Arbeiterschutz

Arbeiterschutz

Arbeiterschutz (protection of labour; protection du travail; protezione del lavoro).


I. Einleitung. II. Fabrikarbeit. III. Gegenstand des Arbeiterschutzes. IV. Die einzelnen Staaten: a) Deutschland, b) Österreich, c) Schweiz, d) Frankreich, e) England, f) Belgien, g) Niederlande, h) Italien, t) Dänemark, k) Schweden, l) Norwegen, m) Rußland, n) Vereinigte Staaten, o) Australien.


I. Durch den Übergang vom Einzel- und Werkstattbetrieb zum Großbetrieb erfuhr die Industrie im Laufe des 19. Jahrhunderts eine grundlegende Umwälzung. Die Einführung der Maschinen, weitgehende Arbeitsteilung und die Häufung von Arbeitskräften in den Fabriken veränderte auch das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer von Grund aus. Sie wurden einander fremd. Nach der damals herrschenden Doktrin von Adam Smith wurde auch das Arbeitsverhältnis lediglich nach den Regeln von Angebot und Nachfrage behandelt. Das Bestreben, die Erzeugnisse der Industrie so billig als möglich zum Wettbewerb herzustellen, führte dazu, auch die Arbeitskraft so billig als möglich einkaufen zu wollen, gleichgültig, wie und wo sie sich bot. Maschinenbetrieb und ausgedehnteste Arbeitsteilung setzten die Anforderungen an Wissen und Können der Arbeiter immer mehr herab und so bot sich denn auch für Ungelernte und für die billige Arbeitskraft der Frauen und Kinder reichliche Verwendungsmöglichkeit. Die Schäden, die die Ausnutzung der menschlichen Arbeitskraft bei dem ungezügelten Schalten des freien Wettbewerbs mit sich brachte, konnten nicht unbemerkt bleiben und führten zu gesetzlichen Schutzmaßregeln, die je nach den industriellen Verhältnissen der verschiedenen Länder sich verschieden gestalteten und entwickelten.

Als A. ist, entsprechend dem Bedürfnis nach seiner Einführung, der besondere Schutz zu verstehen, den der Staat den gewerblichen Arbeitern gegen die aus ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit sowie aus dem Arbeitsverhältnis selbst drohenden Gefahren gewährt. Es fällt deshalb die sog. soziale Gesetzgebung, die sich die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Arbeiter zum Ziel gesetzt hat, wie Fürsorge bei Krankheit, Unfällen, Invalidität und Alter, Wohnungsfürsorge u. dgl. ebensowenig unter den Begriff des A. im engeren Sinne wie gesetzliche Maßnahmen allgemeiner Natur, wie Beschränkungen der Pfändbarkeit und Abtretbarkeit des Arbeitslohnes.

II. Von den gewerblichen Arbeitern wiederum sind es die Fabrikarbeiter, auf die sich die Arbeiterschutzgesetzgebung in allen Kulturstaaten am ausgedehntesten erstreckt. Was als Fabrik zu betrachten, ist von der Gesetzgebung der verschiedenen Staaten sehr verschieden definiert. Die österr. Gewerbeordnung von 1859 und vom 8. März 1885 rechnen zu den Fabriken alle Betriebe, in denen mehr als 20 Arbeiter beschäftigt werden, während in Italien bereits 10 Arbeiter hierzu genügen. Das schweizerische Gesetz über die Arbeit in den Fabriken vom 23. März 1877 bezeichnet als Fabrik jede industrielle Anstalt, in der gleichzeitig und regelmäßig eine Mehrzahl von Arbeitern außerhalb ihrer Wohnung in geschlossenen Räumen beschäftigt wird. Diese Definition erforderte aber wegen ihrer Unbestimmtheit im Laufe der Zeit eine authentische Interpretation, die durch Verordnung des Bundesrates vom 3. Juni 1891 gegeben wurde und, die Zahl der für den Fabrikbegriff nötigen Arbeiter im allgemeinen auf mehr als 10 und beim Vorliegen gewisser Voraussetzungen, wie Verwendung mechanischer Motoren, Beschäftigung von Personen unter 18 Jahren, Vorhandensein von Gefahren für Leben und Gesundheit auf mehr als 5 Personen festsetzt. Ganz ähnlich wie das schweizerische Gesetz stellt das dänische Gesetz vom 11. April 1901 über die Arbeit in Fabriken und damit gleichgestellten Betrieben den Fabrikbegriff fest. Die deutsche Gewerbeordnung definiert den Fabrikbegriff nicht. Als wesentliche Merkmale ergeben sich aber für den Fabrikbetrieb im Sinne der deutschen Arbeiterschutzgesetzgebung: regelmäßiger Fortgang, größerer Umfang, Be- oder Verarbeitung der Stoffe, in der Regel mechanische Betriebskraft, größere Zahl von Arbeitern, die nicht oder doch der Hauptsache nach nicht zur Familie des Arbeitgebers gehören und in geschlossenen Räumen des Arbeitgebers arbeiten. Der Schutz greift aber über Betriebe, auf die diese Merkmale zutreffen, hinaus und umfaßt auch fabrikähnliche Betriebe, wie Bergwerke, Salinen sowie über Tage betriebene Brüche und Gruben, Hüttenwerke, Zimmerplätze, Werften, Ziegeleien, Werkstätten, die sich mechanischer Motorkräfte bedienen. Auch das englische Fabrik- und Werkstättengesetz vom 27. Mai 1878 gibt keine Definition des Fabrikbegriffs. Das Hauptmerkmal der Fabrik ist hier das Vorhandensein elementarer Triebkraft. In Frankreich liegt die Sache ähnlich. Durch Ministerialerlaß vom 25. Nov. 1885 ist der bereits in dem Ges. v. 9. Septbr. 1848 über den Maximalarbeitstag in Fabriken (manufactures et usines) vorkommende Fabrikbegriff dahin ausgelegt, daß als fabrikmäßige Betriebe alle Betriebe mit mechanischem Motor oder ständigem Feuer oder mit mehr als 20 in der Werkstätte vereinigten Arbeitern anzusehen sind. Besonders weit dehnt die Gesetzgebung der australischen Staaten den Fabrikbegriff aus. Hier genügt dazu schon die Beschäftigung von 2 bis 6 Personen. Wenngleich der Fabrikbetrieb historisch den Ausgangspunkt für die Arbeiterschutzgesetzgebung bildet und auch in ihm die Schutzmaßregeln am ausgedehntesten sind, so sind diese doch fast überall auf fabrikähnliche Betriebe, bei denen es an dem einen oder andern Begriffsmerkmal fehlt, wie Bergwerke, Werkstätten u. dgl. ausgedehnt, je nachdem die Arbeitsverhältnisse sich denen in den Fabriken ähnlich gestalten und demnach ähnliche Schutzmaßregeln erheischen.

