Maschine von Marly

Maschine von Marly
Die Maschine von Marly im 17. Jahrhundert
Arnold de Ville, Konstrukteur der ersten Maschine von Marly
Die Maschine von Marly im 18. Jahrhundert
Querschnitt durch die Maschine von Marly

Maschine von Marly (frz.: Machine de Marly) war der Name zweier hydraulisch angetriebener Pumpwerke, die dazu dienten, die Wasserspiele im Park von Versailles mit Wasser aus der Seine zu versorgen.

Inhaltsverzeichnis

Die Ausgangslage

Die Planungen für den Park von Versailles sahen schon frühzeitig eine große Anzahl von Springbrunnen und sonstige aufwändige Wasserspiele vor. Allerdings standen weder auf dem Gelände selbst noch in der näheren Umgebung natürliche Quellen zur Verfügung, welche die benötigten Wassermengen hätten liefern und für den notwendigen Wasserdruck zum Betrieb der Fontänen hätten sorgen können.

Nur der nördlich von Versailles befindliche Lauf der Seine bot Wasser im Überfluss; er war jedoch beinahe acht Kilometer vom Schloss entfernt. Die eigentliche Schwierigkeit aber lag darin, dass die Seine bedeutend tiefer lag als Versailles. Um das Wasser aus dem Seinetal zunächst auf die umgebenden Anhöhen zu bringen und ihm dann hinreichend Gefälle zu verschaffen, damit es über Aquädukte bis zum Schloss gelangte und dort außerdem auch noch genügend Druck für den Betrieb der Fontänen besaß, hätte man es über 160 Meter in die Höhe pumpen müssen.

Da ein Verzicht auf die aus Prestigegründen unerlässlichen Wasserspiele nicht in Frage kam, andererseits aber keine anderen Wasserquellen zur Verfügung standen, musste ein mechanisches Pumpwerk konstruiert und gebaut werden, das die für die damalige Zeit enormen Anforderungen erfüllen konnte.

Die erste Maschine von Marly

Die ursprüngliche Maschine von Marly wurde in den Jahren 1681 bis 1684 erbaut. Die Pläne stammten von Arnold de Ville und wurden von Rennequin Sualem in die Praxis umgesetzt.

Als Standort wurde das Südufer einer Flussschleife der Seine unterhalb von Schloss Marly-le-Roi gewählt. Vierzehn Wasserräder mit einem Durchmesser von jeweils 12 Metern trieben über 250 Pumpen an, die das Seinewasser durch Rohre bergauf beförderten. Zwei zusätzliche Pumpstationen, eine auf halber Strecke am Hang, die andere auf dem Gipfel kurz vor dem Aquädukt, sorgten dafür, dass das Wasser den Höhenunterschied überwinden konnte. Diese Pumpstationen wurden durch die Kraft der Wasserräder angetrieben, die über aufwändige Gestänge übertragen wurde. Der Bau der zu jener Zeit einzigartigen Maschine kostete die enorme Summe von vier Millionen Livres.

Am 16. Juni 1684 wurde die fertiggestellte Maschine von Marly von Ludwig XIV. eingeweiht und nahm den Betrieb auf. Jedoch zeigten sich bald ihre Unzulänglichkeiten. Selbst die 14 riesigen Wasserräder konnten Versailles nicht mit ausreichend Wasser versorgen, um ständig sämtliche Wasserspiele damit zu betreiben. Man musste sich darauf beschränken, nach sorgfältiger Planung immer nur die Fontänen sprudeln zu lassen, die sich im Verlaufe des Tages in Sichtweite des Königs befanden.

Hinzu kam, dass die Mechanik der Maschine und der Antriebsgestänge großen Lärm verursachte. Madame Dubarry, die Schloss Marly bewohnte, konnte nachts, wenn die Reservoirs für den folgenden Tag gefüllt wurden, wegen der ohrenbetäubenden Geräusche oft nicht schlafen. Überdies war die Maschine anfällig und musste häufig repariert werden; 60 Arbeiter waren ständig mit der Wartung beschäftigt. Da sie größtenteils aus Holz bestand, das durch die Feuchtigkeit faulte, waren dauernde Erneuerungsarbeiten notwendig, welche die Unterhaltskosten in die Höhe trieben.

