Torf

Torf

Die Gewinnungsweise des Torfes richtet sich nach seiner physikalischen Beschaffenheit, seiner Verwendung als Streutorf oder Brenntorf und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen. Streutorf wird besonders in Oldenburg, Hannover, Pommern, Ost- und Westpreußen, Posen, Bayern gewonnen. Zur Gewinnung von Streutorf wird nach Entwässerung des Torfmoores durch Abzugsgräben und Abräumung der obersten Pflanzendecke mittels eines spatenartigen geraden und eines dreischneidigen Stecheisens (Fig. 1) der Torf in Stücke von regelmäßiger Ziegelform (Soden) von 30: 15: 10 oder 42: 21: 12 cm gestochen, an der Luft getrocknet und auf einem Reißwolf zerrissen. Bei der Gewinnung von Stechtorf, der als Brenntorf dienen soll, erfolgt das Abstechen horizontal oder vertikal. Beim horizontalen Torfstich wird ein Brett neben den Rand der Torfgrube gelegt, das vom Rande so weit absteht, als die Länge der Soden beträgt; hierauf werden mit einem scharfen herzförmigen Spaten der Länge und Breite nach vor dem Brette die Soden abgestochen; nach entsprechendem Weiterrücken des Brettes wird dann das eben beschriebene Verfahren wiederholt. Ein zweiter, niedriger stehender Arbeiter hebt die Torfstücke ab, legt sie in einen bereitstehenden Schubkarren und fährt sie nach den Trockenplätzen. Beim vertikalen Torfstich sticht der Arbeiter am Rande der Grube mit dem scharfen, mit zwei rechtwinkligen Seitenkanten versehenen Spaten (Fig. 1) im Torfboden auf die Länge eines Ziegels nieder und schneidet mittels eines Stecheisens das Torfstück an der untern Seite ab. Muß der Torf unter Wasser gestochen werden, so benutzt man die von Brosowsky angegebene und seitdem vielfach verbesserte Stechmaschine, die mit der Hand oder durch Dampf angetrieben werden kann. Sie besteht aus einem fahrbaren Gerüst, an dem das Stechmesser durch Zug und Druck abwechselnd auf und ab bewegt werden kann. Das ⊔-geformte Messer schneidet beim Niedergang ein Stück Torf ab, während ein zweites gleichzeitig niedergestoßenes Messer die vierte Seite des Torfstücks schneidet und es zugleich von der Bodenfläche löst. Beide Messer zusammen bilden einen oben offenen Kasten, in dem das Torfstück gehoben wird. Die Maschine liefert Stücke von 3–6m Länge und 60–70 cm Breite und vermag sie aus einer Tiefe bis zu 7 m herauszuheben. Die langen Torfstücke werden dann auf Land in einzelne Soden zerlegt. Der auf vorstehend beschriebene Art gewonnene Torf enthält oft noch 80 bis 90 Proz. Wasser und wird in Haufen, auf Hiefeln oder auf Stellagen getrocknet, wobei er mindestens zwei Monate im Freien bleibt und bei andauerndem Regenwetter sehr große Verluste erleidet. Bei dem Trocknen auf Hiefeln werden die Torfsoden, nachdem sie einige Tage auf dem Boden gelegen haben, auf kleine, zugespitzte Holzstäbe aufgesteckt, welch letztere an etwa 2 m hohen Pfählen angebracht sind. Beim Trocknen auf Stellagen werden die Soden auf einem mit Dach versehenen Lattengerüst ausgebreitet und getrocknet. Dies letztere Verfahren wird indes seiner Kostspieligkeit halber nur bei weniger konsistentem Torf angewendet.

Erdiger, schlammiger Torf, der wegen mangelnden Zusammenhanges kein Stechen zuläßt, wird gewöhnlich durch Schöpfen mit eisernen Eimern, deren Ränder geschärft sind, und deren Böden aus einem Stück groben Zeuges bestehen, gewonnen (Baggertorf). Die Masse wird auf den geebneten Erdboden gegossen, wo sich noch Wasser abscheidet, und dann in breiförmigem Zustand in einen flachen Raum, der durch aufrechtstehende Bretter abgegrenzt ist, gebracht. Wenn der Torf hier eine genügende Konsistenz erreicht hat, wird er in Formen gebracht, bzw. zerschnitten. Das Austrocknen wird wohl hierbei noch dadurch befördert, daß man die Masse durch Schlagen mit Knütteln oder Dreschflegeln bearbeitet, oder daß Arbeiter mit Brettern, die sie sich an die Füße geschnallt haben, darauf herumtreten. Modell- oder Streichtorf und Backtorf worden gewonnen, indem man die Torfmasse in unregelmäßigen Stücken aus der Torfgrube nimmt, durch Schlagen mit Hölzern oder Treten mit den Füßen, wenn nötig auch unter Zusatz von Wasser durcheinander mengt und dann die homogene Masse in entsprechende Formen bringt.

