Schienenprüfung

Schienenprüfung

Schienenprüfung (tests for rails, railtests; epreuves des rails). Man unterscheidet: 1. Prüfung neuer Schienen aus Anlaß von Übernahmen; 2. Laboratoriumsversuche, die wissenschaftlichen Zwecken dienen, insbesondere der Aufklärung der Ursachen von Schienenbrliehen und starken Schienenverschleißes

1. Prüfung der Schienen bei der Übernahme. Diese wird fast ausnahmslos in den Hüttenwerken durch Beamte der Bahnverwaltungen auf Grund von vereinbarten Lieferungsbedingungen vorgenommen, wobei die erforderlichen Versuchskörper einzelnen Walzstücken anläßlich deren Teilung zu Schienen oder diesen nach ihrer Fertigstellung entnommen werden. Sie zerfällt in die Prüfung der äußeren Beschaffenheit und jene der Materialgüte. Erstere betrifft die Fehlerfreiheit der Schienen in bezug auf Risse, Lunker, Überlappungen, Schuppen u. dgl., ferner hinsichtlich der richtigen Lage der Schnittflächen, der Genauigkeit des Querschnitts, der Richtung, Länge und Lochung sowie des Gewichts. Bei einzelnen dieser Punkte gestehen die Eisenbahnverwaltungen den Erzeugern einen gewissen Spielraum zu, z.B. in der Länge ± 2–3 mm, ferner in der Querschnittshöhe, Kopfbreite und Stegstärke ± 0∙5 mm, in der Fußbreite ± 1∙0 mm, im Gewicht 2% unter und 3% über dem Normale. Das Gewicht wird in der Regel durch Abwage von 5% der Schienen, aus dem daraus ermittelten Durchschnittbestimmt. Zur Feststellung der Materialgüte der Schienen werden die chemische Zusammensetzung des Stahls, sein Gefügeaufbau und seine mechanischen Eigenschaften ermittelt. Die chemische Prüfung erstreckt sich auf den Gehalt des Stahls an Gesamtkohlenstoff, Mangan, Silizium, Phosphor und Schwefel. Die Analysen werden in der Regel von Chemikern des Werks vorgenommen und zur Verfügung des Übernahmsbeamten gestellt. Sie sind Durchschnittsanalysen, demnach unbeeinflußt von der Entmischung (Seigerung), die in der Gußpfanne und beim Erstarren des Stahls in den Gußformen vor sich geht. Die Bohrspäne werden einem kleinen Block entnommen, der nach dem Abguß der ersten Hälfte der Schmelzung gegossen wird. Der Gefügeaufbau ist an den Flächen von Querbrüchen festzustellen und umfaßt die Fehlerfreiheit des Stahls hinsichtlich Lunker, Risse, Überlappungen u. dgl. Weiters wird ein feines, dichtes und gleichmäßiges Korn verlangt. Dies ist jedoch nicht in dem Sinne aufzufassen, daß die ganze Bruchfläche gleich großes Korn aufweisen müsse. Eine solche Forderung wäre schon deswegen unerfüllbar, weil die sehr verschieden dimensionierten Teile des Schienenquerschnitts das Schlußkaliber der Walzen mit Temperaturen verlassen, die oft sehr voneinander abweichen. Manche Eisenbahnverwaltungen hatten zur Erzielung weiterer Aufschlüsse über den Gefügeaufbau auch Ätzversuche vorgeschrieben, doch haben sie sich als ungeeignet für Zwecke des Übernahmsdienstes erwiesen.

Zur Ermittlung der mechanischen Eigenschaften des Schienenstahls werden Belastungs-, Schlagbiege-, Zug- und Kugeldruckversuche, u.zw. vom Übernahmsbeamten selbst auf Versuchsmaschinen vorgenommen, die vom Erzeuger beigestellt werden.