Obwohl die Maschine von Marly als Wunderwerk der Technik galt, das von zahlreichen Besuchern von Versailles bestaunt wurde – unter ihnen 1717 Peter der Große und 1784 Thomas Jefferson – und sogar in Denis Diderots Encyclopédie beschrieben wurde, sank im Verlaufe des 18. Jahrhunderts das Interesse an ihrer immer kostspieliger werdenden Erhaltung. Um 1758 wurden Teile der Anlage außer Betrieb genommen, so dass sie nur noch mit verminderter Leistung arbeitete. Obwohl sie besonders nach der Französischen Revolution immer mehr vernachlässigt wurde, blieb sie – wenn auch eingeschränkt – bis 1817 betriebsfähig. Napoleon war bei einem Besuch auf Schloss Nymphenburg so beeindruckt von der Fontäne im Schlosspark, die von den neuen von Joseph von Baader installierten Pumpwerken angetrieben wurde, dass er von Baader 1805 nach Paris berief, um Vorschläge für die technische Verbesserung der Maschine von Marly zu machen. Seine Ideen[1] kamen jedoch nicht zur Ausführung. Am 25. August 1817 wurde sie endgültig angehalten und der Abriss begann.

Trotz des großen Aufwandes war die Leistungsfähigkeit der Maschine von Marly und ihrer gigantischen Wasserräder bescheiden: Unter optimalen Bedingungen konnte sie innerhalb von 24 Stunden nur 2000 bis 2500 Kubikmeter Wasser den Hang hinaufpumpen.

Die zweite Maschine von Marly

Die Überreste der Maschine von Marly mit der dampfgetriebenen Pumpanlage im Jahre 1830
Die zweite Maschine von Marly in einem Gemälde von Alfred Sisley.
Die Wasserräder der zweiten Maschine von Marly

Nach der weitgehenden Demontage der alten Maschine von Marly wurde unter Einbeziehung einiger verbliebener Teile an gleicher Stelle eine dampfgetriebene Pumpenanlage errichtet, die ab 1827 den Park von Versailles, aber auch die umliegenden Gemeinden, mit 2000 Kubikmetern Wasser pro Tag versorgte. Der Betrieb war allerdings teuer, da die Dampfmaschinen hierzu große Mengen Kohle benötigten.

Da der Dampfantrieb auf Dauer äußerst kostspielig war, wurde – veranlasst durch Napoléon III. – 1854 am selben Ort mit dem Bau eines neuen, nunmehr wieder hydraulisch betriebenen Pumpwerks begonnen. Diese zweite Maschine von Marly wurde vom Ingenieur Xavier Du Frayer konstruiert und war ungleich leistungsfähiger als ihre Vorgängerin von 1684. Sechs Wasserräder von jeweils 12 Metern Durchmesser und 4 Metern Breite trieben die Pumpen an, die in der Lage waren, 18.000 bis 20.000 Kubikmeter Wasser pro Tag aus der Seine bergauf zu pumpen. Im Normalbetrieb wurden 7000 Kubikmeter Wasser hinaufbefördert.

Nach ihrer Einweihung am 9. Juni 1859 versah die zweite Maschine von Marly über 100 Jahre ihren Dienst, zum Schluss allerdings nur noch zur Stromerzeugung. Am 20. Juni 1963 wurde sie aufgrund von Schäden außer Betrieb genommen und 1967 abgerissen. Die Wasserversorgung wurde von elektrisch betriebenen Pumpen übernommen.

Heutiger Zustand

Von den beiden Maschinen von Marly sind keine Überreste erhalten; allerdings finden sich bis heute noch die Wasserleitungen der jüngeren Maschine. Von der älteren existieren am Seineufer einige Verwaltungs- und Nebengebäude aus dem 17. Jahrhundert.

Literatur

  • Thomas Brandstetter, Kräfte messen. Die Maschine von Marly und die Kultur der Technik 1680–1840, Diss. Weimar 2006, online abrufbar als PDF (8,8 MB) über den Dokumentenserver der Bauhaus-Universität Weimar.
  • Jacques und Monique Lay: Katalog zur Ausstellung La Machine de Marly, 1998
  • Louis Figuier: Les merveilles de l’Industrie, 1875
  • Bernard Belidor: Architecture hydraulique, 1784

Einzelnachweise

  1. Joseph von Baader: Projet d'une nouvelle machine hydraulique pour remplacer l'ancienne machine de Marly suivi de l'apperçu d'un autre moyen de fournir des eaux a la ville et aux jardins de Versailles, sans employer la force motrice de la riviere; Paris, Renouard, 1806.

Weblinks

 Commons: Maschine von Marly – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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