III. Die vorkommenden Schutzbestimmungen erstrecken sich auf das Lebensalter und Geschlecht, die Arbeitsbedingungen und die Lohnzahlung, die Arbeitshygiene und den Gefahrenschutz sowie auf die Arbeits- und Ruhezeiten.

1. Kinder. Gegen die Heranziehung der Kinder zu gewerblicher Arbeit hat die Gesetzgebung am frühesten und umfassendsten eingegriffen; sie ist in fast allen Kulturstaaten verboten. Im allgemeinen ist die Altersgrenze, unter der die Beschäftigung überhaupt verboten ist, das 12. bis 14. Lebensjahr. Jüngere als 12jährige Kinder dürfen unter gewissen Bedingungen nur in Ungarn (10 Jahre), in Schweden (11 Jahre), in Spanien (10 Jahre), in Italien (9 Jahre) und in Ostindien (9 Jahre), beschäftigt werden. Im einzelnen bestehen noch eine Reihe verschiedenartiger Beschränkungen für die Beschäftigung von Kindern, die das gesetzliche Mindestalter zwar überschritten, aber ein gewisses Lebensalter – im allgemeinen das 14. Jahr – noch nicht erreicht haben. Die wesentlichste Einschränkung ist das Verbot, solche Kinder über eine gewisse tägliche Arbeitszeit (meist 6–8 Stunden) hinaus zu beschäftigen.

2. Jugendliche. Als jugendliche Arbeiter gelten im allgemeinen Personen zwischen 14 und 16, vereinzelt auch 18 Jahren. Bei ihnen erstreckt sich der Schutz auf Festsetzung einer täglichen Maximalarbeitszeit, größtenteils Verbot der Sonntagsarbeit, der Nachtarbeit und zum Teil Verbot zur Verrichtung gewisser gesundheitsschädlicher Arbeiten. Meist ist für ihre tägliche Arbeitszeit die Grenze von 10 bis 11 Stunden gezogen. Erheblich weiter geht nur die australische Gesetzgebung, die auf 9, 8, ja selbst 5 Stunden Arbeitszeit heruntergeht. Mehrfach ist der Schutz der weiblichen Jugendlichen, sowohl was Begrenzung des Jugendlichenalters als auch Umfang der Beschränkungen anlangt, gegenüber dem der männlichen Jugendlichen verstärkt.

3. Weibliche Arbeiter über 18 Jahre. Durch Verbot der Sonntagsarbeit und der Nachtarbeit, Festsetzung eines Maximalarbeitstages und Verbot ihrer Verwendung zu gewissen Arbeiten, insbesondere von Arbeiten unter Tage, sind sie in den meisten Kulturstaaten ähnlich geschützt wie die Jugendlichen, doch ist im allgemeinen der Schutz weniger intensiv. Daneben genießen die Wöchnerinnen noch den Schutz des Arbeitsverbots nach der Entbindung. In der Regel erstreckt es sich auf 4 Wochen. Etwas weiter gehen Deutschland, wo die Frau auch in den folgenden beiden Wochen nur zur Arbeit herangezogen werden darf, wenn der Arzt es für zulässig erklärt, Norwegen, wo das Arbeitsverbot 6 Wochen dauert, aber für die letzten beiden Wochen durch den Arzt Dispens erteilt werden kann. Am weitesten geht die Schweiz, wo die Wöchnerinnen 8 Wochen, von denen mindestens 6 in die Zeit nach der Entbindung fallen müssen, arbeitsfrei sind.

4. Arbeitsbedingungen. Hier zeigt sich eine wesentliche Verschiedenheit in der grundsätzlichen Behandlung des Arbeitsverhältnisses durch gesetzliche Normen und eine große Mannigfaltigkeit in den Einzelheiten. Auf der einen Seite wird jeder Eingriff in die Vertragsfreiheit des Individuums als Beeinträchtigung des Selbstbestimmungsrechts abgelehnt, wie in England und Amerika, auf der andern Seite werden grundlegende Bestimmungen über den Arbeitsvertrag und die Arbeitsbedingungen für nötig erachtet, wie in Deutschland, Österreich, Belgien, den Niederlanden und der Schweiz. Im einzelnen verschieden erstrecken sich diese Bestimmungen auf Arbeitszeit und Auflösung des Arbeitsverhältnisses, Strafen, Folgen der unberechtigten Auflösung des Arbeitsverhältnisses sowie auf den Erlaß von Arbeitsordnungen, d.h. die Aufstellung der für das Arbeitsverhältnis in den einzelnen Betrieben maßgebenden Vertragsbedingungen durch die Unternehmer. Besondere Vorschriften sind vielfach über das Lehrlingswesen getroffen. Auch in den Ländern, wo die Gesetzgebung gewisse Grundsätze über den Arbeitsvertrag aufstellt, bleibt die Vertragsfreiheit im einzelnen unangetastet. Viel weiter geht man in Australien. Hier sind Lohnämter und Schiedsgerichte eingesetzt, denen eine fast unbeschränkte Verfügungsgewalt über die Festsetzung der Arbeitsbedingungen eingeräumt ist, die sie nicht nur in Streitfällen anwenden, sondern auch darüber hinaus auch als allgemeine Regel für das ganze Gewerbe mit verbindlicher Kraft erklären können.

5. Lohnzahlung. An sich zu den Arbeitsbedingungen gehörig, hebt sich die Normierung der Lohnzahlung als fast durchweg in allen Kulturstaaten für notwendig erachtete und ziemlich gleichmäßig geordnete Sicherung des Ertrages der Arbeit besonders ab. Zu diesem Behuf dient die Festsetzung von Löhnungsfristen, das Verbot der Auszahlung in Wirtschaften und die Anordnung der Bezahlung in barem Gelde, bzw. Verbot, Waren in Zahlung zu geben oder zu verlangen, daß der Lohn für bestimmte Waren oder in bestimmten Verkaufsstellen verausgabt werden müsse (Verbot des Trucksystems).

