Sturmflut

Sturmflut

Sturmflut, der durch andauernden auf die Küste zu wehenden Sturm hervorgerufene ungewöhnlich hohe Wasserstand. Sturmfluten haben mit dem Wechsel der Gezeiten keinen notwendigen Zusammenhang und treten zu allen Mondphasen auf. Wenn sich bei starkem Wind hohe Wellen bilden, auf deren Hinterseite der Wind drückt, so daß die Wellenkronen sich überstürzen, dann findet offenbar nicht mehr ein Hin- und Herschwingen, sondern ein teilweises Vorwärtsbewegen des Wassers statt. Hält der Sturm längere Zeit an, so ist die Wassermasse, die er vor sich hertreibt, sehr bedeutend, und wenn die Küste, die dem Sturm ausgesetzt ist, diesem eine offene Bucht zuwendet, so kann dort ein mächtiger Wasserstau stattfinden. Für die deutsche Bucht der Nordsee sind daher andauernde schwere Stürme aus nordwestlicher Richtung die gefürchtetsten; bei den höchsten Sturmfluten der letzten hundert Jahre stieg das Wasser bei Kuxhaven jedesmal nach tagelangem Sturm aus W. bis NW. über den mittlern Hochwasserstand sehr bedeutend, z. B. 3. Febr. 1825 um 3,48 m. In der Ostsee sind dagegen die NO.-Stürme wegen der dabei auftretenden Sturmfluten die gefährlichsten. Bei der großen S. vom November 1872 wehte zwei Tage lang der Sturm aus der Richtung NO. bis ONO. und trieb in der Ostsee die Wassermassen von der livländischen Küste geradewegs bis in die Buchten von Travemünde und Kiel hinein, am erstern Ort einen Wasserstand von 3,38 m, am letztern einen solchen von 3,17 m über Mittelwasser verursachend; sehr große Verheerungen an der Ostseeküste hat auch die S. vom 31. Dez. 1904 angerichtet. Die Orkane der Tropen geben Anlaß zu ungeheuern Sturmfluten, von denen die in der Bucht von Bengalen die berüchtigsten sind; am 1. Dez. 1876 kamen durch eine solche S. im Delta des Brahmaputra nahe an 200,000 Menschen um. Berüchtigt in neuerer Zeit ist auch die von SO.-Sturm bedingte S. von Galveston (Küste von Texas) 8. Sept. 1900. Die größten historisch bekannten Sturmfluten von der Nordsee waren die von 1170 (Allerheiligenflut), durch welche die Insel Texel und Wieringen vom Festland getrennt und der von einer frühern S. herrührende Zuidersee erweitert wurde; die vom 17. Nov. 1218, durch die der Jadebusen entstand; vom 13. Jan. und 25. Dez. 1277, von 1287 und 1377, durch die der jetzige Dollart gebildet wurde; vom 2. Nov. 1570, bei der über 100,000 Menschen umgekommen sein sollen; zu Weihnachten 1717; vom 3. und 4. Febr. 1825, bei denen die größte Höhe der S. erreicht wurde, nämlich in der Jade 6 m über Mittelwasser; endlich die ebenso große vom 30. und 31. Jan. 1877. Vgl. Mayer, Über Sturmfluten (Berl. 1873); Lentz, Flut und Ebbe und die Wirkungen des Windes (Hamb. 1879); Deckert in der »Geographischen Zeitschrift«, 1901, S. 42.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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