Arbeitszimmer

Arbeitszimmer

Ein Arbeitszimmer ist ein Raum, in dem eine Tätigkeit ausgeübt wird, die mit einer steuerlichen Einkunftsart im Zusammenhang steht. Was unter einem häuslichen Arbeitszimmer zu verstehen ist, ist gesetzlich nicht definiert, so dass weitgehend auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhof (BFH) zurückgegriffen werden muss. Der BFH definiert das häusliche Arbeitszimmer wie folgt:

Ein häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG 2007 ist ein Raum, der

  • nach seiner Funktion und Ausstattung und nach seiner Lage
  • in die häusliche Sphäre eingebunden ist
  • vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer bzw. -organisatorischer Arbeiten dient und
  • nahezu ausschließlich zu betrieblichen oder beruflichen Zwecken genutzt wird[1].
  • Räume mit atypischer Ausstattung und Funktion gelten nicht als Arbeitszimmer, unabhängig davon, ob sie der Lage nach in die häusliche Sphäre eingebunden sind; Beispiele hierfür sind Werkstatt, Praxis, Kanzlei, Behandlungsraum.

Ein Arbeitszimmer ist nicht "häuslich",

  • wenn es in einem fremden Gebäude angemietet wird.
  • wenn darin Publikumsverkehr stattfindet oder familienfremde Mitarbeiter dort beschäftigt werden.

Inhaltsverzeichnis

Rechtslage bis 31. Dezember 2006

1. Vollabzug als Werbungskosten/Betriebsausgaben

Bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, sind die Kosten hierfür in voller Höhe Betriebsausgaben oder Werbungskosten und mindern insoweit die steuerpflichtigen Einkünfte.

2. Begrenzter Abzug als Werbungskosten/Betriebsausgaben

Sind die Voraussetzungen des Vollabzug nicht gegeben, besteht bis Ende des Veranlagungszeitraums 2006 die Möglichkeit, bis zu 1.250 Euro jährlich als Werbungskosten für das häusliche Arbeitszimmer abzusetzen. Voraussetzung hierfür ist, dass entweder die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 Prozent der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit ausmacht bzw. für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

Neue Rechtslage ab 1. Januar 2007

Seit 1. Januar 2007 unterliegt der Abzug der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG. Es gibt nur noch die Varianten "Vollabzug" (sofern die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind) oder "kein Abzug". Die Verfassungskonformität dieser Neuregelung wurde von vielen Experten bezweifelt. Mit Beschluss vom 6. Juli 2010 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass diese Neuregelung in Teilen eine nicht gerechtfertigte Abweichung vom objektiven Nettoprinzip darstellt, weshalb sie gegen den Gleichheitssatz der deutschen Verfassung verstößt.[2] Nach dem Beschluss muss ein Arbeitszimmer auch dann steuerlich abzugsfähig sein, wenn es zwar nicht den Mittelpunkt der beruflichen und betrieblichen Tätigkeit darstellt, dem Steuerpflichtigen aber kein anderweitiger Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Der Gesetzgeber wurde aufgefordert, rückwirkend ab dem 1. Januar 2007 den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen.

1. Arbeitszimmer als "Mittelpunkt" der beruflichen und betrieblichen Tätigkeit

Gem. § 4 Abs. 5 Nr. 6b in Verbindung mit § 9 Abs. 5 EStG 2007 ist ein Abzug der Kosten in unbegrenzter Höhe möglich, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Das ist dann der Fall, wenn im häuslichen Arbeitszimmer die für den Beruf oder den Betrieb wesentlichen und prägenden Tätigkeiten verrichtet werden[3]. Die zeitliche Nutzungsdauer des Arbeitszimmers hat nur Indizwirkung.

Erfolgt die berufliche oder betriebliche Tätigkeit sowohl im Arbeitszimmer als auch außer Haus, muss der qualitative Schwerpunkt der Gesamttätigkeit ermittelt werden. Hierbei kommt es nicht (mehr) darauf an, ob ein anderweitiger fester Arbeitsplatz vorhanden ist, ob im Arbeitszimmer der größte Teil der Einnahmen erzielt wird oder ob im Arbeitszimmer die "geschäftstragenden Ideen" entwickelt werden bzw. die unternehmerischen Entscheidungen getroffen werden. Entscheidend ist, dass die Tätigkeiten im Arbeitszimmer die gesamte berufliche oder betriebliche Tätigkeit prägen[4].

