Meent

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Die Allmende ist eine Rechtsform gemeinschaftlichen Eigentums und eine traditionelle Wirtschaftsform, die heute etwa im Alpenraum noch verbreitet ist.

Im über Landwirtschaft hinausgehenden Sinne wird der Begriff in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und den Informationswissenschaften verwendet, unter anderem bei Allmendegut, Wissensallmende, Tragik der Allmende und Tragik der Anti-Allmende. Dabei wird oft die britische Entsprechung Commons verwendet.

Inhaltsverzeichnis

Etymologie

Der Begriff entstand im Hochmittelalter als mhd. al(ge)meinde, almeine, almeide („Gemeindeflur“), als ein im Besitz einer Dorfgemeinschaft befindliches Grundeigentum als Gemarkung.

[1][2] Im Hochdeutschen liegt die Betonung auf der zweiten Silbe, im Alemannischen steht das Wort mit Betonung auf der ersten Silbe und ohne Schluss-e. Sprachliche Varianten sind auch Allmeind, Allmande, und in Teilen Südtirols Gemoana, und im nordwestlichen niederdeutschen (niedersächsischen) Sprachraum Meent, was wiederum auf den alten Begriff der Meinheit hinweist.

Die englische Bezeichnung Commons bezieht sich auch auf spezifische Landnutzungsrechte (Servitute), die es bestimmten Bauern, den Commoners erlaubte und erlaubt, auf Land im Privat-, Kron- oder Gemeineigentum zuzugreifen.

Allmende als Rechtsform

Huteeiche im Windsor Park

Die Allmende ist jener Teil des Gemeindevermögens, der nicht unmittelbar im Interesse der ganzen Gemeinde zur Bestreitung derer Ausgaben verwandt wird, sondern an dem alle Gemeindemitglieder das Recht zur Nutzung haben. Die Allmende besteht meist aus unbeweglichem Gut wie Wegen, dem Wald, Gewässer zur Löschwasserversorgung, oder Weideland wie der Gemeindewiese, einem Hutewald oder Sömmerungsgebiete der Alpen (Alm/Alp), auf der jeder seine Nutztiere weiden lassen kann.

Die Nutzung kann auf Gemeinde- (oder Genossenschafts-) Mitglieder beschränkt sein oder generell öffentlich zugänglich sein, wie bei öffentlichen Wegen, Brunnen oder dem dörflichen Anger: Nur bei letzterem handelt es sich um Allgemeingut (im Sinne eines Gemeinguts), das keinen Eigentümer hat, bzw. wo die freie Benutzung als Grundrecht vorliegt.

Daneben gibt es auch Rechte von Nutzungsberechtigten (Commons sowie Commoners im Englischen). Diese umfassen Rechte (Servitute) wie:

  • Wasserrechte
  • Weiderechte
  • Fischrechte
  • Das Recht zum Abbau von Sand oder Kies und weiteren Rohstoffen im Rahmen des Bergregals, das Recht zum Torfabbau
  • Das Recht zur Waldhute
  • Das Recht zur Entnahme von Bau- und Brennholz, oft auf kleinere Bäume und Fallholz begrenzt (Holzrecht)

Die entsprechenden Rechte waren zumeist in Arten und Menge begrenzt und wurden mit pauschalen oder quantifizierten Gebühren belegt, durften aber nicht verwehrt werden. Das Eigentum am Land verblieb beim Grundherrn.

Formen

Die Allmende wird entweder von allen Gemeindemitgliedern oder nur von einzelnen bestimmten Berechtigten (der so genannten Realgemeinde oder Nutzungsgemeinde) benutzt:

  • Nutzung durch alle Gemeindemitglieder: Im ersteren Fall benutzt sie entweder die ganze Gemeinde ungeteilt oder sie wird alljährlich nach Losen verliehen oder auch alljährlich unter öffentlicher Autorität verwaltet und nur der Ertrag wird verteilt. Ein typisches Beispiel ist der Anger.
  • Nutzung durch einzelne Berechtigte: Im letztern Fall bleibt die Allmende zwar Eigentum der Korporation, jedoch mit der Besonderheit, dass ihre Benutzung nicht allen Gemeindegliedern, sondern nur einer bestimmten Anzahl, meist den Besitzern bestimmter Güter (Bauernhöfe, Hofgüter, im Gegensatz zu den bloßen Katen), zusteht.

