Michaelskirche Fulda

Michaelskirche Fulda
Michaelskirche Fulda

Die Michaelskirche in Fulda gilt als die älteste Grabeskirche in Deutschland und wurde im karolingischem Baustil (Vorromanik) im Auftrag von Abt Eigil in den Jahren 820 bis 822 erbaut. Sie diente als Totenkapelle des 744 gegründeten Klosters Fulda, eines der führenden kulturellen Zentren des frühen Mittelalters[1] und als Grablege ihres Erbauers Abt Eigil. Ihre Bedeutung beruht auch auf dem Umstand, dass sich in der Vita Abt Eigils des Fuldaer Mönchs Brun Candidus eine zeitgenössische Deutung der Bausymbolik erhalten hat, die sich ausdrücklich auf Hrabanus Maurus beruft.[2]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Auf dem Gelände des ehemaligen Mönchfriedhofes wurde die Kirche nach dem Vorbild der Grabeskirche zu Jerusalem konzipiert und am 15. Januar 822 durch Erzbischof Haistulph dem Erzengel Michael geweiht. Die Michaelskirche steht in unmittelbarer Nachbarschaft zum Fuldaer Dom auf dem Michaelsberg.

Der in frühchristlicher Tradition stehende Zentralbau, einer der ältesten Deutschlands, wurde in den Jahren von 820 bis 822 unter Abt Eigil von Hrabanus Maurus konzipiert (nach überholter Ansicht durch den Mönch und Baumeister Rachulf, der auch die Krypten in die Ratgar-Basilika einbaute).[3] Er erhebt sich über acht Säulen (Symbolzahl der Auferstehung), wird getragen von einer kurzen Mittelsäule mit jonisierendem Kapitell in der gewölbten Krypta und besaß ursprünglich ein Gewölbe mit einem sichtbaren Schlußstein. Brun Candidus deutet die Mittelsäule in der Krypta und den Schlußstein als Symbole für Christus, der den Bau der Kirche begonnen habe und auch vollenden werde, die Säulen unter Bezugnahme auf die acht Seligpreisungen der Bergpredigt als Symbole der Menschen, die diese erfüllen und daher als Stützen der Kirche gelten können, die Kreisform als das ewige Leben. Es wird vermutet, dass die Anastasis-Rotunde der Grabeskirche in Jerusalem beziehungsweise St. Constanza in Rom als Vorbild diente. Bereits zur ursprünglichen Ausstattung gehörte ein Reliquiar mit Reliquien vom Heiligen Grab. Spätestens 1093 wurde eine Kopie des Heiligen Grabes mit drei Altären im Obergeschoss eingerichtet, die aber nicht mehr erhalten ist.[4]

Vier der Kapitelle, die das innere Rund tragen, sind Würfelkapitelle fuldischer gedrückter Sonderform aus dem frühen 11. Jahrhundert. Die anderen vier korinthisierenden Kapitelle entstammen wohl noch dem karolingischen Gründungsbau. [5]

Unter der Rotunde befindet sich die Krypta, die auf das Jahr 820 zurückgeht. Wo heute der Altar steht, befand sich eine Nachbildung des Grabes Christi. Im 10. und 11. Jahrhundert fanden umfangreiche Erneuerungen statt; so wurde die Rotunde zur Kreuzform erweitert, und ein Westturm wurde gebaut. 1618 wurde der Turm über der Rotunde erhöht und mit einem kegelförmigen Spitzhelm versehen. 1715–1716 entstand die Rochuskapelle an der Nordseite der Michaelskirche. Im Innenraum befinden sich Wandmalereien (Fresken) aus dem 11. Jahrhundert.

Geläut

Im Westturm hängt das folgende Dreiergeläut:

# Name Gussjahr Gießer Schlagton Inschrift
1 Jakobus 1712 Michael Wittwerck, Danzig fis1 Hals:

„SIT NOMEN DOMINI BENEDICTVM ME FECIT MICHAEL WITTWERCK GEDANI ANNO 1712“

(Der Name des Herrn sei gepriesen. Mich schuf Michael Wittwerck, Danzig)
Flanke:

„S. JACOBVS WVSEN ECCLESIAE PATRONUS S. IOANNES EVANGELISTA S. PETRUS S. ANDREAS“

(Sankt Jakobus in Wulsen; Kirchenpatron Sankt Johannes der Evangelist, Sankt Peter und Sankt Andreas)
2 Maria 1958 Friedrich Wilhelm Schilling, Heidelberg gis1

„NOS CVM PROLE PIA BENEDICAT VIRGO MARIA“

(Maria mit dem Kinde lieb, uns allen deinen Segen gib).
3 Michael 1958 Friedrich Wilhelm Schilling, Heidelberg h1

„MICHAEL ARCHANGELE MEMOR ESTO NOSTRI“

(Erzengel Michael, sei unser eingedenk).

Die große Glocke wurde einst für Wusen in Ostpreußen gegossen und kam nach dem 2. Weltkrieg als Ersatz für die zerstörten Glocken nach Fulda.

Ansichten

Weblinks

Quellen

  1. Erwin Sturm (Hg.): Die Michaelskirche zu Fulda. Kunstführer. Fulda 1997
  2. Gereon Becht-Jördens: Die Vita Aegil als Quelle zu Fragen aus der Geschichte Fuldas im Zeitalter der anianischen Reform. In: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 42, 1992, S. 19-48, hier S. 33-36; Gereon Becht-Jördens: Text, Bild und Architektur als Träger einer ekklesiologischen Konzeption von Klostergeschichte. Die karolingische Vita Aegil des Brun Candidus von Fulda (ca. 840). In: Gottfried Kerscher (Hrsg.): Hagiographie und Kunst. Der Heiligenkult in Schrift, Bild und Architektur. Dietrich Reimer, Berlin 1993, S. 75-106, bes. S. 89f.; Gereon Becht-Jördens: Vita Aegil abbatis Fuldensis a Candidio ad Modestum edita prosa et uersibus. Ein Opus geminum des IX. Jahrhunderts. Einleitung und kritische edition. Marburg 1994, S. XIX-XXVIII, bes. S. XXIf.; S. LIf.; Günther Binding: Der früh- und hochmittelalterliche Bauherr als sapiens architectus (Veröffentlichungen der Abteilung Architekturgeschichte des Kunsthistorischen Instituts der Universität zu Köln 61). Köln 1996. Die von Carsten Fleischhauer: Die Vita Eigilis des Brun Candidus und die Michaeliskirche in Fulda. In: Fuldaer Geschichtsblätter 68, 1992, S. 85-103 geäußerten Zweifel an der Authentizität der Deutung sind unbegründet.
  3. Gereon Becht-Jördens: Die Vita Aegil als Quelle (wie vorige Anm.) S. 33-36
  4. Otfried Ellger: Die Michaelskirche zu Fulda als Zeugnis der Totensorge. Zur Konzeption einer Friedhofs- und Grabkirche im karolingischen Kloster Fulda(Veröffentlichungen des Fuldaer Geschichtsvereins 55), Parzeller, Fulda 1989, S. 20-30
  5. Fulda: Grabkapelle St. Michael. in: Annett Laube-Rosenpflanzer ; Lutz Rosenpflanzer: Kirchen, Klöster, Königshöfe : vorromanische Architektur zwischen Weser und Elbe , Halle 2007, ISBN 3898124991, S.34 ff.

50.55489.67217Koordinaten: 50° 33′ 17″ N, 9° 40′ 20″ O


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