6. Arbeitshygiene und Gefahrenschutz. In den wichtigsten Kulturländern bestehen Normen, die die Abwendung der Ge fahren für Leben und Gesundheit in den Ge werbebetrieben bezwecken. In den Grundsätzen einander sehr ähnlich, weichen sie in den verschiedenen Kulturländern in bezug auf die Spezialisierung mehr oder minder voneinander ab. Teilweise befaßt sich die Gesetzgebung selbst mit eingehenderen Vorschriften, teil weise schafft sie nur Grundlage und Rahmen für die Verwaltungsbehörden übertragene Befugnis zum Erlaß von Einzelbestimmungen. Inhaltlich erstrecken sich die Bestimmungen auf Reinlichkeit, Beschaffenheit der Arbeitsräume, Lüftung, Beleuchtung, Zahl und Beschaffenheit der Aborte, Beseitigung von Schädlichkeiten des Betriebs, wie Beseitigung von Staub, Spänen, schädlichen Ausdünstungen u. dgl. Ferner auf Schutzvorrichtungen an Maschinen, Werkzeugen und mechanischen Kraftanlagen. Endlich greift der A. direkt verbietend oder beschränkend in die Verwendung gewisser gesundheitsschädlicher Stoffe ein. Hier ist das mit Wirkung vom 1. Januar 1911 abgeschlossene Übereinkommen zwischen Deutschland, Dänemark, Frankreich, Italien, Luxemburg, den Niederlanden und der Schweiz zu erwähnen, das die Herstellung giftiger Phosphorzündhölzer verbietet.

7. Arbeits- und Ruhezeit. Für Kinder, Jugendliche und Frauen ist die Arbeitszeit, als eng mit dem besonders ihnen gewährten A. verbunden bereits erörtert. Die Arbeits- und Ruhezeiten für erwachsene Männer sind außer ordentlich mannigfaltig geregelt. Eine Reihe von Staaten, wie Österreich, Frankreich, Schweiz und Rußland, Australien und Neuseeland haben einen allgemeinen Maximalarbeitstag eingeführt, dessen Länge wiederum verschieden bemessen ist. Andere Länder beschränken sich auf die Regelung der Arbeitszeit für einzelne Gewerbe, wobei der Bergbau besonders berücksichtigt zu werden pflegt. Hier gehen dann die Bestimmungen auch mehr ins einzelne. Meist ist diese Einzelregelung von der Gesetzgebung besonderen Ausführungsbehörden über tragen.

Mit der Regelung der Arbeitszeit gehen die Festsetzungen von Ruhezeiten und Ruhetagen Hand in Hand. Eine besondere Behandlung erfährt hierbei die Sonntagsruhe. Die meisten Länder gehen von der Sonntagsruhe als Grundsatz aus, von dem nur für gewisse Gewerbe Ausnahmen zugelassen werden, die wiederum verschiedenen Umfang haben, sei es, daß allgemeiner Sonntagsbetrieb z.B. für Hochöfen gestattet ist, sei es, daß nur an einzelnen Sonntagen oder während einzelner Stunden am Sonntage gearbeitet werden darf, sei es endlich, daß, wie in Frankreich, Italien und Rußland, der Sonntag durch einen Ruhetag in der Woche ersetzt werden darf. Während ein Teil der Länder mit Sonntagsruhe deren Ausdehnung nicht näher bestimmt, finden sich in einem anderen Teil Festsetzungen über den Umfang. So ist in Deutschland, Österreich, Ungarn und Italien die Sonntagsruhe für 24 Stunden, beginnend um 6 Uhr morgens, angeordnet.

8. Gewerbeaufsicht. Zur Kontrolle der Ausführung des A. sind neben den Organen der ordentlichen Polizei fast überall besondere Aufsichtsbeamte bestellt, die Gewerbe-, Fabrik- oder Arbeitsinspektoren genannt werden. Ihnen liegt neben der Kontrolle meist noch ob die Klarstellung aller auf die Lage der gewerblichen Arbeiter sich beziehenden Verhältnisse, sachverständige Beratung der Behörden und vermittelnde Tätigkeit zwischen Arbeitgebern und Arbeitern. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika, wo die Gewerbeaufsicht zur Zuständigkeit der Einzelstaaten gehört, ist sie nur in 12 Staaten eingeführt. Organisation und Wirksamkeit der Gewerbeaufsicht weisen große Verschiedenheiten auf. Besonders gute Resultate sind in England, der Schweiz, Deutschland, Österreich und Australien zu verzeichnen.

In Vorstehendem ist eine in den knappsten Umrissen gehaltene Übersicht über den Inhalt des A. gegeben. Eine solche Beschränkung rechtfertigt sich dadurch, daß der allgemeine A. in dem Schutz der Arbeiter in Fabriken und fabrikähnlichen Betrieben wurzelt und daß der Eisenbahnbetrieb für Kinder und Jugendliche fast gar keine, für Frauen sehr geringe Beschäftigung hat. Als Fabrikbetriebe kommen für die Eisenbahnen nur die sog, Nebenbetriebe, die Werkstätten, Gasanstalten, Schwellentränkungsanstalten u. dgl. in Betracht. Aber auch für diese gelten mehrfach die allgemeinen Schutzbestimmungen nicht.

Nachstehend geben wir eine Übersicht über den Stand der Arbeiterschutzgesetzgebung in den einzelnen Staaten in kurzer Zusammenfassung unter Weglassung der Ordnung der Arbeits- und Ruhezeiten im Eisenbahnbetriebsdienst. Das hierher Gehörige ist in dem Artikel »Dienst- und Ruhezeit« ausgeführt.

IV. a) In Deutschland, wo die einschlägigen Schutzbestimmungen in der Gewerbeordnung enthalten sind, findet die Gewerbeordnung auf die Eisenbahnen keine Anwendung und die früher streitige Frage, ob die sog. Nebenbetriebe auch unter den Begriff des Eisenbahnbetriebs fallen, ist von höchsten Gerichtshöfen in bejahendem Sinne entschieden. Trotzdem beachten die Eisenbahnen freiwillig die Schutzbestimmungen der Gewerbeordnung und lassen sich zum Teil auch die Beaufsichtigung durch die Gewerbeinspektoren gefallen. In Preußen bestehen an gesetzlichen Schutzbestimmungen nur die in dem Gesetz vom 21. Dezember 1846 betr. die beim Bau von Eisenbahnen beschäftigten Handarbeiter enthaltenen. Das Gesetz bezweckt indessen nicht nur Schutzbestimmungen zu erlassen, sondern will für eine unter Mitwirkung von Organen der Verwaltungsbehörde sich ordnungsmäßig abwickelnde Durchführung der Arbeiten Vorsorge treffen. Die hier einschlägigen Bestimmungen verbieten die Beschäftigung weiblicher Arbeiter und Jugendlicher unter 17 Jahren, ordnen bei Akkordarbeit die Führung genauer Stückzettel an, deren Einsicht den Beteiligten täglich zusteht, setzen Lohnzahlung spätestens alle 14 Tage fest und verbieten, sie in Wirtshäusern vorzunehmen. Den Aufsichtspersonen ist die Lieferung von Bedürfnissen an die Arbeiter auf Kredit sowie der Betrieb von Schankwirtschaft oder Handel mit Bedürfnissen der Arbeiter untersagt. Abgesehen von Notfällen darf Sonntags nicht gearbeitet werden.