Der Belastungsversuch geschieht derart, daß man auf den Kopf eines Schienenstücks (1∙3 m lang, 1∙0 m Stützenweite) eine ruhende Einzellast wirken läßt, die in der Stützenmitte angreift. Zumeist werden 2 Belastungsstufen vorgeschrieben, deren Höhe vom Trägheitsmoment des Schienenquerschnitts und von der Materialhärte abhängig ist. Dabei wird verlangt, daß das Versuchsstück bei der unteren Belastungsstufe – nach erfolgter Entlastung – keine bleibende Durchbiegung zeigen, bei der oberen nicht brechen darf. In manchen Fällen wird die Ermittlung der Streckgrenze gefordert, was durch wiederholtes Be- und Entlasten bei stufenweise wachsender Belastung erfolgt, oder durch Aufnahme eines Schaubildes. Die Versuche werden auf eigens hierfür gebauten Apparaten vorgenommen, die für Belastungen bis zu 50 und mehr t eingerichtet sind. Manche Zerreißmaschinen sind mit Vorrichtungen ausgestattet, die in einfacher Weise einen raschen Umbau für Belastungsversuche ermöglichen.

Beim Schlagbiegeversuch wird ein Fallgewicht (Bär) von 500, auch 1000 kg auf ein Schienenstück (1∙3 m lang, 1∙0 m Stützenweite) fallen gelassen. Es trifft dessen Kopf in der Stützenmitte, wobei weder eine Verletzung, noch ein Bruch eintreten soll. Die Vorschriften sind sehr verschieden, sowohl hinsichtlich der Zahl der Schläge, als auch der Schlagarbeit (Fallgewicht X Hubhöhe). Manche Eisenbahnverwaltungen begnügen sich mit einem Schlag größerer Arbeitsleistung, andere hingegen schreiben noch weitere Schläge von gleicher oder geringerer Leistung vor, etwa 40% des ersten. Hierbei wird die Zahl der Schläge begrenzt (2–3) oder die Erzielung einer vom Schienenquerschnitt abhängigen Durchbiegung vorgeschrieben. In Amerika wird häufig die Erreichung einer 2–6% betragenden Dehnung verlangt, die am Schienenfuß zu messen ist. Die Versuche sind bei Lufttemperaturen von über 0° auszuführen; nur wenige Verwaltungen nehmen auch Frostversuche vor. Das Ergebnis des Schlagversuches ist sehr beeinflußt von der Art der Fundierung des Schlagwerks. In den Bestimmungen des VDEV. und in den Vereinbarungen der Verbände für die Materialprüfungen der Technik, die sich auf den Bau solcher Apparate beziehen, ist daher auch darauf Rücksicht genommen. In Österreich ist das nach diesen Grundsätzen gebaute Schlagwerk System Schmitz fast allgemein gebräuchlich.

Zur Ermittlung der Zugfestigkeit – zumeist auch als Maß für die Materialhärte gebraucht – wird aus der Mitte des Schienenkopfes ein Rundstab kalt herausgearbeitet und auf der Zerreißmaschine geprüft. Die Abb. 202 zeigt die Form und die Abmessungen des Stabes, der vom VDEV. vorgeschrieben ist. Er ist auf 240 mm Länge genau zylindrisch abgedreht und 25 mm stark. Beim Zugversuch werden erhoben: die Streck- und Bruchgrenze in kg/mm2, die Dehnung und die Einschnürung in % der ursprünglichen Länge (200 mm) bzw. des ursprünglichen Querschnitts. Vorgeschrieben wird zumeist nur die Zugfestigkeit, während alle anderen Werte zu Aufklärungszwecken der Bahnverwaltungen dienen.


Die in Österreich und Deutschland gebräuchlichsten Zerreißmaschinen sind: Werder, Nürnberg; Mohr & Federhaff, Mannheim; Amsler Laffon, Schaffhausen; Pfaff, Fernan Wien; Schiller, Donauwerke Wien; Pohlmeyer, Zella; Deutschland, Dortmund; Losenhausen, Düsseldorf; Grafenstaden.


Der Kugeldruckversuch hat die Bestimmung, den Zugversuch teilweise zu ersetzen. Bei Verwendung einer Kugel von 19 mm Durchmesser wird eine Belastung von 10.000 oder 50.000 kg vorgeschrieben, je nachdem die Härtezahl oder die Eindrucktiefe zu ermitteln ist.

