Mark to market

Mark to market

Mark to market (engl. „marktnahe Bewertung“, auch Neubewertungsprozess genannt) ist eine Bewertungsmethode beim Jahresabschluss von Kreditinstituten, die im Grundsatz die Bewertung von Finanzinstrumenten nach dem aktuellen Marktpreis verlangt.

Inhaltsverzeichnis

Rechtsgrundlagen

Wie der Begriff bereits nahelegt, stammt diese Bewertungsmethode aus der angelsächsischen Bilanzierungspraxis. Hier kodifiziert das IASB (IAS 39; „Financial Instruments: Recognition and Measurement“) eine strenge Bilanzierung nach aktuellen Marktpreisen. Hingegen fordert das HGB eine nach Anlage- und Umlaufvermögen getrennte Bewertung, wobei die Bewertungskonventionen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten oder niedrigerer beizulegender Zeitwert am Bilanzstichtag zur Anwendung kommen.

HGB

Beim Umlaufvermögen gilt nach dem HGB das strenge Niederstwertprinzip. Dieses verlangt, dass der niedrigere von den Wertkonventionen Anschaffungs-/Herstellungskosten oder Wert am Bilanzstichtag genommen werden muss (§ 253 Abs. 3 Satz 1 HGB). Das beim Anlagevermögen geltende gemilderte Niederstwertprinzip ist eine Kann-Bestimmung, sodass der niedrigere Wert gewählt werden kann (§ 253 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 HGB). Ist jedoch hierbei die Wertminderung eine dauerhafte, so muss auch in diesem Fall der niedrigere Wert gewählt werden (Halbsatz 2 der HGB-Bestimmung).

Mark-to-market

Die Mark-to-market-Bewertungsmethode kennt diese Differenzierung nach Anlage- und Umlaufvermögen nicht. Der Preis eines Vermögensgegenstandes wird in einem liquiden Markt bestimmt und ist damit der Wert, der dem Vermögensgegenstand am Bilanzstichtag beizulegen ist. Da jedoch nicht in allen bilanzrelevanten Märkten jederzeit Marktpreise zur Verfügung stehen, kennt die Mark-to-market-Bewertungsmethode drei verschiedene Bewertungsebenen.

Level 1

Als „Level 1“ werden jene Aktiva klassifiziert, die einwandfrei anhand von aktuellen Marktpreisen bewertbar sind („Mark-to-market“ im engeren Sinne). Es handelt sich um fungible, auf sehr liquiden Märkten gehandelte Finanzinstrumente, die ganz überwiegend an Börsen oder gut organisierten außerbörslichen Märkten gehandelt werden.

Level 2

Hier wird bereits mit Modellen gearbeitet („Mark-to-model“), wobei der Marktpreis aufgrund beobachtbarer Vorgänge geschätzt wird. Wenn relevante Märkte deutlich weniger liquide als sonst üblich sind oder sich nur wenige Preise bilden, sind die beobachtbaren Marktwerte anzuwenden.

Level 3

Sollten allerdings die Marktpreise nur die Folge von Notverkäufen oder Zwangsliquidierungen sein, können die bilanzierenden Unternehmen bei einem völlig illiquiden Markt mit nicht beobachtbaren Parametern auch auf Annahmen und komplexe mathematische Modelle zurückgreifen („Mark-to-model“).

Aktiver Markt

Ein aktiver Markt muss nach IAS 36.6, IAS 38.8 und IAS 41.8 kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • die auf dem Markt gehandelten Produkte sind homogen und
  • vertragswillige Käufer und Verkäufer können in der Regel jederzeit gefunden werden und
  • Preise stehen der Öffentlichkeit zur Verfügung.

Ein Finanzinstrument wird nach IAS 39 als auf einem aktiven Markt notiert angesehen, wenn notierte Preise leicht und regelmäßig (readily and regularly) von einer Börse, einem Händler oder Broker, einer Branchengruppe (industry group), einer Preis-Service-Agentur (etwa Reuters oder Bloomberg) oder einer Aufsichtsbehörde (regulatory agency) verfügbar sind und diese Preise tatsächliche und sich regelmäßig (actual and regularly) ereignende Markttransaktionen auf arm's length-Basis repräsentieren[1]. Bei Notierungen auf organisierten Märkten im Sinne des § 2 Abs. 5 WpHG ist regelmäßig von einem aktiven Markt auszugehen[2]. Die Absicht, aus kurzfristigen Preisschwankungen Gewinne zu erzielen, setzt voraus, dass die Finanzinstrumente auf einem aktiven Markt im Sinn von § 255 Abs. 4 Satz 1 HGB gehandelt werden, da der beizulegende Zeitwert dem Marktpreis entspricht, der auf einem aktiven Markt ermittelt wird.

