Mina Ahadi

Mina Ahadi
Mina Ahadi, 2007

Mina Ahadi (* 1956 in Abhar, Iran) ist eine exil-iranische politische Aktivistin, die sich für Menschenrechte und negative Religionsfreiheit einsetzt.

Sie ist Gründungsmitglied und Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime, Führungsmitglied des vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachteten Vereins Arbeiterkommunistische Partei Irans und lebt seit 1996 in Deutschland, hat aber die österreichische Staatsbürgerschaft.[1]

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ahadis Eltern gehören der nationalen Minderheit der Aserbaidschaner im Iran an. Ihr Vater starb früh, so dass die Mutter sie mit ihren vier Geschwistern alleine großzog. Die Mutter blieb als Witwe unverheiratet und trug wie alle Frauen der Stadt auf der Straße den Tschador. Mina Ahadi studierte an der Universität Täbriz Medizin und war an der linken Opposition gegen den Schah Mohammad Reza Pahlavi beteiligt. Nach Gründung der Islamischen Republik Iran durch Chomeini, organisierte Ahadi Protestaktionen und Demonstrationen, wurde daraufhin vom Studium ausgeschlossen und begann in einer Fabrik zu arbeiten. Ende 1980 durchsuchte der Geheimdienst VEVAK ihre Wohnung und verhaftete ihren Mann sowie fünf Gäste, die kurz darauf hingerichtet wurden.[2] Die wegen ihrer politischen Aktivitäten gesuchte und später zum Tod verurteilte Ahadi verbrachte mehrere Monate im Untergrund in Teheran und floh schließlich 1981 in die Kurdenregion im Westen des Landes, wo sie zehn Jahre als Partisanin bei der kommunistischen Untergrundorganisation Komalah verbrachte.[3] 1990 ging sie ins Exil nach Wien und 1996 schließlich nach Köln.

Politische Positionen

Ahadi versteht sich als Atheistin. Religionen – nicht nur der Islam, sondern auch das Christentum und andere Religionen – betrachtet sie als „Instrumente der Unterdrückung“ (FR).[4] Ahadi kämpft für die Rechte von Frauen und gegen die Todesstrafe, besonders die Steinigung. 2001 gründete sie das Internationale Komitee gegen Steinigung.[5] Sie ist Vorsitzende des 2004 gegründeten International Committee Against Executions (I.C.A.E.)[6] und des 2007 gegründeten deutschen Zentralrats der Ex-Muslime.[7]

Kritik

Wegen ihrer unnachgiebigen spektakulären politischen Aktionen ist Mina Ahadi umstritten. Zeitungsartikel sprechen dabei von Ablehnung unter iranischen Exilanten in Deutschland.[8] Hierfür werden vor allem zwei Vorfälle angegeben. So störte Mina Ahadi mit Gleichgesinnten im Jahr 2000 eine Konferenz der Heinrich-Böll-Stiftung mit dem Titel „Iran nach den Wahlen“. Anwesend waren säkulare iranische Intellektuelle sowie prominente Vertreter des Reformlagers um den damaligen Präsidenten Mohammad Chātami. Mina Ahadi und ihre Mitstreiter skandierten so lange Parolen, bis die Veranstaltung abgebrochen werden musste. Als sie die Organisatoren der Konferenz als Sprecherin der Protestierenden ans Mikrofon baten, um die Menge zu beruhigen, hielt sie eine Brandrede und bewirkte das Gegenteil. Anwesend waren auch Mitarbeiter des iranischen Geheimdienstes, die diese Szenen mitschnitten. Die Bilder eines Mobs, der "Tod der islamischen Republik!" ruft, während die Spitzen der iranischen Opposition auf einem Podium betreten dreinschauen, wurden tags darauf im iranischen Staatsfernsehen gezeigt. Die Folge war, dass das Regime in Teheran alle Teilnehmer der Konferenz nach deren Rückkehr verhaften und zu teils mehrjährigen Haftstrafen verurteilen ließ, u.a. Akbar Gandji und Hassan Yussefi Eshkevari. Mina Ahadi wies jede Verantwortung dafür von sich. Der "Tageszeitung" (taz) gegenüber sagte sie: "Das islamische Regime hätte diese Leute so oder so verhaftet." [9] Der iranisch-stämmige Publizist Bahman Nirumand kritisierte die Aktion mit den Worten: "Jeder politisch denkende Mensch hätte voraussehen können, dass so etwas passiert," und ergänzte "Sie hat dazu beigetragen, die Leute ans Messer zu liefern."[10]

Ein weiteres Beispiel ist der Fall der beiden deutschen Journalisten, die Mitte Oktober 2010 im Auftrag von „Bild am Sonntag“ in der westiranischen Stadt Täbriz ein Interview mit dem Sohn der zum Tod durch Steinigung verurteilten Iranerin Sakineh Mohammadi Ashtiani [11] machen wollten. Die beiden Männer reisten, wie sie sagten, auf Anraten von Mina Ahadi nicht mit dem eigentlich notwendigen Journalistenvisum ins Land, sondern mit einem Touristenvisum und wurden darauf verhaftet und der Spionage bezichtigt.[12] Nach ihrer Festnahme beschuldigten sie die Aktivistin - die ihnen auch fernmündlich bei der Übersetzung vom Persischen ins Deutsche half - von ihr über die schwierigen und gefährlichen Verhältnisse in der Islamischen Republik getäuscht worden zu sein.[13] Ahadi bestritt dies und erklärte, die Journalisten seien auf eigenen Wunsch in den Iran gereist.

Ehrungen

Mina Ahadi wurde im Oktober 2007 von der britischen National Secular Society mit dem mit 5000 britischen Pfund dotierten Irwin Prize for Secularist of the Year ausgezeichnet.[14]

Literatur

  • Mina Ahadi mit Sina Vogt: Ich habe abgeschworen. Heyne-Verlag, München 2008, ISBN 978-3-453-15288-5 (Autobiografie)
  • Annika Joeres: Porträt. Atheistin in Schutzweste. Mina Ahadi, 52, iranische Ex-Muslimin, kämpft in Köln gegen Kopftuch und religiöse Einengung. FR v. 31. Mai 2008.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. „Von Kommunisten und Rassisten – Verwirrung bei PI-News“, Die Zeit
  2. „Partisanin gegen Lynchjustiz“, die tageszeitung, 14. März 2006, von Sina Vogt
  3. Ich habe abgeschworen (2008), S. 181ff. „Mein Leben als Partisanin“
  4. Anika Joeres in: FR v. 31. Mai 2008
  5. Im Kampf mit den „frommen Sadisten“, Welt am Sonntag, 31. Oktober 2004
  6. International Committee Against Executions (Homepage des I.C.A.E.)
  7. „Muslime schwören ab“, taz, 13. Februar 2007
  8. Scharia oder Gnade? Die Zeit, 18. November 2010
  9. „Die Glaubenskriegerin“, taz, 29. Mai 2008
  10. „Die Glaubenskriegerin“, taz, 29. Mai 2008
  11. „Iran verschärft Vorwürfe gegen inhaftierte Deutsche“, tagesschau.de, 16. November 2010
  12. „Iran verschärft Vorwürfe gegen inhaftierte Deutsche“, tagesschau.de, 16. November 2010
  13. „Iran beschuldigt deutsche Journalisten der Spionage", NZZ, 17. November 2010
  14. „Secularist of the Year 2007“, Humanistischer Pressedienst, 22. Oktober 2007

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