Eisenbahneinheit

Eisenbahneinheit

Eisenbahneinheit (standards in railway matters; unité adoptée dans les chemlns de fer; unita in materia ferroviaria) nennt man die zum Teil schon erreichte, zum Teil erst angestrebte Einheitlichkeit des Eisenbahnwesens aller Verwaltungen eines Landes, bzw. der Eisenbahneinrichtungen verschiedener Länder.

Innerhalb des Bereichs eines Staates wird die E. durch die im Gesetz- (Verordnungs-) Weg erlassenen, die Herstellung, den Betrieb und die Verwaltung der Bahnen des betreffenden Staates in höherem oder geringerem Maß vereinheitlichenden Normen sowie auch durch freie Vereinbarungen der beteiligten Bahnen sichergestellt.

Zwischen den Bahnen verschiedener Staaten erfolgt die Herstellung der E. nach den hierbei in Betracht kommenden Beziehungen teils durch internationale Staatsverträge, teils ebenfalls durch Vereinbarungen der betreffenden Bahngruppen. Die E. wird insbesondere angestrebt:

1. In technischer Hinsicht. In dieser Richtung ist vor allem die einheitliche normale Spurweite anzuführen, die auf dem ganzen europäischen Festland mit Ausnahme Rußlands, Spaniens und Portugals eingeführt ist, soweit nicht besondere Umstände es für nötig erscheinen ließen, bei einzelnen Bahnen untergeordneter Bedeutung im Interesse der billigeren Herstellung eine kleinere Spur anzuwenden.

Wesentlich trugen zur Förderung der technischen E. in Mitteleuropa zunächst die einschlägigen Vereinbarungen des VDEV. bei (Technische Vereinbarungen für Hauptbahnen sowie die betreffenden Bestimmungen für Neben- und Lokalbahnen).

Einen weiteren bedeutsamen Schritt machte die Entwicklung der technischen E. Mitteleuropas durch die im Jahr 1886 abgeschlossene, mit 1. April 1887 in Kraft getretene sog. Berner Konvention (technische Einheit), die, abgesehen von der Festsetzung der Spurweite, zur Erleichterung des Übergangs von Rollmaterial in den mitteleuropäischen Ländern obligatorische Bestimmungen über die Hauptabmessungen und Konstruktionsverhältnisse des Eisenbahnfahrmaterials der Bahnen im Bereich der der Konvention beigetretenen Staaten traf.

2. In administrativer Hinsicht handelt es sich darum, den Eisenbahnverkehr von örtlichen und landesüblichen Eigentümlichkeiten zu befreien und die nichttechnischen Betriebseinrichtungen möglichst international zu gestalten. Auch in dieser Beziehung sind bereits bedeutsame Fortschritte zu verzeichnen. Insbesondere waren es die Eisenbahnverbände, die in dieser Richtung erfolgreich wirkten und innerhalb größerer oder kleinerer Gebiete eine Einheitlichkeit in Angelegenheiten des Transportdienstes erzielten. Auch hier sei vor allem die Tätigkeit des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen zu erwähnen, die u.a. für alle Vereinsbahnen einheitliche Bestimmungen in bezug auf die Abfertigung von Personen und Gütern, die zusammenstellbaren Fahrscheinhefte, über das Melde- und Feststellungsverfahren bei abgängigen und überzähligen Gütern, über Fahrgelderstattungen, die Abrechnung gegenseitiger Forderungen sowie über den Wagendienst festgestellt hat.

Nicht minder verdient die Tätigkeit des im Jahre 1892 geschaffenen Internationalen Transportkomitees hervorgehoben zu werden, dem Bahnen aus fast allen dem Berner Frachtrechtübereinkommen beigetretenen Staaten angehören. Zweck des Internationalen Transportkomitees ist die Fortbildung der internationalen Vereinbarungen auf dem Gebiete des internationalen Eisenbahntransportdienstes.

Im Bereiche Deutschlands wird die E. vor allem durch den Deutschen Eisenbahnverkehrsverband (s.d.) gefördert. Der einheitlichen Verwendung des deutschen Güterwagenparks dient der Deutsche Staatsbahnwagenverband.

Nicht minder wurde die E. durch die Tarifverbände ausgebildet, die sich zur Aufgabe machen, den direkten Verkehr für gewisse Hauptrichtungen oder zusammenhängende größere Verkehrsgebiete gleichmäßig zu regeln, in erster Linie die Tarife und Beförderungsbedingungen einheitlich aufzustellen. In gleicher Richtung sind auch die in einigen Ländern bestehenden Eisenbahndirektorenkonferenzen tätig.

3. In rechtlicher Hinsicht war vor allem das Bestreben darauf gerichtet, eine gleichförmige Regelung des Eisenbahnfrachtrechts herbeizuführen. In dieser Richtung ist vor allem das Internationale Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr vom 14. Oktober 1890 nebst Zusatzübereinkommen vom 19. September 1906 anzuführen (vgl. Frachtrecht, Internationales).

Auch für den Personen- und Gepäcktransport dürfte in Bälde ein internationales Übereinkommen in Wirksamkeit treten. Diesbezüglich hat im Mai 1911 eine vom Schweizer Bundesrat einberufene Internationale Konferenz getagt, die den Entwurf eines solchen Übereinkommens vereinbart hat.

In einem anderen Sinne ist E. (Bahneinheit) die Zusammenfassung aller Vermögenswerte, die dem Unternehmen einer Privateisenbahn gewidmet sind – Grundstücke, Fonds, Schuldforderungen, Rollmaterial, Inventar u.s.w. – zu einem Rechtsganzen, das unter bestimmten Voraussetzungen als Ganzes veräußert oder verpfändet werden kann. (Preuß. Gesetz über die Bahneinheiten vom 11. Juni 1902, vgl. den Artikel Eisenbahnbücher.)

v. Röll.


http://www.zeno.org/Roell-1912. 1912–1923.

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