Concurs [2]

Concurs [2]

Concurs, 1) (Concurs der Gläubiger, Concursus creditorum, Rechtsw.), das gleichzeitige Vorhandensein Mehrerer, welche mit ihren Forderungen, die sie an eine bestimmte Person haben, nicht befriedigt werden können, weil das hierzu verfügbare Vermögen nicht ausreichend ist, u. das zur möglichsten Befriedigung derselben eingeleitete gerichtliche Verfahren. Der C. ist a) ein allgemeiner (C. generalis), wenn sich das Schuldenwesen über das ganze Vermögen des Schuldners, od. b) ein besonderer (C. particularis), wenn sich das Schuldenwesen nur auf einen bestimmten Vermögenstheil des Schuldners, z.B. ein besonderes Etablissement, erstreckt. Der C. ist ferner (jedoch mehr in Rücksicht auf die Bedeutung unter b) imminent (C. imminens), bevorstehend, od. wirklich existirend, u. in letzterem Fall formell (C. formalis), wenn ein Concursverfahren von der Behörde ausgesprochen u. das Nöthige deshalb schon eingeleitet ist, od. materiell (C. materialis), wenn zwar eine Überschuldung vorhanden, das förmliche gerichtliche Verfahren aber noch nicht eingeleitet ist. Das Concursrecht scheidet sich in zwei Haupttheile: a) das materielle Concursrecht, d. i. das System derjenigen Regeln, welche sich auf den Umfang u. die Rangordnung der gegenseitigen Ansprüche der Gläubiger u. des Schuldners, sowie der Gläubiger unter sich beziehen, u. b) das Concursproceßrecht. Nach Gemeinem Recht beruhen die Quellen beider Arten des Concursrechtes mehr auf Gewohnheiten, als auf geschriebenem Rechte. Die Hauptsätze sind Folgende: A) die Nachtheile eines drohenden C-s kann der Schuldner abwenden, wenn er a) Zeit zur Erholung u. Zahlung (Stundung) zu erhalten sucht. Er kann dies erlangen, wenn er auf eine gewisse Zeit von Bezahlung seiner Schulden entweder durch eine landesherrliche Dispensation (Moratorium, Anstandsbrief, Indult), dessen Ertheilung in einzelnen Staaten, z.B. im Königreich Sachsen, Koburg-Gotha, Braunschweig, freilich durch die neueren Verfassungsurkunden grundgesetzlich verboten ist, in anderen, z. V. Kurhessen, nur mit landständischer Genehmigung erfolgen darf; od. durch einen mit den Gläubigern abgeschlossenen Vertrag (Pactum moratorium, Stundungsvertrag) befreit wird; b) durch Accord (Pactum remissorium, Nachlaßvertrag), indem durch Vertrag mit den Gläubigern über den theilweisen Erlaß ihren Forderungen verhandelt, die Summe der Schulden meist nach bestimmten Procentsätzen ermäßigt u. demnach die Insolvenz gehoben wird. Dieser Vertrag kann sowohl gerichtlich (judicale), als außergerichtlich (extrajudicale) abgeschlossen werden, wo zur Sicherung gegen unbekannte Gläubiger oft Edictalcitation (s. u. Citation) erlassen wird; auch kann mit dem Accord zugleich ein Moratorium verbunden sein. Nach Gemeinem Recht kann die Stimmenmehrheit bei dem Accord nur gegen die sich weigernden chirographarischen Gläubiger geltend gemacht werden, u. je nachdem nun die Gläubiger zur Annahme des Vergleiches gezwungen werden, od. freiwillig denselben eingehen, ist derselbe nothwendiger od. freiwilliger Accord. B) Kommt nach gepflogenem Gütetermin keins von jenen Mitteln in Anwendung, so wird über das überschuldete Vermögen auf des Schuldners Verlangen, od. auf Veranlassung der Gläubiger, od. auch von Amtswegen der förmliche C. eröffnet; nur muß in den beiden letzteren Fällen eine Untersuchung des Vermögensbestandes des Schuldners vorher angestellt u. diesem zu dem Ende