Die einzelnen Nutzungsanteile (Gemeindeteile, Rechtsame, Meenten, Waren, Gewalten) sind in der Regel als Zubehörungen der betreffenden Bauerngüter zu betrachten. Diese Nutzungsrechte an den Allmenden hängen mit den Verhältnissen der alten Markgenossenschaften zusammen, welche an Wald und Wiese noch nicht ein Alleineigentum, sondern nur ein durch Hofbesitz bedingtes Miteigentum zu ideellen Teilen kannten (und kennen).

Gemeinsam ist den Formen aber, dass die Rechte nie an natürliche Personen, sondern an die Gemeinde selbst oder die jeweiligen Höfe (im Sinne einer juristischen Person) gebunden sind. Die Inanspruchnahme des Anrecht erfordert also Gemeindemitgliedschaft oder die Eigenschaft des Haushaltsvorstandes.

Geschichte und Entwicklung

Im frühen Mittelalter gab es praktisch in jedem Dorf eine Allmende. Sie ging auf das Gemeineigentum der alten Markgenossenschaft, die „Gemeine Mark“ zurück. In Spanien gab es mit fortschreitender reconquista in den Gebieten mit freien Männern neu besiedelte Kommunen, zu deren Bestellung sich die Anrainer zusammenfanden. Daraus erwuchs eine bis heute vereinzelt erhaltene Grundeigentumsstruktur bedeutender ejido-Flächen (Feld-, Flur- und Waldgemeinschaften), die von den Kommunen in gemeinsamer Regie kultiviert und genutzt wurde. In den englischsprachigen Ländern war und ist ein Großteil des Landes im Eigentum der Krone, (vgl. Kronland (Kanada)) und die Commons ermöglichten, entsprechende Nutzungsrechte zu erwerben.

Im 15. und 16. Jahrhundert eigneten sich in Deutschland und England in vielen Fällen die weltlichen Herrscher die Gemeindeflächen an, was ein wichtiger Grund für den deutschen Bauernkrieg war. In England wurde dies als Enclosure Movement bezeichnet und wurde zu einer wichtigen Bedingung für die industrielle Revolution, da sie zu einer Verarmung der Kleinbauern führte. Aus der verarmten Landbevölkerung rekrutierte sich dann die Arbeiterschaft in den schnellwachsenden nordenglischen Industriestädten.

Ende des 19. Jahrhunderts wurde durch die Intensivierung der Landwirtschaft vielfach eine Teilung der Allmenden (siehe auch Markenteilung, Separation oder 'Verkoppelung') herbeigeführt, welche juristisch nichts anderes war als völlige Veräußerung des Eigentums der Korporation an die Gemeindeglieder und zu einer frühen Form der Flurbereinigung führte.

Das ursprüngliche Rechtsgut der Allmende hat sich vereinzelt in Süddeutschland, den Alpengebieten Österreichs und der Schweiz erhalten, während in den meisten Fällen die Allmende in das Eigentum der Einzelberechtigten oder der politischen Gemeinde oder in dasjenige einer besondern Nutzungsgemeinde (Real-, Nachbar-, Alt-, Markgemeinde) übergegangen ist.

Weil vielfach die überlieferten Bewirtschaftungsregeln für die Allmendeflächen nicht mit modernen landwirtschaftlichen Methoden in Einklang zu bringen waren, ging im 20. Jahrhundert die wirtschaftliche Nutzung der Allmende weitgehend zurück. Oft wurde dann auf solche Flächen z.B. für die Schaffung von Neubau- oder Industriegebieten oder Sportanlagen zurückgegriffen.