Vorschriften für die Übernahme der Schienen. Die europäischen Bahnverwaltungen machen die Übernahme der Schienen zumeist abhängig von der Einhaltung bestimmter Grenzwerte für die mechanischen Eigenschaften des Schienenstahls, stellen nur selten Forderungen chemischer Natur, dann auch nur hinsichtlich weniger Elemente, wie beispielsweise Mangan, und auch nur innerhalb weiter Grenzen. Neben mehr oder weniger strengen Schlagversuchen wird dermalen zumeist eine untere Zugfestigkeit von 60–65 kg/mm2 vorgeschrieben. Größere Festigkeiten bis zu 80 kg/mm2 werden für Doppelkopfschienen und ausnahmsweise auch für Breitfußschienen solcher Gleise verlangt, die starken Abnutzungen unterworfen sind. Auf Belastungsversuche wird wenig Wert gelegt, Kugeldruckversuche werden nur selten verlangt.


Die von der Verwaltung der österreichischen Staatsbahnen im Jahre 1914 neu aufgestellten Lieferungsvorschriften schreiben für Schienen 0∙8 bis 1∙4% Mangan vor, 65 kg/mm2 Mindestzugfestigkeit und einen Schlagversuch bis zur Erreichung einer Mindestdurchbiegung. Die Arbeitsleistung A in mkg für den ersten Schlag wird aus der Formel A = 100 J/e2 berechnet. In dieser ist J in cm4 das Trägheitsmoment bezogen auf die Schwerpunktachse, e in cm der Abstand dieser Achse von der am meisten beanspruchten Faser des Schienenquerschnitts. Auf den ersten Schlag, bei Schienen von 44 kg Metergewicht ist A = 2930 mkg, folgen weitere Schläge mit einer Arbeitsleistung von 0∙4 × A bis zur Erreichung einer Durchbiegung, die, auf 1 m Sehnenlänge gemessen, nach der Formel 60/e in cm berechnet wird und für Schienen mit 44 kg Metergewicht 8∙6 cm beträgt. Zu aufklärenden Zwecken werden noch vorgeschrieben: Biegeversuche mit allmählich ansteigender Belastung, wobei die Streckgrenze zu ermitteln und der Versuch erst dann abzubrechen ist, wenn die Belastung die bei der Streckgrenze erreichte um 30% überschritten hat. Kugeldruckversuche in der schon früher angegebenen Ausführung. Auf je 100 Stück Schienen entfällt ein Schlagversuch, auf je 200 ein Zugversuch und auf je 1600 ein Biege- und ein Kugeldruckversuch. Die Schienenstücke für den Schlagversuch haben abwechselnd dem Kopf- und Fußende eines Walzstücks zu entstammen, für alle anderen Versuche dem Fußende. Die preußisch-hessischen Staatsbahnen schreiben vor: 60 kg/mm2 Mindestzugfestigkeit, eine Schlagarbeit von 1500 mkg mit Wiederholung bis 100 mm Durchbiegung, einen Kugeldruckversuch mit 50.000 kg Belastung, 19 mm Kugeldurchmesser und 3∙5–5∙5 mm Eindrucktiefe. Auf je 200 Stück Schienen entfällt ein Schlagversuch und abwechselnd ein Zug- oder Kugeldruckversuch. Auf die Wahl der Versuchsstücke hinsichtlich ihrer Lage im Walzstück wird kein Einfluß genommen (vgl. Eis. T. d. G. 1914, Bd. V, I. Teil).

Im Gegensatz zu den europäischen Bahnverwaltungen legen die amerikanischen neben einem Schlagversuch (3000–4000 mkg) als einzige mechanische Prüfung das Hauptgewicht auf chemische Vorschriften. Diese betreffen den Gehalt an Kohlenstoff, Mangan, Silizium und Phosphor, sind zumeist eng begrenzt, schwanken mit der Querschnittsgröße der Schienen und entsprechen der Zusammensetzung eines harten Stahls (s. Organ 1913, S. 218).


Bei Aufstellung von Vorschriften für die Lieferung von Schienen ist die Sicherung eines ausreichend zähen und auch harten, d.h. verschleißfesten Stahls anzustreben. Beide Forderungen müssen in einem richtigen gegenseitigen Verhältnis stehen, um bei vollster Sicherheit des Eisenbahnbetriebs auch der Wirtschaftlichkeit gerecht zu werden. Die Erfahrung und der Versuch müssen zum richtigen Weg führen.