aufgegeben werden, bei Vermeidung der Eröffnung des C. binnen einer gewissen Zeit ein Verzeichniß über sein Vermögen (Status activus) u. seiner Schulden (Status passivus) einzureichen, welches sodann, wenn nicht sofort die entschiedene Überschuldung daraus sich ergibt, zunächst den bekannten Gläubigern zu ihrer Gegenerklärung vorgelegt wird. Ergibt sich aus dieser Untersuchung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so wird nun C) der Concursproceß durch einen Beschluß des Gerichtes (Decretum de aperiundo concursu) eröffnet. a) Der Concursproceß (Gantproceß, Processus cridae, bei fürstlichen Personen Proc. conturbationis) ist nun derjenige summarische Proceß, welcher zunächst die Ausmittelung der Gläubiger eines in Insolvenz gerathenen Schuldners (Cridarius, Cridar, Gemein-, Gantschuldner), das Ausfindigmachen der Vermögensmasse desselben (nun Concursmasse, Massa concursus) u. dann die gerichtliche Vertheilung derselben an die erwiesenen Gläubiger nach der unter ihnen gesetzlich stattfindenden Rangordnung (Klassen der Gläubiger), vor einem Gericht (Concursgericht) zum. Zweck hat. Die über die gerichtlichen Verhandlungen im Concursproceß angelegten Acten, Concursacten, sind allgemeine, wenn sie Verhandlungen betreffen, welche die Gläubigerschaft zusammen angehen, u. besondere, wenn sie die abgesonderten Verhandlungen der einzelnen Gläubiger u. anderer Interessenten enthalten. b) Die durch die Verhandlung des Concursprocesses veranlaßten Kosten (Concurskosten) entstehen durch die Verwaltung der Gütermasse (Sumtus oeconomicus); durch die gerichtliche Leitung u. Entscheidung des Concursprocesses (gerichtlicher C.); od. es sind solche,[342] welche die einzelnen Gläubiger bei Verfolgung ihrer Forderungen aufwenden Hinsichtlich der beiden ersten Arten gilt gemeinrechtlich der Grundsatz, daß diese von der Masse vorabgezogen werden u. daher nur der Überrest als eigentliche Masse zur Vertheilung an die Gläubiger gelangt. Die Vertheilung der dritten Art geschieht nach denselben Regeln, wie bei den sonstigen Processen, u. werden daher, je nach dem Ausgang des Streites, entweder dem Kläger od. dem Beklagten (hier dem Curator litis, s. unt. E) a) auferlegt. Doch weichen manche Gesetzgebungen hiervon auch ab, indem sie die beiden ersten Arten je nach der Größe der Forderungen auf die einzelnen Gläubiger vertheilen. c) Die Wirkungen eines eröffneten C. sind: aa) daß der Gemeinschuldner des Rechtes, über sein zur Zeit vorhandenes Vermögen nach Willkühr zu verfügen (Dispositionsrecht), verlustig wird, welches Recht der Überschuldete schon vor Ausbruch des förmlichen C. in so weit verloren hat, daß er kein Rechtsgeschäft mit Gültigkeit mehr eingehen kann, durch welches er sein Vermögen zum beabsichtigten Nachtheil seiner Gläubiger noch mehr verringert. Den Gläubigern steht in dieser Rücksicht die Actio Pauliana (s. u. Actio) zu, durch welche sie die, von dem Gemeinschuldner bei schon vorhandener Insolvenz zu ihrem Nachtheil unternommene Vermögensveräußerung anfechten u. auf Zurückgabe der Sache, wenn deren Besitzer dieselbe unentgeldlich od. als Theilnehmer am Betrug gegen eine Gegenleistung erwarb, klagen. Der Schuldner kann in der Regel nichts zu seinem Unterhalt aus der Concursmasse fordern, doch wenn ihm das Beneficium competentiae zusteht, können die Gläubiger die Befriedigung ihrer Forderungen nur in so weit verlangen, daß der Schuldner nicht ganz verarmt u. ihm