Moby Dick

Moby Dick
Titelseite der Erstausgabe von Moby Dick (1851)

Moby-Dick; oder: Der Wal (englisch Moby-Dick; or, The Whale) ist ein 1851 in London und New York erschienener Roman von Herman Melville. Das erzählerische Rückgrat des Romans ist die schicksalhafte Fahrt des Walfangschiffes „Pequod“, dessen einbeiniger Kapitän Ahab mit blindem Hass den weißen Pottwal jagt, der ihm das Bein abgerissen hat.

Entlang dieses erzählerischen Fadens, der knapp die Hälfte des Romans ausmacht, reiht Melville zahlreiche philosophische, wissenschaftliche, kunstgeschichtliche und mythologische Exkurse, zu denen noch viele subjektive, mal lyrische, mal auch ironische Betrachtungen des Autors kommen. In diesem Rahmen wird auch die Welt des Walfangs im 18. und 19. Jahrhundert detailreich dargestellt. Melville widmete seinen Roman Moby Dick dem befreundeten Schriftsteller Nathaniel Hawthorne.

Inhaltsverzeichnis

Handlung und Hauptpersonen

Moby Dick beginnt mit dem Satz: “Call me Ishmael.”[1] Es folgt die Ich-Erzählung des Matrosen Ismael (sein voller Name wird nie genannt), der ursprünglich aus einer guten Familie stammt, sich aber aus Gründen der Innerlichkeit (weil ihm in der über ihn hereinbrechenden Alltäglichkeit unerträglich schwermütig wird) entscheidet, als einfacher Matrose zur See zu fahren. Er selbst spricht von einem unbändigen Drang in ihm, der ihn überkomme, wenn er des Festlands überdrüssig sei. Ismael hat bereits einige Fahrten auf Handelsschiffen hinter sich, will nun aber auf einem Walfänger anheuern.

Auf dem Weg zur Walfängerinsel Nantucket an der amerikanischen Ostküste steigt Ismael in New Bedford in der Herberge des ominösen Peter Coffin ab, wo er den Harpunier Queequeg kennen lernt. Queequeg ist ein über und über tätowierter Südseeinsulaner, ein Kannibale, der sich trotz seines zunächst furchteinflößenden Äußeren jedoch bald als Idealbild des „edlen Wilden“ oder, in Melvilles Worten, „ein George Washington im Gewand eines Kannibalen“ erweist. Ismael und Queequeg werden bald zu Blutsbrüdern.

In Nantucket heuern beide auf einem bizarr dekorierten Walfänger an, der (vorbedeutungsvoll) nach dem ausgerotteten Stamm der Pequot-Indianer benannt ist; auch die Warnungen des alten Elijah (möglicherweise ein Verrückter, möglicherweise ein Seher – der Prophet Elija ist in der Bibel der Gegenspieler König Ahabs) vor dem Kapitän des Schiffes stellen die Reise unter kein gutes Vorzeichen.

Die Fahrt beginnt an Weihnachten. Der Kapitän Ahab lässt sich anfangs nicht an Bord blicken. Erst nach einiger Zeit auf See kommt er aus seiner Kabine und erklärt der Mannschaft anlässlich einer überaus pathetischen, der Manipulation seiner Untergebenen dienenden, Szene das wahre Ziel der Fahrt. Er will Moby Dick, den weißen Wal, der ihm das Bein abriss, jagen und erlegen. Als Anreiz für die Mannschaft nagelt er eine Golddublone an den Hauptmast, die derjenige erhalten soll, der den Wal als erster sichtet. Die Mannschaft, aufgeheizt durch den charismatischen und wahnsinnigen Kapitän, schwört sich auf Ahab und dessen Ziel ein.

