Multimodaler Verkehr

Multimodaler Verkehr

Unter dem Begriff Multimodalem Verkehr wird eine mehrgliedrige Transportkette verstanden, bei der die Beförderung von Personen oder der Transport eines Gutes mit zwei oder mehr unterschiedlichen Verkehrsträgern vollzogen wird. Diese Organisationsform wird auch als gebrochener Verkehr bezeichnet und steht im Gegensatz zum Direktverkehr (ungebrochener Verkehr).[1]

Eine besondere Form des multimodalen Verkehrs ist der intermodale Verkehr, in dem die Güter in standardisierten Transporteinheiten (Container, Wechselbehälter, Sattelanhänger) bewegt werden, sie also beim Verladen zwischen verschiedenen Verkehrsträgern in geschlossenen Einheiten bewegt werden. Kombinierter Verkehr (kur KV) beziehungsweise synonym kombinierter Ladungsverkehr (KLV) ist die Bezeichnung für intermodalen Verkehr, wenn der überwiegende Teil der zurückgelegten Strecke mithilfe von Schiene sowie See- und Binnenschiff zurückgelegt wird und der Vor- und Nachlauf auf der Straße so kurz wie möglich gehalten ist.

Inhaltsverzeichnis

Begriffsklärung

Die Bezeichnung „multimodaler Verkehr“ wird oftmals mit den Begriffen intermodaler und Kombinierter Verkehr gleichgesetzt. Dieser Ansatz greift insbesondere beim Güterverkehr zu kurz und es wurde daher von der Europäischen Verkehrsministerkonferenz eine (nicht allgemein anerkannte) Definition eingeführt:[2]

Multimodaler Verkehr umfasst den Transport von Gütern mit zwei oder mehreren verschiedenen Verkehrsträgern.

Multimodaler Güterverkehr

Geschichte

Der Begriff fand erstmals in den USA in den 1960er Jahren Verwendung, als standardisierte Container eingeführt wurden, die mit Eisenbahnen (Piggyback Service), Lastkraftwagen und Schiffen (Fishyback Service) transportiert werden konnten.

Ursachen

Oftmals kann ein Transport nicht im Direktverkehr ohne Wechsel des Transportmittels oder Umschlagsvorgänge abgewickelt werden. Der Grund für eine Kombination ergibt sich in vielen Fällen aufgrund naturräumlicher Gegebenheiten. Ein Schiffstransport wird in der Regel Teil einer intermodalen Kette sein, da die Waren zumeist nicht im Hafen, sondern im Hinterland erzeugt oder verbraucht werden und damit einen Vor- und Nachlauf mit anderen Verkehrsmitteln nötig machen.

Auch die Überlastung einzelner Verkehrswege, insbesondere des Straßennetzes etwa im Alpentransit, sind als Gründe für „erzwungenen“ multimodalen Verkehr zu verstehen.

Mit den sich durch die Containisierung entstehenden Rationalisierungspotentialen im Güterumschlag und den durch die Einführung von Telematik sich ergebenden Chancen im Management auch komplexer Transportketten treten immer häufiger die unterschiedlichen wirtschaftlichen Vor- und Nachteile einzelner Verkehrsträger in den Vordergrund. Das Schiff befördert große Mengen von Gütern unter günstigem Energieverbrauch, ist aber in seiner Geschwindigkeit stark eingeschränkt und insbesondere auf sehr langen Strecken attraktiv. Der Lastkraftwagen ist aufgrund seiner Flexibilität sehr leistungsfähig, allerdings aufgrund geringer Ladekapazitäten im Betrieb relativ teuer. Die Eisenbahn befördert energiegünstig und raumsparend große Mengen, ist hingegen auf Grund ihres gegenüber der Straße weniger dichten Wegenetzes allenfalls dort im Direktverkehr leistungsfähig, wo Ganzzüge in die Produktionsprozesse großer Werke integriert sind. Das Flugzeug, wie das Schiff ein häufiges Glied in der multimodalen Kette, wird im Langstreckenverkehr bei nicht allzu voluminöser Ladung auf Grund seiner Geschwindigkeit bevorzugt, büßt diesen Vorteil jedoch im nahen und mittleren Bereich auf Grund umfangreicher und zeitaufwendiger Kontrollen teilweise wieder ein und wird zunehmend behindert durch einen überfüllten Luftraum; sein hoher Energieverbrauch ist ebenfalls aus betriebswirtschaftlicher Perspektive ein nachteiliger Faktor.

Zusätzlich nehmen Umweltaspekte, insbesondere aus planerischer Perspektive, heute einen wichtigen Platz ein. Hier ist insbesondere der kombinierte Verkehr zu nennen, durch den man sich eine Entlastung sowohl überfüllter Straßen mit hohen Lärmemmissionen als auch Einsparungen im Energieverbrauch aufgrund eines stärkeren Einsatzes der Bahn im Fernverkehr erhofft.

