Motorschiff

Motorschiff
Ein moderner Schiffsdiesel

Ein Motorschiff ist ein Schiff, das von einem Motor − meist einem Dieselmotor − angetrieben wird. Die Abkürzung MS für Motorschiff oder MV für englisch „motor vessel“ wird oft dem Schiffsnamen vorangestellt, teilweise auch M/S oder M/V geschrieben.

Inhaltsverzeichnis

Einsatz

Ein klassisches hochseetaugliches Passagiermotorschiff.

Waren noch vor 30 Jahren die großen Zweitaktmotoren die wichtigsten Antriebsmotoren für die Seeschifffahrt, so sind es heute die Viertakter. Zweitaktmotoren mit hoher Leistung werden überwiegend in große, schnelle Containerschiffe als Einzel- und auch Doppelanlagen mit einer Motor- und Propellerdrehzahl von 95−105/min eingebaut. Die mittelschnelllaufenden Viertakt-Motoren (350–450/min) teilen sich, mit ganz wenigen Ausnahmen, den Rest. Diese Viertaktmotoren mit bis über 13.000 kW sind zum Beispiel in der Queen Elizabeth 2 eingebaut. Zurzeit werden bei kleineren Schiffen Viertaktmotoren bevorzugt eingebaut, da diese von bedeutend geringerer Einbauhöhe als die langsam laufenden Zweitaktmotoren sind. Zweitakter sind fast durchweg Langsamläufer mit 94−120/min. Viertaktmotoren sind entweder Mittelschnellläufer mit Umdrehungen von 350−450/min, aber auch Schnellläufer wie die MTU-Baureihe 2.000 mit bis zu 2.300/min. Zweitaktmotoren, mit Bauhöhen teilweise von weit über 10 Metern und bis zu 2.500 Tonnen Gesamtgewicht, werden meistens als Einzelmaschinen eingebaut. Viertaktmotoren als Einzel-, Doppel-, Dreifach-, Vierfach- und Mehranlagen.

Als Kraftstoff verwendet man in der Seeschifffahrt seit ungefähr 40 Jahren Schweröl. Das ist Öl mit einer Dichte von bis zu 0,99 g/cm³. Um dieses Öl pumpen zu können, muss es auf mindestens 60 °C vorgewärmt werden. Zum Einspritzen in den Motor wird das Schweröl dann auf 130 bis 140 °C vorgewärmt. In der Binnenschifffahrt wird hingegen ausschließlich Gasöl verwendet. Größere Schiffsdieselmotoren werden mit hochkomprimierter Luft (10–35 bar) angelassen. Schwerölbetriebene Großdieselmotoren benötigen daher mehrere Hilfsaggregate und -Systeme wie Dieselgeneratoren, Ölkesselanlage zur Erzeugung von Dampf zur Heizung der Schweröltanks, diverse Kühlwasserpumpen, diverse Schmierölpumpen, Kraftstoffzubringerpumpen, Luftkompressoren und entsprechende Luftbehälter.

Das Umsteuern (für Vorwärts- oder Rückwärtsfahrt des Schiffes) erfolgt entweder am Motor selbst durch pneumatisches oder hydraulisches Verschieben der Nockenwelle, oder der Motor behält seine Drehrichtung bei und die Umsteuerung erfolgt mittels Wendegetriebe. Die dritte Variante ist das hydraulische oder mechanische Verstellen der Propellerflügel.

Moderne Passagierschiffe haben heute oft einen Diesel-Elektroantrieb. Dieselgeneratoren erzeugen Strom und ein oder mehrere Elektromotoren treiben den/die Propeller.

Geschichte

Eine Werbeanzeige der "Deutsche Kromhout" von 1913. Sie stellte überwiegend Motoren zum nachträglichen Einbau in Küstensegler her.
Motor der Fram

Entwicklung

Bereits kurz nach seiner Erfindung wurde der Dieselmotor für Boote eingesetzt, bald darauf für Binnenschiffe. Die dänische Reederei Det Østasiatiske Kompagni (East Asiatic Company) ließ 1912 bei der Werft Burmeister & Wain in Kopenhagen das erste hochseetaugliche Motorschiff, das Fracht- und Passagierschiff Selandia, bauen. Die 4964 Bruttoregistertonnen vermessene Selandia war 117 m lang, 16 m breit und hatte einen Tiefgang von 9 m. Mit zwei umsteuerbaren Vier-Takt-Dieselmotoren der Firma Burmeister & Wain von je 920 kW (1250 PS) erreichte das Zweischrauben-Schiff eine Geschwindigkeit von 12 Knoten (22,2 km/h). Bereits auf ihrer Jungfernreise legte sie 22.000 Seemeilen (40.000 km) zurück.