Ahabs einziger wahrer Gegenpart ist der erste Obermaat, Starbuck, ein kühner und erfahrener Seemann, der nüchtern und rational denkt und durch seine Religiosität auffällt. In der Folge kommt es zu mehreren Konfrontationen zwischen Ahab und Starbuck. Einmal erwägt Starbuck sogar heimlich, Ahab zum Schutze der Mannschaft zu töten, lässt aber im letzten Moment davon ab. Die Mannschaft der Pequod stammt aus allen Teilen und Schichten der USA und der Welt. Neben einem Indianer und zwei schwarzhäutigen Afrikanern sind Seeleute aus Holland, Frankreich, Island, Malta, Sizilien, den Azoren, China, der Isle of Man, aus dem Nahen Osten, aus Tahiti, Portugal, Dänemark, England, Spanien und den Philippinen an Bord. Das Schiff bildet die Vielfalt der Welt als Mikrokosmos ab.

Nachdem das Schiff das Kap der Guten Hoffnung umrundet hat, erfolgen mehrfache Sichtungen von Walen, die auch von der Mannschaft gejagt und erlegt werden. In diesem Zusammenhang werden Fang und Verarbeitung der Wale sachgerecht und detailliert beschrieben. Unterbrochen wird die Fahrt regelmäßig durch Begegnungen mit anderen Schiffen, deren Kapitäne Ahab jedes Mal nach dem Verbleib des Weißen Wales befragt. Im letzten Teil des Romans wird Queequeg todkrank. Auf seinen Wunsch hin wird ihm ein Sarg gezimmert. Letztlich überlebt Queequeg (weil er noch Dinge zu erledigen habe, wie er selbst behauptet), und sein Sarg wird als Ersatz für den verlorengegangenen Rettungsring genutzt. Nach einer Fahrt durch den Indischen Ozean und durch die indonesischen Inseln bekommt die Pequod östlich von Japan endlich Kunde von einer Sichtung des Weißen Wals. Die Jagd auf ihn dauert drei Tage. Dabei wird Ahab von Moby Dick unter Wasser gezogen, und der Wal rammt und versenkt die Pequod. Als einziger überlebt Ismael die Katastrophe. Er rettet sich auf den Sarg Queequegs und wird später von einem Walfänger entdeckt.

Hauptpersonen:

  • Ismael, einfacher Matrose – der Erzähler
  • Queequeg, Polynesier, Harpunier
  • Kapitän Bildad, Schiffseigner (Teilhaber)
  • Kapitän Peleg, Schiffseigner (Teilhaber)
  • Elijah, Wahnsinniger oder Prophet
  • Ahab, der Kapitän
  • Starbuck, Erster Maat
  • Stubb, Zweiter Maat
  • Flask, Dritter Maat
  • Tashtego, ein Gay-Head-Indianer, Harpunier
  • Daggoo, ein Afrikaner, Harpunier
  • Fedallah, ein Parse, Harpunier
  • Pip, ein Afrikaner, Schiffsjunge
  • Der Schiffszimmermann
  • Perth, der Schmied

Stil und Form

Aufbau

Das Buch Moby Dick besteht bei einem Gesamtumfang von über 900 Seiten aus 135 Kapiteln mit Überschriften und einem Epilog. Letzterer fehlte in der britischen Originalausgabe. Dem Roman vorgeschaltet ist ein Abschnitt über die Etymologie des Worts "Wal" sowie ein Abschnitt mit 81 Zitaten über den Wal aus literarischen, religiösen, fachwissenschaftlichen und anderen Werken.

Erzählform

Der Roman ist eine Ich-Erzählung, der Erzähler der Matrose Ismael. Diese Erzählform wird jedoch immer wieder durchbrochen, wird durchsetzt mit wissenschaftlichen und anderen Exkursen – die immer wieder wie eingeschobene Essays oder Traktate wirken – und mit dramatischen Szenen, die wie bei einem Theaterstück Regieanweisungen enthalten und die durchgehend dialogisch gestaltet sind.

In den erzählerischen und essayistischen Abschnitten gibt es oft lange, verschachtelte Satzperioden, die von zahlreichen literarischen und biblischen Anspielungen durchzogen sind und häufig in komplexen Metaphern enden. Melville bedient sich dabei einer Vielfalt stilistischer Mittel und kombiniert mehrere Fachsprachen - die des Walfangs, der Seefahrt, der religiösen, wissenschaftlichen und lyrischen Sprache - und eine Reihe von Dialekten und Soziolekten.

