchtete auf Schloss Wildenwart.

Eine erste Freude nach der Abdankung Ludwigs III. war die Verlobung der Tochter Gundeline am 24. November 1918 mit Graf Johann Georg von Preysing-Lichtenegg-Moos. Danach bereitete man die Hochzeit vor, die am 3. Februar 1919 im engsten Familienkreis begangen werden sollte. Doch verschlechterte sich der Gesundheitszustand der Königin schlagartig, so dass die Hochzeit verschoben werden musste. An ihrem Totenbett versammelten sich noch einmal die Kinder der Königin. Laut Prinzessin Wiltrud schlief Marie Therese um 6:40 Uhr friedlich ein. Der König küsste seine verstorbene Frau auf den Mund, danach wurde der große Salon für ihre Aufbahrung hergerichtet. Der König plante, seine Frau in der Schlosskapelle zu Wildenwart beisetzen zu lassen und sie später nach München zu überführen.

Am 18. Oktober 1921 starb auch Ludwig III. auf Schloss Sárvár in Ungarn. Wie auch bei Marie Therese waren alle Kinder um sein Totenbett versammelt. Der Wunsch des Königs, dass er und Marie Therese zusammen in der Wittelsbacher Fürstengruft im Dom zu Unserer Lieben Frau in München beigesetzt würden, ging am 4. November in Erfüllung. Die sterblichen Überreste Ludwigs wurden von Ungarn nach Wildenwart gebracht, dort wurden beide Särge in der Schlosskapelle aufgestellt und dann schließlich per Sonderzug nach München überführt. Dort ruhen sie heute noch.

Nachkommen

Grabplatte in der Münchner Frauenkirche

Aus der Ehe mit König Ludwig III. gingen dreizehn Kinder hervor:

  • Rupprecht (1869–1955), Kronprinz von Bayern
  1. ∞ 1900 Herzogin Marie Gabriele in Bayern (1878–1912)
  2. ∞ 1921 Prinzessin Antonia von Luxemburg und von Nassau (1899–1954)
  • Adelgunde (1870–1958) ∞ 1915 Fürst Wilhelm von Hohenzollern-Sigmaringen (1864–1927)
  • Maria (1872–1954) ∞ 1897 Ferdinand Herzog von Kalabrien (1869–1960)
  • Karl (1874–1927)
  • Franz (1875–1957) ∞ 1912 Prinzessin Isabella von Croy (1890–1982)
  • Mathilde (1877–1906) ∞ 1900 Prinz Ludwig Gaston von Sachsen-Coburg und Gotha (1870–1942)
  • Wolfgang (1879–1895)
  • Hildegard Luise (1881–1948)
  • Notburga (*/† 1883)
  • Wiltrud Marie Alix (1884–1975) ∞ 1924 Herzog Wilhelm II. von Urach (1864–1928)
  • Helmtrud (1886–1977)
  • Dietlinde (1888–1889)
  • Gundelinde (1891–1983) ∞ 1919 Graf Johann Georg von Preysing-Lichtenegg-Moos (1887–1924)

Literatur

  • Martha Schad: Bayerns Königinnen, Piper 2005

Weblinks


Vorgängerin Amt Nachfolgerin
Marie von Preußen Königin von Bayern
1913–1918
Vorgänger Amt Nachfolger
Francis I. Mary III., Jakobitische Erbfolgerin
1875–1919
Robert I. und IV.

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