Mithat Pascha

Mithat Pascha
Ahmet Şefik Midhat Pascha
Mithat Pascha auf dem Titelblatt des Vanity Fair vom 30. Juni 1877.

Ahmed Şefik Midhat Pascha (* 18. Oktober 1822 in Istanbul; † 8. Mai 1884, Taif (heute Saudi-Arabien)) war ein prowestlicher, aufgeklärter türkischer Reformer und Staatsmann und Großwesir des osmanischen Reiches. [1] Er gilt als der Vater der Osmanischen Verfassung von 1876.[2] Weiterhin war er Autor der Provinzialverordnung (Vilâyet nizâmnâmesi) von 1863/67 und Begründer des ländlichen Kreditwesens sowie der Einrichtung von Gewerbeschulen in Anatolien.[3] 1881 zum Tod verurteilt, letztlich in das arabische Taif verbannt und 1884 unter ungeklärten Umständen, wahrscheinlich durch Schergen des Sultans ermordet, wurde er nach der jungtürkischen Revolution von 1908 rehabilitiert, als türkischer Patriot gefeiert und wird seither gleichzeitig mit dem Dichter und Publizisten Namık Kemal genannt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Midhat war 1822 als Sohn des Richters (kadi) Mehmed Eşref Efendi aus Russe in Konstantinopel geboren, wie Istanbul in jener Zeit bezeichnet wurde. Sein Vater, ein Reformist, bereitete ihn auf die Karriere in der Verwaltung vor. Midhat lernte Arabisch, Persisch und zum Teil Französisch. Im Alter von 22 wurde er zum Sekretär des Faik Efendi, den er drei Jahre in Syrien begleitete. Nach seiner Rückkehr nach Konstantinopel wurde Midhat zum Chefdirektor für vertrauliche Berichte ernannt und nach einer neuen finanziellen Mission in Syrien zum zweiten Schreiber (Katip) des Divan-ı humayün - der Großherrliche Diwan bzw. der Großherrliche Reichsrat. Seine Gegner konnten ihn indes erfolgreich von diesem Posten verdrängen und beschuldigten ihn damit, dass er eine Revolte und wildes Räuberunwesen in Rumelien unterstütze.

Seine gerichtliche Maßnahme war hart, ihr Erfolg war überraschend und die Regierung machte ihn zu einem Offiziellen ersten Ranges und gab ihm seinen Platz im Divan-ı humayün wieder. In ähnlich energischer Art stellte er die Ordnung 1857 in Bulgarien wieder her. Danach begab er sich für sechs Monate auf Reisen durch Europa. 1860 wurde er zum Wesir und Pascha, und 1861 wurde mit der Regierung über Niš beauftragt, wo seine Reformen so nützlich waren, dass Sultan Abd ul Aziz ihn und Fuad Pascha und Ali Pascha beauftragte, eine Vorlage für die Adaptation seiner Reformen für das ganze Reich vorzubereiten. Dies wurde später als das Provinzialverordnung (Vilâyet nizâmnâmesi) bekannt. Sie umfasste 83 Artikel, die die Aufgaben der Verwaltungseinheiten vom Dorf bis zu Provinz regelten. [4]

Nach weiteren verwaltungsmäßigen Arbeiten in seiner Provinz wurde er 1868 aufgefordert, dass Meclis-i Vala-yı Ahkâm-ı Adliye neu zu organisieren. Er führte dabei zum Er wurde dann zum Gouverneur Bagdads, wo sein Erfolg so entscheidend wie in Niš war, aber mit größeren Schwierigkeiten versehen war.

1871 schien der reformfeindliche Einfluss des Großwesirs Mahmud Nedim Pascha für Midhat Pascha eine Gefahr für das Land, und in einem persönlichen Gespräch mit dem Sultan stellte er seinen Standpunkt mit Nachdruck dar. Der Sultan war so von seiner Meinung und Selbstlosigkeit beeindruckt, dass er Midhat Pascha anstelle des Mahmud Nedim Pascha zum Großwesir ernannte. Da er sich aber für den Hof als zu selbständig erwies, blieb Midhat nur drei Monate an der Macht und nach einer kurzen Statthalterschaft in Saloniki lebte er fern von allen Staatsgeschäften bis 1876 in Konstantinopel. Ende 1876 und Anfang 1877 nahm er jedoch an der Konstantinopeler Botschaftskonferenz, die sich mit der Zukunft der Balkanvölker befasste.