Gebrochener Verkehr im ÖPNV

Im öffentliche Personennahverkehr findet zunehmend eine Differenzierung der Verkehrsträger statt, die die bereits traditionell vorhandenen gebrochenen Bedienungen (meistens Straße / Schiene) ausweiten. Gebrochener Verkehr hatte ursprünglich die Hauptfunktion, Fahrgäste an leistungsfähige, gut ausgebaute Verkehrsmittel heranzuführen. Dazu wurden Umsteigeknoten besonders für die Kombination Bus (auch Straßenbahn) und U- oder S-Bahn geschaffen (z. B. Busbahnhöfe). Gebrochene Bedienung war eher in größeren Städten anzutreffen als auf dem Lande, weil regionale Buslinien (zunächst Überland - später Regionalbusse) durchgehend bis in Stadtzentren verkehrten und auch Bahnhöfe soweit möglich eine zentrale Lage aufweisen.

In Ländern mit gut ausgebauten Bahnsystemen (u.a. Deutschland, Niederlande) wird heute der Schiene gegenüber dem Straßenpersonenverkehr Priorität eingeräumt. Neben einer Einführung von Verbundtarifen erfolgt dazu – insbesondere in Deutschland – ein Abbau von Busparallelverkehren. Der Busverkehr erhält eine Schienenergänzungs-, Erschließungs- und Zubringerfunktion, wird also zu einem sekundären Verkehrsträger mit nur noch geringen überregionalen Aufgaben. In vielen Fällen wurden dazu zwischen Städten durchgehend verkehrende Buslinien gebrochen, um Fahrgäste umzulenken (Zubringerverkehr mit Verkehrslenkungsfunktion). Die Linienwege von Buslinien verkürzen sich damit (Zerstückelung der Regionalbusnetze) und gebrochene Verbindungen im Busverkehr nehmen zu.

Als gegenläufige Bewegung werden in nicht ausreichend per Schiene versorgten Regionen qualitativ aufgewertete Schnellbusse eingesetzt, die nur wichtige Haltestellen bedienen. Umsteigeverbindungen können auch durch Linienverknüpfungen (z. B. Durchmesserlinien) oder die Integration des Regional(bus)verkehrs in den Stadt(bus)verkehr (u.a. „Osnabrücker Modell“) vermieden werden. Moderne Schienenverkehrssysteme (Mehrsystembahnen) nach dem Karlsruher Modell haben ebenfalls das Ziel, gebrochene Verkehre zu vermeiden. Die Feinverteilung der Fahrgäste erfordert aber stets auch gebrochene Verbindungen.

Rückläufige Fahrgastzahlen auf dem Lande durch zunehmenden Individualverkehr und der Ausbau rein stadtorientierter Busnetze machen häufig ebenfalls gebrochene Verkehre notwendig. Innerhalb der Busnetze erfolgt dabei eine Differenzierung nach Haupt- (→ Metrobus) und Nebenlinien, Stadt-, Regional-, Stadtteillinien sowie speziellen Sonderformen (Anrufbus- oder Sammeltaxibedienungen). Zwischen diesen Formen findet eine gebochene Bedienung statt. Die umweltfreundlichste, aber für Fahrgäste unattraktive Lösung ist der Einsatz großer Stadtbusse im verdichteten Stadtgebiet und eine anschließend gebrochene Weiterbeförderung mit Kleinbussen im ländlichen Raum.

Ein besondere Form des gebrochenen Verkehrs stellen Park-and-ride oder Bike-and-ride, also die Kombination von Individual- mit öffentlichem Verkehr da.

Literatur

  • Bundesministerium für Verkehr (Hrsg.): Bericht zum Kombinierten Verkehr. Berlin 2001.
  • Ramming, Klaus, Hamburger Handbuch Multimodaler Transport, 1.Aufl., München 2011, Verlag C.H. Beck, ISBN 978-3-406-58992-8
  • Wieske, Thomas, Transportrecht schnell erfasst, 2. Aufl., Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2008, ISBN 978-3-540-73788-9
  • Koller, Ingo, Transportrecht. Kommentar, 7. Aufl., München 2010, Verlag C.H. Beck, ISBN 978-3-406-60041-8
  • Hartenstein/ Reuschle, Handbuch des Fachanwalts für Transport- und Speditionsrecht, 1. Aufl., Köln 2010, Verlag Luchterhand, ISBN 978-3-472-06196-0

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Sebastian Kummer: Einführung in die Verkehrswirtschaft. UTB Verlag, 2006, ISBN 3-8252-8336-4, S. 48.
  2. Terminologie des Kombinierten Verkehrs

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