Güterschuppen

Güterschuppen

Güterschuppen der Eisenbahn dienen zur Vermittelung des Stückgutverkehrs zwischen Bahn und Publikum, während das Rohgut in ganzen Wagenladungen im Freiladeverkehr auf offenen Ladestraßen an den Gleisen abgefertigt und, wo nötig, auf Brückenwagen in ganzen Ladungen gewogen wird. Die G. müssen demnach mit Einrichtungen zum Verwiegen der einzelnen Stücke, auch mit Arbeitstischen, Dienst- und Kassenräumen ausgestattet sein. Der G. selbst muß verschließbare Räume für aufzubewahrende Güter, Vorratsräume für Materialien und bei größern Anlagen auch Räume für die Unterkunft der Arbeiter in den Pansen enthalten.

Die Grundrißform der G. kann sehr verschieden sein; allen gemeinsam sind jedoch Ladesteige in Höhe der Wagenfußböden mit Überdachung für Bahn- und Straßenfuhrwerk, entweder außerhalb oder innerhalb des Gebäudes, im erstern Falle durch große Tore mit dem Innenraum verbunden. In Deutschland und Österreich, der Schweiz und den meisten andern Ländern ist die Form gestreckter Rechtecke vorwiegend üblich, mit beiderseits außen entlang laufenden Ladesteigen unter überspringendem Dach. Auf größern Bahnhofen wird Ankunft und Versand getrennt, entweder in demselben Gebäude durch Querteilung oder auch durch Verteilung auf mehrere Schuppen, die häufig (übrigens auch ohne diese Art der Trennung) zu je zweien so nebeneinander gelegt werden, daß sie die Ladestraße für beide zwischen sich fassen, so die übliche Form in größern deutschen Städten; alsdann kann der Mittelraum überdeckt werden, wie auf dem Lehrter Güterbahnhof in Berlin (in andern Fällen, wie Hannover, umgekehrt: Gleise dazwischen, zwei Ladestraßen außen).

Grundriß der Schuppenanlage auf dem Güterbahnhof Köln (St. Gereon). D G. Dienstgut; Sp. Spediteure; A. f. S. Ausgabe für Selbstabnahme; M. Möbel; V. u. D. Versand- und Durchgangsgut; K, K Kran.
Grundriß der Schuppenanlage auf dem Güterbahnhof Köln (St. Gereon). D G. Dienstgut; Sp. Spediteure; A. f. S. Ausgabe für Selbstabnahme; M. Möbel; V. u. D. Versand- und Durchgangsgut; K, K Kran.

In einzelnen Fällen wird wohl ein Ladegleis (wie in Hannover) in das Innere des Schuppens gelegt. Wichtiger ist jedoch diese Abschließbarkeit für das offene Straßen- als für das verschließbare Eisenbahnfuhrwerk. In England legt man meist die Ladestraße und ein oder zwei Ladegleise in den Schuppen, macht den Ladeboden dazwischen verhältnismäßig schmal (z. B. 8–9 m breit) und besetzt ihn so mit zahlreichen hydraulischen Kranen, daß das Abnehmen der Güter von der einen Seite und das Wiederaufladen auf der andern Seite des Ladebodens ausschließlich von diesen Kranen bewirkt wird, deren je zwei für jedes Stück in Tätigkeit kommen. Das ist bei den in England nur mit Segeltuch bedeckten Güterwagen möglich, in Deutschland mit seinen fest bedeckten Güterwagen jedoch nicht. Neben diesen Formen mit Längsladesteigen findet man in England häufig auch solche mit Quersteigen im Gebäude, um den bedeckten Raum noch besser ausnutzen zu können. Die Eisenbahnwagen werden alsdann mittels Drehscheiben von den Zufuhrgleisen an die Ladezungen gebracht.

Eine ähnliche Form, jedoch mit kürzern (5 m breiten und 17 m langen) Quersteigen für je zwei Bahnwagen jederseits eines solchen Zungensteigs, zeigt die 1893 auf dem neuen Güterbahnhof St. Gereon-Köln eröffnete große Anlage (s. Abbild.). Dort liegen die Anbauten oder Zungensteige außerhalb des Gebäudes unter allseitig offenem Dachüberstand, während sich auf der andern Seite die Ladestraße mit Längsladesteig befindet. In diesem Schuppen ist Ankunft, Versand und Umladung vereinigt. Alles in den Schuppen eingehende und weiter zu befördernde Gut, gleichviel ob aus Bahn- oder Straßenwagen, wird zunächst um die mit Nummer 31–102 versehenen (das Dach tragenden) Ständer nach Bestimmungsorten zusammengelegt und dann, sobald es für eine Wagenladung reicht, gemeinsam eingeladen. Ebenso wird alles für die Stadt ankommende Gut um die Nummern 1–30 gruppiert und von dort dem Rollfuhrwerk zugeführt. Der Betrieb dieses mit Zollverschluß 10,000 qm Grundfläche messenden Schuppens ist sehr geschickt gegliedert, und es werden deshalb täglich im Durchschnitt über 600 Ton. Stückgut daselbst mit verhältnismäßig wenig Personal abgefertigt, an einzelnen Tagen aber noch erheblich mehr (vgl. »Zeitung deutscher Eisenbahnverwaltungen«, 1894, S. 57). Dasselbe System ist in Kopfform auf dem neuen Güterbahnhof in Frankfurt a. M. angewendet, dort aber nicht bewährt gefunden. Auch in Köln sind neuestens die Ansichten über die Vorzüge dieses Systems geteilt. Ein Teil der Quersteige ist inzwischen durch Längssteige ersetzt worden. Die Gestalt mit sägeförmigen Ladesteigen erreicht den Vorteil der vorigen Form, nämlich der unabhängigen Zugänglichkeit einzelner Wagen oder doch Wagengruppen, ohne Drehscheiben, vielmehr durch Weichen, also bequemer. Diese Form ist zuerst in Olmütz (Österreichische Lokalbahngesellschaft) und für den neuen Eilgutschuppen des Bahnhofs Köln, dann mit großen Abmessungen in Zürich und München zur Ausführung gelangt.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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