Die bei manchen älteren Schienenlieferungen, zumeist aus der ersten Zeit der Stahlschienenerzeugung stammend, in großer Zahl vorgekommenen Brüche haben, solange man für ihr Auftreten keine entsprechende Erklärung fand, sie als Folge einer allgemeinen Brüchigkeit des Stahls ansah, zur Verschärfung des anfänglich nur aus einem Schlag von mäßiger Leistung bestehenden Schlagversuches geführt sowie auch zur Vorschreibung von Mindestmaßen für Dehnung, Einschnürung und Gütezahl beim Zugversuch. Die fortschreitende Erkenntnis hat jedoch zu dem Ergebnis geführt, daß zumeist nur örtliche Brüchigkeit des Stahls, herbeigeführt durch Materialfehler, Verletzung oder Härtung der Schienen u. dgl. zu Schienenbrüchen den Anlaß geben, während sie als Begleiterscheinung allgemeiner Brüchigkeit nur verhältnismäßig selten auftreten. Schienen, die nur mit diesem Mangel behaftet waren, haben sich im Eisenbahnbetrieb oft gut bewährt, während beim Schlagversuch der Bruch schon nach geringer Verlegung, mitunter auch ohne vorausgehende Formänderung eintrat. Solcher Stahl war nicht selten von recht mangelhafter chemischer Zusammensetzung. Daß sich derartige Schienen dennoch bewährten, ist dem Umstand zuzuschreiben, daß man es verstanden hatte, bei ihrer Herstellung jene Einflüsse zu mildern oder auch ganz auszuschalten, die zu Fehlern führen, die zumeist erst nach erfolgtem Schienenbruch sichtbar werden. Im Gegensatz hierzu ist nicht selten festgestellt worden, daß Teile von im Eisenbahnbetrieb gebrochenen, mitunter in viele Stücke zerschlagenen Schienen selbst einem strengen Schlagversuch widerstanden. Der Schlagversuch, der wichtigste zur Feststellung der Zähigkeit des Schienenstahls, schützt demnach gegen allgemeine Brüchigkeit, keinesfalls jedoch gegen jene, die auf andere Ursachen zurückzuführen ist. Das geforderte Mindestmaß an Zähigkeit wird zum Ausdruck gebracht durch eine bestimmte Biegung, die das Versuchsstück anzunehmen hat, durch eine am Schienenfuß abzulesende Mindestdehnung oder durch eine Mindestschlagarbeit, die das Material ohne Brucheintritt aufnehmen soll. Biegung und Dehnung, als Ausdruck für die Zähigkeit, haben sich insbesondere bei Konstruktionsmaterialien bewährt und leisten sicher auch bei der Prüfung von Schienen ganz gute Dienste, doch ist die von diesen aufgenommene Schlagarbeit ein zutreffenderes Maß für ihre Zähigkeit. Auch wird bei Vorschreibung einer begrenzten Schlagarbeit für Schienen eines bestimmten Querschnitts von allen, ob weich oder hart, das gleiche Maß an Zähigkeit verlangt und ist weiters der Grad der Sicherheit, den der Versuch bietet, einfach auszudrücken. Zu ermitteln ist, welcher Arbeitsleistung die im Eisenbahnbetrieb vorkommenden Materialbeanspruchungen entsprechen und wie weit der Schlagversuch zu steigern ist, um volle Sicherheit des Eisenbahnbetriebs zu gewährleisten. Da dieser, normale Verhältnisse vorausgesetzt, bleibende Schienenverbiegungen nicht oder doch erst nach weitestgehender Dauerbeanspruchung und dann auch nur in ganz unbedeutendem Maße herbeiführt, wird dem ersten Punkt durch Ermittlung jener Arbeitsleistung entsprochen werden, bei der die erste bleibende Durchbiegung im Versuch erzielt wird. Sie beträgt z.B. bei Schienen von 44 kg Metergewicht und 75 kg/mm2 Materialfestigkeit nicht ganz 100 mkg. Wenn nun eine solche Schiene mit einem Moment von 3000 mkg einmal geschlagen wird und dabei nicht bricht, so besteht eine mindestens 30fache Sicherheit dafür, daß sie auch im Eisenbahnbetrieb nicht brechen wird. Jedenfalls ein ausreichendes Maß für die Zähigkeit des Schienenstahls, das auch Abminderungen derselben, herbeigeführt durch Schwankungen in der Erzeugung sowie auch durch den zumeist überschätzten Einfluß des Frostes, ausreichend Rechnung trägt. Wird weiters das Versuchsstück dem Kopfende des Walzstücks, das in der Regel den am wenigsten zähen Teil bildet, entnommen, ferner von jeder Schmelzung ein solches Stück geprüft und dem ersten Schlag etwa noch ein zweiter hinzugefügt mit 40% der Arbeitsleistung des ersten, so ist allen Forderungen der Betriebssicherheit entsprochen. Wird diese Vorsicht nicht beobachtet, sollen einzelne Schienen%) wahllos aus der großen Masse herausgegriffen und geprüft werden, dann ist eine Verschärfung des Schlagversuches wohl nötig, doch werden 3 auf den ersten folgende Schläge mit je 40% seiner Leistung genügen. Eine weitere Verschärfung des Schlagversuches ist nicht zu empfehlen; sie würde keine größere Sicherheit des Betriebs bedeuten, die Wirtschaftlichkeit jedoch beeinträchtigen, da die Erzeuger durch zu schwere Schlagproben gezwungen werden, die Härte des Stahls an der untersten noch zulässigen Grenze zu halten, um nicht ein zu großes Risiko zu übernehmen. Materialfehler, die von der Erzeugung herrühren und den Anlaß zu Schienenbrüchen geben können, kommen schon seit einer Reihe von Jahren bei den Lieferungen europäischer und besonders österreichischer und deutscher Schienenwerke nur noch selten vor, sie beschränken sich fast ausschließlich auf Lunker, die z.T. schon bei der Prüfung der äußeren Beschaffenheit der Schienen aufgedeckt werden. Gegen ihr Wiederauftreten, insbesondere als Folge mangelhafter Entschwefelung und Desoxydation des Stahls, gewährt die Vorschreibung eines Mindestmangangehalts von etwa 0∙8% einen teilweisen Schutz. Er ist nicht nur aus metallurgischen, sondern auch aus mechanisch-technischen Gründen zu empfehlen. Eine Erweiterung dieser chemischen Vorschrift ist nicht angezeigt.