b) In Österreich sind die Eisenbahnen ebenfalls nicht der Gewerbeordnung unterworfen. Hier ist aber durch das Gesetz vom 28. Juli 1902 betr. die Regelung des Arbeitsverhältnisses der bei Regiebauten von Eisenbahnen und in den Hilfsanstalten derselben verwendeten Arbeiter gesetzliche Regelung vorgenommen. Als Hilfsanstalten sind hervorgehoben: 1. Anstalten für die Herstellung und Reparatur der Fahrbetriebsmittel und Betriebseinrichtungen (Werkstätten u. dgl.); 2. Anstalten für die Erzeugung der Bau- und Verbrauchsmaterialien zu Bahnzwecken (Steinbrüche, Schottergruben, Imprägnierungsanstalten, Fahrkartendruckereien, lithographische Ateliers, Schmieden u. dgl.); 3. Beleuchtungsanstalten. Das Gesetz ist in sechs Abschnitte geteilt. I. Allgemeine Bestimmungen, II. Jugendliche Arbeiter und Frauenspersonen, III. Lehrlinge, IV. Übertretungen und Strafen, V. Behörden und Verfahren, VI. Schlußbestimmungen. Die allgemeinen Bestimmungen treffen Fürsorge für die Arbeiter, die sich aus dem allgemeinen Grundsatze ergibt, daß alle Einrichtungen bezüglich der Arbeitsräume, Betriebsvorrichtungen, Maschinen und Gerätschaften herzustellen und zu erhalten sind, die mit Rücksicht auf die Beschaffenheit der Arbeit oder der Arbeitsstätte zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeiter erforderlich sind. Dieser Grundsatz wird durch eine Reihe einzelner Bestimmungen ausgeführt, die sich nicht nur auf die Arbeitsräume selbst, sondern auch auf Verhalten von Trinkwasser, hygienische Aborte, Kleideraufbewahrung, Eßräume, Maßregeln gegen Feuersgefahr, Einrichtung der den Arbeitern überlassenen Wohnungen u. dgl. erstrecken. Sodann findet die Arbeits- und Ruhezeit, Sonn- und Feiertagsruhe eingehende Regelung. Das Gesetz geht von einem Maximalarbeitstag von 11 Stunden aus. Dem Eisenbahnminister ist es vorbehalten, Abweichungen, die durch die Art des Betriebs bedingt sind, zu gestatten, mit der Maßgabe, daß die wöchentliche Arbeitszeit das Sechsfache und bei ununterbrochenen Betrieben das Siebenfache der Maximalarbeitszeit nicht übersteigen darf. Überstunden müssen besonders bezahlt werden. Wo sie in besonderen Fällen nötig werden, sind sie an vorherige Bewilligung der Aufsichtsbehörde gebunden, die aber nur für höchstens 12 Wochen im Jahr und für höchstens 2 Stunden täglich erteilt werden darf. Das Minimum der in die Arbeitszeit einzulegenden Pausen ist auf 11/2 Stunden, davon 1 Stunde fürs Mittagessen, bemessen. Mit Ausnahme gewisser unaufschiebbarer Arbeiten ist allgemeine Sonntagsruhe von 24 Stunden, beginnend 6 Uhr morgens, vorgeschrieben. Durch Anzeige an die Aufsichtsbehörde und genaue Listenführung ist die Beschränkung der unaufschiebbaren Sonntagsarbeit auf das Maß des Notwendigen unter Kontrolle gestellt und durch Verschärfung der Ruhebestimmungen für die Sonntags herangezogenen Arbeiter gegen Überanstrengung Vorsorge getroffen, auch darauf Bedacht genommen, daß den Arbeitern mindestens ein um den andern Sonntag Gelegenheit zum Kirchenbesuch gegeben ist. Über die Vertragsbedingungen, Lohn, Lohnzahlung, Geldstrafen, Kündigung und Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung, Arbeitsbücher, Zeugnisse werden Vorschriften gegeben und der Erlaß von Arbeitsordnungen vorgeschrieben.

Kinder unter 14 Jahren und weibliche Jugendliche unter 16 Jahren dürfen überhaupt nicht, männliche Jugendliche nur als Lehrlinge beschäftigt werden. Für Jugendliche und Frauen ist die Nachtarbeit von 8 Uhr abends bis 6 Uhr früh und für Wöchnerinnen die Heranziehung zur Arbeit für 4 Wochen nach der Entbindung verboten. Über die beschäftigten Jugendlichen ist eine besondere Nachweisung zu führen.

Lehrlinge sind nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung zu behandeln, nur die Aufsicht richtet sich nach den Bestimmungen dieses Gesetzes.

Die Beachtung des Gesetzes ist durch Ordnungsstrafen (Verweis oder Geldstrafe bis zum Betrage eines Monatsgehaltes) gesichert, sofern nicht eine nach allgemeinen Gesetzen strafbare Handlung vorliegt.

Die Überwachung der Durchführung des Gesetzes ist der Generalinspektion der österr. Eisenbahnen übertragen. Sie hat das Recht, die Eisenbahnverwaltungen durch Ordnungsstrafen bis zu 5000 K zur Durchführung des Gesetzes anzuhalten. Den Verwaltungen steht gegen die Entscheidungen der Generalinspektion binnen 14 Tagen der Rekurs an das Eisenbahnministerium offen.