1. Spaten zum Torfstechen.
1. Spaten zum Torfstechen.

Der Stechtorf und auch der durch Handarbeit geformte Torf besitzt in der Regel ein geringes spezifisches Gewicht und ist so locker, daß durch Zerbröckeln bei der Bereitung und beim Transport erhebliche Verluste entstehen. Bei dem großen Volumen des Handtorfes wird auch der Transport teuer, die Feuerungsanlagen müssen sehr geräumig sein, und ihre Bedienung gestaltet sich bei industriellem Betrieb zu umständlich. Die zahlreichen Bemühungen, aus dem Torf ein wertvolleres Brennmaterial zu gewinnen, haben zu sehr verschiedenen Vorschlägen geführt. Man hat versucht, den frischen Torf durch Pressen zu entwässern (Naßpreßmethode, System Koch und Mannhardt), auch ist Entwässerung durch Elektrolyse vorgeschlagen worden. Getrockneten und zerkleinerten Torf preßt man in kalten oder heißen Pressen (Trockenpreßmethode, System Exter-Gwynne u.a.) und gewinnt dadurch den Preßtorf, Torfbriketts. Im bayrischen Kolbermoor und Haspelmoor wird die zu bearbeitende Parzelle von der Vegetation befreit, geebnet, gepflügt und geeggt und der abgelöste Torf lufttrocken gemacht. Dann sammelt man ihn mit einem Schneepflug, bringt ihn in eine Zerkleinerungsmaschine, aus dieser in den Trockenofen und mit einer Temperatur von 50–60° in die Presse, die ihn in dunkelbraune, glänzende Ziegel verwandelt. Am rationellsten ist die Herstellung von Maschinentorf, bei welcher die Torffasern durch maschinelle Vorrichtungen zerrissen und miteinander vermengt werden, so daß ein möglichst gleichförmiger Brei entsteht. Dieser wird mit der Hand in Formen geschlagen; häufiger verläßt er die Maschine als endloser dicker Strang (ähnlich wie der Ton bei Ziegelmaschinen), der in Soden zerschnitten wird (Maschinenformtorf). Bisweilen versetzt man den Brei auch mit Wasser, läßt diesen in gleichmäßig dicker Schicht auf freies, geebnetes Land ausfließen und zerschneidet die Masse, bevor sie völlig getrocknet ist (Maschinen-, Brei-, Backtorf nach Hannover-Oldenburger Art). Dieser Torf, der fälschlich auch als Preßtorf (die Maschine wird Torfpresse genannt) in den Handel kommt, verdankt seine dichte Beschaffenheit nicht einem auf ihn ausgeübten starken Druck, sondern der Gleichmäßigkeit der Masse, aus der er besteht, indem die Faserteilchen und die ungeformten Bestandteile derselben sich beim Trocknen dicht aneinander lagern. Durch diese Kontraktion erlangt das fertige Produkt ein erheblich vermindertes Volumen und eine ungleich größere Widerstandskraft gegen elementare Schädigungen als der Stechtorf. Eine besondere Art des Maschinentorfes ist der Kugeltorf, bei dem der durch die Maschine hergestellte Torfbrei in besondern Vorrichtungen zu faustgroßen Kugeln geformt wird. Fig. 2 zeigt eine Torfmaschine für Pferdebetrieb von Schlickeysen. Die an der stehenden Welle W befestigten Schneckenflügel S S sind schraubenförmig gestaltet und umfassen nicht den ganzen Kreisumfang, wie sich aus Fig. 3 und 4, welche die beiden obern Messer, bzw. Flügel darstellen, ergibt. Das obere Messer ist mit einem Schaber B versehen, der die am innern Umfang des Bottichs hängen gebliebenen Torffasern abschabt und den Messern zuführt.

2. Torfmaschine für Pferdebetrieb von Schlickeysen; 3 und 4 die beiden obern Messer derselben.
2. Torfmaschine für Pferdebetrieb von Schlickeysen; 3 und 4 die beiden obern Messer derselben.

Damit sich die Torfmasse nicht festsetzt, sind mehrere Eisenstäbe E E quer durch den Bottich hindurchgezogen. Der den untern Teil des Bottichs abschließende Boden ist mit der Welle W fest verbunden. Wird nun die Torfmasse oben in den Bottich eingeschüttet, so wird sie bei entsprechender Drehung der Welle W zerrissen, durcheinander gemengt, durch das untere Messer der Ausgangsöffnung, vor der sich die Form F befindet, zugedrängt und tritt aus dem Mundstück in einem fortlaufenden Strang aus.

Tabelle

Um das unbequeme Aufgeben des rohen Torfmaterials in die hohen Bottiche zu vermeiden, konstruierte man Torfmaschinen mit liegender Schneckenwelle, wobei aber das Eigengewicht des Torfes beim Nachschieben der Torfmasse nicht mehr behilflich ist.

Fig. 5 und 6 zeigen eine solche Maschine für Dampfbetrieb von Schlickeysen. Die Konstruktion der Messer ist aus der Zeichnung ersichtlich. Zu erwähnen ist die unterhalb des Trichters T liegende Speisewalze W, die durch Zahnräder im entgegengesetzten Sinne mit der Messerwelle S bewegt wird, so daß hierdurch Messer und Speisewalze das Material aus dem Trichter nach unten ziehen.

