Milchsäuren

Milchsäuren

Milchsäuren, organische Säuren von der Zusammensetzung C3H6O3. GärungsmilchsäureOxypropionsäure, Äthylidēnmilchsäure, Propanolsäure) CH3.CH(OH).COOH findet sich im Magensaft und Darminhalt, auch sonst weitverbreitet im tierischen Körper, entsteht durch einen Gärungsprozeß, der durch den Milchsäurebazillus eingeleitet wird und am lebhaftesten zwischen 45 und 55° verläuft, aus Zucker, Gummi und Stärkemehl, findet sich daher in saurer Milch, Sauerkraut, sauren Gurken, Gerberlohe etc. und bildet sich leicht in Bierwürze. Der Milchsäurebazillus ist gegen freie Säure sehr empfindlich und die Gärung kommt zum Stillstand, sobald hinreichend Milchsäure gebildet ist. Bei der Herstellung von M. aus Molken muß man daher kohlensaures Zink zusetzen und von Zeit zu Zeit den Zusatz wiederholen. Künstlich erhält man M. aus Alanin, aus Aldehydammoniak und Blausäure, aus α Chlorpropionsäure, beim Erhitzen von Traubenzucker mit Wasser und Barythydrat auf 160°. Milchsäure bildet einen farb- und geruchlosen Sirup vom spez. Gew. 1,215, schmeckt stark sauer, ist optisch inaktiv, leicht löslich in Wasser, Alkohol und Äther, nicht flüchtig, verflüchtigt sich aber mit Wasserdämpfen, löst leicht Erdsalze, besonders Kalkphosphat, zerfällt über Schwefelsäure in ihr Anhydrid (Laktylsäure C6H10O5) und Wasser, beim Destillieren in kristallisierbares Laktid C5H8O4 oder O‹CH(CH3)CO/COCH(CH3)›O (schmilzt bei 125°), Kohlenoxyd und Wasser; mit verdünnter Schwefelsäure gibt sie bei 130° Aldehyd und Ameisensäure; Jodwasserstoffsäure reduziert sie zu Propionsäure, übermangansaures Kali oxydiert sie zu Brenztraubensäure, Chromsäure zu Essigsäure und Kohlensäure. Sie vergärt in Bierwürze, gibt aber mit faulenden tierischen Stoffen Buttersäure, Kohlensäure und Wasserstoff. Milchsäureäthyläther CH3.CH(OH).COOC2H5 entsteht bei Destillation von milchsaurem Kali mit äthylschwefelsaurem Kali, bildet eine farblose Flüssigkeit, siedet bei 154,5° u. bildet mit Ammoniak Laktamid C3H7NO2 oder CH3.CH(OH).CONH2, das kristallisiert, in Wasser leichtlöslich ist und bei 74° schmilzt. Milchsäure ist gleichzeitig Säure und Alkohol und bildet neutrale, in Wasser und Alkohol lösliche Salze (Laktate), die bis auf die der Alkalien kristallisierbar sind. Milchsaures Eisenoxydul Fe(C3H5O3)2.3H2O, aus sauren Molken und Eisenfeile oder aus milchsaurem Natron und Eisenvitriol dargestellt, ist farblos, kristallinisch, wenig löslich in Wasser, schmeckt mild süßlich eisenartig und dient als Arzneimittel. Milchsäure wird als Verdauung beförderndes Mittel und auch bei Krupp und Diphtherie angewendet, weil sie die bei diesen Krankheiten auftretenden Membranen löst, ferner bei Angina pectoris infolge von Gefäßverkalkung, bei Diarrhöen der Erwachsenen und Kinder, als Ätzmittel für pathologische Gewebe, besonders bei Kehlkopftuberkulose, bei Pruritus, zu Mundwässern und als Zahnreinigungsmittel benutzt. Außerdem kommt sie in Form von Molken und Buttermilch vielfach in Anwendung, und milchsäurehaltige Flüssigkeiten spielen in der Gerberei, Färberei (Kleienbad) und Stärkefabrikation (Lösung des Klebers) eine Rolle; auch in der Bierwürze bildet sich leicht Milchsäure. – Sättigt man Milchsäure mit Strychnin, so kristallisieren aus der Lösung die Salze von zwei M. mit entgegengesetztem Drehungsvermögen, die Rechts- und Linksmilchsäure. Die Rechtsmilchsäure (Paramilchsäure, Fleischmilchsäure) bleibt auch übrig, wenn man in der Lösung von gärungsmilchsaurem Ammoniak den Pilz Penicillium glaucum wachsen läßt. Sie findet sich auch im Muskelfast und wird am besten aus Liebigschem Fleischextrakt dargestellt. Linksmilchsäure entsteht bei der Spaltung einer Rohrzuckerlösung durch den Bacillus acidi laevolactici, der in Birnen vorkommt. Mischt man Lösungen von rechts- und linksmilchsaurem Zink, so kristallisiert gärungsmilchsaures Zink. β Oxypropionsäure (Äthylenmilchsäure, Hydrakrylsäure) CH2(OH).CH2.COOH entsteht aus β Chlorpropionsäure mit feuchtem Silberoxyd und aus Äthylencyanhydrin mit Salzsäure. Sie ist der Gärungsmilchsäure sehr ähnlich, zerfällt aber leicht in Akrylsäure und Wasser und gibt mit Chromsäure Oxalsäure und Kohlensäure.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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