Arbeitslosengeld I

Arbeitslosengeld I

Arbeitslosengeld I (ALG I) (offizielle Bezeichnung: Arbeitslosengeld) ist eine Leistung der deutschen Arbeitslosenversicherung, die bei Eintritt der Arbeitslosigkeit und abhängig von weiteren Voraussetzungen gezahlt wird. Ähnliche Leistungen gibt es auch in allen anderen europäischen Staaten.

Zu unterscheiden ist das Arbeitslosengeld I von dem Arbeitslosengeld II. Das ALG II ist eine Leistung, die der Grundsicherung von Arbeitssuchenden und Arbeitenden dient, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht vollständig durch Einkommen, Vermögen oder andere Hilfen, wie z. B. auch dem Arbeitslosengeld decken können.

Inhaltsverzeichnis

Rechtsgrundlagen

Die rechtlichen Grundlagen für das ALG I enthält das Dritte Buch des Sozialgesetzbuches (SGB III).

Anspruchsvoraussetzungen

Anspruch auf Arbeitslosengeld haben Arbeitnehmer, die

  1. arbeitslos sind,
  2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und
  3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben.

Arbeitnehmer, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, haben vom Beginn des folgenden Monats an keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Anwartschaftszeit gemäß § 123 SGB III erfüllt derjenige, der in den zwei Jahren vor Beginn der Arbeitslosigkeit 360 Tage in einer beitragspflichtigen Beschäftigung gestanden hat oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig zur Arbeitslosenversicherung war (z. B. Elternzeit, Wehrdienst- und Zivildienstzeiten).

Arbeitslosigkeit

Arbeitslos ist ein Arbeitnehmer, der

  1. nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit),
  2. sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und
  3. den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).

Arbeitslosmeldung

Der Arbeitslose hat sich persönlich bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitslos zu melden. Eine Meldung ist auch zulässig, wenn die Arbeitslosigkeit noch nicht eingetreten, der Eintritt der Arbeitslosigkeit aber innerhalb der nächsten drei Monate zu erwarten ist.

Frühzeitige Arbeitsuchendmeldung

Von der Anspruchsvoraussetzung der Arbeitslosmeldung zu unterscheiden ist die Verpflichtung zur frühzeitigen Meldung als Arbeitsuchender: Gemäß § 38 SGB III sind Arbeitnehmer verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses persönlich arbeitsuchend zu melden. Sofern der Arbeitnehmer erst innerhalb der letzten drei Monate seines Beschäftigungsverhältnisses Kenntnis von dessen Beendigung erhält, ist er verpflichtet, sich innerhalb der nächsten drei Kalendertage arbeitsuchend zu melden. Die erforderliche Arbeitsuchendmeldung ist bei jeder Dienststelle der Bundesagentur für Arbeit möglich. Arbeitnehmer, die dieser Verpflichtung nicht nachkommen, erhalten für die ersten sieben Tage ihres Arbeitslosengeldanspruches keine Leistungen (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).

Anwartschaftszeit

Die Anwartschaftszeit hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Zeiten, die vor dem Tag liegen, an dem der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen des Eintritts mehrerer Sperrzeiten erloschen ist, dienen nicht zur Erfüllung der Anwartschaftszeit.

Rahmenfrist

Die Rahmenfrist beträgt seit 1. Februar 2006 zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Höhe des ALG I

Die Höhe des ALG I richtet sich nach dem Bemessungsentgelt. Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Das Bemessungsentgelt errechnet sich aus dem Bruttoentgelt abzüglich

ergibt das Nettoentgelt/Leistungsentgelt.

ALG I = Nettoleistungsentgelt x Leistungssatz

Der Leistungssatz beträgt für Arbeitslose mit Kindern 67 %, für alle anderen 60 % des Leistungsentgelts. Das monatlich auszuzahlende ALG I beträgt das 30-fache des täglichen ALG I.

Beispiel zur Berechnung des ALG I

Das ALG I wird nach § 131 und § 134 SGB III bestimmt. Nach § 131 SGB III werden Tage des Jahres, gleich 365 Tage und nach § 134 SGB III werden 30 Tage bei einem vollen Monat und somit 360 Tage pro Jahr angenommen.

  1. Zuerst wird das sozialversicherungspflichtige Einkommen der letzten 12 Monate bestimmt. Im Jahr 2005 waren dies maximal 5200 Euro pro Monat = 62400 Euro pro Jahr. Dieser Betrag wird durch die Tage des Bemessungszeitraums gleich 365 Tage geteilt. (nach § 131 SGB III). Das ergibt das tägliche Bemessungsentgelt.
  2. Von diesem werden Sozialversicherungspauschale in Höhe von 21 %, Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag abgezogen. Das ergibt das tägliche Leistungsentgelt.
  3. Vom Leistungsentgelt werden 60 % bzw. 67 % (mit Kind) berechnet. Dies ergibt den täglichen Leistungssatz. Dieser ist auch der tägliche Zahlbetrag, sofern keine Abzüge an andere Berechtigte abgezweigt werden.
  4. Der tägliche Zahlbetrag wird für 30 Tage pro vollem Monat ausgezahlt, unabhängig davon, wie lang der Monat tatsächlich ist. Das ist nun der monatliche Zahlbetrag. (nach § 134 SGB III)

Beispiel für die Beitragsbemessungsgrenze im Jahr 2005.

zu 1)

      5200 *  12                    = 62400  Euro
     62400 / 365                    = 170,96 Euro Bemessungsentgelt täglich

zu 2)

     Sozi-Pauschale: 21% von 170,96 =  35,90 Euro
     Lohnsteuer    :                   29,05 Euro
     Soli          :                    1,59 Euro
     -------------------------------------------
     Gesamtabzüge  :                   66,54 Euro
     
     170,96 - 66,54                 = 104,42 Euro Leistungsentgelt täglich  

zu 3)

     104,42 * 60%                   =  62,65 Euro Leistungssatz täglich

zu 4)

      62,65 Euro * 30 Tage          =1879,50 Euro Zahlbetrag monatlich

Anmerkung: 1 Jahr hat 365 Tage nach § 131 und 360 Tage nach § 134.