Der Sprachstil des Romans lässt sich vergleichen mit der bunt zusammengewürfelten Mannschaft der Pequod: Er ist ähnlich disparat und facettenreich, wird aber – wie die Mannschaft – zusammengehalten durch das Ziel der Reise, die Jagd auf den Weißen Wal.

In der Besprechung einer neuen deutschen Ausgabe wird von der Übersetzung „dieses phantastischen Bastards aus Abenteuerroman, neubarocker Allegorie und 'Great American Novel'“ gesprochen, eines „zugleich archaischen und modernen Werks“.[2]

Reale Hintergründe

Herman Melville

Reale Hintergründe für die Schilderungen in Moby Dick waren Melvilles eigene Erfahrungen sowie mehrere ihm bekanntgewordene Ereignisse bzw. Geschichten, die ihrerseits auf wahren Begebenheiten beruhten.

Eigenes Erleben

Anfang 1841 heuerte Melville in Nantucket auf dem Walfänger Acushnet an. Die Bedingungen an Bord auf der Fangfahrt in den Pazifik erschienen Melville unzumutbar, und er desertierte 1842 beim ersten Zwischenhalt auf der Insel Nukuhiva (Marquesas), wo er zusammen mit einem weiteren Matrosen mehrere Wochen bei einer der Inselgesellschaften als eine Art gefangener Gast verbrachte. Er entkam auf dem australischen Walfänger Lucy Ann und gelangte nach Tahiti. Dort heuerte er als Bootssteuerer auf dem Walfänger Charles and Henry aus Nantucket an und ließ sich im April 1843 auf Hawaii wieder abmustern. Die Erlebnisse auf der Insel wurden vor allem in seinem Buch Typee verarbeitet.

Der Untergang der Essex

Das Walfangschiff „Essex“ aus Nantucket wurde am 20. November 1820 durch Rammstöße eines Pottwals versenkt. Nach der Versenkung der Essex flüchtete die 20köpfige Besatzung in drei Walfangbooten. Nur fünf Männer in zwei Booten wurden nach drei Monaten Irrfahrt durch den Südpazifischen Ozean gerettet. Die Männer überlebten nur, weil sie sich von ihren unterwegs verhungerten und einem erschossenen Kameraden ernährten. Drei weitere Männer überlebten auf einer kleinen Insel, auf der sie freiwillig zurück blieben. Melville begegnete 1841 dem Sohn des seinerzeitigen Steuermanns Owen Chase und erhielt von diesem das Buch seines Vaters über die Ereignisse auf der Essex. Ein Jahr nach dem Erscheinen von Moby Dick begegnete Melville in Nantucket auch dem seinerzeitigen Kapitän George Pollard.

Mocha Dick

Im Mai 1839 erschien im New York Knickerbocker Magazine der Artikel „Mocha Dick: or The White Whale of the Pacific“ von Jeremiah Reynolds. Darin wird die Jagd auf einen weißen Wal dargestellt, der unter den Walfängern für seine Wildheit besonders bekannt war, häufig vor der Insel Mocha vor der Küste Chiles auftauchte und deshalb Mocha Dick genannt wurde. Die darin geschilderten Einzelheiten ähneln teilweise den Darstellungen von Melville. Während „Dick“ als rein generische Namensbezeichnung wie „Tom“ oder „Jack“ betrachtet wird, gibt es keine Erkenntnisse, was Melville dazu veranlasste, „Mocha“ in „Moby“ umzuwandeln.

