Mitohormesis

Mitohormesis
Möglichkeiten der biologischen Wirksamkeit

Hormesis (griech.: "Anregung, Anstoß", englisch: Adaptive Response) heißt der schon von Paracelsus formulierte biologische Effekt, dass geringe Dosen schädlicher oder giftiger Substanzen eine positive Wirkung auf den Organismus haben können. Bei medizinisch wirksamen Substanzen ist ein solcher dosisabhängiger Umkehrefekt gut nachweisbar (z. B. Digitalis, Colchicin, Opium).

Hormetische Effekte zeichnen sich durch eine J- oder U-förmige Dosis-Wirkungs-Kurve aus (rote Kurve im Bild rechts). Hormetische Effekte werden in der Regel dadurch erklärt, dass niedrige Dosen von schädlichen Substanzen die körpereigenen Abwehrkräfte stärken. Dies ist in gewisser Weise verwandt mit dem Prinzip der Abhärtung.

Inhaltsverzeichnis

Strahlenhormesis

Vereinzelt konnten hormetische Effekte von ionisierender Strahlung (Radioaktivität) nachgewiesen werden. Hier wird auch von Strahlenhormesis gesprochen[1][2].

Die Krebsmortalität unter den Nukleararbeitern mit einer durchschnittlichen arbeitsplatzbedingten Strahlenexposition, die nur ein kleines Vielfaches der natürlichen Hintergrundstrahlung beträgt, war immer 15 bis 20% geringer als die in der allgemeinen Bevölkerung.[3]

Auch das Einatmen von radioaktivem Radon oder das Trinken von radonhaltigem Wasser (Radonbalneologie) soll angeblich das Immunsystem stimulieren und die Gesundheit fördern.

Fachleute für Strahlenschutz gehen konservativ (im Sinne von "zur sicheren Seite hin") von einer linearen Dosis-Wirkungs-Kurve ohne Schwellenwert, und somit Schädigungspotential auch bei beliebig niedrigen Strahlendosen, aus. Dafür fehlt ein direkter Nachweis[4], die Befunde über eine stimulierende oder hormetische Wirkung kleiner Dosen von den wichtigsten internationalen Gremien, wie Internationale Strahlenschutzkommission (ICRP), das BEIR Komitee der Akademie der Wissenschaften der USA und das Komitee der Vereinten Nationen über die Wirkung der atomaren Strahlung (UNSCEAR) nicht als hinreichend überzeugend angesehen, um von dieser Hypothese abzuweichen.[5]

Lineare Zusammenhänge sind bei anderen Wirkstoffen sehr selten zu beobachten.

Mitohormesis

Mitohormesis wird ein biochemischer Prozess genannt, bei welchem die Aktivierung von Mitochondrien zu einer Vermehrung von freien Radikalen in der Zelle führt, welche letztlich zu einer Aktivierung der zelleigenen Abwehr gegen Sauerstoffradikale führt. Das Konzept der Mitohormesis wurde kürzlich durch Michael Ristow bewiesen.

Verwandte Konzepte

  • Immunstimulantien (z. B. Echinacea-Produkte) sollen - ohne im Sinn einer Impfung zu wirken - das Immunsystem des Körpers unspezifisch ankurbeln, um so Infektionen abzuwehren. Dies ist eine hormetische Wirkung im engeren Sinn, die Effekte sind jedoch meist nicht wissenschaftlich sicher belegt.
  • Die Homöopathie verwendet Giftstoffe in extrem verdünnter Form als Heilmittel gegen Krankheiten, die dieselben Symptome aufweisen. Dies ist im hormetischen Sinn als Wirkung einer überschießenden Antwort des Körpers auf den Reiz des Medikaments zu deuten. In der Praxis werden jedoch oft so hohe "Potenzierungen" (Verdünnungen) verwendet, dass kaum noch ein Molekül des ursprünglichen Stoffes in einer Medikamentendosis enthalten ist. Die etwaige Wirkung wird von Verfechtern der Homöopathie deshalb einer eher esoterischen "Gedächtnisfähigkeit" des Verdünnungsmediums zugeschrieben. Kritiker schreiben die Effekte dem Placeboeffekt zu.

Zitat

„All Ding' sind Gift und nichts ohn' Gift; allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.“

Paracelsus

Einzelnachweise

  1. Anderson: Effects of low-dose radiation on the immune response. In: Biological Effects of Low Level Exposures to Chemicals and Radiation. Ed. E.J. Calabrese. Lewis Pub. Inc., Chelsea, Michigan, USA, 1992; 95-112
  2. Makinodan: Cellular and subcellular alteration in immune cells induced by chronic, intermittent exposure in vivo to very low dose of ionizing radiation (ldr) and its ameliorating effects on progression of autoimmune disease and mammary tumor growth. In: Low-Dose Irradiation and Biological Defense Mechanisms. eds. Sugahara T, Sagan LA, Aoyama T. Exerpta Medica; Amsterdam, London, New York, Tokyo, Japan, 1992; 233-237
  3. Kendall, G.M., Muirhead, C.R., MacGibbon, B.H., O'Hagen, J.A., Conquest, A.J., Goodill, A.A., Butland, B.K., Fell, T.P., Jackson, D.A., Webb, M.A., Haylock, R.G.E., Thomas, J.M., Silk, T.J.: Mortality and Occupational Exposure to Radiation: First Analysis of the National Registry for Radiation Workers. Brit. Med. J. 304: 220-225 (1992)
  4. Low-Level Radiation Risks
  5. Bundesamt für Strahlenschutz zu Hormesis

Weblinks


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