Geburtszange

Geburtszange

Geburtszange, das wichtigste u. heilsamste geburtshülfliche Instrument, besteht aus zwei, aus gutem, nicht zu hartem u. nicht zu weichem polirtem Stahl verfertigten, gebogenen Armen (Blättern, Branchen), deren Obertheile (Löffel) bestimmt sind, bei schweren Geburten den vorliegenden Kopf, zuweilen auch den Steiß, des Kindes zu fassen, deren Mitteltheil charnierförmig mit einem Schlosse vereinbar ist, u. deren Untertheil einen Griffel bildet, um das Ausziehen des gefaßten u. zusammengedrückten Kopfes zu bewirken. Die Löffel sind in der Mitte durchbrochen (gefenstert), äußerlich abgerundet, innerlich nach der Form des Kindeskopfs ausgehöhlt. Das Schloß muß einfach, leicht vereinbar, aber hinlänglich stark sein, um Sicherung gegen das Ausweichen der Arme zu gewähren. Die am besten mit Holz od. Horn belegten Griffe müssen in gehörigem Verhältniß zu den Löffeln, dem Schlosse u. der Breite der Hände des Geburtshelfers stehen. Außerdem muß die G. eine der Führungslinie des Beckens entsprechende Krümmung haben. Erfinder der G. war Chamberlayne, der sie aber geheim hielt. Die erste von Palfyn bekannt gemachte Zange bestand aus zwei ungekreuzten Löffeln u. erhielt bald wichtige Verbesserungen, vorzüglich durch Levret, Santlin u.a., u. fast jeder namhafte Lehrer der Geburtshülfe schuf sich sein eigenes Instrument. Die Anlegung der Zange (Zangenentbindung) darf nur geschehen, wenn der Kopf vorliegt, sehr selten bei Steißgeburten, wenn jener so tief ins Becken hereingetreten ist, daß er sich bequem fassen läßt, wenn der Muttermund so weit geöffnet ist, daß sich die G. mit Leichtigkeit einbringen läßt, wenn die Conjugata nicht unter 3 Zoll beträgt. Nach richtigen Anzeigen u. kunstgerecht angewendet, gibt sie im Allgemeinen eine für Mutter u. Kind günstige Prognose. Die wichtigsten Anzeigen für ihre Anwendung sind: übermäßig anstrengende, zu schwache, ganz fehlende, sehr schmerzhafte, krampfhafte od. sonst regelwidrige Wehen, Ohnmachten, große Erschöpfung, Erstickungsgefahr, heftiges Erbrechen, Convulsionen, Blutflüsse, eingeklemmte Brüche, hartnäckige, nicht durch den Katheder zu beseitigende Harnverhaltungen bei der Kreisenden, Vorfall, Entzündung, Verletzungen der Gebärmutter, im Allgemeinen od. theilweise verengertes Becken, Einkeilung des Kopfes, zu großer Kopf, bes. mit schon verknöcherten Nähten od. Fontanellen, Wasserkopf, enorme Kopfgeschwulst, eingekeilter Steiß, neben dem Knopfe vorgefallener Arm od. Nabelschnur, Placenta praevia, der abgerissene u. zurückgebliebene Kindskopf. Die Anlegung der G. geschieht, wenn die Kreisende, wie bei der Wendung, auf eine Querlage gebracht worden ist, in leichteren Fällen in der gewöhnlichen Bettlage, nachdem das Kreuz durch ein festes Polster unterstützt worden ist. Die G. wird zuvor erwärmt, mit Öl bestrichen, hierauf wird gewöhnlich der Löffel für die linke Beckenseite (der männliche) eingebracht indem derselbe mit[37] 3–4 Fingern der linken Hand in der Nähe des Schlosses in vertikaler Haltung gefaßt, dem in den Muttermund eingebrachten Zeige- u. Mittelfinger der rechten Hand folgend u. am Rande von dem Daumen derselben Hand unterstützt, mit seiner inneren Fläche sich an die Wölbung des Kopfes anlegt u. indem der Griff zwischen die Schenkel der Kreisenden herabgesenkt wird, in die Gebärmutter eingeschoben wird Auf ähnliche Weise geschieht dies mit dem für die rechte Seite bestimmten (weiblichen) Zangenarme von der entgegengesetzten Seite aus unter Wechsel der Hände. Beide Arme werden nun im Schlosse vereinigt. Immer muß die Einführung der G. im queren Durchmesser des Beckens geschehen, selten ist sie im schiefen erlaubt. Indem sodann die G. mit der einen Hand an den Griffen, mit der andern im Schlosse gefaßt worden ist, wird dieselbe unter mäßigem Zusammendrücken der Griffe in kleinen spiralförmigen Zügen (Rotationen) jedesmal 6–12 hinter einander, wenn der Kopf noch hoch im Becken steht abwärts, wenn er schon ins Becken eingetreten ist, mehr vorwärts, u. wenn er an dessen Ausgange ist, mehr aufwärts ziehend bewegt. Jeder Reihe solcher Züge (Traction) folgt eine Pause in der Operation. Ist der Kopf im Ein- od. Durchschneiden, so wird die G. blos mit einer Hand geführt u. mit der anderen das Mittelfleisch unterstützt; ist der Kopf schon nach gebornem Rumpfe zu entbinden, so muß die Zange von der Unterseite des Kindskörpers aus eingeführt werden. Vgl. Fries, De usu forcipis in partu, Strasb. 1771; Schweighäuser, Praktische Anweisung zu der Entbindung mit der Zange, Lpz 1796; Krämer, Ideen über den nützlichen Gebrauch der G. in bestimmten Fällen, Marb. 1800; Schmitt, Über den Werth der Zange, 1809; Denman, Aphorism on the applications and use of the forceps et vectis, 5. A. Lond. 1815; v. Siebold, Die Geschichte der Erfindung der Zange (in dessen Abbildung aus dem Gesammtgebiete der Geb.), 2. Aufl. 1835.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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