Siehe hierzu auch: Wal Mocha Dick

Die United States South Sea Exploring Expedition

Als weitere Quelle für Romandetails wird auf den Bericht von der United States South Sea Exploring Expedition (U.S. Ex. Ex.) von 1838 bis 1842 hingewiesen. Von den 100 Exemplaren der offiziellen Narrative of the United States South Sea Exploring Expedition besorgte sich Melville ein Exemplar. Literaturwissenschaftlern zufolge sind in Melvilles Werk immer wieder Einflüsse aus diesem Expeditionsbericht zu entdecken. So soll beispielsweise die Beschreibung von Queequeg, Ismaels polynesischem Gefährten, von dem Stich eines tätowierten Maorihäuptlings in Band zwei der Narratives inspiriert sein. Es wird auch vermutet, dass der sehr umstrittene Expeditionsleiter Charles Wilkes als Vorbild für die tragische Figur des Kapitän Ahab diente.[3]

Richard Henry Dana, Jr.

1840 erschien das Buch Two Years Before the Mast von Richard Henry Dana, Jr.. Es basierte auf Erfahrungen, die der Autor auf einer zweijährigen Reise als Matrose ab 1834 gemacht hatte und war Melville bekannt, der sich in White-Jacket auch direkt darauf bezog. Speziell was Details der Seemannssprache aber auch der Südsee angeht, hat Melville, neben seinen eigenen Erfahrungen, aus Danas Werk zurückgegriffen.

Rezeption

Der Roman erschien 1851 zuerst in London und kurz danach in New York. Während die britischen Rezensionen im Ganzen eher freundlich bis neutral ausfielen, waren fast alle Besprechungen in den USA sehr negativ – wobei, ein Zeichen der noch wenig entwickelten US-amerikanischen Literaturkritik, als Beleg häufig die zwei negativsten britischen Rezensionen als autoritative Quellen zitiert wurden. Das vernichtende Urteil der US-amerikanischen Kritiker hatte vor allem zwei Gründe. Zum einen war der Literaturbetrieb in den USA seinerzeit stark religiös geprägt. Melville aber spottet in Moby Dick immer wieder über traditionelle Religion und erklärt den Götzendienst Queequegs als dem Christentum gleichwertig. Viele negative Kritiken bezogen sich hierauf (was die gemäßigten Kritiken der britischen Rezensionen erklärt, denn in der Londoner Ausgabe waren, im Gegensatz zur amerikanischen, fast alle religionskritischen Aussagen herausgenommen). Zum anderen war Melville durch stark autobiografische Romane aus der Südsee bekannt geworden, die großen Erfolg hatten. Moby Dick jedoch war ein ganz anderes und neuartiges Buch, das, wenn nicht auf Ablehnung, so doch auf Verständnislosigkeit stieß.

Wirkungsgeschichte

Die negative Rezeption führte dazu, dass Melville und Moby Dick rasch in Vergessenheit gerieten. Noch in einer Geschichte der US-amerikanischen Literatur von 1909 findet sich auf 500 Seiten gerade einmal gut eine Seite über Melville; dort ist zu lesen, dass Moby Dick, das zwar als sein „Meisterwerk“ bezeichnet wird, ein „unausgeglichenes Werk von übertriebener Länge“ sei, geschrieben in einem „teils bemühten Stil“.[4]

Melville, der 1891 starb, erlebte die Wiederentdeckung seines größten Buchs nicht mehr. Sie begann allmählich ab den 1890er Jahren, als die erste Neuausgabe erschien. Bis 1919, dem 100. Geburtstag Melvilles, hatte sie bereits an Bedeutung gewonnen. Ab den 1920er Jahren wurde das Buch als Klassiker der US-amerikanischen und der Weltliteratur allgemein anerkannt.

Zu diesem verspäteten Durchbruch dürfte beigetragen haben, dass Stil und Form des Moby Dick nicht unähnlich dem mehrerer großer Romane der klassischen Moderne sind. Wie John Dos Passos, Alfred Döblin und James Joyce hat Melville in Moby Dick versucht, die ganze komplexe moderne Welt in ihrer Vielfalt und Zersplitterung abzubilden und dieses Durcheinander gleichzeitig durch literarische Verweise auf Mythologie, Religion und alte Literatur wieder zu einem Ganzen zu formen. Ein anderer Vertreter der klassischen Moderne, William Faulkner, erklärte 1927 Moby Dick zu dem Buch, das er am liebsten selbst geschrieben hätte.