c) In der Schweiz findet auf die Eisenbahnwerkstätten das Bundesgesetz betreffend die Arbeit in den Fabriken vom 23. März 1877 uneingeschränkte Anwendung, u. zw. auch hinsichtlich der Arbeits- und Ruhezeiten, die sich für die übrigen Eisenbahnarbeiter nach dem Gesetz vom 15. Dezember 1902 regeln. Das Fabrikgesetz beschränkt sich in bezug auf Arbeitshygiene und Gefahrenschutz auf die Aufstellung allgemeiner Grundsätze: Arbeitsräume, Maschinen und Werkzeuge sind so herzustellen und zu unterhalten, daß dadurch Gesundheit und Leben der Arbeiter bestmöglich gesichert werden. Namentlich ist für gute Beleuchtung, Staubfreiheit und Ventilation zu sorgen. Bewegte Maschinenteile sind sorgsam einzufriedigen. Errichtung und Eröffnung einer Fabrik unterliegen der Genehmigung der Kantonsregierung, die auch nach der Eröffnung Abstellung von Übelständen verlangen kann. Zur einheitlichen Durchführung dieser Aufsichtsführung ist dem Bundesrat der Erlaß allgemeiner Vorschriften übertragen. Jeder Fabrikbesitzer hat über die Arbeitsordnung, Fabrikpolizei, die Bedingungen des Ein- und Austritts, sowie die Lohnzahlung eine Fabrikordnung zu erlassen. Bußen dürfen hierin nicht über die Hälfte des Tagelohns hinaus festgesetzt werden. Jede Fabrikordnung bedarf der Genehmigung der Kantonsregierung, die erst nach Anhörung der Arbeiter erteilt wird. Die Regierung kann jederzeit eine Revision der Fabrikordnung verfügen. Der Lohn muß in bar in der Fabrik ausgezahlt werden, u. zw. in der Regel spätestens alle zwei Wochen, eine längere Zahlungsfrist als 1 Monat kann auch nicht durch Vereinbarung oder Fabrikordnung bestimmt werden. Der Maximalarbeitstag ist auf 11 – an den Tagen vor Sonn- und Feiertagen auf 10 – Stunden fixiert, die in der Zeit zwischen 6 Uhr – im Juni bis August 5 Uhr – morgens und 8 Uhr abends liegen müssen. Der Bundesrat kann bei gesundheitsschädlichen oder gefährlichen Betrieben die Arbeitszeit generell verkürzen. Verlängert darf sie nur ausnahmsweise und vorübergehend werden. Die Genehmigung dazu ist bis zu 2 Wochen den Bezirks- oder Ortsbehörden, sonst der Kantonsregierung vorbehalten. Eine Mittagspause von mindestens 1 Stunde ist obligatorisch und für die über Mittag in der Fabrik bleibenden Arbeiter sind Speiseräume vorzuhalten, Nachtarbeit ist nur ausnahmsweise und mit Zustimmung der Arbeiter zulässig, sofern die Fabrik nicht ununterbrochenen Betrieb erfordert. Sonntagsarbeit ist mit der gleichen Ausnahme nur in Notfällen gestattet. Mindestens jeder zweite Sonntag muß dem Arbeiter frei bleiben. Frauen dürfen niemals zur Nacht- oder Sonntagsarbeit herangezogen werden. Wöchnerinnen dürfen für 8 Wochen, davon mindestens 6 Wochen nach der Entbindung, nicht beschäftigt werden. Der Bundesrat kann für bestimmte Fabrikationszweige die Beschäftigung schwangerer Frauen ganz verbieten. Frauen dürfen zur Reinigung im Gange befindlicher Maschinen nicht verwendet werden. Kinder unter 14 Jahren sind von der Arbeit ausgeschlossen. Bis zum 16. Lebensjahre darf Arbeit, Schul- und Religionsunterricht zusammen 11 Stunden täglich nicht übersteigen. Bis zum 18. Jahre ist Sonntags- und Nachtarbeit verboten. Ausnahmen sind dem Bundesrat vorbehalten. Die Kontrolle über die Durchführung des Gesetzes liegt dem Bundesrat ob, der dazu Inspektoren einsetzt. Zuwiderhandlungen sind mit Geldbußen bis zu 500 Franken, im Wiederholungsfall wahlweise auch mit Gefängnis bis zu 3 Monaten bedroht.

d) In Frankreich sind die Bestimmungen betr. den Arbeiterschutz nicht einheitlich kodifiziert, sondern in einer Reihe verschiedener Gesetze niedergelegt, von denen zu nennen sind: 1. das Gesetz vom 2. November 1892 über die Arbeit der Kinder, minderjährigen Mädchen und Frauen in den industriellen Betrieben, abgeändert durch Gesetz vom 30. März 1900. Hiernach ist die Beschäftigung von Kindern unter 13 Jahren untersagt. Jugendliche unter 18 Jahren und Frauen dürfen nur 10 Stunden arbeiten und zur Nachtarbeit von 9 Uhr abends bis 5 Uhr morgens nicht herangezogen werden. 2. Das Gesetz vom 12. Juni 1893 über Gesundheitsschutz und Sicherung der Arbeiter in den industriellen Betrieben, modifiziert durch das Gesetz vom 11. Juli 1903. Auf Grund dieser Gesetze sind durch ministerielles Dekret vom 29. November 1904 eine Reihe von Bestimmungen über Reinlichkeit und Lüftung der Arbeitsräume, Beseitigung von Staub und schädlichen Gasen, Schutzvorrichtungen an Maschinen, Schaffung von Waschgelegenheit und Speiseräumen u.s.w. erlassen. 3. Das Gesetz vom 13. Juli 1906 über die Gewährung von Ruhetagen, das von dem Grundsatz der Sonntagsruhe ausgeht, indessen Abweichungen und Ausnahmen zuläßt. 4. Das Gesetz vom 9. September 1848, das den 12stündigen Maximalarbeitstag in Fabriken vorschreibt, aber ebenfalls Ausnahmen gestattet. Den beiden letzteren Gesetzen unterliegen die Angestellten der Eisenbahn nicht. 5. Die Gewerbeaufsicht ist durch das zu 1 genannte Gesetz vom 2. November 1892 besonderen Arbeitsinspektoren übertragen.

e) In England ist der A. zusammengefaßt in dem Fabrik- und Werkstattsgesetz vom Jahre 1901 mit einem Nachtrag vom 9. August 1907 (betr. Frauennachtarbeit). Es gibt sehr eingehende Vorschriften für die Gesundheitsfürsorge (Reinlichkeit, saubere Erhaltung der Räume, Ventilation, Beseitigung von Staub, Dünsten und Oasen, Mindestluftraum auf den Kopf, Temperatur, Lufterneuerung), über Sicherheitsmaßnahmen gegen Betriebsgefahren, über die Beschäftigung von Kindern, Jugendlichen und Frauen (Verbot der Beschäftigung von Kindern unter 12 Jahren, Maximalarbeitszeiten für Kinder, Jugendliche unter 16 Jahren und Frauen – meist 12 Stunden mit 2 Stunden Pause – Einschränkung der Sonntagsarbeit), über die Kontrolle der Stücklohnberechnung. Daneben finden sich eine Reihe Sondervorschriften für gefährliche und gesundheitsschädliche Betriebe, Heimarbeit und Ladengeschäfte. Neben diesem allgemeinen auch für die Eisenbahnwerkstätten maßgebenden Gesetz besteht ein besonderes Gesetz vom Jahre 1900, der Railway employment act, das dem Handels amt die Befugnis verleiht, Maßnahmen gegen über den Gefahren des eigentlichen Eisenbahndienstes zu treffen, in dessen Ausführung im Jahre 1902 eine Reihe von Regeln er lassen sind.