Werden mehrere Tätigkeiten ausgeübt, muss der Mittelpunkt der gesamten Tätigkeit nach folgenden Kriterien ermittelt werden[5]:

Zunächst wird für jede einzelne Tätigkeit der Schwerpunkt bestimmt und dann auf dieser Grundlage der qualitative Schwerpunkt der Gesamttätigkeit. Bestimmend ist dabei der Mittelpunkt der Haupttätigkeit. Wird eine nichtselbstständige Vollzeitbeschäftigung ausgeübt, ist diese als Haupttätigkeit für die Ermittlung des Schwerpunktes relevant. Bei Ausübung mehrerer selbstständiger Tätigkeiten oder einer nichtselbstständigen Teilzeitbeschäftigung müssen weitere Kriterien geprüft werden, anhand derer der Schwerpunkt der Gesamttätigkeit zu bestimmen ist, insbesondere Wertigkeit, Einnahmen und Zeitaufwand der einzelnen Tätigkeiten.

Werden nebeneinander mehrere Tätigkeiten (ohne eine bestimmende Haupttätigkeit) im Arbeitszimmer ausgeübt, gelten folgende Grundsätze[6]. - Bildet das Arbeitszimmer bei allen Tätigkeiten den qualitativen Schwerpunkt, ist es auch Mittelpunkt der Gesamttätigkeit. - Liegt der Schwerpunkt bei allen Tätigkeiten außerhalb des Arbeitszimmers, ist ein Abzug nicht (mehr) möglich. - Liegt der qualitative Schwerpunkt einer Tätigkeit im Arbeitszimmer, aber bei anderen außerhalb, muss eine Einzelfallprüfung vorgenommen werden.

2. Nutzung des Arbeitszimmers für Telearbeit

Bei Ausübung einer nichtselbständigen Beschäftigung am Telearbeitsplatz im eigenen Arbeitszimmer kommt es darauf, ob die Telearbeit ausschließlich im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt wird oder abwechselnd zu Hause und im Betrieb. Bei ausschließlicher Telearbeit im häuslichen Arbeitszimmer bildet dieses den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung und die Kosten sind in voller Höhe als Werbungskosten absetzbar. Wird die Tätigkeit abwechselnd am betrieblichen Arbeitsplatz und im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt, bildet die zeitliche Aufteilung ein wesentliches Indiz. Wird das Arbeitszimmer an drei Tagen in der Woche genutzt, wird hier auch der qualitative Mittelpunkt der Tätigkeit liegen[7].

3. Vollabzug anderer Arbeitszimmer oder Räume

Die neue Rechtslage für Arbeitszimmer gilt gem. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG 2007 nur für häusliche "Arbeitszimmer". Aufwendungen für nicht häusliche Arbeitszimmer und andere Räume können hingegen (sofern sie beruflich oder betrieblich genutzt werden) grundsätzlich steuerlich angesetzt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Zimmer, das im gleichen Haus liegt, als außerhäusliches Arbeitszimmer abgesetzt werden, wenn es z.B. mit der Wohnung nicht direkt verbunden ist und über das Arbeitszimmer ein weiterer Mietvertrag geschlossen wurde. [8] [9]

Einrichtung eines Arbeitszimmers

Für Arbeitszimmer typische Einrichtungsgegenstände sind:

Steuerliche Absetzbarkeit der Einrichtungsgegenstände

Die oben genannten Einschränkungen gelten nur für die Kosten des Raums als solchen (anteilige AfA für das Gebäude, anteilige Miete, anteilige Nebenkosten), nicht jedoch für Aufwendungen für Arbeitsmittel wie Schreibtisch, Bücherregal usw.

Weblinks

Literatur

  • BMF: BMF-Schreiben vom 3. April 2007. BMF, BStBl I, 2007, 442 (PDF; 64,9 KB).

Einzelnachweise

  1. Das Finanzgericht Köln hat in einem Urteil vom 19. Mai 2011 (10 K 2126/09) entschieden, dass auch bei einem Arbeitszimmer, das nicht unwesentlich privat genutzt wird, eine Aufteilung in einen beruflichen und einen privaten Teil vorzunehmen ist; bisher galt eine private Mitbenutzung von < 10% für unschädlich.
  2. Bundesverfassungsgericht: Pressemitteilung vom 29. Juli 2010
  3. BFH, Urteil vom 13. November 2002
  4. BFH, Urteil vom 26. Juni 2003
  5. BFH, Urteil vom 16. Dezember 2004
  6. BFH, Urteil vom 13. Oktober 2003
  7. BFH, Urteil vom 23. Mai 2006
  8. Arbeitszimmer im gleichen Haus kann als außerhäusliches Arbeitszimmer absetzbar sein – Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Mai 2009, 10 K 3583/08, kostenlose-urteile.de
  9. FG Köln: Kosten für ein außerhäusliches Arbeitszimmer voll abzugsfähig – Finanzgericht Köln, Urteil vom 9. September 2010, 10 K 944/06, kostenlose-urteile.de

Rechtshinweis Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten!

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