Aus heutiger Sicht bleibt anzumerken, dass Melvilles Moby Dick – neben Defoes Robinson Crusoe und Cervantes' Don Quijote – als Paradebeispiel für einen literarischen Stoff angesehen werden kann, dessen grobes Handlungsgerüst beinahe jedem bekannt ist, diese Bekanntheit jedoch nicht von dem Original, also dem Roman selbst, erreicht wurde. Vielmehr waren es zahlreiche Bearbeitungen als Jugendbuch, vor allem aber auch für Film, Fernsehen und Hörspiel, die den Stoff dem Publikum des 20. und 21. Jahrhunderts nahegebracht haben.

Die erste Generation der Rote Armee Fraktion verglich ihr Unterfangen mit der Besatzung der Pequod, insbesondere verglich Gudrun Ensslin ihren Lebensgefährten Andreas Baader mit Kapitän Ahab und Holger Meins mit dem Steuermann Starbuck.[5]

Ausgaben

Die erste Ausgabe von Moby Dick erschien am 18. Oktober 1851 in drei Bänden unter dem Titel The Whale bei Richard Bentley in London. In dieser Ausgabe fehlte (aus ungeklärten Gründen) der Epilog. Außerdem hatte der britische Zensor eine Reihe von kritischen Äußerungen über Monarchien und über die christliche Kirche entfernen lassen. Die erste amerikanische Ausgabe erschien, ohne diese Streichungen, unter dem Titel Moby-Dick; or, The Whale am 14. November 1851 in New York bei Harper & Brothers.

Heute sind zahlreiche unterschiedliche (englische und deutsche) Ausgaben erhältlich, als Taschenbuch oder gebunden, als Lese- oder als kritische Ausgabe.

Übersetzungen

Bis heute liegen elf Übersetzungen des Moby Dick in deutscher Sprache vor.

  • Wilhelm Strüver, 1927, herausgegeben von Thomas Mann. „Sie drückt vor allem eins aus: Verachtung für den übersetzten Text. Fast zwei Drittel fand dieser dolmetschende Zensor offenbar so schlecht, dass er sie ganz wegließ.“[6]
  • Margarete Möckli von Seggern, Schweiz, 1942. „(...) die erste (nahezu) vollständige (...) demonstriert (...), daß man nicht übersetzen kann, was man nicht verstanden hat.“[6]
  • Fritz Güttinger, 1944, und
  • Thesi Mutzenbecher unter Mitwirkung von Ernst Schnabel, 1946: „Sie versuchten das Befremden zu minimieren, indem sie Melville mit teils beachtlicher Sprachfantasie umschrieben.“[6]
  • Karl Bahnmüller, Ensslin & Laiblin Verlag, Reutlingen, 1950. Jugendausgabe. Leinen.
  • Gerhard Lorenz, Eduard Kaiser Verlag, Klagenfurt, ohne Erscheinungsjahr. Pappband, gebunden in Halbleder mit silberner Prägung.
  • Alice und Hans Seiffert, Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, 1956. „Sie wollten es nicht besser machen als der Autor, nur annähernd genauso gut.“[6]
  • Hans Trausil, 1958. Verlag dt. Volksbücher Stuttgart.
  • Richard Mummendey, 1964: Kam „dem recht nahe, was man heute von einer guten Übersetzung erwartet.“[6]
  • Matthias Jendis, 2001. Hanser Verlag, München. Erschienen im Rahmen der Werkausgabe; entstanden als Bearbeitung der Rathjen-Version (s. u.).
  • Friedhelm Rathjen, 2004 (Moby-Dick; oder: Der Wal). Frankfurt am Main: Zweitausendeins, ISBN 3-86150-711-0.