Ein aktiver Markt liegt nicht mehr vor, wenn aufgrund des vollständigen und längerfristigen Rückzugs von Käufern und/oder Verkäufern aus dem Markt eine Marktliquidität nicht mehr festzustellen ist. Eine derartig nachhaltige Marktveränderung ist beispielsweise eingetreten, wenn der Handel dadurch zum Erliegen kommt, dass ein Market Maker über einen längeren Zeitraum keine verbindlichen Kurse mehr stellt und auch keine Markttransaktionen zu beobachten sind. Falls die Transaktionen nachweislich ausschließlich aus erzwungenen Geschäften, zwangsweisen Liquidationen oder Notverkäufen resultieren, ist dies ein Indiz für einen nicht mehr aktiven Markt für die betreffenden Finanzinstrumente[3].

Anwendbare Bilanzpositionen

Am einfachsten ist die Anwendung der Mark-to-market-Methode bei Finanzinstrumenten, bei denen täglich Börsenkurse veröffentlicht werden (marktgängige Devisen-, Sorten- und Wertpapierbestände als Underlying). Schwieriger wird es jedoch bei Finanzinstrumenten, die weniger fungibel sind und/oder auf (temporär oder permanent) illiquiden Märkten gehandelt werden. Auf größte Hindernisse stößt die Anwendung des Verfahrens bei Bilanzpositionen, für die es im eigentlichen Sinne keine aktiven Märkte gibt. Mark-to-market betrifft damit sowohl das Handelsbuch als auch das Anlagebuch von Kreditinstituten.

Devisen-, Sorten- und Wertpapierbestände

Für diese homogenen Finanzinstrumente besteht jeweils ein hoch organisierter Markt mit täglicher Börsennotiz oder Preis- und Kursnotierung, sodass die Voraussetzungen eines aktiven Marktes nach § 255 Abs. 4 Satz 1 HGB bzw. IAS 36.6 vorhanden sind. Eine marktnahe Bewertung mit diesen marktgängigen Finanzinstrumenten kann deshalb mit Hilfe des Mark-to-Market-Verfahrens bei funktionsfähigen Märkten durchgeführt werden.

Von Bedeutung ist diese Methode auch an der Terminbörse, denn Gewinne und Verluste aus Termingeschäften werden täglich berechnet. Diese Buchgewinne und -verluste werden dann auch unverzüglich auf dem Margin-Konto des Traders berücksichtigt. Diese Anpassung der Margendeckung von offenen Positionen an die sich ändernden Schlusskurse von Futures und/oder Optionen auf den beteiligten Konten nennt man ebenfalls marking to market.

Kredite in Bankbilanzen

Schwieriger ist die marktnahe Bewertung indes bei der Bewertung von Kreditrisiken bei Kreditinstituten. Kreditforderungen sind nicht homogen und nicht fungibel (bis auf die standardisierten Schuldscheindarlehen). Deshalb sieht das deutsche Handelsrecht hier im Grundsatz das Nominalwertprinzip für die Bewertung vor wie bei Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (§ 253 Abs. 1 Nr. 1 HGB) und verlangt, dass zweifelhafte Forderungen mit ihrem wahrscheinlichen Wert einzusetzen sind, während uneinbringliche abzuschreiben sind (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB).

Will man nun versuchen, auch die Kreditforderungsbestände der Kreditinstitute den Mark-to-market-Standards zu unterwerfen, ist zunächst die Frage zu beantworten, ob es für dieses Finanzinstrument einen funktionierenden Markt gibt. Für Bankkredite besteht allenfalls ein Sekundärmarkt ohne oder mit lediglich geringer Preistransparenz (Kredithandel). Es fehlt ihnen neben der Homogenität noch die ausreichende Zahl kauf- oder verkaufswilliger Marktteilnehmer. Deshalb erfüllen Kreditforderungen die Anforderungen der Mark-to-Market-Verfahren zunächst meist nicht. Andererseits kann sich nach dem Mark-to-market-Standard auch durch ein Rating-Downgrade oder höhere Credit Spreads ein höheres Kreditrisiko ergeben, ohne dass Gründe für eine Kreditkündigung vorhanden sind oder es gar zu einem Ausfall des Kreditnehmers kommt. Handelsrechtlich liegen hierbei die Voraussetzungen für die Klassifizierung als zweifelhafte Forderung noch nicht vor, solange die Kredite vertragsgemäß bedient werden, sodass Gründe für eine Teilwertabschreibung (noch) nicht vorhanden sind. Werden Kredite nach Mark-to-market bewertet, sind nicht nur die Teilwertabschreibung oder gar der Kreditausfall während der Kreditlaufzeit ein Kreditereignis, sondern jede Veränderung des Kreditrisikos, die sich durch steigende Credit spreads äußern kann[4].

