Nakhlit

Nakhlit

Als Achondrite werden alle Steinmeteoriten klassifiziert, die keine Chondrite sind. Sie sind mit lediglich knapp acht Prozent Anteil an der Gesamtzahl aller Meteorite[1] recht selten, was vermutlich darauf zurückzuführen ist, dass die meisten Achondrite bei terrestrischer Verwitterung innerhalb kürzester Zeit kaum mehr von irdischen Gesteinen unterschieden werden können.

Achondrite sind (von der Kruste abgesehen) oft gräulich gefärbt und bestehen aus magmatischem Gestein, das sich in erster Linie aus den Silikat-Mineralien Olivin, Pyroxen und Plagioklas zusammensetzt. Achondrite haben fast immer einen wesentlich niedrigeren Metallgehalt als Chondrite.

Die Mehrzahl wurde vermutlich in den Außenschichten ehemaliger Asteroiden geformt, bei denen es in der Frühzeit des Sonnensystems wahrscheinlich in Folge der beim Zerfall des Aluminium-Isotops 26Al (evtl. auch des Eisen-Isotops 60Fe) freigesetzten Energie zu Schmelzvorgängen und zur Differenzierung der Asteroiden kam. Dabei trennten sich schwere Metalle und leichte Silikate auf, und letztere stiegen an die Oberfläche, wo sie in asteroidischen Vulkanen als Lava zu Tage traten. Durch Kristallisation dieser Schmelze entstanden dann die Achondrite. Beim Auseinanderbrechen eines solchen Asteroiden oder durch Einschläge wurden die Gesteine seiner Oberfläche als Bruchstücke auf Umlaufbahnen gebracht, die schließlich die Erdbahn kreuzten.

Man unterscheidet die folgenden Unterklassen:[2]

