Gerýon

Gerýon

GERÝON, ŏnis, Gr. Γηρυὼν, όνος, ( Tab. XI.)

1 §. Namen. Diesen leiten einige von dem griechischen Worte γῆρυς, εως, eine Stimme her, Voss. Etymol. in Garrio. vielleicht weil solcher Gerion mit seinen dreyen Köpfen auch eine gute Stimme zu schreyen hatte. Allein, andere gehen mit selbigem auf das Syrische und Phönicische, und wollen, daß er von gerehem oder grehoun hergenommen sey, welches so viel, als derer Einwohner, heiße, weil durch den Geryon und dessen drey Köpfe, drey Haufen Leute verstanden würden, welche Herkules geschlagen; welches denn im Phönicischen gegeben worden, icchach schelosch rasche gerehem, oder Syrisch grehonn, d.i. er hat drey Häupter oder drey Haufen Grehonn oder derer Einwohner geschlagen. Cleric. ad Hes. Theog. v. 287. Man läßt dieß aber dahin gestellet seyn. Sonst wird sein Namen im Griechischen insgemein Γηρυόνης, ου, ausgesprochen, Apollod. l. II. c. 5. §. 10. Conon. Narr. 3. & alii. und daher Lateinisch Geryŏnes, æ, gegeben. Virgil. Aen. VIII. v. 202. & Plin. H. N. l. IV. c. 22. Man nennet ihn aber auch Griechisch Γηρυόvευς, Hesiod. l. c. und nach solchem Lateinisch Geryonêus. Jedoch wird er dort insgemein Γηρύων, Aeschyl. ap. Cerdam ad Virg. l. c. cf. German. Valens ad eumd. l. c. & itemque Cerda ad Aen. VII. v. 662. und also Lateinisch mit Geryon ausgedrücket. Iustin. lib. X. LIV. c. 4. Hygin. Præf. p. 16. alii plures.

2 §. Aeltern. Sein Vater war Chrysaor, welcher nebst dem Pegasus aus dem Blute der Medusa entstund, seine Mutter aber Kallirrhoe, des Oceans Tochter. Hesiod. Theog. v. 287. & Apollod. l. II. c. 4. §. 10. Es ist ein Fehler, wenn einige den gedachten Pegasus für seinen Vater angeben. Diacon. ap. Muncker. ad Hygin. Præf. p. 16.

3 §. Stand und Schicksal. Er war, nach einigen, ein König in Spanien. Iusiin. lib. XLIV. c. 4. & Albric. de Imag. Deor. c. 22. Nach andern aber herrschete er über die drey Inseln, nämlich die größere und kleinere balearische und Ebusa. Serv. ad Virg. Aen. VII. v. 662. Nach den dritten regierete er insonderheit in der Insel Erythea, welche einige für die Insel Gadira, oder Gades halten. Strabo lib. III. p. 148. & Apollod. lib. II. c. 4. §. 10. Ob nun wohl anderweits geglaubet wurde, daß er einen ungeheuern Reichthum von seinem Vater überkommen habe, als der eben von dem vielen χρύσῳ, oder Golde, den Namen Chrysaor bekommen: Diod. Sic. lib. IV. c. 17. p. 156. so waren dennoch seine Rinder noch berühmter, als welche, unter andern, auch dieses besonders hatten, daß sie insgesammt punicei coloris oder braunroth von Farbe waren. Wie er aber dabey nicht allein selbst eine ungeheure Person war, indem er drey Leiber statt eines, und also auch drey Köpfe, sechs Arme und sechs Beine hatte, welche um den Bauch herum nur in einen Menschen oder Leib zusammen giengen: also setzete er insonderheit den Riesen, Eurytion, über besagte Rinder zum Hirten, welcher wiederum den Orthrus, einen Hund mit zweenen Köpfen, zu seinem Beystande hatte. Da nun Eurystheus meynete, daß es was unmögliches seyn würde, ihm besagte Rinder zu nehmen, so befahl er dem Herkules, ihm dieselben zu holen. Es machte sich also dieser hinüber nach Africa zu ihnen, und blieb die erste Nacht auf dem Berge Arbas. Als ihn gedachter Hund da vermerkte, so fiel er ihn alsobald an: allein, Herkules schlug ihn mit seiner Keule darnieder; und da Eurytion seinem Hunde helfen wollte, so begegnete ihm ein gleiches. Es lief darauf Menötius, Plutons Hirt, und hinterbrachte dem Geryon, was vorgieng. Dieser eilete dem Herkules nach, welcher sich seiner Rinder schon bemächtiget hatte, und traf ihn mit denselben noch an dem Flusse Anthemus an. Es kam also zwischen beyden zum Gefechte, in welchem Juno selbst dem Geryon beystund, allein auch in die Brust darüber verwundet, und zuletzt Geryon doch mit einem Pfeile erleget wurde. Apollod. l. c. Herkules behielt also die Rinder und gieng damit über die See zurück, da er sie sodann weiter trieb. Ptol. Hephæst. l. II. p. 310. Einige machen aus ihm drey Söhne des Chrysaors, daß er also keine besondere Person gewesen. Sie wollen dabey, daß sie Herkules mit einem ordentlichen Heere, das er in Kreta zusammen gezogen, angegriffen, und überwunden habe. Diod. Sic. l. c. Andere wollen dagegen wissen, daß aus solches Geryons Blute ein Baum gewachsen, welcher Früchte wie die Kirschen, jedoch ohne Kerne, getragen. Serv. l. c. Sonst sollen dessen Rinder auch die Fremden gefressen haben, die in sein Land gekommen: sie aber noch ein sieben köpfichter Drache mit gehütet haben, welchen Herkules ebenfalls erst erlegen müssen, ehe er sich der Rinder bemächtigen können. Pomey P. VI. p. 236.

