Richthofen

Richthofen

Richthofen, 1) Emil Freiherr von, Diplomat, geb. 11. Juli 1810, gest. 29. Juni 1895 in Baden-Baden, studierte die Rechte, trat in den preußischen Staatsverwaltungsdienst, ward 1838 Intendanturrat, 1843 Geheimer Kriegsrat, 1846 Generalkonsul in Jassy, 1849 in Madrid, im März 1851 Ministerresident in Mexiko, dann preußischer Bevollmächtigter bei der europäischen Kommission für die Reorganisation der Donaufürstentümer, 1859 Gesandter bei den Hansestädten und den mecklenburgischen Höfen, 1867 in Stockholm, nahm 1874 den Abschied und lebte seitdem in Baden-Baden. Er schrieb: »Die Medizinaleinrichtungen des preußischen Heeres« (Bresl. 1836–37, 2 Bde.); »Der Haushalt der Kriegsheere« (Berl. 1840, 2 Bde.); »Die politischen Zustände der Republik Mexiko« (das. 1859); »Die mexikanische Frage« (das. 1862); »Geschichte der Familie Prätorius von Richthofen« (Magdeb. 1884); »Zur Gymnasialreform in Preußen« (das. 1887).

2) Karl, Freiherr von, Germanist, geb. 30. Mai 1811 in Damsdorf bei Striegau, gest. daselbst 7. März 1888, war 1842–60 Professor an der Universität zu Berlin und lebte dann nach Niederlegung seiner Professur wissenschaftlichen Studien. Richthofens Arbeiten sind für das Gebiet des friesischen Rechtes grundlegend. Zu nennen sind: »Friesische Rechtsquellen« (Berl. 1840) und »Altfriesisches Wörterbuch« (Götting. 1840) sowie seine Ausgabe der »Lex Frisionum« in den »Monumenta Germaniae historica« (Legum tom. III, 1863) und seine »Untersuchungen über friesische Rechtsgeschichte« (Berl. 1880 bis 1886, 3 Tle. in 4 Bdn.). Außerdem schrieb er: »über die singulären Erbrechte an schlesischen Rittergütern« (Bresl. 1844); »Zur Lex Saxonum« (Berl. 1868); »Die englische Armenpflege« (mit Kries, das. 1863); »Die ältern Egmonder Geschichtsquellen« (das. 1886). Die Lex Saxonum gab er ebenfalls in den »Monumenta Germaniae« (Legum tom. V, 1875) mit seinem Sohn Karl, Freih. von R. heraus. 1849 war er Mitglied des Erfurter Parlaments, später Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses.

3) Ferdinand, Freiherr von, Geolog und Geograph, geb. 5. Mai 1833 zu Karlsruhe in Schlesien, gest. 6. Okt. 1905 in Berlin, studierte in Breslau und Berlin, machte im Sommer 1856 eine geologische Aufnahme des südöstlichen Tirol, war dann bei der geologischen Landesanstalt in Wien tätig, begleitete 1860 bis 1862 die preußische Expedition nach Ostasien, besuchte Japan, China, Manila, die holländischen Besitzungen Hinterindiens, Siam, zum Teil in noch nicht bekannten Gebieten, ging dann nach San Francisco, durch reiste Kalifornien und die Sierra Nevada und begab sich 1868 nach Schanghai, von wo aus er fast ganz China und Teile von Japan bereiste. 1872 nach Europa zurückgekehrt, wirkte er seit 1879 als Professor der Geographie an der Universität in Bonn, seit 1883 an der Universität in Leipzig, seit 1886 an der in Berlin. Hier richtete er 1887 das Geographische Institut, 1901–05 das Institut für Meereskunde ein. Sechzehnmal war er Vorsitzender der Berliner Gesellschaft für Erdkunde und leitete 1899 den internationalen Geographenkongreß in Berlin. Von besonderer Wichtigkeit sind seine Untersuchungen über den geologischen Bau von China, das Vorkommen der Steinkohle daselbst, den asiatischen Löß, die Verbreitung der Nummulitengesteine auf den Philippinen, den Goldreichtum Kaliforniens und seine systematischen Arbeiten über die trachytischen Gesteine. Außer zahlreichen Aufsätzen in Fachzeitschriften hat er veröffentlicht: »Geognostische Beschreibung der Umgegend von Predazzo etc.« (Gotha 1860); »Die Kalkalpen von Vorarlberg und Nordtirol« (im »Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt«, 1859 u. 1861); »Die Metallproduktion Kaliforniens« (Ergänzungsheft Nr. 14 zu »Petermanns Mitteilungen«, 1865); »The natural system of volcanic rocks« (San Francisco 1867); »China. Ergebnisse eigner Reisen und darauf gegründeter Studien« (Berl. 1877–83, Bd. 1, 2, 4; dazu Atlas 1885); »Aufgaben und Methoden der heutigen Geographie« (Leipz. 1883); »Führer für Forschungsreisende« (Berl. 1886; Neudruck, Hannov. 1901); »Schantung und seine Eingangspforte Kiautschou« (Berl. 1898); »Geomorphologische Studien aus Ostasien«, I-VI (Sitzungsberichte der preußischen Akademie der Wissenschaften, 1900–04); »Triebkräfte und Richtungen der Erdkunde« (Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin, 1903); »Das Meer und die Kunde vom Meer« (Rektoratsrede, Berl. 1904). In Neumayers »Anleitung zu wissenschaftlichen Beobachtungen auf Reisen« (3. Aufl., Hannov. 1905) schrieb er die Geologie. Sein Bildnis s. Tafel »Geographen« beim Artikel »Erdkunde«. Vgl. F. Lampe, Ferd. v. R. (»Naturwissenschaftliche Wochenschrift«, 1903); v. Drygalski, Ferd. Freih. v. R., mit einem Anhange von E. Tiessen: Die Schriften F. Freih. v. Richthofens (Leipz. 1906); Hettner, F. v. Richthofens Bedeutung für die Geographie (»Geographische Zeitschrift«, Januar 1906). – Sein Bruder Karl von R., geb. 31. Jan. 1832, gest. 7. März 1876 in Berlin, war einer der ersten katholischen Priester Deutschlands, die öffentlich ihre Nichtübereinstimmung mit den vatikanischen Dekreten vom 18. Juli 1870 erklärten. Er tat dies als Breslauer Domherr im Mai 1873, ward auf Ermunterung Reinkens' Altkatholik, trat aber bald danach (1875) zum Protestantismus über. Vgl. »Karl, Freiherr von R. etc., nach handschriftlichem Nachlaß und mütterlicher Erinnerung« (Leipz. 1877).

4) Oswald, Freiherr von, geb. 13. Okt. 1847 in Jassy als Sohn von R. 1), gest. 17. Jan. 1906, machte als Student den Krieg von 1866 beim 2. Garderegiment, den von 1870/71 als Reserveoffizier beim 11. Grenadierregiment mit, bestand als erster Reichsdeutscher 1873 in Kolmar die juristische Staatsprüfung, kam zur Kreisdirektion in Zabern, wurde 1875 Hilfsarbeiter und 1881 vortragender Rat im Auswärtigen Amt und 1885 Direktionsmitglied der ägyptischen Staatsschuldenkasse in Kairo, wo er, an der Regelung der Finanzen hervorragend beteiligt, die deutschen Interessen namentlich beim Eisenbahnbau mit Geschick förderte. Am 26. Okt. 1896 Direktor der Kolonialabteilung und im Dezember 1897 Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt geworden, folgte er Bülow 1900 als Staatssekretär des Auswärtigen Amtes.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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