Öffentliche Aufforderung zu strafbaren Handlungen

Öffentliche Aufforderung zu strafbaren Handlungen

Öffentliche Aufforderung zu strafbaren Handlungen ist im deutschen Strafrecht in verschiedenen Fällen unter Strafe gestellt. Die Aufforderung ist öffentlich, wenn sie an einen nicht geschlossenen Personenkreis gerichtet ist. In der damit gegebenen Möglichkeit einer unabsehbaren Wirkung liegt ihre Gemeingefährlichkeit und der Grund ihrer Strafwürdigkeit, in ihr aber zugleich die Rechtfertigung dafür, daß, anders als bei der Anstiftung (s. Anstifter), die sich immer an bestimmte Personen richten muß, die öffentliche Aufforderung strafbar bleibt, auch wenn sie keinen Erfolg gehabt hat. 1) Allgemein bedroht das Reichsstrafgesetzbuch im § 111 die öffentliche Aufforderung mit Geldstrafe bis zu 600 Mk. oder Gefängnis bis zu einem Jahre; doch darf die Strafe, der Art und dem Maße nach, keine schwerere sein, als gegen die Handlung selbst, zu der aufgefordert wurde, angedroht ist. Hat die Aufforderung die strafbare Handlung oder deren strafbaren Versuch zur Folge gehabt, so ist der Auffordernde gleich einem Anstifter zu bestrafen. 2) Nach § 110 wird die öffentliche Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze oder rechtsgültige Verordnungen oder gegen die von der Obrigkeit innerhalb ihrer Zuständigkeit getroffenen Anordnungen mit Geldstrafe bis zu 600 Mk. oder Gefängnis bis zu 2 Jahren bestraft. Wichtig und bestritten ist die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Aufforderung zur vertragswidrigen Arbeitseinstellung (s. Vertragsbruch) unter die Bestimmungen dieses Paragraphen fällt. Mit dem Reichsgericht wird daran festzuhalten sein, daß Aufforderung zum Bruch eines bestimmten einzelnen Arbeitsvertrags nicht genügt, daß vielmehr zur »Mißachtung des Gesetzes schlechthin und überhaupt, seiner Autorität und verbindenden Kraft« aufgefordert worden sein muß. Von den übrigen Fällen seien erwähnt: 3) die öffentliche Aufforderung zu einem hochverräterischen Unternehmen (s. Politische Verbrechen); 4) die öffentliche Aufforderung zu einer Verletzung des Sprengstoffgesetzes (s. Explosivstoffe, S. 225). Verschieden von diesen Fällen ist die nichtöffentliche Aufforderung zu einer strafbaren Handlung; vgl. Anstifter.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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