Um die beiden letzten deutschen Übersetzungen von Matthias Jendis und Rathjen entstand eine Kontroverse. Friedhelm Rathjen hatte Anfang der 1990er Jahre für eine von drei Editoren entworfene Werkausgabe eine Übersetzung erstellt, die von Hanser eingekauft, aber zunächst nicht publiziert wurde. Nach dem Absprung der ursprünglich vorgesehenen Editoren wurde schließlich Daniel Göske als neuer Herausgeber der Werkausgabe verpflichtet; er empfand jedoch die Rathjen-Fassung als unzureichend und ließ sie deshalb im Auftrag des Verlags von Matthias Jendis stark bearbeiten. Nachdem Rathjen es ablehnte, diese Bearbeitung unter seinem Namen erscheinen zu lassen, einigten sich Rathjen und der Verlag Anfang 2001 auf die Rückgabe der Rechte der unbearbeiteten Fassung an den Übersetzer; dieser verzichtete im Gegenzug auf die Rechte an der bearbeiteten Fassung. Der Verlag publizierte im Herbst 2001 die Jendis-Bearbeitung als "vollständige Neuübersetzung" des Romans. Dieter E. Zimmer gab 2001 der Version von Jendis den Vorzug: Sie merze die Fehler der früheren Versionen aus, sei genauer, auch wenn sie das Original hier und da vielleicht mehr als nötig schöne. Die Fassung von Rathjen, von der zu diesem Zeitpunkt nur Auszüge öffentlich erscheinen waren, sei eine „systematische und dogmatische Verholperung und Verhässlichung.“[6] Dorothea Dieckmann urteilte 2004 im Deutschlandfunk dagegen, die Jendis-Fassung komme dem Leser zwar entgegen, aber darin liege ihre Problematik. Rathjens Version erhalte und unterstreiche die Eigentümlichkeiten des Originals. „Daher die Poesie seines Moby Dick.“[7] Der Walfanghistoriker Klaus Barthelmess meinte 2005, er habe den Roman noch nie mit so viel Gewinn gelesen wie in der Version von Rathjen.[8]

Zwei Hauptbeteiligte der Kontroverse haben ihre Auffassungen öffentlich dargelegt:

  • Friedhelm Rathjen: Fährendienste: Öffentliche Erinnerungen und Bekenntnisse eines selbstgerechten Übersetzers, in: Schreibheft 57/2001. (Versuch des Übersetzers, die "Prinzipien" seines Vorgehens zu begründen.)
  • Wolfgang Matz: Willensverwirrungen verwickelter Worte. Einige Anmerkungen zu Friedhelm Rathjens ‚Moby Dick’ und zum Übersetzen überhaupt, in: Neue Rundschau, 4/2004. (Polemische Totalkritik des Hanser-Lektors an der von ihm zuvor betreuten Rathjen-Übersetzung.)

Der Verlag Zweitausendeins veröffentlichte von der Übersetzung durch Friedhelm Rathjen 2006 auch eine vollständige, dreißigstündige Hörbuch-Version, gelesen von Christian Brückner.

Verfilmungen

Des Weiteren gibt es mehrere freie Bearbeitungen des Stoffes für Film, Fernsehen und Zeichentrickfilm.

Vertonungen

Nach der Romanvorlage schuf Bernard Herrmann 1938 die Kantate Moby Dick.

Auf dem zweiten Album der englischen Hardrockband Led Zeppelin ist ein mit "Moby Dick" betiteltes Lied zu finden.

Die Auftragskomposition „Of Sailors and Whales“ von William Francis McBeth wurde 1990 uraufgeführt. Es handelt sich um eine Originalkomposition für Blasorchester in fünf Sätzen, welche die Hauptfiguren des Romans beschreiben: Ishmael – Queequeg – Father Mapple – Ahab – The White Whale.

"Ahab!" von Stephen Melillo (geb. 1957) für Blasorchester und Schauspieler (der Komponist legt Wert darauf, dass es kein "Erzähler" ist) entstand Ende der 90er Jahre. Die CD-Ersteinspielung besorgte das Rundfunkblasorchester Leipzig unter Leitung des Komponisten. "Ahab!" wurde mit deutschem Text eingespielt von der Bürgermusik Götzis aus Vorarlberg / Österreich. Den Text sprach Christian Brückner.

