Unterstützungswohnsitz

Unterstützungswohnsitz

Unterstützungswohnsitz, derjenige Verband, der im einzelnen Fall zur öffentlichen Unterstützung einer hilfsbedürftigen Person verpflichtet ist; auch das Recht einer solchen Person, von einem Gemeindeverband (Armenverband) Unterstützung verlangen zu können. Im Gegensatz zudem in Deutschland früher herrschenden Heimatssystem, wonach ein Unterstützungsanspruch mit der Gemeindeangehörigkeit (s. Heimat) verknüpft war, brachte die preußische Gesetzgebung diesen Anspruch mit der tatsächlichen Wohnsitznahme in Verbindung und schuf so einen mit dem Heimatsrecht oder der Gemeindeangehörigkeit nicht zusammenfallenden U. Während ferner das Heimatssystem zu einer Beschränkung der Aufnahme Neuanziehender führte, nahm Preußen das System der Freizügigkeit (s. d.) an, welch letzteres in die Verfassung- und Gesetzgebung des Norddeutschen Bundes und sodann des Deutschen Reiches übergegangen ist. Auch das Recht des Unterstützungswohnsitzes wurde durch Gesetz vom 6. Juni 1870 für den Norddeutschen Bund eingeführt. Dies Gesetz ist dann auf Baden, Südhessen und Württemberg, aber nicht auf Bayern und Elsaß-Lothringen ausgedehnt worden, auch in Helgoland ist das Unterstützungswohnsitzgesetz noch nicht eingeführt. Das Gesetz wurde durch Gesetz vom 12. März 1894 abgeändert. Nach dem Gesetz über den U. wird die öffentliche Unterstützung durch die Ortsarmenverbände und die Landarmenverbände gewährt, und zwar können die Ortsarmenverbände aus einer oder mehreren Gemeinden oder Gutsbezirken zusammengesetzt sein, während die Landarmenverbände entweder mit dem Staatsgebiete des betreffenden Bundesstaates (Kleinstaates), der die Funktionen des Landesarmenverbandes selbst übernimmt, zusammenfallen. oder besonders gebildet und dann in der Regel aus mehreren Ortsarmenverbänden zusammengesetzt sind. In Preußen bildet der Provinzialverband in der Regel auch den Landarmenverband. In Bayern gilt noch das Heimatsrecht (s. Heimat, S. 83). Vgl. Eger, Das Reichsgesetz über den U. (5. Aufl., Bresl. 1907); Wohlers, Das Reichsgesetz über den U. (10. Aufl. von Krech, das. 1907); »Entscheidungen des Bundesamtes für das Heimatswesen« (Berl. 1873 ff., jetzt hrsg. von Krech).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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  • Unterstützungswohnsitz — Unterstützungswohnsitz, der Ort, wo einer bestimmten hilfsbedürftigen Person Aufenthalt und öffentliche Unterstützung gewährt werden muß, wird nach dem Gesetz vom 6. Juni 1870 (neu redigiert durch die Novelle vom 12. März 1894) erworben durch… …   Kleines Konversations-Lexikon

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  • Arbeitshaus — Ehemaliges Arbeitshaus in Cheshire (GB), erbaut 1780 Das Arbeitshaus stellte eines der wesentlichen Merkmale armenpolitischer Bemühungen des 17. und 18. Jahrhunderts dar: dort sollten von Armut betroffene Menschen aufgenommen und damit aus der… …   Deutsch Wikipedia

  • Arbeitshäuser — Ehemaliges Arbeitshaus in Cheshire (GB), erbaut 1780 Das Arbeitshaus stellte eines der wesentlichen Merkmale armenpolitischer Bemühungen des 17. und 18. Jahrhunderts dar: Man schuf ein Versorgungshaus, in welchem von Armut betroffene Menschen… …   Deutsch Wikipedia

  • Gothaer Vertrag — Der Gothaer Vertrag wurde am 15. Juli 1851 in Gotha zwischen 17 der deutschen Staaten geschlossen, um eingehende Bestimmungen darüber zu treffen, welche heimatlose Personen ein Staat auf Verlangen eines anderen zu übernehmen verpflichtet ist und… …   Deutsch Wikipedia

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