Moritz von Hessen-Kassel

Moritz von Hessen-Kassel
Kupferstich mit dem Porträt Moritz von Hessen-Kassel aus dem Werk Theatrum Europaeum von 1662

Landgraf Moritz von Hessen-Kassel, gen. „der Gelehrte“ (* 25. Mai 1572 in Kassel; † 15. März 1632 in Eschwege) aus dem Haus Hessen regierte Hessen-Kassel von 1592 bis 1627.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Landgraf Moritz war der Sohn von Landgraf Wilhelm IV. von Hessen-Kassel und dessen Ehefrau Sabine von Württemberg. Er war umfassend gebildet, und seine Erziehung wurde ganz im Sinne von Philipp Melanchthon und Martin Bucer ausgerichtet. Erst durch den Einfluss seiner beider Ehefrauen wurde er reformiert. Nicht nur dass Landgraf Moritz acht Sprachen gesprochen haben soll, er war auch naturwissenschaftlich interessiert und soll alchemistische Experimente unternommen haben. Er liebte prunkvolle Aufzüge, Ritterspiele und Allegorien und ließ den ersten eigenständigen Theaterbau im deutschsprachigen Raum, das Ottoneum, errichten. Er war ein kundiger Musiker und ernstzunehmender Komponist – er entdeckte und förderte Heinrich Schütz.

Am 23. September 1593 heiratete er Agnes von Solms-Laubach, die am 23. November 1602 verstarb und mit der er eine Tochter und zwei Söhne, darunter den späteren Landgrafen Wilhelm V. von Hessen-Kassel, hatte.

Nach dem Tod seiner ersten Frau und sechsmonatiger Trauerzeit ging er am 22. Mai 1603 mit Juliane von Nassau-Dillenburg eine zweite Ehe ein. Juliane setzte durch, dass ihre Kinder ein Viertel von Hessen-Kassel als erbliche Lehen erhielten (Rotenburger Quart). So entstanden mit den drei überlebenden Söhnen Julianes – Hermann von Hessen-Rotenburg, Friedrich von Eschwege und Ernst von Hessen-Rheinfels – die landgräflichen Nebenlinien Hessen-Rotenburg, Hessen-Eschwege, Hessen-Wanfried und Hessen-Rheinfels (jüngere Linie).

1598 wandelte Moritz seine Pagenschule in eine Hofschule für Adelige und Bürger um. Daraus entstand später das Collegium Mauritianum. 1618 dann nochmals modernisiert und zum Collegium Adelphi Mauritianum umgewandelt. Als erster Präfekt wurde Ernst von Börstel gewonnen.

„Zweite Reformation“

1605 trat Moritz zum Calvinismus über. Nach dem Grundsatz des Augsburger Religionsfriedens („Cuius regio, eius religio“) hatte der Landesherr das Recht, einen Bekenntniswechsel auch bei seinen Untertanen durchzusetzen. Allerdings war der Augsburger Religionsfrieden nur zwischen Lutheranern und Katholiken geschlossen worden, und seine Anwendbarkeit auf Reformierte war fragwürdig. Auf jeden Fall ging Moritz über den Auslegungsspielraum hinaus, als er das reformierte Bekenntnis auch in den Landesteilen einführte, die 1604 bei der Aufteilung der Erbmasse der ausgestorbenen Linie Hessen-Marburg an Hessen-Kassel gekommen waren und für die ein Konfessionswechsel durch testamentarische Verfügung ausgeschlossen war. Rechtswidrig war ebenso der erzwungene Konfessionswechsel an der gesamthessischen Universität Marburg, der 1607 die Gründung der lutherischen Universität Gießen durch Hessen-Darmstadt zur Folge hatte.

Abdankung

Der Marburger Erbschaftsstreit zwischen Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt zog sich jahrzehntelang hin, brachte Moritz auch in Gegnerschaft zum Kaiser, und überlagerte sich ab 1618/19 mit dem Dreißigjährigen Krieg, in dem Hessen zu den am stärksten verwüsteten Landschaften gehörte. Moritz agierte durchweg unglücklich und ruinierte sein Land auch finanziell so sehr, dass ihn 1627 die Landstände zur Abdankung zwangen.

Bereits 1623 wurde Moritz der Gelehrte durch Fürst Ludwig I. von Anhalt-Köthen in die Fruchtbringende Gesellschaft aufgenommen. Dieser verlieh ihm den Gesellschaftsnamen „der Wohlgenannte“ und die Devise „in fleißiger Übung“. Als Emblem wurde ihm der Spindelbaum (Euonymus europaea L.) zugedacht. Im Köthener Gesellschaftsbuch der Gesellschaft findet sich Landgraf Moritz' Eintrag unter der Nr. 80.

Gut versorgt, zog sich Moritz nach Eschwege zurück. Hier widmete er sich seinen Studien und seiner Familie, während Oberhessen an Hessen-Darmstadt abgetreten wurde und Moritzens Kanzleidirektor Dr. Günther hingerichtet wurde. Landgraf Moritz starb im Alter von 60 Jahren am 15. März 1632 in Eschwege.

Nachkommen

Moritz heiratete 1593 Agnes von Solms-Laubach (1578–1602), Tochter von Johann Georg von Solms-Laubach (1546–1600).

Nach dem Tod von Agnes heiratete er 1603 Juliane von Nassau-Dillenburg (1587–1643). Mit ihr hatte er sieben Söhne und sieben Töchter, von denen folgende das Kindesalter überlebten:

∞ Sophia Juliana von Waldeck († 1637), Tochter von Christian von Waldeck
∞ Kunigunde Juliane von Anhalt-Dessau († 1683), Tochter von Johann Georg I. von Anhalt-Dessau

Werke

  • Davidis regis prophetae psalterium (1593)
  • Encyclopaedia (1597)
  • Poetices methodices conformatae (1598)
  • Luther, Martin: Christliches Gesangbuch von allerhand geistlichen Gesängen und Liedern. – Cassel: Mencke, 1631 (vertont durch Landgraf Moritz)

Literatur

  • Hartleb, Hans: Deutschlands erster Theaterbau. Eine Gesichte des Theaterlebens und der englischen Komödianten unter Landgraf Moritz des Gelehrten von Hessen-Kassel, deGruyter, Berlin 1936.
  • Hartwig, T.: Die Hofschule zu Cassel unter Landgraf Moritz des Gelehrten, Univ. Diss., Marburg 1864.
  • Borggrefe, Heiner (Hg.): Moritz der Gelehrte. Ein Renaissancefürst in Europa, Ed. Minerva, Eurasburg 1997, ISBN 3-932353-04-8
  • Menk, Gerhard (Hg.): Landgraf Moritz der Gelehrte. Ein Kalvinist zwischen Wissenschaft und Politik, Trautvetter&Fischer, Marburg 2000, ISBN 3-87822-112-6
  • Lemberg, Margret: Juliane Landgräfin zu Hessen (1587 – 1643) (= Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte Bd. 90). Darmstadt, Marburg 1994.

Weblinks



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