Mäusetod

Mäusetod
Grab von Hermann Ilgen auf dem Johannisfriedhof in Dresden

Friedrich Hermann Ilgen (* 22. Juli 1856 in Wurzen; † 15. April 1940 in Dresden) war ein sächsischer Apotheker, Unternehmer sowie Sport- und Kunstmäzen.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ilgen wurde am 22. Juli 1856 in Wurzen in einem kleinbürgerlichen Elternhaus geboren. Nach dem Wunsch seines Vaters sollte er Theologie studieren, unter dem Einfluss der Mutter erhielt er aber das väterliche Einverständnis zu einer Apotheker-Ausbildung bzw. zu einem Pharmazie-Studium. Ilgen absolvierte im Erzgebirge eine Apothekerlehre sowie anschließend drei Praxisjahre als Apotheker-Gehilfe, bevor er sich 1878 zum Studium der Pharmazie und Chemie an der Universität Leipzig einschrieb; unter anderem studierte er dort bei Hermann Kolbe. Nach einem sehr guten Abschluss arbeitete Ilgen ab 1880 als angestellter Apotheker in Freiberg.

1882 [1] oder 1888 [2] übernahm Ilgen für den enormen Kaufpreis von 120.000 Mark die heruntergewirtschaftete „Löwen-Apotheke“ in der Bahnhofstraße in Kötzschenbroda, die er nach einer kompletten Sanierung des Gebäudes und der Räume bis 1891 führte. Während dieser Zeit brachte Ilgen ein neuartiges Ratten- und Mäusegift auf den Markt, die Phosphorpille, die er weltweit erfolgreich verkaufen konnte, was ihm neben einem großen Vermögen auch den Spitznamen „Mäusetod“ einbrachte. Der Kaufpreis erklärt sich darüber, dass bereits der Vorgänger von Ilgen in seiner Apotheke das Mäusegift produziert hatte. [1]

1883 heiratete Ilgen die Leipzigerin Anna Mathilde Steffen, wodurch er mit dem vermögenden Leipziger Baurat Otto Heinrich Steffen verwandt wurde. Seine Frau besaß wertvolle Grundstücke nahe dem heutigen Leipziger Hauptbahnhof. Im gleichen Jahr wurde Ilgen Mitbegründer der Sparkasse in Kötzschenbroda [1], die ein Gebäude direkt neben seiner Apotheke bezog.

Nach dem Verkauf der heute noch existierenden Apotheke 1892 [2] oder 1894 [1] zog Ilgen nach Dresden, wo er sich Immobiliengeschäften in Dresden und Leipzig widmete. Auch hierbei erfolgreich, verwendete das kinderlose Paar große Teile seines erworbenen Vermögens auf die Förderung und Unterstützung kultureller, sozialer und sportlicher Einrichtungen. Ilgen errichtete mehrere Stiftungen, darunter die „Hermann-Ilgen-Stiftung“, und rief Preise ins Leben. So konnte die Leipziger Universität ab 1932 jährlich eine „Goethe-Medaille“ verleihen und erhielt aus einer Sammlung ein Jugendbildnis von Goethe und drei Altartafeln des Malers Hans Hesse, insgesamt sollten der Universität Zuwendungen in Höhe von 350.000 Reichsmark zufließen.

Am bekanntesten wurde seine Unterstützung des Dresdner Sportwesens. So finanzierte er die 1923 eingeweihte und 1937 nach ihm benannte Ilgen-Kampfbahn, das heutige Rudolf-Harbig-Stadion.

1929 wurde der Geheime Hofrat Hermann Ilgen zum Ehrenbürger seiner Geburtsstadt Wurzen [3] ernannt. Zum 78. Geburtstag verlieh ihm die Leipziger Universität die Würde eines Ehrensenators. 1936, zu seinem 80. Geburtstag, erhielt eine Straße im Radebeuler Stadtteil Kötzschenbroda seinen Namen.

Ilgen bewohnte ab 1899 in Dresden-Blasewitz die nach ihm benannte Villa Ilgen. Er starb 1940, vier Jahre nach seiner Frau; beider Grab befindet sich auf dem Dresdener Johannisfriedhof.

Die „Hermann-Ilgen-Stiftung“ existiert heute noch, obwohl ein bedeutender Teil des Vermögens im Zweiten Weltkrieg vernichtet wurde. Ihre Stiftungssatzung wurde 1993 im Sinne des Stifters neu gefasst.

Am 27. Juni 1881 ist Ilgen in die Freimaurerloge Charlotte zu den drei Nelken in Meiningen aufgenommen worden; am 5. Januar 1927 wurde er Mitglied der Loge Zum Goldenen Apfel in Dresden.

Schriften

  • Hermann Ilgen: Mein Lebenswerk zur freundlichen Erinnerung (zum Gedächtnis einer Mutter). (Autobiografie.) Verlag Erich Gottschalk, Dresden 1937.

Literatur

  • Jens Blecher, Universitätsarchiv Universität Leipzig: Vom „Mäusetod“ zum Ehrensenator. Der Apotheker, Immobilienhändler und Stifter Friedrich Hermann Ilgen. - in: journal Mai/Juni 2005, Heft 3/2005, S. 40f., ISSN 1860-6709.
  • Annette Karnatz (Hrsg.): Stadtlexikon Radebeul. Historisches Handbuch für die Lößnitz. Stadt Radebeul (Stadtarchiv), Radebeul 2006 (2., leicht geänderte Auflage), ISBN 3-938460-05-9.

Einzelnachweise

  1. a b c d journal; Universität Leipzig. Mai/Juni 2005. Heft 3/2005. S.40f.
  2. a b Geschichte der Stadtapotheke Radebeul
  3. Stadt Wurzen - Ehrenbürger



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