Dauer des Bezugs von ALG I

Wie lange ein Arbeitsloser Arbeitslosengeld erhalten kann, hängt von seinem Lebensalter und der Dauer der Versicherungspflichtverhältnisse innerhalb der um drei Jahre erweiterten Rahmenfrist (in der Regel 4 Jahre) ab:

Altregelung bis 31. Januar 2006 Altregelung 1. Februar 2006 bis 31. Dezember 2007
nach Versicherungspflicht-
verh. von mind … Monaten
nach Vollendung
des … Lebensjahres
Bezugsdauer
in Monaten
nach Versicherungspflicht-
verh. von mind … Monaten
nach Vollendung
des … Lebensjahres
Bezugsdauer
in Monaten
12 - 6 12 - 6
16 - 8 16 - 8
20 - 10 20 - 10
24 - 12 24 - 12
30 45 14 - - -
36 45 18 - - -
44 47 22 - - -
52 52 26 30 55 15
64 57 32 36 55 18

Arbeitslose, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld am 31. Dezember 2007 noch nicht erschöpft war, kommen in den Genuss der neuen, ab dem 1. Januar 2008 geltenden längeren Bezugsdauer, sofern sie die Voraussetzungen der neuen Regelung erfüllen[1].


Neuregelung ab 1. Januar 2008[2]
nach Versicherungspflicht-
verh. von mind … Monaten
nach Vollendung
des … Lebensjahres
Bezugsdauer
in Monaten
12 - 6
16 - 8
20 - 10
24 - 12
30 50 15
36 55 18
48 58 24

Ruhen des Anspruchs auf ALG I

Hat der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

  1. der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),
  2. der bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend gemeldete Arbeitnehmer oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch sein Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),
  3. der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen),
  4. der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme der Eignungsfeststellung, einer Trainingsmaßnahme oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
  5. der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
  6. der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt (Sperrzeit bei Meldeversäumnis),
  7. der Arbeitslose seiner Meldepflicht nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).

Der Arbeitnehmer hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese in seiner Sphäre oder in seinem Verantwortungsbereich liegen.

Weitere Ruhenstatbestände finden sich in den §§ 142 ff des SGB III. Dabei ruht das Arbeitslosengeld im Wesentlichen dann, wenn der Arbeitslose Anrecht auf andere Geldleistungen hat oder hätte.

Erlöschen des Anspruchs auf ALG I

Der Anspruch auf Arbeitslosengeld erlischt nach § 147 SGB III

  1. mit der Entstehung eines neuen Anspruchs,
  2. wenn der Arbeitslose Anlaß für den Eintritt von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt mindestens 21 Wochen gegeben hat, der Arbeitslose über den Eintritt der Sperrzeiten schriftliche Bescheide erhalten hat und auf die Rechtsfolgen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt mindestens 21 Wochen hingewiesen worden ist; dabei werden auch Sperrzeiten berücksichtigt, die in einem Zeitraum von zwölf Monaten vor der Entstehung des Anspruchs eingetreten sind und nicht bereits zum Erlöschen eines Anspruchs geführt haben.

Anrechnung von Einnahmen aus Nebentätigkeiten

Übt der Arbeitslose während einer Zeit, für die ihm Arbeitslosengeld zusteht, eine weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung aus, ist das Arbeitsentgelt aus der Beschäftigung nach Abzug der Steuern, der Sozialversicherungsbeiträge und der Werbungskosten sowie eines Freibetrages in Höhe von 165 Euro auf das Arbeitslosengeld für den Kalendermonat, in dem die Beschäftigung ausgeübt wird, anzurechnen.

Weitere Ansprüche

Wer ALG I bezieht, hat– unter weiteren Voraussetzungen – Anspruch auf Förderung einer selbständigen Tätigkeit. Die Aufnahme einer hauptberuflichen und selbständigen Existenz wird mit dem Gründungszuschuss gefördert.

Der Bezug von ALG I schließt den aufstockenden Bezug von ALG II nicht aus.

Steuerliche Aspekte

Wie alle Lohnersatzleistungen ist das Arbeitslosengeld I steuerfrei nach § 3 Nr. 2 EStG, unterliegt jedoch dem Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs.1 Nr. 1 EStG. Bezogenes Arbeitslosengeld I ist daher in der Einkommensteuererklärung vom Steuerpflichtigen anzugeben. Bei dem 2005 eingeführten Arbeitslosengeld II ist dies nicht der Fall.

Quellen

  1. § 434r Abs. 1 SGB III
  2. § 127 Abs. 2 SGB III in der Fassung des Siebten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 8. April 2008, BGBl. I, S. 681

Siehe auch

Weblinks

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