ein standesmäßiger Unterhalt übrig bleibt; bb) die Gläubiger können Verhaftung des Gemeinschuldners verlangen, wenn von seiner Seite irgendwelche Gefährde, namentlich Verschleppung od. Verheimlichung von Sachen, zu besorgen ist. Zur Abwendung dieser kann er von dem Beneficium cessionis bonorum Gebrauch machen, d. i der Rechtswohlthat, durch welche ein Schuldner sich vom Personalarrest befreit, wenn er einen unverschuldeten Vermögensverfall nachweist u. sein Vermögen, über welches er ein zu beschwörendes Verzeichniß zu fertigen hat (s. Juramentum manifestationis), den Gläubigern abtritt; cc) die Gläubiger treten, als Ganzes, in die Rechte des Schuldners (außer wenn sie von der Art sind, daß der Schuldner dieselben auf Andere nicht übertragen kann) ein u. repräsentiren ihn in Rücksicht der Vermögensmasse u. der darauf haftenden Lasten. Da jedoch die Gläubiger die Concursmasse gemeinschaftlich nicht verwalten können, so wird ein Güterpfleger (Curator bonorum, C. massae) von ihnen erwählt, welcher die Concursmasse verwaltet, Sachen, die ohne Nachtheil nicht bis zu Ende des C. aufbewahrt werden können, verkauft, Alles so viel wie möglich zu Geld macht, die Forderungen eincassirt u. das eingenommene Geld gerichtlich niederlegt od. sicher ausleiht, Güter, die nicht verkauft werden können, od. so lange sie nicht verkauft sind, verwaltet (s. Sequester) etc. Dieser Cur. bon. muß hinreichende Sicherheit bestellen können u. hat außerdem noch die Pflicht, ein Verzeichniß über die Concursmasse (Inventarium), wenn dies nicht schon vorhanden ist, zu fertigen u. dieses theils durch Ausfindigmachung alles dessen, was zur Concursmasse gehört, theils durch Ausscheidung dessen, was nicht zu derselben gehört, sich aber in der Vermögensmasse des Gemeinschuldners vorfand (s. Vindicanten u. Separatisten unt. F), zu berichtigen; dd) die Gläubiger kommen in eine Art von Gemeinschaft u. in eine Gleichheit des Verhältnisses, welche hauptsächlich in Folgendem besteht: alle müssen ihre Befriedigung in einem u. demselben Proceß suchen; keiner kann vor beendigtem Proceß Befriedigung erlangen, außer wenn diese höchst wahrscheinlich ist u. er deshalb gehörige Sicherheit leisten kann; das Recht, eine Sache des Schuldners bis zur Befriedigung der Forderung zurückzubehalten (Retentionsrecht), geht in so fern verloren, daß die zurückbehaltene Sache zur Masse gebracht werden muß; dagegen hört hierdurch das Recht auf Befriedigung aus derselben nicht schon auf, kann aber durch die etwaigen vorzüglicheren Rechte anderer Gläubiger modificirt werden. D) Alle vor anderen Gerichten gegen den Schuldner angestellten u. auf sein Vermögen gerichteten Processe werden vor dem Concursgericht fortgesetzt, u. dieses kann die Einsendung des unter anderen Gerichten gelegenen Vermögens des Schuldners verlangen (Vis attractiva, anziehende Kraft des C.). Die diesen Punkt betreffende Wirkung des C. beschränken Andere auf die Befugniß des Concursgerichtes u. der Gläubiger, über die in anderen Gerichten gelegenen Theile der Concursmasse zu disponiren. E) Das gerichtliche Verfahren nach einem bereits eröffneten C. ist nun Folgendes: a) Nachdem der C. nach vorheriger Untersuchung od. Erklärung des Schuldners eröffnet ist, muß das Gericht zunächst für die Sicherstellung der Concursmasse die nöthige Sorge tragen u. kann schon vorläufig einen Güterpfleger ad interim ernennen. Dann muß es sämmtliche Gläubiger, die bekannten