Für Kredite sind Modelle entwickelt worden, mit deren Hilfe die Mark-to-market-Methode genutzt werden kann. Ein Beispiel für ein solches Mark-to-market-Kreditrisikomodell ist das „CreditMetrics“ von J.P. Morgan. Dieses Modell simuliert die möglichen Ereignisse wie Ausfälle oder Rating-Änderungen und ermittelt in einem nächsten Schritt aus einer großen Zahl von Simulationsläufen wichtige Kennzahlen, wie den sog. „Credit-Value-at-Risk“. Mark-to-market bedeutet in diesem Fall, dass nicht nur das Kreditrisiko, sondern auch die möglichen Bonitätsveränderungen berücksichtigt werden. Jovic und Volkart[5] sehen in diesem Ansätzen, auch Kredite in die Mark-to-Market-Verfahren einzubinden, größeres Zukunftspotenzial. Es ist zu erwarten, dass die internationalen Bilanzierungsregeln entsprechend angepasst werden und auch Kredite für eine Kategorisierung in Level 1 bis 3 vorschreiben[6].

Kritik

Die Kritik an dieser Bewertungsmethode hat sich verstärkt, weil das Mark-to-market-Bewertungsverfahren seit der Finanzmarktkrise 2007 die kritische Situation in Jahresabschlüssen, insbesondere bei Banken und Versicherungen, durch zu verbuchende Bewertungsverluste verschärft hat. Dabei sind die Bewertungsverluste solange nicht eingetreten, wie an den zu bewertenden Beständen festgehalten wird. Damit wirkt die mark-to-market-Methode prozyklisch und krisenverschärfend[7]. Banken sind dadurch gezwungen, auch diejenigen Verluste auszuweisen, die noch gar nicht realisiert sind.

Gesetzliche Neuregelung

Die Mark-to-market-Bewertung kann zu erheblichen Wertschwankungen führen, die prozyklisch sind und sich deshalb krisenverstärkend auswirken können. Bei den gesetzlichen Neuregelungen behält jedoch das Vorsichtsprinzip des HGB weiterhin Vorrang. Dies wird daran deutlich, dass die „Fair Value-Bewertung“ für Nichtbanken weiterhin nicht statthaft ist. Bei Kreditinstituten hingegen gilt die „Fair Value-Bewertung“ nur für Finanzinstrumente des Handelsbuchs. Wegen der internationalen Rechnungslegungsvorschriften war hier ein vollständiger Verzicht auf die „Fair Value-Bewertung“ nicht möglich. Zudem wird – ähnlich wie bei IFRS – eine Umwidmungsmöglichkeit geschaffen.

Die Finanzmarktkrise hat gezeigt, dass in Ausnahmefällen bei Kreditinstituten eine Umwidmung vom Handelsbuch in das Anlagebuch möglich sein muss. Ohne Umwidmungsrechte kann es bei verändernden Marktwerten zu stärkeren Ergebnisschwankungen (Volatilität) kommen und in Krisenzeiten erhöhten Abschreibungsbedarf auslösen, der zu Verlusten bei Banken führt. Diese Umwidmung muss nach § 35 Abs. 1 RechKredV im Anhang angegeben und begründet werden. Durch die seit April 2009 geltende Sondervorschrift des § 340e Abs. 3 HGB fällt das Erfordernis der Existenz eines aktiven Markts weg, sodass der Anwendungsbereich der Zeitwertbilanzierung bei Kreditinstituten auch Finanzinstrumente des Handelsbuches umfasst, die nicht auf einem aktiven Markt gehandelt werden. In solchen Fällen erfolgt die Zeitwertermittlung mit Hilfe finanzmathematischer Bewertungsmodelle nach Mark-to-model (also Level 3). Die Sondervorschrift des § 340e Abs. 3 HGB, die den Anwendungsbereich des § 253 Abs. 1 Satz 3 HGB - also die Zugangsbewertung von Finanzinstrumenten zu Anschaffungskosten und die verpflichtende Folgebewertung zum beizulegenden Zeitwert – betrifft, ist nunmehr für Kreditinstitute erweitert worden.

Siehe auch Fair Value (IFRS).

Einzelnachweise

  1. Institut der Wirtschaftsprüfer, Positionspapier des IDW zu Bilanzierungs- und Bewertungsfragen im Zusammenhang mit der Subprime-Krise, Dezember 2007, S. 2
  2. IdW Rundschreiben HFA 9, Tz. 76 f.
  3. IdW Positionspapier, a.a.O. S. 3
  4. Stephan Germann, Strategische Implikationen des Kreditrisikomanagements bei Banken, 2004, S. 80
  5. Dean Jovic/Rudolf Volkart, Zum Einsatz von Kreditrisikomodellen bei Banken, in: Der Schweizer Treuhänder 10/99, S. 953-962
  6. Handelsblatt vom 6. Februar 2009, Die verborgenen Risiken in der Bilanz
  7. Zunehmende Kritik an „Mark-to-market“-Regel, Neue Zürcher Zeitung Online vom 12. August 2009

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