Durch den Einsatz von Dampfturbinen in Turbinenschiffen dominierte der Dampfantrieb noch bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs die Seefahrt. Auch in größeren Kriegsschiffen kam bis dahin der Dieselmotor nicht zum Einsatz; die einzige Ausnahme hierbei waren die drei Panzerschiffe der Deutschland-Klasse. Ab den 1950er Jahren dominierten im Schiffsneubau die Motorschiffe, da sie einen höheren Wirkungsgrad, geringeren Platzverbrauch und niedrigeren Materialaufwand hatten. Lediglich bei sehr hohen Leistungsanforderungen wurden bis in die 1970er Jahre noch Turbinenschiffe gebaut. Anfang des 21. Jahrhunderts sind 97 % aller großen Schiffe Motorschiffe. Die größten Schiffsdieselmotoren leisten mehr als 110.000 PS (81 MW) in der Ausführung mit 14 Zylindern. Die größten in Fahrt befindlichen stammen in der 14-Zylinder-Version von MAN B&W (14 K 98 MC-C) und von Wärtsilä (14 RTflex 96C-B).

Zeittafel

Tabelle über im Bau befindliche Motorschiffe 1913
Tabelle über bis Juni 1913 gebaute Motorschiffe
  • 1903: Binnentanker Vandal auf der Wolga, Eigner Maschinenfabrik Ludwig Nobel, Länge 70 m, zugleich erstes dieselelektrische Schiff der Welt
  • 1903: Petit Pierre (Canal de la Marne au Rhin, Frankreich). Bei der Jungfernfahrt ist Rudolf Diesel an Bord. (Zwei-Zylinder-Gegenkolben mit 25 PS (18,4 kW))
  • 1904: Uto als erstes experimentelles Motorschiff auf dem Zürichsee. Durch Umbau aus dem Schraubendampfer Schwalbe hervorgegangen.
  • 1904: Dieselgetriebenes Versuchs-U-Boot Z der französischen Marine
  • 1910: Die Fram von Roald Amundsen hat einen Dieselmotor als Hilfsmotor an Bord
  • 1912: Selandia, erstes großes hochseegängiges Motorschiff der Welt (Burmeister & Wain, Viertakt-Diesel mit je 800 kW)

Umwelteigenschaften

Motorschiffe stellen grundsätzlich ein ökologisches Transportmittel dar, beinhalten aber auch einige systembedingte Nachteile:

Sie haben einen relativ hohen Wirkungsgrad und verursachen (bezogen auf die Transportleistung) im Vergleich mit Landverkehrsmitteln (Eisenbahn, Lastkraftwagen) sowie insbesondere im Vergleich mit Flugzeugen erheblich geringere Emissionen.

Durch ihren Treibstoff, vor allem das besonders billige Bunker-C-Öl (Schweröl), stellen Motorschiffe bei Kollisionen jedoch ein Umweltrisiko dar (Ölpest). Außerdem hat das Bunker-C-Öl einen hohen Schwefelgehalt (nach IMO bis zu 4,5 %), der zur Emission von Schwefeloxiden führt. Weitere Probleme entstehen durch die Emission von Ruß und Stickoxiden.

Mittels neuer Konstruktionen (Common-Rail-Diesel und Wassereinspritzung in den Brennraum) wird zurzeit versucht, diese Emissionsprobleme zu bewältigen. Weiter verbreitet ist bereits die Katalysator-Technologie nach dem SCR-Prinzip (selective catalytic reduction), die aus dem Kraftwerksbau stammt. Bei ihr werden die Abgase durch Einspritzen von Harnstoff katalytisch gereinigt.

Mit der Einführung abgasbezogener Hafengebühren versuchen einige Hafenstädte, die Verbreitung sauberer Antriebe für Motorschiffe zu fördern.

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Motorschiff – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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