Zähigkeit und Härte des Schienenstahls hängen nicht in der Weise zusammen, daß der härtere auch unbedingt der weniger zähe sein muß. Harte Schienen, u.zw. nicht nur solche aus Sonderstählen, können sehr zähe sein. Zumeist wird eine Zugfestigkeit von 65 kg/mm2 genügen. Für besonders stark beanspruchte Gleise, wie für solche in Verschub- und Bremsstrecken, ferner für Außenstränge scharfer Bögen und für Innenstränge mit starker Überlastung findet ein Schienenstahl höherer, bis zu 85 kg/mm2 reichenden Zugfestigkeit besonders dann vorteilhafte Anwendung, wenn dessen Mangangehalt 1∙0–1∙5% beträgt. Es gilt dies nicht nur für Doppelkopf-, sondern auch für Breitfußschienen mit nicht zu schwacher Ausbildung von Steg und Fuß. Solche Schienen erfordern eine größere Sorgfalt bei ihrer Erzeugung, demnach auch etwas mehr Zeit; sie sind teurer, doch werden die Mehrkosten durch den weit größeren Widerstand gegen Verschleiß reichlich aufgewogen. Die Vorschreibung von Grenzwerten für Dehnung, Einschnürung bzw. Qualitätszahlen hat sich nicht immer bewährt, besonders dann nicht, wenn hochgespannte Forderungen in dieser Richtung gestellt wurden. Sie haben die Verschleißfestigkeit der Schienen oft ungünstig beeinflußt, ohne sonst Nutzen zu bringen, und sind daher nicht zu empfehlen. Für den Zugversuch ist ein Schienenstück vom Fußende des Walzstücks zu wählen. Hierfür spricht der Umstand, daß ein Stab aus dessen Kopfmitte die Verschleißfestigkeit am besten kennzeichnet und der Ausfall des Versuches nicht von Zufällen abhängig ist, die auf die Betriebsergebnisse der Schienen ohne Einfluß sind. Ein solcher Zugversuch auf 200 Stück Schienen ist vollständig ausreichend. Als wichtigste Forderungen bei Aufstellung von Vorschriften für die Lieferung von Schienen sind demnach zu bezeichnen: ein nicht zu schwerer Schlagversuch, eine in weiten Grenzen sich bewegende Regelung der chemischen Zusammensetzung des Schienenstahls sowie eine den besonderen Verhältnissen der Bahnanlage und des Betriebs angepaßte Härte.