f) In Belgien ist der A. ähnlich wie in Frankreich in einer Anzahl selbständiger Ge setze durchgeführt. 1. Das Gesetz vom 13. Dezember 1889 über den Schutz der Arbeiterinnen unter 21 Jahren und der jugendlichen Arbeiter verbietet die Beschäftigung von Kindern unter 12 Jahren in gefährlichen und ungesunden Betrieben, überläßt königlicher Verordnung die Untersagung oder Beschränkung der Beschäftigung männlicher Jugendlicher unter 16 und weiblicher unter 21 Jahren in ungesunden Betrieben (kön. Verordn. v. 19. Februar 1895 mit Änderungen und Ergänzungen vom 5. August 1895, 15. April 1898, 31. März 1903 und 20. November 1906, Bulletin des internationalen Arbeitsamtes 1906, S. 407, 415) und untersagt die Arbeit von Wöchnerinnen innerhalb 4 Wochen nach der Niederkunft, setzt die Arbeitszeit auf höchstens 12 Stunden fest mit der Maßgabe, daß sie durch kön. Verordnung im einzelnen noch weiter eingeschränkt werden kann und verbietet den Ge schützten im allgemeinen die Sonntagsarbeit. 2. Das Sonntagsarbeitsgesetz vom 17. Juli 1905 schränkt die Sonntagsarbeit ein. Der Sonntag soll im allgemeinen Ruhetag sein. 3. Das Gesetz vom 2. Juli 1899 über die Sicherstellung des Lebens und der Gesundheit der Arbeiter ermächtigt die Regierung, nach Anhörung gewisser Behörden für industrielle und Handelsbetriebe Maßnahmen für die Sicherheit und Hygiene der Angestellten vorzuschreiben. Auf Grund dieses Gesetzes sind die Verordnungen vom 21. September 1894 und vom 30. März 1905 erlassen, die ähnlich wie in anderen Ländern eine große Zahl von Vorschriften enthalten. 4. Das Gesetz vom 15. Juli 1896 ordnet die Erlassung von Arbeitsordnungen in Betrieben mit mindestens 5 Arbeitern an und gibt für deren Aufstellung eine Reihe von Vorschriften. 5. Das Gesetz vom 16. August 1887 regelt die Lohnzahlung (Zahlung in gangbarer Münze, mindestens zweimal im Monat, Aufstellung von Akkordzetteln bei Stückarbeit). In Ergänzung hierzu bestimmt ein Gesetz vom 17. Juni 1896, daß der Arbeiter jederzeit berechtigt ist, seine Arbeit durch Messen, Wägen, Zählen u. dgl. festzustellen, damit er über den von ihm verdienten Lohn selbst urteilen kann. Ferner ist hier zu nennen das Gesetz vom 18. Juni 1887, welches das Trucksystem verbietet und Bestimmungen gegen Abzüge vom Lohn, Aufrechnung und Beschlagnahme enthält. 6. Für die Beaufsichtigung des A. ist durch kön. Verordnung vom 22. Oktober 1895 (abgeändert 20. Februar 1899) ein Inspektionsdienst eingesetzt.

g) In den Niederlanden erstreckt sich der besondere A. auf die Jugendlichen und auf die Sicherheit in Werkstätten. 1. Das Gesetz vom 5. Mai 1889 zur Verhütung übermäßiger und gefährlicher Arbeit von jugendlichen Arbeitern und Arbeiterinnen verbietet die Beschäftigung von Kindern unter 12 Jahren, von Wöchnerinnen innerhalb 4 Wochen nach der Entbindung, verbietet die Nachtarbeit Jugendlicher unter 16 Jahren (von 7–5 Uhr) und setzt für sie einen Maximalarbeitstag von 11 Stunden fest. Außerdem können für Jugendliche wie Frauen schwere und gesundheitsschädliche Beschäftigung untersagt werden. Hiervon ist durch kön. Verordnung vom 13. Juli 1906 in gewissem Umfange durch Sondervorschriften Gebrauch gemacht. 2. Ein Gesetz betreffend die Sicherstellung von Leben und Gesundheit in Fabriken und Werkstätten vom 20. Juli 1895 weist kön. Verordnung den Erlaß von Vorschriften über den ganzen Kreis der unter den Allgemeinbegriff des Gesetzes fallenden Gegenstände zu. Dementsprechend sind durch kön. Verordnung vom 7. Dez. 1896 (abgeändert 16. März 1903) sehr eingehende Vorschriften erlassen. 3. Bestimmungen über die Arbeitsordnung und Lohnzahlung sind in das Bürgerliche Gesetzbuch bei den Art. 1637 und 1638 eingearbeitet. Auch in den Niederlanden ist die Überwachung des A. Arbeitsinspektoren übertragen. 4. Eine besondere auf gesetzlicher Grundlage beruhende Fürsorge ist in den Niederlanden dem Eisenbahnpersonal zugewandt. Auf Grund der Bestimmung des Eisenbahngesetzes vom 9. April 1875, daß die Regierung eine allgemeine Regierungsmaßregel zu erlassen hat, die den Eisenbahnen Maßnahmen zur Schaffung eines sicheren Verkehrs vorschreibt, ist durch kön. Verordnungen vom 9. Februar und 17. April 1899 die Arbeitszeit des Personals geregelt und durch solche vom 7. April 1903, 15. Juli 1905 und 29. Juli 1907 die Erlassung von Arbeitsordnungen vorgeschrieben, für deren Inhalt detaillierte Normen aufgestellt sind. Auf die Arbeitszeit gehen wir hier nicht näher ein (s.d. Artikel »Dienst und Ruhezeit«). Über das durch Arbeitsordnung zu regelnde Arbeitsverhältnis enthalten die Verordnungen obligatorische Vorschriften. Durch die Arbeitsordnung müssen Arbeiterausschüsse, getrennt nach Dienstgruppen, eingerichtet und das Nähere über ihre Wirksamkeit bestimmt werden. Ferner muß sie Schiedsgerichte einsetzen, die endgültig über Rechtmäßigkeit und Billigkeit von Ordnungsstrafen, mit Ausnahme von solchen wegen Gefährdung der Betriebssicherheit, entscheiden. Das Schiedsgericht besteht aus 5 Richtern, von denen 2 die Verwaltung, 2 der Gestrafte bestimmt, während der fünfte als Obmann von jenen vieren einstimmig gewählt oder bei Nichteinigung vom Minister ernannt wird. Es hat auch bei Entlassung von Angestellten, die nur mit 2–4wöchiger Frist, gegebenenfalls unter Zahlung einer billigen Vergütung zulässig ist, auf Antrag zu entscheiden, ob die Entlassung ehrenvoll ist, ob dem Entlassenen eine Vergütung und bejahendenfalls in welcher Höhe – innerhalb der in der Arbeitsordnung bestimmten Grenze – zu zahlen ist. Die Arbeitsordnung, die im übrigen auch über Annahme und Auflösung des Dienstverhältnisses sowie über die Lohnzahlung Bestimmungen enthalten muß, unterliegt, ministerieller Genehmigung und ist alle 5 Jahre zu erneuern. Der Minister ist nicht nur zur Versagung der Genehmigung, sondern auch zur selbständigen Festsetzung der Arbeitsordnung befugt.

