Locken (2)

Locken (2)

2. Locken, verb. reg. act. et neutr. welches im letztern Falle das Hülfswort haben bekommt.

1. In der engsten Bedeutung, wo es eine sinnliche Nachahmung desjenigen Lautes ist, womit nicht nur manche Thiere einander rufen, sondern auch, womit Menschen Thiere an sich rufen. Im erstern Falle wird dieses Wort bey den Jägern besonders von den Turteltauben gebraucht, weil ihre Stimme dem Schalle des Wortes locken am nächsten kommt. Von den Ringel- und Blautauben hingegen ist heulen, von den Haselhühnern pisten, von wilden Gänsen, Änten, Wachteln u.s.f. rufen üblich. In etwas weiterer Bedeutung wird auch ein Thier gelocket, wenn man dasselbe durch Nachahmung seiner eigenthümlichen Stimme zu sich rufet. Daß locken in dieser eigentlichen Bedeutung eine Nachahmung des Schalles ist, erhellet aus den verwandten Wörtern lachen, Glocke, der letzten Hälfte des Wortes frohlocken, schlagen, so fern es von dem Schalle gebraucht wird, und andern. Bey dem Hornegk ist lauchen rufen, einladen überhaupt.

2. Figürlich, durch Vorstellung eines Guten, besonders eines sinnlichen Guten, an einem Ort zu kommen, und in weiterer Bedeutung zu etwas zu bewegen, suchen. 1) Durch hingelegte Speise. So werden die wilden Vögel auf den Vogelherden durch abgerichtete zahme Vögel gelockt. S. Lockvogel. Wilde Thiere, welche man fangen will, lockt man durch hingestreuete oder hingelegte Speise in die Schlingen, in die Fallen u.s.f. welches im gemeinen Leben auch körnen, aßen, ludern u.s.f. genannt wird. S. Lockspeise.


Wib und vederspil die werden lihte zam,

Swer si zerchte luket so suochent si den man,

Herr Ditmar von Ast.


2) Durch Freundlichkeit, durch List, oder auch überhaupt durch Vorhaltung der Bewegungsgründe gegenwärtig werden lassen oder zu etwas bewegen. Jemanden zu sich locken, an sich locken. Wenn dich die bösen Buben locken. Ein Frevler locket seinen Nächsten, und führet ihn auf keinen guten Weg, Sprichw. 16, 29. Sie locken an sich die leichtfertigen Seelen, 2 Petr. 2, 14. Den Feind zur Schlacht locken. Ein Geheimniß von jemanden heraus locken. Jemanden auf seine Seite locken. Einem nach und nach viel Geld ablocken. Da dieses Zeitwort gemeiniglich die Verheimlichung der Absicht mit in sich schließet, so wird es auch am häufigsten im nachtheiligen Verstande gebraucht. Indessen finden sich auch Beyspiele genug, wo es in gleichgültiger und selbst guter Bedeutung gebraucht wird. Der Herr wird die Heiden locken vom Ende der Erde, Es. 5, 26.


Und ganzen Scharen

Lock er die Thränen ins Gesicht,

Gell.


Daher die Lockung, plur. die -en, so wohl von der Handlung, ohne Plural, als auch von den Worten und Bewegungsgründen, wodurch man jemanden zu etwas zu locken sucht.

Anm. Bey dem Notker lucchin und ferlucchin in figürlichem Verstande, im Niedersächsischen, wo es auch schmeicheln und liebkosen bedeutet, locken, im Dän. lokke, im Isländ. und Schwed. locka, im Pohln. ludze. Daß den alten Römern auch ein Zeitwort lacio in diesem Verstande bekannt gewesen, erhellet aus dem zusammen gesetzten allicio. Einige Schriftsteller verbinden es mit der dritten Endung des Hauptwortes, einem locken, welches aber wider den allgemeinen Gebrauch ist, auch aus dem Passivo als irrig erwiesen werden kann. Da man sagt, ich werde gelockt, so erfordert das Activum die vierte Endung. Hätte es die dritte, so müßte es im Passivo heißen, mir ist gelockt worden.


http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Locken — Locken, galten von jeher als ein Haupterforderniß der Schönheit, und wenn sich auch in der Trachtengeschichte der Volker zuweilen Haarschnitte finden, die sie ausschließen, so möchte man doch beinahe annehmen, diese seien nur aufgekommen, um… …   Damen Conversations Lexikon

  • Löcken — Gemeinde Waldfeucht Koordinaten …   Deutsch Wikipedia

  • locken — Vsw std. (8. Jh.), mhd. locken, auch mhd. lücken, lucken, ahd. lokōn, ahd. lucchen Stammwort. Aus g. * lukk ō Vsw. locken , auch in anord. lokka, ae. loccian. Zu Locke, älter lock Laubbüschel , so daß sich für locken als Ableitung aus diesem die… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • locken — V. (Grundstufe) zum Herankommen bewegen Beispiel: Er lockte mich in eine Falle. Kollokation: den Hund mit Fleisch locken locken V. (Grundstufe) anziehend wirken Beispiele: Das Hotel lockte uns mit seiner Lage. Geschäfte lockten die Kunden mit… …   Extremes Deutsch

  • löcken — löcken, älter auch: lecken »mit den Füßen ausschlagen«, nur noch in der Wendung »wider den Stachel löcken« (vom Ochsen, der gegen den Stachelstock des Viehtreibers ausschlägt): Mhd. lecken »mit den Füßen ausschlagen, hüpfen«, das auch in… …   Das Herkunftswörterbuch

  • Locken — Lock en, obs. p. p. of {Lock}. Chaucer. [1913 Webster] …   The Collaborative International Dictionary of English

  • Locken — Lock en, n. (Bot.) The globeflower ({Trollius}). [1913 Webster] …   The Collaborative International Dictionary of English

  • Locken [1] — Locken, s. Locke …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Locken [2] — Locken, 1) der natürliche Ruf eines Vogels, bes. der Turteltauben u.a. Vögel; 2) ein Thier durch die Nachahmung seines Tones wohin rufen, s. Locke 5); 3) in Festungen das Rühren der Trommel, etwa eine Viertelstunde vor dem Zapfenstreiche; nach… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Locken — Locken, Signal 1/4 Stunde vor dem Zapfenstreich (s. d.); dann beim Parademarsch der Trommelwirbel vor Einfallen der Musik …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Löcken — Löcken, springen, S. Läcken …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”