durch eine Currentladung, die unbekannten durch Edictalladungen, die auch in öffentliche Blätter gerückt werden (Concursedict, s. Citation), auffordern, ihre Forderungen an den Gemeinschuldner zu einer bestimmten Zeit im Gericht anzugeben, u. zwar unter Androhung, daß sie außerdem von diesem C. ausgeschlossen werden würden. Endlich muß es jetzt schon einen Contradictor (Curator litis), einen vom Gericht bestellten Sachwalter, ernennen, welcher anstatt des Gemeinschuldners (denn dieser kann als dispositionsunfähig den Proceß nicht selbst führen) die Rolle des Beklagten gegen die Concursgläubiger spielt u. hauptsächlich darauf hinzuwirken hat, daß nicht unbegründete Forderungen zur Anmeldung u. Befriedigung gelangen; b) die vorgeladenen u. erschienenen Gläubiger geben nun an dem, vom Concursgericht bestimmten Tag (Liquidationstermin) ihre Forderungen (Liquidation, Formatio liquidi) an, u. sodann wird, um vielleicht den kostspieligen Fortgang des Concursprocesses zu hemmen, ein Vergleich zwischen den Gläubigern zu Stande zu bringen versucht. Besonders aber soll durch den Liquidationstermin eine Übersicht über die an den Gemeinschuldner zu machenden Ansprüche erlangt werden. Wider die in diesem Termine nicht erschienenen Gläubiger findet die Präclusion, Ausschließung von der Theilnahme an diesem C., statt, u. auf den Antrag des Contradictors,[343] wenn kein Vergleich unter den Gläubigern zu Stande kommt, wird die erfolgte Präclusion durch einen öffentlich bekannt gemachten Bescheid (Präclusivbescheid) wirklich ausgesprochen. Die hier vorkommende Präclusion wird die eigentliche genannt, im Gegensatze der uneigentlichen, welche letztere gegen wirklich erschienene Gläubiger im Laufe des Concursprocesses wegen eines Ungehorsams (in contumaciam) erkannt wird. Noch wird in diesem Termine der schon oben erwähnte Curator bonorum definitiv von den Gläubigern gewählt u. von dem Gerichte bestätigt; c) über die Richtigkeit der, an den Gemeinschuldner gemachten Forderungen (Liquidationsverfahren) u. über deren Rangordnung (Prioritätsverfahren) verhandeln nun die Gläubiger mit den Contradictor, u. nach Beendigung dieses Verfahrens wird ein Urtheil (Locations-, Prioritätsurtheil, Sententia locationis in concursu, Sent. locatoria) ertheilt, durch welches über die Richtigkeit u. den Erweis der Forderungen (Liquidität) u. über deren Platz (s. Klassen der Gläubiger) in der Reihe Aller (Priorität) erkannt wird. Zu Ende des Locationsurtheils wird der Präclusivbescheid angehängt, u. die hier präcludirten Gläubiger (uneigentliche Präclusion) verlieren ihre Forderung ganz. Die Entscheidung über die Liquidität der Forderung u. deren Location (Bestimmung der Stelle, welche sie nach der gesetzlichen Rangordnung haben) in dem Prioritätsurtheile veranlassen oft weitere Verhandlungen unter den einzelnen Gläubigern, u. erst nach Beendigung dieser Streitigkeiten kann die Vertheilung der völlig berichtigten u. in Geld verwandelten Concursmasse erfolgen. Zu dem Ende wird F) ein Distributionsbescheid (Decretum distributionis) verabfaßt, welcher zunächst eine Berechnung der Einnahme der Concursmasse u. der von ihr gemachten Ausgaben (der Aufwand für die Masse selbst u. die Gerichtskosten) u. dann eine Aufzählung der Gläubiger nach deren rechtmäßig ausgemittelter Rangordnung (Klassen), die von dieser Masse befriedigt werden können, enthält. Zugleich wird der Tag der Auszahlung bestimmt