h) In Italien beschränkt sich der A. in der Industrie auf Kinder, Jugendliche und Frauen sowie auf die Einführung eines wöchentlichen Ruhetages. 1. Die Gesetze vom 19. Juni 1902 und 7. Juli 1907 verbieten die Beschäftigung von Kindern unter 12 Jahren, ferner bei gefährlichen, anstrengenden oder ungesunden Arbeiten die Beschäftigung männlicher unter 15 und weiblicher Arbeiter unter 21 Jahren, untersagen die Nachtarbeit (8–6, im Sommer 9–5 Uhr) allen Frauen unter Zulassung von Ausnahmen und männlichen Arbeitern unter 15 Jahren, setzen für letztere den Maximalarbeitstag auf 11, für Frauen auf 12 Stunden fest und geben in Betreff der Arbeitsräume, Schlaf- und Speisezimmer bei Beschäftigung von Frauen und Jugendlichen Vorschriften im Interesse der Hygiene, Sicherheit und Sittlichkeit. 2. Das Gesetz vom 7. Juli 1907, das auch für die öffentlichen Eisenbahnen und Straßenbahnen Geltung hat, ordnet einen wöchentlichen Ruhetag von 24 Stunden an, der in der Regel auf den Sonntag fallen soll. Ausnahmen sind nach verschiedenen Richtungen hin gestattet.

i) In Dänemark enthält das Gesetz vom 11. April 1901 über die Arbeit in Fabriken und damit gleichgestellten Betrieben sowie über deren staatliche Aufsicht einige wenige Schutzbestimmungen für Jugendliche und das Verbot der Beschäftigung von Wöchnerinnen innerhalb 4 Wochen nach der Niederkunft. Arbeit von Kindern unter 12 Jahren ist verboten. Schulpflichtige ältere Kinder dürfen nur 6 Stunden arbeiten. Nacht- und Sonntagsarbeit ist ihnen verboten. Für Jugendliche von 14–18 Jahren ist eine Höchstarbeitszeit von 10 Stunden festgesetzt und Nachtarbeit (8–6 Uhr) verboten. Hierneben besteht nur noch das Gesetz vom 12. April 1889 zur Verhütung von Unfällen im Maschinenbetrieb. Es gibt Vorschriften über Anlegung maschineller Anlagen und von Vorrichtungen gegen Betriebsgefährdungen und verbietet oder beschränkt die Verwendung Jugendlicher unter 16 Jahren und von Frauen zu gefährlichen Arbeiten. Die Aufsicht führen Arbeits- und Fabrikinspektoren.

k) In Schweden regelt das Gesetz vom 17. Oktober 1900 den Schutz der Kinder, Jugendlichen und Frauen ähnlich wie in Dänemark. Im einzelnen kommen kleine Abweichungen vor. So umfaßt die Jugendlichen das Alter vom 13.–18. Jahr und die Nachtzeit rechnet von 7–6 Uhr. Daneben ist noch die gewerbliche Sonntagsarbeit von 6 Uhr früh bis 9 Uhr abends untersagt. Die Unfallverhütung in Fabriken ist durch das Gesetz vom 10. Mai 1889 hinsichtlich der technischen Vorschriften ganz wie in Dänemark geordnet, dagegen fehlen einerseits Vorschriften über die Verwendung von Jugendlichen und Frauen, anderseits sind noch Anordnungen hygienischer Natur über Lüftung, Beleuchtung, Staubbeseitigung u. dgl. aufgenommen. Fabrikinspektoren überwachen die Durchführung der Gesetze.

l) In Norwegen ist der Arbeiterschutz in ein Gesetz zusammengefaßt, das Gesetz vom 27. Juni 1892 über die Aufsicht der Arbeit in Fabriken. Es ordnet Schutz gegen die Gefahren des Betriebs durch Unfall und gegen Schädlichkeiten in hygienischer Beziehung ähnlich wie das schwedische Gesetz. Bezüglich des Kinderschutzes geht es aber weiter, indem die Beschäftigung von Kindern unter 14 Jahren in der Regel verboten und nur ausnahmsweise diejenige von 12–14jährigen Kindern nach ärztlicher Untersuchung mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde zu leichteren Arbeiten auf täglich 6 Stunden zugelassen wird. Jugendliche von 14–18 Jahren sollen nicht mehr als 10 Stunden arbeiten. Nachtarbeit (8–6 Uhr) und Bedienung gefährlicher Maschinen ist ihnen untersagt. Wöchnerinnen genießen für 6 Wochen nach der Niederkunft den Schutz des Arbeitsverbotes und dürfen nur auf ärztliche Erlaubnis hin nach Verlauf der 4. Woche zur Arbeit zugelassen werden. Die Vorschriften über Sonntagsruhe gehen ziemlich weit. Sie hat von 6 Uhr abends am Tage vor den Sonn- und Feiertagen bis 10 Uhr abends am Sonntage oder dem letzten Feiertage zu dauern. Ist dies nicht möglich, so ist mindestens alle 14 Tage die Ruhe zu gewähren. Endlich stellt das Gesetz noch Normen über den Arbeitsvertrag auf, von denen neben der Lohnzahlung in gangbarer Münze die obligatorische Aufstellung einer Arbeitsordnung für Betriebe mit über 25 Arbeitern hervorzuheben ist. Nach obligatorischer Anhörung einer Vertretung der Arbeiter unterliegt sie der Begutachtung des Fabrikinspektors und der Genehmigung der Regierung. Die Fabrikaufsicht führen Fabrikinspektoren, denen von kommunalen Gesundheitsausschüssen gewählte Inspektionskomitees zur Seite stehen.

