Melzer Verlag

Melzer Verlag

Der Melzer Verlag ist ein kleiner Judaica-Verlag mit Sitz in Neu-Isenburg. Das Unternehmen wird als GmbH geführt. Für das Programm zeichnete Abraham Melzer verantwortlich, der mit seiner verlegerischen Tätigkeit an das Werk seines Vaters Joseph Melzer anzuknüpfen versuchte.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Joseph Melzer hatte 1958 den Joseph Melzer Verlag in Köln mit dem Ziel gegründet, deutschen Lesern die von den Nationalsozialisten verbotenen Bücher wieder zugänglich zu machen. In den 60er Jahren zog der Verlag nach Darmstadt um. Jörg Schröder veröffentlichte bei Melzer Victor Klemperers LTI (1966), den Beat und Black Power Aktivisten LeRoi Jones und mit großem Erfolg die erste deutsche Ausgabe der Geschichte der O (1967). Der Verlag ist das Risiko der Veröffentlichung des pornographischen Romans bewusst eingegangen, um dem drohenden Konkurs zu entgehen. Abraham Melzer stieg 1970 in das Familienunternehmen ein und zeichnete für die Programmgestaltung mitverantwortlich, bis der Verlag 1982 seine Produktion einstellen musste. Abraham Melzer betätigte sich in der Folge als Buchproduzent für Verlage wie Fourier, Parkland und Weltbild.

Neugründung

1988 gründete Melzer die politische Zeitschrift SEMIT, die bis 1992 unregelmäßig erschien und seit 2009 wieder zweimonatlich herausgebracht wird. Als Mitherausgeber firmierte Oswald LeWinter. Den inhaltlichen Schwerpunkt der Zeitschrift bildeten jüdische und israelische Themen. Ihr politisches Profil war durch dezidierte Opposition zur israelischen Regierungspolitik geprägt. Die Programmatik von SEMIT bestimmte auch die Ausrichtung des 2001 neu gegründeten Melzer Verlages, dessen Programm sich in erster Linie aus jüdischen Themen mit den Schwerpunkten Nahostkonflikt, israelische Literatur, jüdische Kunst, politisches Sachbuch und Judaica zusammensetzt. Der Untertitel Das andere jüdische Programm ist als Hinweis auf den kritischen Anspruch des Verlegers zu verstehen. Ergänzt wurde das Programm durch ein populäres Angebot an Romanen, Sachbüchern und, zuletzt, Fotobänden wie dem im Juli 2006 erschienen Bildband zum Leben Romy Schneiders. Produktionen für andere Verlage waren das zweite Standbein des Melzer Verlages, zu den bereits erwähnten Kunden kamen noch Parragon und Zweitausendeins hinzu. Abraham Melzer ist auch als Übersetzer tätig und hat zuletzt eine Heinrich Heine-Biographie des israelischen Publizisten Yigal Lossin aus dem Hebräischen ins Deutsche übertragen und verlegt. Zu den Autoren des Verlages zählten unter anderem der Cap Anamur-Gründer Rupert Neudeck („Ich will nicht mehr schweigen“ über die Mauer zum Westjordanland) und der israelische Journalist Gideon Levy (Ha'aretz). Mit Übersetzungen von in Deutschland weniger bekannten, aber wichtigen israelischen Autoren wie Ehud Ben-Ezer wollte der Verlag die Wahrnehmung der Leser für Differenzen und Nuancen schärfen. 2003 übernahm der Verlag das umstrittene Buch Nach dem Terror. Ein Traktat des kanadischen Philosophen Ted Honderich, das neu übersetzt wurde,[1] nachdem dessen Veröffentlichung Suhrkamp wegen Antisemitismus-Vorwürfen gegen den Autor einstellte. [2][3] 2005 veröffentlichte der Verlag Das Ende des Judentums: Persönliche Betrachtungen über Judentum, Holocaust und Israel von Hajo G. Meyer, einem Überlebenden des Konzentrationslagers Auschwitz[4]. Um dieses Buch, das in essayistischer Weise und mit autobiographischen Anklängen den „moralischen Verfall der heutigen israelischen Gesellschaft“ [5] behandelt, entspann sich ein medienwirksamer Rechtsstreit mit dem Publizisten Henryk M. Broder, in dem dieser gegen Abraham Melzer und Hajo Meyer durchsetzen konnte, dass er ihnen Antisemitismus vorwerfen darf:

„Er darf beide ‚Kapazitäten für angewandte Judäophobie‘ nennen und erklären, sie hätten ‚den Adolf gemacht‘. Nur die Äußerung Melzer fülle eine Lücke mit ‚braunem Dreck‘, wurde ihm untersagt.[6]

Zweite Neugründung

Bis vor kurzen hieß es noch: „seit dem 22. Oktober 2007 gibt es den Melzer Verlag […] offiziell nicht mehr.“[7]

Aber offensichtlich hat Abraham Melzer seinen Verlag erneut wiederbelebt und bietet das gewohnte Spektrum seiner Bücher an. Der Verlag verfügt über eine neue Internetseite und ein neues Logo, die Verlagsanschrift ist gleich geblieben. Auf der Frankfurter Buchmesse wird er wieder vertreten sein.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. "Postskriptum ohne Reue"in: Der Standard vom 30. Dezember 2003
  2. "Ich halte das Buch nicht für antisemitisch" in: Der Standard vom 7. November 2003
  3. Ted, glaubst du wirklich .... auf Telepolis vom 21. Oktober 2003
  4. Alex Feuerherdt: Henryk M. Broder: „Den Adolf gemacht“. In: Tagesspiegel, 9. November 2007. Das Buch wurde aus dem Niederländischen von Christiane Kuby und Herbert Post übersetzt. Inhaltsverzeichnis, PDF, 43 KB).
  5. Verlagsangabe.
  6. Alex Feuerherdt: Henryk M. Broder. „Den Adolf gemacht“. In: Tagesspiegel, 9. November 2007.
  7. Ehemalige Homepage des Melzer Verlags: Melzer 2008. Zuletzt abgerufen am 16. Juni 2008. Weiter heißt es dort: „An die Stelle des Melzer Verlages ist der Wunderkammer Verlag getreten“.

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