Polizeiaufsicht

Polizeiaufsicht

Polizeiaufsicht, eine Nebenstrafe, die neben einer Freiheitsstrafe erkannt wird und in einer Beschränkung im Gebrauch der persönlichen Freiheit nach Verbüßung jener Strafe besteht. Die P., die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. in den meisten deutschen Staaten in Anwendung war, in ihrer heutigen Gestalt aber aus dem französischen in das deutsche, österreichische, belgische und englische Recht übergegangen ist, kann nach dem deutschen Strafgesetzbuch (§ 38, 39, 361) nur in den gesetzlich bestimmten Fällen ausgesprochen werden, namentlich gegen die Rädelsführer bei einem Landfriedensbruch oder bei einer öffentlichen Zusammenrottung zum Zweck des Widerstandes gegen die Staatsgewalt sowie bei der Meuterei von Gefangenen, die mit Gewalttätigkeiten gegen das Aufsichts- und Beamtenpersonal verbunden ist. Ferner kann auf P. neben der wegen Diebstahls, Raubes oder Erpressung erkannten Zuchthausstrafe sowie gegen die wegen Hehlerei, Kuppelei, Münzverbrechen, unberechtigten Jagens und wegen eines gemeingefährlichen Verbrechens, wie Brandstiftung etc., Verurteilten erkannt werden. In allen diesen Fällen kann das Gericht aber nur auf die Zulässigkeit von P. (renvoi sous la surveillance de la police) erkennen; die P. selbst wird gegen den Verurteilten durch die Landespolizeibehörde verfügt und zwar nach Anhörung der Gefängnisverwaltung. Die höchste Zeitdauer der P. ist fünf Jahre (in Österreich drei). Dem unter P. Gestellten kann der Aufenthalt an einzelnen bestimmten Orten untersagt, er kann, wenn er Ausländer ist, aus dem Deutschen Reich verwiesen, und es können bei ihm jederzeit Haussuchungen vorgenommen werden. Ein Zuwiderhandeln gegen die infolge der P. auferlegten Beschränkungen wird mit Hast bis zu sechs Wochen bestraft. Nach übereinstimmendem Urteil hat die P. in ihrer heutigen schablonenhaften Anwendung mehr Nachteile für den gebesserten Sträfling, dem sie den ehrlichen Erwerb erschwert, als Vorteile für die Gesellschaft, die sie vor Unverbesserlichen nicht schützt. Ihre gründliche Umgestaltung ist daher vielfach empfohlen worden. Insbesondere die organische Verbindung mit der Gefangenenfürsorge und ihre Ausübung durch die Sträflingsfürsorgevereine, was in England der Fall ist, verspricht Erfolg. Für Österreich ist maßgebend das Gesetz vom 10. Mai 1873. Vgl. Fuhr, Die P. nach dem Reichsstrafgesetzbuch (Gießen 1888) und Strafrechtspflege und Sozialpolitik (Berl. 1892); Zucker, Die P. nach österreichischem Recht (Prag 1894); A. Fuchs, Die Gefangenenschutztätigkeit und die Verbrecherprophylaxe (Berl. 1898)


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Polizeiaufsicht — Polizeiaufsicht, Nebenstrafe neben einer Freiheitsstrafe, unterwirft den Betroffenen gewissen Freiheitsbeschränkungen (Deutsches Strafgesetzb. §§ 38 und 39) …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Polizeiaufsicht — Po|li|zei|auf|sicht 〈f. 20; unz.〉 Aufsicht, Kontrolle durch die Polizei ● 〈fast nur in der Wendung〉 unter Polizeiaufsicht stehen verpflichtet sein, sich regelmäßig bei der Polizei zu melden * * * Polizeiaufsicht,   früher eine im Strafurteil… …   Universal-Lexikon

  • Предупреждение и пресечение преступлений — I. Общее понятие. Охрана государственной, общественной и личной безопасности от преступлений, произвольных посягательств и опасных действий, все равно, исходят ли они от отдельных лиц или совокупности их, составляет важнейшую задачу полиции… …   Энциклопедический словарь Ф.А. Брокгауза и И.А. Ефрона

  • Kuppelei — (lat. Lenocinium) ist die vorsätzliche Vermittelung und Beförderung der sogenannten Unzucht. Sie war als Straftatbestand schon seit dem Hochmittelalter bekannt.[1] Im deutschen Recht wurde sie mit mehreren verschiedenen Variationen in das… …   Deutsch Wikipedia

  • Kuppelei — (lat. Lenocinium), die vorsätzliche Vermittelung und Beförderung der Unzucht. Die K. erscheint als strafbares Vergehen (einfache K.), wenn sie gewohnheitsmäßig oder aus Eigennutz durch Vermittelung oder durch Gewährung oder Verschaffung von… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Friedrich Ludwig Jahn — Jahn Denkmal in Neubrandenburg …   Deutsch Wikipedia

  • Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger — Dieser Artikel wurde im Portal Recht zur Verbesserung eingetragen. Hilf mit, ihn zu bearbeiten und beteilige dich an der Diskussion! Vorlage:Portalhinweis/Wartung/Recht Folgendes muss noch verbessert werden: 25. Januar 2009 deutschlandlastig,… …   Deutsch Wikipedia

  • Hauptmann von Köpenick — Das Denkmal des Hauptmanns vor dem Rathaus Köpenick Friedrich Wilhelm Voigt (* 13. Februar 1849 in Tilsit; † 3. Januar 1922 in Luxemburg) war ein aus Ostpreußen stammender Schuhmacher. Bekannt wurde er als der Hauptmann von Köpenick durch …   Deutsch Wikipedia

  • Karl Raddatz — (* 7. November 1904 in Magdeburg; † 12. Februar 1970 in Berlin) war Antifaschist und Generalsekretär der VVN. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Auszeichnungen 3 Schriften …   Deutsch Wikipedia

  • Kuppler — Dieser Artikel wurde im Portal Recht zur Verbesserung eingetragen. Hilf mit, ihn zu bearbeiten und beteilige dich an der Diskussion! Vorlage:Portalhinweis/Wartung/Recht Folgendes muss noch verbessert werden: 25. Januar 2009 deutschlandlastig,… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”