2. Laboratoriumsversuche zur Feststellung der Ursachen von Schienenbrüchen. Es ist kaum 1/4 Jahrhundert her, daß in Fachkreisen noch viel die Rede war von sog. unerklärlichen Schienenbrüchen. Auch für viele Erscheinungen des unregelmäßigen Verschleißes gab es keine zutreffende Erklärung. Seither wurde jedoch viel geleistet zur Erforschung der Eigenschaften sowie auch der Fehler des Schienenstahls. Dermalen sind daher auch die Ursachen fast aller im Eisenbahnbetrieb vorkommenden Schienenbrüche bekannt sowie auch die Art der Materialfehler, die der Hauptsache nach den unregelmäßigen Verschleiß bedingen. Dies ist vorzugsweise dem Fortschritt unserer Kenntnisse über den Geftigeaufbau des Schienenstahls, über sein Grob- und Kleingefüge, der Metallographie (Makro- und Mikrographie) zu verdanken. Der Hauptanteil fällt der Makrographie zu, doch hat auch die Mikrographie schon manch schätzenswerte Aufschlüsse geliefert.

Die Materialuntersuchung soll, besonders bei Schienen, die im Betrieb versagt haben, mit einer genauen Besichtigung und Beschreibung des Bruchgefüges beginnen. Größe, Härte und Glanz des Kornes, die mehr oder weniger dichte Lagerung desselben, Trennungen durch unganze Stellen, ebenes, manchmal fast amorphes Aussehen der Bruchfläche oder deren zackige Beschaffenheit, das Vorkommen von Strahlen, deren Ausgangsstelle u. dgl. sind Meilensteine auf dem Wege der Forschung. Blasen und Lunker, mit diesen nicht zu verwechselnde Längsspaltungen des Schienenkopfes und Überlappungen am Steg, letztere mitunter sehr tief, auch ganz durch denselben reichend und von Flachrissen des Blockes herrührend, ferner Risse, Schuppen, Überlappungen an den Kopfkanten und den Fußrändern als Folge von Kantenrissen des Blockes, dann annähernd parallel zur Fahrfläche verlaufende, zumeist an den Kopfflanken zutagetretende Risse, die durch Abfließen des Randmaterials über den härteren Kern entstanden sind, weiters Querrisse mit glatten, den Dauerbrüchen ähnlichen Flächen, zumeist im Innern des Schienenkopfes, sowie Längs- und Querrisse mit den kennzeichnenden Merkmalen des Dauerbruches vervollständigen das Bild alles Wissenswerten, das das kundige Auge dem Bruchgefüge abzulauschen vermag. Was davon zwar vorhanden, im Bruchgefüge jedoch nicht oder doch nicht deutlich genug sichtbar ist und noch mehr zeigt die abgeschmirgelte und geätzte Fläche eines in der Nähe der Bruchstelle geführten Schnittes. Besonders beim Vorkommen größerer Mengen von Verunreinigungen des Stahls wird eine mehr oder weniger scharfe Trennung der Fläche in Rand- und Kernzone sichtbar, ferner örtliche Anhäufungen von Seigerungsprodukten und andere Erscheinungen mehr, die eine wichtige Ergänzung des Bruchbefundes sind und auch als Aufklärung für Einzelnheiten desselben dienen können. Bei dem dermaligen Stand der Stahlerzeugung und des Walzprozesses bilden die genannten Fehler, auch das Auftreten nur einzelner derselben eine Ausnahme. Sie sind fast ausschließlich bei Schienen älterer Lieferungen und auch bei diesen nicht zu häufig anzutreffen. Es muß auch bemerkt werden, daß geringe Verunreinigungen des Schienenstahls, wie sie durch den Ätzversuch sichtbar gemacht werden, als eine Folge des Naturgesetzes der Seigerung nicht ganz zu vermeiden und auch unschädlich sind. In manchen Fällen werden das Bruchgefüge und der Ätzversuch ausreichenden Aufschluß geben, zumeist jedoch die Grundlage bilden, auf der alle weiteren Untersuchungen aufzubauen sind. Dies hat jedoch nicht schablonenhaft zu geschehen, es muß individualisiert und schrittweise vorgegangen werden. Je nach dem Zweck der Untersuchung und dem Gefügebefund werden die weiteren Prüfungen mechanisch-technische, technologische, chemische oder mikrographische sein; sie werden sich auf kleine Materialteile oder auf ganze Schienenstücke erstrecken und in manchen Fällen wird es auch geboten sein, die bei der Übernahme des Materials, das zur Untersuchung vorliegt, vorgeschrieben gewesenen Prüfungen durchzuführen. Dabei wird man, wenn es sich um eine Untersuchung wegen Querbrüchigkeit handelt und der Bruchbefund keinen genügenden Aufschluß gibt, gut tun, ein Schienenstück bei der Lage Kopf unten dem Schlagversuch zu unterwerfen, um festzustellen, welchen Einfluß die an der Fahrfläche hartgefahrene Stahlschichte auf den Widerstand der Schiene übt, und damit aufzuklären, ob der Bruch etwa von dieser Stelle ausgegangen ist.