Von da an löste sich Midhat Paschas Karriere in einer Serie von komischen und meist romantischen Abenteuern auf. Während er mit den Ideen und Absichten der Jungosmanen sympathisierte, war er bemüht seine Ungeduld zurückzuhalten, aber die Verstocktheit des Sultans führte zu einem Bündnis zwischen dem Großwesir, dem Kriegsminister und Midhat Pascha. Das Bündnis setzte den Sultan im Mai 1876 ab und dieser wurde im nächsten Monat ermordet.

Sein Neffe Murad V. wurde daraufhin im August abgesetzt und durch seinen Bruder Abdülhamid II. ersetzt. Midhat Pascha wurde Großwesir, Reformen wurden versprochen und das osmanische Parlament feierlich eröffnet. Aber im nächsten Februar wurde Midhat wegen des Verdachts der Komplizenschaft bei der Ermordung des Sultans Abd ul Azizs entlassen und verbannt. So besuchte er verschiedene europäische Hauptstädte und blieb für einige Zeit in London, wo er die detaillierte Funktionsweise des britische Unterhauses studierte.

Midhat Pascha war Angaben der Großloge der Freien und Angenommenen Maurer der Türkei zufolge Freimaurer.[5]

Machtverlust und Exil

1878 wurde er wieder zurück berufen und zum Gouverneur von Syrien ernannt. Im August tauschte er sein Amt mit dem Gouverneur von Izmir. Im Mai wollte ihn der Sultan gefangen nehmen, und obwohl er fliehen konnte und sich an die Ausländische Mächte wandte, wurde er bald unter der Bedingung eines fairen Prozesses ausgehändigt.

Der dreitägige Prozess fand im Juni 1881 im Çadır-Kiosk statt, der sich im Yıldız-Park befindet. Midhat Pascha und weitere Mitangeklagte wurden zum Tode verurteilt. Die Verurteilung wurde generell als Farce angesehen, und auf Vermittlung der britischen Regierung wurde das Todesurteil in eine Verbannung umgewandelt. Die letzten drei Jahre lebte er im Exil in Taif (Arabien), wo er am 8. Mai 1884 starb, wahrscheinlich durch Erdrosselung. Ob der Mord auf Befehl des Sultans geschah, konnte nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden. Jedenfalls ließ sich Sultan Abdülhamid II. den Kopf Midhat Paschas nach Istanbul schicken. Am 26. Oktober 1951 wurde der Leichnam zum Friedhof Abide-i Hürriyet in Istanbul überführt.

Trivia

Das Inönü Stadı, Heimstadion des türkischen Fußballvereins Beşiktaş Istanbul, hieß von 1952 bis 1973 Midhat-Pascha-Stadion.

Vorgänger Amt Nachfolger
Mahmud Nedim Pascha Großwesir des Osmanischen Reiches
31. Juli 187219. Oktober 1872
Mütercim Mehmed Rüşdi Pascha
Mütercim Mehmed Rüşdi Pascha Großwesir des Osmanischen Reiches
19. Dezember 18765. Februar 1877
İbrahim Edhem Pascha


Einzelnachweise

  1. D.P. Hupchick, The Balkans, S.244, ISBN 0-312-21736-6
  2. K. Kreiser, Ch. K. Neumann: Kleine Geschichte der Türkei, S. 342. Bundeszentrale für politische Bildung.
  3. Klaus Kreiser: Midhat Paşa. S. 421-434 in: Schnittstellen: Gesellschaft, Nation, Konflikt und Erinnerung in Südosteuropa : Festschrift für Holm Sundhaussen zum 65. Geburtstag. Oldenbourg 2007. ISBN 3486583468
  4. K. Kreiser, Ch. K. Neumann: Kleine Geschichte der Türkei. S.335. Bundeszentrale für politische Bildung
  5. Großloge der Freien und Angenommenen Maurer der Türkei: Berühmte Türkische Freimaurer (türkisch)

Weblinks


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