u. alle Gläubiger zur Einsicht der Berechnung über die Verwaltung u. Verwendung der Concursmasse u. den dagegen zu machenden Ausstellungen vorgeladen. Unter den Concursgläubigern im weiteren Sinne nehmen übrigens zwei Klassen noch eine ganz besondere Stelle ein, insofern die Rechte derselben abweichend von denen der übrigen Gläubiger, von der zeitigen Anmeldung u. von dem weiteren Gange des Concursprocesses unabhängig sind. Dies sind: a) die Vindicanten (Separatisten ex jure dominii), welche ein ihnen zustehendes Eigenthums- od. anderes dingliches Recht an einer in der Masse befindlichen Sache mit einer dinglichen Klage verfolgen u. dadurch von der Masse ausscheiden. Dergleichen Sachen sind, welche der Gemeinschuldner ohne rechtlichen Titel besaß, ihm geliehene, anvertraute Sachen (die auch mit der Contractsklage zurückgefordert werden können), das Eingebrachte der Ehefrau, die von den Geldern Minderjähriger u. ihnen gleich gestellter Personen gekauften Gegenstände, Servituten, Emphyteuse, Sachen, die vor der Erwerbung durch den Gemeinschuldner schon verpfändet waren, so lange dieser die Schuld nicht ausdrücklich übernommen hat etc. Die Vindicanten nehmen an dem Concursproceß nicht Theil u. haben zu dessen Kosten nichts beizutragen. b) Die Separatisten im eigentlichen Sinne (ex jure crediti), welche obschon persönliche Gläubiger des Gemeinschuldners, dennoch aus einem besonderen Rechte die Absonderung eines Vermögentheils von der allgemeinen Concursmasse fordern können, um sich aus diesem separat zu befriedigen, weshalb sie mit den übrigen Gläubigern der allgemeinen Masse nicht um die Priorität streiten, sondern einen besonderen Concursproceß unter sich bewirken. So können die Gläubiger u. Legatarien eines Erblassers, dessen Erbe der Gemeinschuldner geworden ist, die Trennung der Erbschaft von dem Vermögen des Erben, so die Lehnsgläubiger die Abtrennung des Lehns u. der Lehnseinkünfte von dem Allodium (Erbgute) des Gemeinschuldners zu obigem Zwecke fordern. – Der gemeinschaftliche Concursproceß bildet in den eben dargestellten Grundzügen unbestreitbar ein höchst durchdachtes u. die materiellen Rechte der Betheiligten allseitig berücksichtigendes Ganze. Dagegen leidet er, wenn er mit aller Schärfe durchgeführt wird, an großer Weitläufigkeit u. Kostspieligkeit. Die neueren Gesetzgebungen haben daher denselben zu vereinfachen versucht. Eine besondere Beachtung verdient das preußische, französische u. neuere österreichische Concursrecht. Das preußische Concursrecht zeichnete sich schon nach der Allgemeinen Gerichtsordnung (Tit. 50 u. 51) dadurch aus, daß es mit Hülfe einer geordneten Hypothekenverfassung den Proceß durch Bildung von Abtheilungen in der Masse, der Immobiliarmasse für die hypothekarischen u. der gemeinen Masse für die übrigen Gläubiger, durch Begünstigung der Sühneversuche, Abkürzung der Formalitäten bei einem geringeren Bestand der Masse u. schnellen Vertheilung derselben das Verfahren vereinfachte. Neuerdings ist eine Concursordnung vom 8. Mai 1855 (Commentare von Wentzel u. Klose, von Treuherz, Koch etc.) erschienen. Die Neuerungen derselben bestehen bes. darin, daß in derselben der kaufmännische u. der gemeine C. unterschieden u. jener von Amtswegen auf Grund der Insolvenz, dieser immer nur auf Antrag verhängt wird; es findet eine große Vereinfachung des Prioritätssystems Statt, indem namentlich alle persönlichen Forderungen für gleichberechtigt