Ein Einzelstück des Eukriten von Millbillillie.
  1. Howardite: Eine durch Kollisionen erzeugte Mischung aus Eukriten, Diogeniten und etwas chondritischem Material. Howardite sind Regolithe (Böden auf der Oberfläche von planetaren Körpern), die durch kosmische Strahlung erzeugte Verschiebungen im Isotopenverhältnis vieler Elemente aufweisen.
  2. Eukrite: Diese aus Pyroxen und Plagioklas bestehenden Basalte bilden die häufigste Gruppe und entstehen durch Schmelze aus Chondriten. Bekanntester Vertreter ist der Meteorit von Millbillillie, Australien.
  3. Diogenite: Sie bilden sich, wenn eine Basaltschmelze in unterirdischen Magmakammern langsam abkühlt, so dass kleine Pyroxen-Kristalle wachsen können. Der Name ist eine Referenz an Diogenes von Apollonia, der als Erster eine außerirdische Herkunft der Meteoriten annahm. Ein bekannter Vertreter ist der Meteorit von Tatahouine, Tunesien.
  4. Shergottite: Shergottite (Shergotty, Indien) repräsentieren die häufigste Gruppe der auf der Erde gefundenen Marsmeteorite. Sie bestehen aus basaltischem, vulkanischem Ergussgestein und Tiefengestein. Ein charakteristisches Merkmal ist die Umwandlung des Feldspats in glasförmigen Maskelynit durch Schockeinwirkung, wahrscheinlich bei der Ablösung von ihrem Mutterkörper.
  5. Nakhlite: Nakhlite (Nakhla, Ägypten) sind aus einem feinkörnigen, grünlich braunen Material zusammengesetzt. Sie enthalten seltene Minerale, die nur in der Anwesenheit von flüssigem Wasser entstehen konnten. Analysen haben ergeben, dass diese Minerale auf dem Planeten Mars entstanden sein müssen. Dies weist darauf hin, dass auf der Oberfläche des Planeten vor etwa 1,5 Milliarden Jahren flüssiges Wasser vorhanden war.
  6. Chassignite: Die Chassignite (Chassigny, Frankreich) bestehen überwiegend aus Olivin, das als Tiefengestein gebildet wurden. Sie enthalten ebenfalls Minerale, die nur in Anwesenheit von Wasser entstehen konnten. Es handelt sich um eine sehr rare Klasse von Meteoriten, die nur aus zwei Vertretern besteht: dem Namensgeber und NWA 2737.
  7. Orthopyroxenite: Bislang ist nur ein Vertreter dieser Gruppe bekannt, der Meteorit ALH84001, der im ewigen Eis der Antarktis gefunden wurde. Im Unterschied zu den anderen Marsmeteoriten besteht er nahezu ausschließlich aus dem Mineral Orthopyroxen. Er weist zudem ein wesentlich höheres Alter auf. Besonders bekannt wurde dieser Meteorit durch mikroskopische Einschlüsse, die Strukturen aufweisen, die an fossile Bakterien erinnern. Nach wie vor wird kontrovers diskutiert, ob diese Strukturen Spuren von primitiven Marslebewesen darstellen oder durch rein chemische Prozesse entstanden sind.
  8. Angrite: Die Angrite (benannt nach dem Fundort Angra dos Reis, Brasilien) sind differenzierte Achondrite, die aus Pyroxen, Olivin und Plagioklas bestehen. Anders als bei den Chondriten und primitiven Achondriten liegen diese Minerale in Formen vor, die auf eine magmatische Entstehung hinweisen. Sie enthalten häufig Einschlüsse, die als erstarrte Gasblasen gedeutet werden. Von ihrer Struktur und chemischen Zusammensetzung ähneln sie den irdischen Basalten. Die Herkunft der Angrite ist bislang ungeklärt. Offensichtlich stammen sie von einem eigenen Ursprungskörper ab, der noch nicht identifiziert werden konnte.
  9. Aubrite: Die Aubrite (Aubres, Frankreich) enthalten das magnesiumreiche Mineral Enstatit. Darüber hinaus enthalten sie unterschiedliche Anteile an reduziertem Nickel-Eisen, das Eisensulfid Troilit, das Silikat Olivin, sowie seltene Minerale, die auf eine magmatische Entstehung schließen lassen. Beim Vergleich der Reflexionsspektren von Asteroiden wurde eine Übereinstimmung mit dem Asteroiden Nysa festgestellt. Möglicherweise stammen die Aubrite von diesem Himmelskörper.
  10. Ureilite: Die Ureilite (Novo Urei, Russland) bestehen überwiegend aus Olivin und Pyroxen, die in eine kohlenstoffreiche Matrix aus Graphit, Diamant, reduziertem Nickel-Eisen und Troilit eingebettet sind. Chemische und isotopische Untersuchungen der Ureilite führen zu widersprüchlichen Ergebnissen. Zum einen zeigen die Ureilite eine hochdifferenzierte Struktur, andererseits ähneln sie den primitiven Achondriten. Bislang existiert keine allgemein anerkannte Theorie über die Entstehung und den Ursprung dieser Meteoriten.
  11. Acapulcoite (Acapulco, Mexiko), Brachinite (Brachina, Australien), Lodranite (Lodran, Indien), Winonaite (Winona, USA): Diese vier Klassen von Achondriten werden als primitive Achondrite zusammengefasst. Die Differenzierung dieser Meteoriten ist unvollständig, so dass sie ihre primitive (chondritische) Zusammensetzung weitgehend behalten haben. Die den Chondriten typische Struktur ging aber verloren, Chondren wurden zerstört.
  12. Mondmeteorite, auch LUN-Gruppe. Durch Vergleich mit den vom Mond mitgebrachten Proben kann eindeutig gezeigt werden, dass sie vom Mond stammen müssen. Sie enthalten oft Mondregolith von der Oberfläche des Mondes. Es ist interessant, dass Mondmeteorite auf der Erde erst nach der Mondlandung gefunden wurden, da erst die Analysen von Mondgesteinen einen sicheren Nachweis der Herkunft vom Mond erlaubten. Der erste sichere Mondmeteorit war Calcalong Creek aus Australien, später wurden weitere unter den tausenden Meteoritenfunden aus Afrika und Oman identifiziert. Diese Gruppe wird nach ihrer Herkunft in verschiedene Unterklassen unterschieden, die Anorthositischen Regolith-Hochlandbrekkzien, die Fragmentalen Hochlandbrekkzien, Impakt-Schmelzbrekkzien, Marebasalte und schließlich Maregabbros.

Howardite, Eukrite und Diogenite werden zu den HED-Meteoriten zusammengefasst, da ein gemeinsamer Ursprung angenommen wird. Als Ursprungskörper wird der Asteroid (4) Vesta diskutiert. Shergottite, Nakhlite und Chassignite werden zu den SNC-Meteoriten zusammengefasst, hierzu werden auch die Orthopyroxenite gerechnet. Für die SNC-Meteroite wird eine Herkunft vom Mars angenommen, die Mitglieder der Gruppe werden deshalb auch als Marsmeteorite bezeichnet. Weiterhin werden die Angrite, Aubrite und Ureilite zur Gruppe der Primitiven Enstatit-Achondrite und – wie schon beschrieben – die Acapulcoite, Lodranite, Brachinite und Winonaite zur PAC-Gruppe (Primitive Achondrite) zusammengefasst.[2]

Der magmatische Ursprung der Achondrite wurde zuerst durch den Berliner Mineralogie-Professor Gustav Rose erkannt.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Rosanna L. Hamilton: Meteoroiden und Meteoriten.
  2. a b Klassifizierung von Meteoriten.

Weblinks


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