Moderne Allmenden

Alpgenossenschaften

Im ganzen Alpenraum existieren Allmenden auch heute, zum Beispiel in der Schweiz in Allmendkorporation Reiti in Horgen am Zürichsee. Unter anderem gibt es in den Kantonen Graubünden und Uri viele Alpweiden als Allmenden (auch Allmeinen genannt). Die daran beteiligten Landwirte haben das Recht, ihr Vieh nach bestimmten Nutzungsregeln darauf weiden zu lassen. Die Nutzung wird nach Kuhrechten vergeben. Ein Kuhrecht besagt, dass der Landwirt eine Kuh darauf weiden lassen darf.

Auch sind die Weide- und Triftwege, die zu den verschiedenen Wirtschaftsflächen der Bauern führen, meist Gemeingut.

Der Begriff der Allmende im übertragenen Sinn

Wikimedia Commons als Symbol einer 'Wissensallmende'

In erweiterter Form findet der Begriff auch in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und der Informatik [3]

Verwendung:

  • So werden in der Mikroökonomie allgemein bestimmte Güter als Allmendegüter bezeichnet.
  • Als Wissensallmende, englisch Commons bezeichnet man gemeinsames Gut der modernen Informationsgesellschaft.
  • Die Tragik der Allmende (Tragedy of the Commons) führt zur Übernutzung einer Ressource, wenn zu viele Eigner ein Privileg haben, die Ressource zu nutzen und keiner das Recht hat, andere von der Nutzung auszuschließen.
  • Die Tragik der Anti-Allmende (Tragedy of the Anti-Commons) führt zur Unternutzung einer Ressource, wenn viele Eigentümer das Recht haben, andere von der Nutzung der Ressourcen auszuschließen und keiner ein effektives Nutzungsprivileg hat.[4]

Der englische Begriff ' Tragedy of the Commons' wird unter anderem auf William Forster Lloyd Überlegungen zur Bevölkerungsentwicklung zurückgeführt[5]. Nach Joachim Radkau [6] steht er damit in einer ganzen Reihe von Wissenschaftlern und Agrarreformern, die seit dem 18. Jahrhundert ein angebliches Allmendeproblem diskutierten und exemplarisch für die Abschaffung von hergebrachten Formen des Gemeineigentums verwendeten. Radkau nennt neben den "dürren Allmendekühen"[6] auch die aristotelische Polemik gegen die platonische Polis als Dauerargument der Agrarreformer. So wurde Aristoteles mit der Aussage, dass „dem Gut, das der größten Zahl gemeinsam ist, die geringste Fürsorge zuteil wird“ verwendet, um den althergebrachten bäuerlichen Gemeinbesitz abzuschaffen[6].

Der Mikrobiologe und Ökologe Garrett Hardin erweiterte den Begriff 1968 in einem Essay für die Zeitschrift Science, ebenfalls unter dem Titel The Tragedy of the Commons. Die (deutsch) Tragik der Allmende sei nach Hardin ein unvermeidliches Schicksal der Menschheit, für das es keine technologische Lösung gebe. Hardin, der sich selbst in die Tradition Robert Malthus stellt[7], sah den Begriff als Metapher für Überbevölkerung und forderte eine globale Geburtenkontrolle und rigide internationale Beschränkungen etwa des Fischfangs.

Radkau sieht bei Hardin eine deutlich veränderte Verwendung des Allmendebeispiels"[6]. Hardin fordere damit nicht mehr den privaten Zugriff auf ehemals gemeinsam verwaltete Güter. Es ging um umgekehrt um eine vermehrte staatliche oder internationale Regulation von Gemeingütern auf globaler Ebene (eine 'Ökodiktatur' bei Radkau[6]).