erklärt sind; der Concursverwalter (Massacurator) hat eine unabhängigere, freiere Stellung erhalten, von Seiten des Gerichts wird die Ordnung der Sache einem Commissar mit ausgedehnten Befugnissen übertragen. Das französische Concursrecht (enthalten im 3. Buch des Code de commerce u. Gesetz vom 8. Juni 1838) unterscheidet ebenfalls zwischen C-en der Kaufleute (Commerçants), die allein en faillite fallen, u. Insolvenzen der Nichtkaufleute, die nur en deconfiture kommen. Gegen Letztere wird nur auf dem Wege der gewöhnlichen Execution verfahren, die Vereinigung der Creditoren ist daher nur freiwillig u. die Majorität derselben hat bei Nachlaßverträgen (Concordate genannt) für die Minorität hier keine verbindende Kraft. Bei der fallite des Kaufmanns dagegen findet vor den Handelsgerichten ein dem gemeinrechtlich deutschen ziemlich ähnliches Verfahren Statt. Der C. wird durch ein öffentlich bekannt zu machendes Urtheil eröffnet. Verfügungen, die der Cridar in den letzten 10 Tagen vor Eröffnung[344] des Falliments machte, sind null. Die Feststellung der Masse erfolgt durch einen Commissar des Tribunals u. ihm gegebene Agenten, an deren Stelle später von der Gläubigerschaft Syndiken ernannt werden, welche auch die Geschäfte des Contradictor übernehmen. Vergleiche müssen vom Handelsgericht bestätigt werden; die Auszahlung der gewonnenen Gelder erfolgt nicht auf einmal, sondern in der Regel monatlich durch den Commissar. Mit der Übertragung des Code de commerce hat auch dies französische Concursverfahren in vielen anderen Staaten, z.B. Piemont, Belgien (u. neue Revision erfolgte hier durch Gesetz vom 18. April 1851), den Niederlanden etc. Annahme gefunden. In Österreich erschien eine neue provisorische Concursordnung für die österreichischen Kronländer unter dem 18. Juli 1853. Das Gesetz ist auf alle Arten von C-en berechnet u. enthält nur in einem Anhange noch einige besondere Bestimmungen für die C-e der Handelsleute, welche sich auf die besondere Anzeige über Einstellung der Zahlungen auf das Vermögen von Gesellschaften, Verwahrung u. Verwaltung der Masse, Inventarseinrichtung etc. beziehen. Die Grundsätze sind im Ganzen die des gemeinrechtlichen Processes. Wichtig ist die auch hier eingeführte Scheidung der verschiedenen Massen, so daß Gläubiger, welche wegen ihres hypothekarischen Rechtes Befriedigung aus bestimmten Gütern zu erhalten haben, wenn sie auch in der Liquidationsverhandlung ihre Ansprüche anmelden müssen, doch sonst von den Gläubigern der gemeinen Masse gesondert bleiben u. daher auch schneller zu einer Befriedigung gelangen. – Strafrechtlich kommt der C. in Frage, insofern derselbe durch ein leichtsinniges od. betrügerisches Handeln herbeigeführt ist (s. u. Bankerott). Als Schriftsteller über den C. sind Dabelow, Ausführliche Entwickelung der Lehre vom C., 2. Ausg. 1801; Schweppe, System des C., 3. Ausg. 1829; Kori, System des C., 2. Ausg. 1828; Richter, Über den Concursproceß, 1827; Bayer, Theorie des C., 1836; Günther, Der C. der Gläubiger, Lpz. 1852, zu nennen. Über altrömisches Schuldrecht, für welches nach den 12 Tafeln der Satz galt, daß der Schuldner in Stücke zerschnitten werden dürfe (s. Sectio bonorum), vgl. Savigny, Das altrömische Schuldrecht, Berl. 1834. 2) Uneigentlich die Lage desjenigen, dessen Vermögen in C. gefallen ist.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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