Wartezeit

Wartezeit

Wartezeit, derjenige Zeitraum, vor dessen Ablauf eine rechtliche Befugnis nicht geltend gemacht werden kann. So besteht z. B. für die Witwe, bevor sie zur anderweiten Ehe schreiten kann, eine gesetzliche W. (Wartepflicht) von zehn Monaten, vom Tode des Ehemannes an gerechnet, von der jedoch Befreiung möglich ist. Im Schiffahrtsverkehr soviel wie Wartefrist, s. Frachtgeschäft (II). Insbesondere in der Arbeiterversicherungsgesetzgebung des Deutschen Reiches ist W. (Karenzzeit, v. lat. carere, »entbehren«) derjenige Zeitraum, während dessen Unterstützungen seitens der Versicherung nicht gewährt werden. Der Grund ist ein doppelter: es soll der Simulation möglichst vorgebeugt und dann der Geschäftsbetrieb vereinfacht werden. Die W. ist verschieden nach Versicherungsarten. Bei der reichsgesetzlichen Krankenversicherung (s. Krankenkassen) wird das Krankengeld erst vom dritten Tage nach Erkrankung an gewährt (in Österreich nach dem Gesetz vom 30. März 1888 bei den freien Hilfskassen ebenfalls nach 3 Tagen, jedoch mit Rückwirkung), freie Kur aber sofort. Die Krankenkassen können jedoch statutarisch festsetzen, daß das Krankengeld allgemein oder unter bestimmten Voraussetzungen schon vom Tage der Erwerbsunfähigkeit an gewährt wird, dies aber nur, wenn der gesetzlich vorgeschriebene Reservefonds erreicht ist oder die Vertreter der Versicherten wie diejenigen der Arbeitgeber darüber gesondert Beschluß gefaßt haben. Anderseits kann, um einer übermäßigen Belastung durch bei ihrem Eintritt schon Erkrankte vorzubeugen, von den Orts-, Fabrik-, Bau- und Innungskrankenkassen jede Krankenfürsorge für freiwillige Mitglieder analog den eingeschriebenen freien Hilfskassen, welche die W. bis zu 13 Wochen ausdehnen dürfen (in Österreich in gewissen Fällen auf mindestens vier und höchstens acht Wochen), von sechswöchentlicher Mitgliedschaft abhängig gemacht werden; für Leistungen über das Mindestmaß hinaus ist gegenüber allen Versicherten sechsmonatige W. zulässig. Die Unfallfürsorge beginnt erst mit der 14. Woche nach dem Unfall; die kleinern Betriebsunfälle sollen von den Krankenkassen getragen werden (s. Unfallversicherung); jedoch ist vom Beginn der 5. Woche ab nach dem Unfall das gesetzliche Krankengeld von 50 Proz. des Lohnes auf mindestens 662/3 Proz. zu erhöhen. Für Versicherte, die einer Krankenkasse nicht angehören, haben die Unternehmer die ganzen Kassenleistungen selbst zu tragen (ausgenommen die landwirtschaftliche und bei bestimmten Bauten nach § 6, Abs. 1 des Bauunfallversicherungsgesetzes auch die Bauunfallversicherung). Bei Seeleuten trägt der Reeder die Kosten der Krankenversicherung während 3, im Ausland während 6 Monaten. Die Berufsgenossenschaften können übrigens auch während der W. die Krankenversicherung übernehmen, um dadurch raschere Heilung und Ermäßigung ihrer Verpflichtungen zu erzielen. Invaliden- und Altersrente endlich soll nur nach einer bestimmten W., während welcher Beiträge entrichtet worden sind, gewährt werden. Die W. betrug nach dem Gesetz vom 22. Juni 1889 für die Invalidenversicherung 5×47 Beitragswochen = 5 Beitragsjahre, für die Altersversicherung 30 Beitragsjahre (1410 Beitragswochen). Nach dem Invalidenversicherungsgesetz vom 13. Juli 1899 beträgt sie für die Invalidenrente, wenn wenigstens 100 Beiträge auf Grund der Versicherungspflicht geleistet sind, 200, sonst 500 Beitragswochen, für die Altersrente 1200 Beitragswochen. Für Versicherte, die vor 1. Jan. 1896 invalid wurden, wurde in die fünfjährige W. die vor dem Inkrafttreten des Invaliditäts- und Altersversicherungs-Gesetzes (1. Jan. 1891) liegende, nachgewiesene Arbeitszeit eingerechnet, wenn für sie wenigstens durch 47 Wochen (ein Beitragsjahr) auf Grund notwendiger Versicherung Beiträge geleistet worden waren. Hinsichtlich der Altersversicherung wird in die 30 Jahre W. die Zahl der Lebensjahre, um die der Versicherte das 40. Lebensjahr am 1. Jan. 1891 überschritten hatte, eingerechnet, wenn derselbe in den Jahren 1888–90 mindestens 141 Wochen in einem nach dem Invaliditäts- und Altersversicherungs-Gesetz die notwendige Versicherung begründenden Dienstverhältnis stand. Die bescheinigte Zeit der Unterbrechung der Versicherungsbeschäftigung durch Krankheit oder Militärdienst wird immer als Beitragszeit angerechnet. Die Wochen, während welcher Beiträge geleistet werden, brauchen sich nicht unmittelbar zu folgen; nur, wenn während zwei aufeinander folgenden Kalenderjahren nicht mindestens 20 Beiträge bei der Zwangsversicherung, 40 bei der Selbstversicherung entrichtet wurden, gilt der Lauf der W. als unterbrochen, und es beginnt bei Wiederbeschäftigung neuerdings die W. von 200 Beitragswochen (s. Invaliditätsversicherung).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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