Auf die tatsächliche Allmendewirtschaft gehe die Modellvorstellung in beiden Ausprägungen kaum ein. Diese sei (gerade auch bei einer gewissen Überweidung) ökologisch sehr interessant und von einem großen Artenreichtum geprägt. Die Allmendewirtschaft geht mittlerweile mit wissenschaftlich begründeten Strategien nachhaltig vor. Die wahre 'Tragik der Allmende' bestand Radkau zufolge im Aufruf zu einer "ökonomischen" sprich ungehemmten Nutzung der Allmendebestände, was in der Neuzeit auch eingetreten sei und im Sinne einer 'self fullfilling prophecy' zeitweise krisenhafte Auswirkungen hatte[6].

Moderne Formen der Allmenderegulierung, im direkten[8][9]bezogen auf die Ressource Landschaft wie im übertragenen, sozialwissenschaftlichen Sinn[10] sind mittlerweile Gegenstand von internationalen Forschungsprojekten wie auch der Untersuchung von Handlungs- und Prozessmustern etwa in der Psychologie.

In der Entwicklungspolitik, etwa am Beispiel des landwirtschaftlichen Umbruchs in China werden unter dem Schlagwort 'The Tragedy of the Commons revisited' statt einer modellhaft strikten Unterscheidung zwischen privatem, staatlichem oder Gemeineigentum und einer gänzlich freien Verfügbarkeit historisch wie aktuell Übergangsformen festgestellt und ein Co-Management derselben empfohlen[11].

Siehe auch

Literatur

  • Theodor Felber: Die Allmenden des alten Landes Schwyz. Mit einer Kartenbeilage, in: Jahresberichte der Geographisch-Ethnographischen Gesellschaft in Zürich, Band 2 (1900-1901), S. 61–84 (Digitalisat)
  • Hartmut Zückert: Allmende und Allmendaufhebung. Vergleichende Studien zum Spätmittelalter bis zu den Agrarreformen des 18./19. Jahrhunderts. Lucius & Lucius, Stuttgart 2003, ISBN 3-8282-0226-8
  • Bernd Schildt: Allmende. In: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte I, 2. Aufl., Berlin 2008, Sp. 169-180 (mit umfänglicher Bibliographie bis einschließlich 2003, Sp. 178 ff.), ISBN 978-3-503-07912-4

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Nachweis in Schriftquelle des Mittelalters
  2. Lexikoneintrag auf www.wissen.de
  3. [1] Bernd Lutterbeck: Die Wissensgesellschaft bauen!, in: Umbruch von Regelungssystemen in der Informationsgesellschaft. Freundesgabe für Alfred Büllesbach. Johann Bizer, Bernd Lutterbeck, Jochen Rieß (Herausgeber), Stuttgart 2002.
  4. Michael A. Heller (1998): The Tragedy of the Anticommons. Property in the Transition from Marx to Markets. In: Harvard Law Review Vol. 111 (1998), pp 622.
  5. William Forster Lloyd, Two Lectures on the Checks to Population (Oxford, England: Oxford University Press, 1833)
  6. a b c d e f Joachim Radkau 'Natur und Macht, Eine Weltgeschichte der Umwelt' C.H.Beck, 2002 ISBN 3-406-48655-X
  7. Frühling 1998 THE SOCIAL CONTRACT, The Feast of Malthus Living within limits, von Garrett Hardin, S. 181- 187
  8. Die Anwendung des Prinzips der nachhaltigen Entwicklung Raimund Rodewald et. al. (2003)
  9. Nachhaltige Landschaftsentwicklung mit Hilfe von institutionellen Ressourcenregimen Authors: Lenhard, Vera Christine; Rodewald, Raimund Source: GAIA - Ecological Perspectives for Science and Society, Volume 9, Number 1, March 2000 , pp. 50-57(8).
  10. Prozessmuster der Allmenderegulierung: Die Rolle von Strategien, Information und Institutionen – Abschlussbericht – Andreas M. Ernst, Andrea Bender, Renate Eisentraut und Stefan Seitz April 2001 Research Reports Institute of Psychology University of Freiburg Germany
  11. Tony Banks, Property Rights Reform in Rangeland China: Dilemmas On the Road to the Household Ranch, Massey University, Palmerston North, New Zealand World Development Vol. 31, No. 12, pp. 2129–2142, 2003

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