5 und 6. Torfmaschine für Dampfbetrieb von Schlickeysen.
5 und 6. Torfmaschine für Dampfbetrieb von Schlickeysen.

Derartige Maschinen liefern bei geeignetem Rohmaterial in 10 Arbeitsstunden 10–15,000 Soden.

7. Torfmaschine von Clayton Son and Howlett.
7. Torfmaschine von Clayton Son and Howlett.

Bei der in Fig. 7 dargestellten Maschine von Henry Clayton Son and Howlett in London, Atlas Works, wird die Torfmasse in den vertikal stehenden Trichter T gegeben und durch Bewegung der Flügel an der im Trichter befindlichen vertikalen Welle nach unten gedrückt, wo sie in den horizontal liegenden Zylinder eintritt. Aus letzterm wird die Masse durch die Formen gepreßt und tritt daselbst in mehreren glatten Strängen aus. Diese Stränge werden dann von Brettern aufgenommen und durch das mit sechs eingespannten Drähten versehene Schneidegatter G in Stücke zerschnitten. Die Torfmasse wird durch eine besondere Aufzugsvorrichtung vermittelst der Trommel K nach oben geschafft. Diese Maschine hat etwa 5–6 Pferdekräfte für ihre Bewegung nötig und liefert pro Tag 60–100,000 Soden frischen Torf. Da der Torf häufig mit wenig oder gar nicht vermoderten Pflanzenteilen durchsetzt ist, die sich an die Messer ansetzen und dadurch Verstopfungen und Betriebsstörungen herbeiführen, konstruierte man Torfmaschinen mit zwei nebeneinander liegenden Wellen, deren Schraubenflächen aneinander vorbeigleiten und sich gegenseitig reinigen.

8. Zweiwellige Torfmaschine von Grotjahn und Picau.
8. Zweiwellige Torfmaschine von Grotjahn und Picau.

In Fig. 8 ist eine derartige Maschine von Grotjahn und Picau dargestellt. Zwei Wellen besitzt auch die Torfmaschine von Dolberg in Rostock, die in 10 Stunden 75,000 Soden mit einem Querschnitt von 129 qcm = 258 cbm (Festmeter) geformten Torf liefert, und die Maschine von Heinen in Varel (Oldenburg). Die bis jetzt beschriebenen Maschinen zur Herstellung von Maschinentorf stellen den Torf ohne besondere vorherige Beimengung von Wasser her. Von Cohen und Moritz ist eine Wander-Torfaufbereitungsmaschine (Fig. 9 und 10) konstruiert, bei welcher der Torf durch Zusatz von Wasser zu einer breiartigen Masse verarbeitet wird. Dieselbe enthält mehrere nebeneinander liegende horizontale Zylinder, in denen sich je eine Schneckenwelle bewegt. Diese Schneckenwellen werden durch Zahnräder vermittelst der Riemenscheibe K durch eine Lokomobile getrieben. In dem zur Aufnahme des Rohmaterials dienenden Trichter T befindet sich ein Rührwerk, durch das die Torfmasse mit dem zugepumpten Wasser gemischt wird. Diese Maschinen sind mit Rädern versehen und auf Schienen so aufgestellt, daß ihre Fortbewegung zu gewissen Zeiten auf den Schienen neben dem Arbeitskanal her erfolgen kann. Bei geringerer Tiefe der Torfgrube wird der ausgestochene Torf direckt in den Trichter geworfen, dagegen wird bei tiefer liegenden Torflagern die Torfmasse durch einen Elevator E nach dem Trichter geführt. Der auf diese Weise gewonnene Torfbrei wird dann durch Karren dem Trockenterrain zugeführt.

9. und 10. Wander-Torfaufbereitungsmaschine von Cohen und Moritz.
9. und 10. Wander-Torfaufbereitungsmaschine von Cohen und Moritz.
11. Formmaschine für Kugeltorf.
11. Formmaschine für Kugeltorf.

Bei der Kugeltorffabrikation wird der Torf zu einer breiartigen Masse verarbeitet und dann durch eine Hebevorrichtung nach der Formmaschine gehoben. Diese Form besteht aus einer oder mehreren Trommeln von Holz oder Metallblech (Fig. 11), die um Achsen rotieren und an der innern Seite mit Schraubengängen versehen sind. In eine solche Trommel wird nun mittels einer im Trichter T rotierenden Schraube der Torfbrei geschoben. Jeder auf diese Weise während einer Umdrehung vorgeschobene Teil wird bei der Drehung in den Schraubengängen zu einer Kugel geformt, verläßt am Ende der Trommel dieselbe und rollt auf einer schiefen Ebene nach dem Trockenraum. Die Kugeln haben einen Durchmesser von 10–14 cm. Aber trotz der großen Vorteile, welche die Kugelform zu bieten scheint, hat dessen Darstellung doch keine dauernden Erfolge erzielt, was hauptsächlich auf die Höhe der Herstellungskosten zurückzuführen sein dürfte.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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