Eine interessante Erscheinung bilden die inneren Querrisse, die zumeist über dem Schienensteg im unteren Kopfteil vorkommen. Sie entstehen während der Walzung der Schienen und sind die Folge eines mangelhaften Schlußverfahrens bei der Stahlbereitung. Während nun solche Mängel in europäischen Ländern nur bei älteren Schienenlieferungen vorkommen, die aus einer Zeit stammen, in der das Schlußverfahren der Stahlbereitung noch wenig ausgebildet war, daher sie als eine Kinderkrankheit im Lauf der Entwicklung der Stahlerzeugung anzusehen sind, scheinen sie in den Vereinigten Staaten von Amerika eine chronische Form angenommen zu haben. Die Schienenfrage ist dort zu einer brennenden geworden (1911/12 in den Vereinigten Staaten 363 Entgleisungen infolge von Schienenbrüchen) und das »Schienenrätsel«, die Entstehung von Innenbrüchen des Schienenkopfes, die von manchen Seiten als eine Folge des Eisenbahnbetriebs angesehen wird, hat noch immer keine Lösung gefunden. Dem Vorkommen und der Beschreibung ihres Aussehens nach zu urteilen, sind sie auf ein mangelhaftes Schlußverfahren bei der Stahlbereitung und das von manchen amerikanischen Schienenwerken geübte Kaltwalzen zurückzuführen. Auch verlangt der in Amerika gebräuchliche harte Schienenstahl größere Sorgfalt bei seiner Erzeugung, welche Forderung im Widerspruch steht zu der dort von manchen Schienenwerken ins Riesenhafte gesteigerten Massenerzeugung, die bis zu 4000 t in 24 Stunden erreicht. Auf das Bedürfnis nach besserer Reinigung des Stahls weist die verhältnismäßig häufige Anwendung von Ferrotitan beim Schlußverfahren. Aber auch die in neueren Lieferungsvorschriften der amerikanischen Bahnverwaltungen enthaltenen Bestimmungen, die sich auf die Behandlung des Stahls in der Gußpfanne, beim Guß in die Formen, ferner auf die Behandlung der Blöcke in den Gußgruben, beim Transport in die Tieföfen, in diesen und dann bei ihrer Auswalzung zu Schienen beziehen, lassen das Bemühen erkennen, den Schienenstahl vor den nachteiligen Folgen eines überhasteten Betriebs möglichst zu bewahren.