Die US-amerikanische Multimedia-Künstlerin Laurie Anderson bedient sich bei ihrem 1999 uraufgeführten Bühnenwerk „Songs and Stories from Moby Dick“ des Melville-Stoffs. Das Stück wird 1999 und 2000 in den USA, Italien und Großbritannien gezeigt. Einige Songs des Anderson-Albums „Life on a string“ entstammen diesem Bühnenprojekt.

2004 wurde die von Raoul Gehringer komponierte Kinderoper „Moby Dick“ im Wiener Musikverein durch die Wiener Sängerknaben uraufgeführt.

Klaus Buhlert bearbeitete den Stoff und führte Regie bei dem fast neunstündigen Hörspiel, das er 2002 für den Bayerischen Rundfunk aufnahm. Erzähler ist Felix von Manteuffel, Ismael wird von Rufus Beck gesprochen, Starbuck von Ulrich Matthes und Ahab von Manfred Zapatka.

2004 veröffentlichte die amerikanische Noise/Metal-Band Mastodon das Album "Leviathan", welches den Inhalt des Romans thematisierte. Songtitel wie "I Am Ahab" oder "Seabeast" verdeutlichen dies.

Im Jahr 2006 veröffentlichte die deutsche Doom Metal-Band Ahab ihr erstes Album "The Call of the wretched Sea", ein Konzeptalbum über die Geschichte der Jagd auf den Wal.

Siehe auch

Primärliteratur

  • Herman Melville, Moby-Dick; Übersetzung von Matthias Jendis; btb Verlag, November 2008; ISBN-13: 978-3442727315
  • Herman Melville, Moby-Dick oder: Der Wal, Übersetzung von Friedhelm Rahtjens; ZWEITAUSENDEINS; 2. Aufl. Oktober 2004; ISBN-13: 978-3861507116

Sekundärliteratur

  • Richard H. Brodhead (Hrsg.): New Essays on „Moby-Dick“. CUP, Cambridge 1999,ISBN 0-521-30205-6
  • Eugen Drewermann: Moby Dick oder Vom Ungeheuren, ein Mensch zu sein. Walter Verlag, Düsseldorf 2004, ISBN 3-530-17010-0
  • Hershel Parker, Harrison Hayford (Hrsg.): Moby-Dick as Doubloon. Essays and Extracts (1851-1970). Norton, New York 1970, ISBN 0-393-09883-4
  • Owen Chase Der Untergang der Essex, Die Hanse Verlag, Hamburg 2000, ISBN 3434525653
  • Nathaniel Philbrick: Im Herzen der See. Die letzte Fahrt des Walfängers Essex. Goldmann, München 2002, ISBN 3-442-72971-8
  • Hubert Zapf (Hg.): Amerikanische Literaturgeschichte. Stuttgart, Weimar: Verlag J.B. Metzler, 2., aktualisierte Auflage 2004, ISBN 3-476-02036-3 (bes. S. 118 f. Reisebericht, Autobiographie, Traktatliteratur und S. 136-139 Explorative Selbstüberschreitung der 'romance': Herman Melville)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Eine direkte Übersetzung von “Call me Ishmael” lautet „Nennt mich Ismael“.
  2. dradio.de.
  3. Nach Nathaniel Philbrick: „Dämonen der See“, Blessing Verlag 2004.
  4. Theodore Stanton: A Manual of American Literature, S. 189.
  5. Stefan Aust: Der Baader-Meinhof-Komplex, Hoffmann und Campe, Hamburg 2008, ISBN 978-3-455-50029-5.
  6. a b c d e f Dieter E. Zimmer: Adolf Atta Ahab. Auf: schreibheft.de.
  7. Dorothea Dieckmann: Texttreu oder lesbar? Auf: dradio.de.
  8. Klaus Barthelmess: Eine leviathanische Neuübersetzung. Auf: cetacea.de.

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