Millersche Zahl

Millersche Zahl

Die Millersche Zahl (engl. The Magical Number Seven, Plus or Minus Two) bezeichnet die von George A. Miller festgestellte Tatsache, dass ein Mensch gleichzeitig nur 7±2 Informationseinheiten (Chunks) im Kurzzeitgedächtnis präsent halten kann. Die Größe des Kurzzeitgedächtnisses ist genetisch determiniert und kann auch durch "Training" nicht gesteigert werden. Der diesbezüglich von Miller erfasste Artikel "The Magical Number Seven, Plus or Minus Two: Some Limits on Our Capacity for Processing Information" ist einer der meistzitierten Artikel im Bereich der Psychologie.[1][2][3]

Inhaltsverzeichnis

Das Sieben-Phänomen

Schon John Locke entdeckte vor über dreihundert Jahren das sogenannte seven phenomenon, als er das Auffassungsvermögen eines Erwachsenen untersuchte. Er stellte fest, dass Testpersonen, die eine größere Anzahl von Gegenständen einen kurzen Augenblick lang sehen und sich anschließend an diese erinnern müssen, bei bis zu sieben Objekten eine Trefferquote von fast hundert Prozent haben. Bei mehr als sieben Gegenständen kommt es zu einem schlagartigen Abfall der Quote[4]. Wir sind so in der Lage, nach nur einmaligem kurzen Sehen bis zu sieben Chunks kurze Zeit später zu wiederholen, aber nur äußerst selten mehr.

Die durchschnittliche Kapazität beträgt 6-7 Chunks. Ein Kurzzeitgedächtnis von 8 Chunks wäre bereits überdurchschnittlich.

Auswirkungen in der Praxis

Methoden zum Umgang mit komplexen Systemen (vgl. Fredmund Malik, Anforderungsmanagement, Softwareengineering) zielen immer auf das Zerlegen in überschaubare Einheiten ab. Die Grenze der Überschaubarkeit wird häufig bei Erreichen einer Anzahl von 7 Systemelementen erreicht.

Daraus lassen sich verschiedene Effekte und Empfehlungen erklären:

  • Hierarchien werden ineffektiv, wenn mehr als 7 Mitarbeiter in einer Ebene einen direkten Vorgesetzten haben.
  • Wenn mehr als 7 Ziele gleichzeitig verfolgt werden, geht der Überblick verloren.
  • Besprechungen mit mehr als 7 Teilnehmern verlieren an Effizienz.
  • Projektgruppen ohne hierarchische Strukturierung verlieren ab 7 Personen stark an Effizienz.
  • Eine Gliederungsebene in Dokumenten sollte nicht mehr als 7 Unterüberschriften haben.
  • Eine Website sollte maximal 7 Navigationspunkte haben.
  • Bei Scrum, einem Vorgehensmodell der Agilen Softwareentwicklung wird 7±2 als ideale Größe für ein Team angegeben[5]
  • Eine Gruppe ist für das einzelne Mitglied nur dann überschaubar, wenn diese außer ihm aus maximal weiteren 7 Personen besteht:
    • Ein Trupp ist die kleinste militärische Gliederungsform und besteht aus maximal 8 Mann
    • Ein Contubernium, die kleinste organisatorische Einheit in der antiken römischen Armee, bestand aus 8 Mann.

Kritik

Die Fokussierung auf die Anzahl 7 als Phänomen ist schon durch die ursprünglichen Experimente von Miller zweifelhaft, da ebenda die volle Wiederkennung bei 7 Zahlen, 6 Buchstaben und 5 Worten lag, also in Abhängigkeit von der Art und vor allem Länge der Chunks steht. Baddeley schlug später vor, dass das Arbeitsgedächtnis nicht nach der Anzahl begrenzt ist sondern nach der Zeitspanne, sodass alle Chunks die in 2 Sekunden sprechbar sind vollständig verarbeitet werden können. In der weiteren Forschung von Baddeley konnte gezeigt werden, dass zusammengehörige Chunks leichter gemerkt werden können, sodass im Experiment auch Sätze mit 15 Worten und mehr jeweils exakt wiedergegeben werden können. Auf der anderen Seite zeigt sich, dass eine untere Grenze schon durch Simultanerfassung von 4-5 Chunks belegt ist.

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Gorenflo, DW. McConnellT JV. (1991). The Most Frequently Cited Journal Articles and Authors in Introductory Psychology Textbooks. Teaching of Psychology, 18: 8 – 12
  2. Kintsch W, Cacioppo JT.(1994). Introduction to the 100th anniversary issue of the Psychological Review. Psychological Review. 101: 195-199
  3. Garfied E, (1985). [1] Essays of an Information Scientist, 8: 187-196; Current Contents, (#20, p.3-12, May 20)
  4. Z. Giora: The Magical Number Seven. In: D. Robert (Hrsg.): Occident and Orient- Budapest 1988. ISBN=9004081690, ISBN=978-9004081697 und ISBN=963054024X S. 175ff
  5. Ken Schwaber, Mike Beedle: Agile Software Development with Scrum. Prentice Hall, Upper Saddle River 21. Oktober 2001, ISBN 978-0130676344, S. 36.

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