4 §. Eigentliche Historie. Nach einigen soll er ein König in den spanischen Inseln gewesen seyn, der einen großen Haufen Vieh, als den damals fast einigen Reichthum, besessen, die ihm aber Herkules von Tyrus entführet. Weil er nun zween Brüder, oder auch drey Prinzen gehabt, welche so einmüthig gelebet, als ob sie alle drey von einer Seele regieret würden, so habe man daher Gelegenheit genommen, die Fabel von seinem dreyfachen Leibe zu dichten. Iustin. lib. XX. XXIV. c. 4. Den zweyköpfichten Hund, den er gehabt haben soll, deuten einige dahin, daß er zu Wasser und zu Lande sehr mächtig gewesen, wie sie hingegen den ehernen Topf, (oder Becher,) in welchem Herkules zu ihm über die See gefahren gekommen, von einem Schiffe verstehen, welches mit Erzte wohl verwahret gewesen. Serv. ad Virg. Aen. VII. v. 661. Allein, da andere den Herkules für einen bloßen Kaufmann von Tyrus ausgeben, so wollen sie, daß die drey Leiber des Geryons nichts, als drey Haufen der Einwohner der Insel Erythia gewesen, welche sich besagtem Kaufmanne widersetzet, als er in ihre Insel eingefallen; aber auch von ihm geschlagen worden. Cleric. ad Hes. Theog. v. 287. Ban. Erl.. der Götterl. IV B. 617 S. Immittelst machen noch andere solchen Geryon zu einem Könige in Epirus, Hecatæus & alii ap. Abel. Hist. Monarch. lib. II. c. 1. §. 21. Bochart. Chan. L. I. c. 34. und wiederum andere zu einem Könige zu Trikarenia, einer Stadt am Pontus Euxinus. Weil nun solche Stadt ihrem Namen nach so viel, als drey Köpfe heißt, Gerpon aber daher auch Tricarenus genannt worden, so habe man von solchem zweydeutigen Namen ihm hernachmals drey Köpfe anaedichtet. Palæph. de Incred. c. 25. So unbestimmt indessen sein Daleyn oder seine eigentliche Geschichte ist, so hatte er doch ein eigenes Orakel in Italien, nahe bey Padua, welches Tiberius um Rath fragete. Suet. in Tib. c. 14.

5 §. Anderweitige Deutung. Er wird insonderheit für ein Bild brüderlicher Eintracht gehalten. Alciat. ap. Masen. Spec ver. occ. c. 40. n. 16. Andere verstehen unter ihm den Donner und Blitz, als welcher den Namen von γῆρυς, Stimme, haben soll, weil sich der Donner, als eine starke Stimme, hören läßt, wobey ihm drey Köpfe angedichtet worden, weil der Blitz dreyerley sey, nämlich durchbohrend, zerschmetternd und zündend. Seine Ochsen sollen mit ihrem Brüllen ebenfalls den Laut des Donners vorstellen, welche Herkules weggetrieben, indem durch die Gewalt des Feuers die Wolken zerrissen werden, daß der Blitz hindurch kann, und was dergleichen ziemlich gezwungene Auslegungen mehr sind. Voss. Theol gent. lib. III. c. 8.


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