Namenforschung Kreta

Namenforschung Kreta

Die griechische Insel Kreta hat eine mehr als 5000-jährige Geschichte aufzuweisen. Die minoische Kultur und Geschichte ist einzigartig und noch längst nicht ausreichend erforscht. Eines der ungelösten Rätsel ist die Entzifferung des Diskos von Phaistos, der zu den bedeutendsten frühgeschichtlichen Zeugnissen der Schriftgeschichte zählt.

In ihrer wechselvollen Geschichte war die Insel sowohl Teil des Römischen Reiches als auch des Byzantinischen Reiches. Kreta gehörte lange Zeit zur Republik Venedig. Auch die Araber hatten sich auf der Insel zeitweise niedergelassen und dort ihre Spuren hinterlassen, ebenso wie alle anderen Kulturen. Diese Einflüsse lassen sich auch in der Namenforschung nachweisen. Homer erwähnt für seine Zeit bereits an die hundert Städte auf Kreta.

Für die historische Kreta-Forschung, insbesondere für die Frage der Besiedlung der Insel in der Frühzeit, ist von der Namenforschung, speziell der Toponomastik, eine wesentliche Hilfe zu erwarten. Bislang ist dieser Forschungszweig, der sich mit der Bedeutung und Herkunft der Namen befasst, noch weitgehend ein Desiderat.

Inhaltsverzeichnis

Besiedlung und Ortsnamengebung

Aus welchen Regionen in vorminoischer Zeit die ersten Siedler nach Kreta kamen, ist bislang nicht eindeutig geklärt. Vermutlich waren es Gruppen von Einwanderern aus Kleinasien, die zu den kretischen Ureinwohnern (Eteokreter und andere Stämme) stießen und eine neue Kultur auf der Insel begründeten. Ostkreta spielte dabei ein besondere Rolle.

Die ersten griechischen Eroberer und Kolonisten nach der minoischen Zeitepoche waren Achäer. Ihre Siedlungen wurden als Befestigungen (Burgen) auf den Bergen errichtet, später folgten die Dorer (ab 1100 v. Chr.). Sie übernahmen Siedlungen der Achäer und bauten ihre neuen Siedlungen vorzugsweise zwischen Bergsättel (z. B. Lato). In den niedriger gelegenen Siedlungsplätzen wohnten in dorischer Zeit überwiegend bäuerliche Schichten (Hörige, Klaroten). Mykenische Burgen entstanden in der Messara-Ebene als „Oberzentren“ sowie in den Küstenregionen. In Kydonia, dem späteren Chania, siedelten sich 519 v. Chr. aiginetische Seefahrer an. Die Hörigkeit wurde im Zeitraum 400–300 v. Chr. weitgehend abgeschafft.

Städtebildungen (Poleis) vollzogen sich bereits in diesem frühen Zeitraum und führten zu Kleinstaaten, von denen es zu Zeiten Homers mehrere Dutzend auf Kreta gegeben haben soll. Burgsiedlungen im Landesinneren werden später aufgegeben, zugleich die Städte an der Küste ausgebaut. Eine der wesentlichen Grundlagen des wachsenden Reichtums an den Küsten bildete die Seeräuberei (Piraterie).

Neuorientierungen ergaben sich, nachdem Kreta unter römische Herrschaft geriet (ab 69 v. Chr.) und seine Selbstständigkeit verlor. Gortys im Westen der Messara wird die Hauptstadt der Insel. Nach den Römern kamen die Araber. Von 826 bis 961 ist Kreta arabisch, anschließend folgte die erste byzantinische Periode. Unter den Arabern wird um 860 die Stadt Armeni gegründet, die ihren Namen aufgrund der Ansiedlung von Armeniern erhalten hat.

Eine erneute Feudalisierung erfolgte in byzantinischer Zeit und wirkte bis in die venezianische Epoche (ab 1204 – 1645/1699) weiter. Dies bestimmte die Lebensverhältnisse in dörflichen und städtischen Siedlungen über einen langen Zeitraum und ließ einen kretischen Landadel entstehen. Die Venezianer haben auf Kreta zahlreiche Festungen bauen lassen, die noch heute das Stadtbild der großen Städte bestimmen. Ab 1211 gab es im venezianischen Kreta (Regno di candia = Königreich von Kreta) 6 Provinzen (Sexteria). Die heute bestehende Einteilung in Verwaltungsbezirke (Nomoi) und Eparchien (Kreise) geht auf venezianische Zeit zurück. Amtssprache der Venezianer war lange Zeit lateinisch, später dann italienisch. Ein unabhängiges Kreta wurde bereits 1361 gefordert auf der Grundlage des Griechentums, der griechischen Sprache und der griechisch-orthodoxen Religion.

Erst über 500 Jahre später hat Kreta nach dem Rückzug der Türken (1898) für kurze Zeit seine Unabhängigkeit erlangt. Die Stadt Georgioupolis (Georgsstadt) erhielt in dieser Zeit ihren Namen in Verbindung mit der Ernennung des deutschstämmigen Prinzen Georg, der von 1898 bis 1906 Hochkommissar (Gouverneur) von Kreta war. Längst war zu dieser Zeit neugriechisch die Sprache des Volkes geworden. 1913 erfolgte der Anschluss Kretas an Griechenland.

Ortsnamen (antiken Ursprungs)

aus vorgriechischer, griechischer und römischer Zeit

Acharna (Archánes), Aeros, Albe, Anopolis (Hochebene in der Sfakia, = Oberstadt), Apesokari, Aptera, Apoudoulu, Appollania, Araden, Arbis, Arkades (b. Aphrati), Asos, Astale, Bene, Biannos, Chamaizi, Chersonesos, Dragmos, Dreros, Einatos, Elyros, Glenos, Gortyn, Istron, Itanos, Kantanos, Knosos, Kommos, Kydonia, Lappa, Lato, Lissos, Lykatos, Milatos, Oleros, Olous, Phaistos, Phalas(s)arna, Polyrrhenia, Prianos, Pronos, Rhaukos, Setaia, Strenos, Tanos, Tylissos, Vathypetro, Zominthos

Sonstige Ortsnamen

  • Agii Deka = Die hl. Zehn (Bischöfe): Der Name ist religiösen Ursprungs
  • Agia Galini = Wind-/Meeresstille
  • Ammoudara = Sandstrand
  • Anemospilia = Windhöhlen
  • Arkalohori = Dorf der Dachse
  • Armeni (Armenoi) weist auf Besiedlung durch Armenier hin (um 961)

Weitere Namen

Berge, Höhlen, Nekropole, Regionen, Schluchten, Strände

Literatur

  • Helbig, Hugo: De dialecto Cretica. Plauen 1873
  • Hey, Gustavus: De dialecto Cretica. Leipzig 1908 (Diss.)
  • Kieckers, Friedrich Ernst: Die lokalen Verschiedenheiten im Dialekt Kretas. Marburg 1908 (Diss.)
  • Matz, Friedrich (Hg): Forschungen auf Kreta (1942). Berlin 1951

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