Von nicht geringerem Interesse, wenngleich dermalen nur selten vorkommend, sind lokale Abschreckungen des Schienenstahls, wie sie durch Walzenkühlwasser oder als Folge eines schadhaften Daches, durch das das Regenwasser dringt, entstehen können. Obzwar in solchen Fällen schon das Grobgefüge gewisse Anhaltspunkte gibt und auch ein Versuch mit der Feile das Vorhandensein größerer Härte erkennen läßt, gibt doch die Mikrographie den sichersten Aufschluß, indem sie für vollständige Härtung (Martensit) sowie für eine solche, die durch Nachwärmen gemildert wurde (Troostit, Osmondit, Sorbit), untrügliche Merkmale liefert. Aber auch die chemische Untersuchung, der Prozentsatz an Härtungskohle im Gesamtkohlenstoff kann zur Bestätigung des ersten Befundes herangezogen werden.

Ein Großteil der im Eisenbahnbetrieb vorkommenden Schienenbrüche betrifft den Stoß. Sie gehen zumeist von den Bolzenlöchern der Schienen aus und haben, gleichbleibende Verhältnisse vorausgesetzt, annähernd gleiche Lage und Richtung. Obschon nun auch an solchen Stellen Materialfehler den Anlaß zu Schienenbrüchen gegeben haben, so waren sie doch auch häufig auf Rechnung des Eisenbahnbetriebs zu setzen. Es ist hier manchmal schwer, eine scharfe Grenze zu ziehen. Sehr feine Risse, wie sie auch beim Bohren der Schienen entstehen können, haben schon häufig den Anlaß zu Dauerbrüchen gegeben. Um diesen vorzubeugen, ist es daher ein unbedingtes Erfordernis, der Herstellung der Schraubenlöcher die größte Beachtung zu schenken und deren Ränder auf beiden Stegflächen abzufasen. Der guten Erhaltung des Stoßes ist gleichfalls große Sorgfalt zuzuwenden.

Die Prüfung der Ursachen einer abnormal starken Abnutzung der Schienen ist auch häufig der Gegenstand von Laboratoriumuntersuchungen. Im allgemeinen ist man mit der auch als Maßstab für die Härte des Schienenstahls dienenden Zugfestigkeit ausgekommen, u.zw. besonders dann, wenn es sich um Materialien gleicher Erzeugungsart und Herkunft handelte. Es haben sich jedoch immer wieder Bestrebungen geltend gemacht, den Widerstand des Stahls gegen Abnutzung durch ein Abnutzungs-, Schleif-, auch Verreibungsverfahren zu ermitteln. Gegen die Brauchbarkeit der Zugfestigkeit für diesen Zweck wurde der Einwand erhoben, daß weiche Schienen oft weit verschleißfester als harte sind. Diese Ansicht war häufig nicht begründet, sie stützte sich auf wenig verläßliche Betriebsergebnisse. Das gleiche gilt auch von alten, angeblich »besonders verschleißfesten« Schienen, die viel widerstandsfähiger sein sollen als die späterer und auch neuester Erzeugung, trotz deren weit größeren Härte. Man übersah dabei zumeist, daß die Schienen mit vieljähriger Liegedauer nur dort anzutreffen sind, wo der Angriff der Fahrbetriebsmittel ein geringer ist, während solche gleichen Geburtsjahres, die in stark beanspruchte Gleise eingebaut waren, bald ausgeschieden werden mußten. Zumeist wußte man dies nicht oder hatte es doch zumindestens vergessen. Die Abnutzungsversuche werden in verschiedener Art ausgeführt. Es werden Schienenstücke mit mineralischen Scheiben oder auch Stahlscheiben angeschliffen, man läßt Rollen aus Schienen- und Radreifenstahl gegeneinander reiben u. dgl. Alle diese sowie auch die für andere Zwecke unternommenen Abnutzungsversuche haben bisher nur das eine Ergebnis gezeitigt, daß man ganz besonders bei diesem Versuch bemüht sein muß, die im Betrieb sich abspielenden Abnutzungsvorgänge möglichst genau nachzuahmen. Unter allen Umständen werden Abnutzungsversuche zur Ermittlung der Verschleißfestigkeit des Schienenstahls erst dann einen praktischen Wert haben, wenn der Beweis erbracht sein wird, daß ihre Ergebnisse mit denen des Eisenbahnbetriebs in Übereinstimmung stehen.

v. Dormus.

Abb. 202.
Abb. 202.

http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.

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