m) In Rußland sind als wichtigste Gesetze zum Schutz der Fabrikarbeiter zu nennen das Gesetz vom 1. Juni 1882 über die Arbeit Minderjähriger, das vom 3. Juni 1885 über die Arbeit von Frauen und Jugendlichen in gewissen Industriezweigen, das vom 3. Juni 1886 über die Bedingungen des Arbeitsvertrages und vom 2. Juni 1897 über den Maximalarbeitstag. Die Beschäftigung von Kindern unter 12 Jahren ist verboten. Solche von 12 bis 15 Jahren werden als Minderjährige bezeichnet und genießen den Schutz des Ausschlusses von Sonntags- und Nachtarbeit, auch dürfen sie nur 8 Stunden täglich beschäftigt werden. Jugendliche (15–17 Jahre) und Frauen sollen keine Nachtarbeit leisten (9–5 Uhr), im übrigen genießen sie keinen andern Schutz als den allen Arbeitern durch Festsetzung des Maximalarbeitstages von 111/2 Stunden, bzw. von 10 Stunden an den Samstagen und Vorfeiertagen gewährten. Von diesen Arbeiterschutzregeln ist aber eine große Menge von Ausnahmen zulässig, die entweder durch Regulative allgemein festgesetzt oder der Entscheidung der Verwaltungsbehörden im Einzelfall überlassen sind. Das Gesetz über den Arbeitsvertrag vom 3. Juni 1886 stellt Normen über Annahme und Entlassung oder Kündigung auf und verbreitet sich insbesondere über die pekuniäre Seite des Arbeitsvertrages (Lohnzahlung in baar und ohne Abzüge, Abrechnungsbuch für Akkordarbeit, bestimmte Zahlungsfristen, Verbot der Zinsberechnung für Darlehen und Vorschüsse, keine Lohnabzüge für ärztliche Hilfe, Beleuchtung der Werkstätte und Benutzung der Werkzeuge, Bestimmungen über Geldstrafen). Die Kontrolle über die Ausführung der Fabrikgesetze ist Fabrikinspektoren übertragen. Diese Gesetze gelten nur im europäischen Rußland.

n) In den Vereinigten Staaten von Nordamerika ist der A. Sache der Einzelstaaten. Von dem Grundsatz ausgehend, daß es einen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht des Individuums bedeuten würde, wollte man für erwachsene Männer irgend welche Bindungsvorschriften geben, erstrecken sich die Schutzbestimmungen nur auf Kinder, Jugendliche und im beschränkten Umfange auch auf Frauen. Kinderarbeit ist in der Industrie fast durchweg verboten. Die Grenze des Kindesalters ist teils auf das 12., teils auf das 14. Lebensjahr festgesetzt. Für Jugendliche überwiegend und in einer geringeren Zahl von Staaten auch für Frauen bestehen tägliche oder wöchentliche Maximalarbeitszeiten, die meist auf 10 Stunden täglich festgesetzt sind. Die Altersgrenze für Jugendliche ist meist das 16., teilweise das 18. Lebensjahr. Die Nachtarbeit ist etwa in der Hälfte der Staaten für Jugendliche und in einigen wenigen für Frauen verboten. Maßnahmen gegen die Betriebsgefahren und gegen gesundheitsschädliche Arbeitsverhältnisse sind nur sporadisch und auch hier nicht allgemein, sondern individuell getroffen. In bezug auf die Sicherung des Arbeitslohnes bestehen durchweg Bestimmungen, die das Trucksystem verbieten oder doch dessen nachteilige Folgen abwenden wollen. Daneben sind meist Vorschriften über die Lohnzahlungstermine erlassen. Für die Kontrolle über Durchführung der Schutzbestimmungen sind nur in einem Teil der Staaten besondere Inspektoren eingesetzt.

o) In Australien ist der Arbeiterschutz ganz besonders intensiv gestaltet, indem hier abweichend von allen übrigen Ländern die Vertragsfreiheit durch staatliche Festsetzung von Löhnen, Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen entweder unmittelbar durch Gesetz oder durch die Anordnungen der Lohnämter oder die Sprüche der Schiedsgerichte beschränkt ist. Die Verfassung des australischen Staatenbundes überweist der gemeinsamen Gesetzgebung aus dem Gebiet des A. nur das Einigungs- und Schiedswesen, sofern die Streitigkeiten sich über Gebiete mehrerer Bundesstaaten erstrecken. Darnach fällt der A. der Hauptsache nach in die Zuständigkeit der Einzelstaaten: Queensland, Neusüdwales, Viktoria, Südaustralien, Westaustralien und Tasmania. Am wenigsten entwickelt ist die Schutzgesetzgebung in Tasmania, wo sie sich auf Verbot der Kinderarbeit in Fabriken (Kindesalter bis 13. Jahr), Arbeitsbeschränkung der Jugendlichen (bis zum 18. Jahr) und Frauen (10 Stunden) und einige hygienische Vorschriften für die Einrichtung der Fabriken beschränken. Weit ausgebildeter ist die Gesetzgebung in den übrigen Staaten, weil hier außer weitergehenden Bestimmungen zum Schutz der Frauen und Jugendlichen sowie über die Abwendung von Gefahren für Leben und Gesundheit bei der Arbeit durch die Einrichtung von Lohnämtern und Schiedsgerichten eine zwingende Einwirkung auf alle Erscheinungsformen des Arbeitsverhältnisses geübt werden kann.

Am vollkommensten von allen australischen Kolonien ist der A. in Neu-Seeland ausgebildet. Hier greift der Staat durch Einschränkung der Arbeitszeiten, Festsetzung von Mindestlöhnen und Regelung der Überstunden und ihre Bezahlung neben dem Schiedsverfahren tief in die Vertragsfreiheit der Individuen ein.

Literatur: Umfassende Literaturangaben finden sich in dem Artikel »Arbeiterschutzgesetzgebung« im Handwörterbuch der Staatswissenschaft von Conrad, Lexis, Elster und Loening.

Leese.


http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.

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