Militärverbrechen

Militärverbrechen

Militärverbrechen, die eigenthümlichen Verbrechen (Standesverbrechen s.u. Verbrechen), welche von Soldaten, als solchen, begangen werden. Bei der jetzt ganz geänderten Militärverfassung sind sowohl die römischen als Reichsgesetze höchstens analog anwendbar, wo particularrechtliche Bestimmungen fehlen. Demnach sind die M. gemein gefährlich, wenn dadurch ein ganzes Heer od. ein beträchtlicher Theil desselben dem kriegführenden Staate entgegen werden könnte od. sollte, im entgegengesetzten Fall nur individuell gefährlich. Gemeingefährliche sind: a) Meuterei, d.i. das M., wodurch ein Aufruhr der Soldaten veranlaßt werden soll od. kann, z.B. durch Verleitung mehrerer zu Beschwerdeführung, Ungehorsam u. Widerspenstigkeit gegen das Commando, von der deutschen Reichsreiterbestellung mit Strafe an Leib od. Leben bedroht. b) Aufstand des Heeres od. im Heere, bei Thätlichkeit od. schweren Drohungen mit dem Tode, in minder schweren Fällen mit Verstoßung aus dem Militär nach Römischem Rechte geahndet. Individuell gefährlich sind: c) Insubordination, die Verletzung der vorzüglichen Achtung u. des unbedingten Gehorsams gegen die militärischen Vorgesetzten. Auf ausdrückliches Zuwiderhandeln gegen die Befehle der Vorgesetzten, Verweigerung des Gehorsams od. thätliche Handanlegung an sie, folgt im Kriege der Tod. d) Veranlassung od. Versäumung des Postens durch Völlerei bei Feindesgefahr, od. in Bezug auf die Posten vor dem fürstlichen Palast, od. vor den Wohnungen der Vorgesetzten, wird mit dem Tode, außerdem willkürlich bestraft. e) Treulosigkeit an den Fahnen, d.h. Austreten aus Reihe u. Glied während des Anmarsches gegen den Feind, od. während der Action, soll nach Römischem Rechte mit körperlicher Züchtigung od. Deportation, Flucht zuerst im Angesichte des Heeres (Feigheit) nach Römischem u. Deutschem Rechte mit dem Tode bestraft werden. f) Desertion, sowohl einfache,[267] als qualificirte (Überlaufen, s. Desertion), ist verschieden von dem Verbrechen dessen, der sich von der Fahne entfernt hält, in der Absicht zurückzukehren, u. der nach Römischem Rechte willkürlich bestraft wird. Endlich wurde bei den Römern g) der Verkauf od. der Verlust der eigentlichen Waffen mit dem Tode, kleinerer Waffenstücke mit körperlicher Züchtigung bestraft.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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  • Militärverbrechen — Militärverbrechen, die Verletzungen der besondern militär. Pflichten, z.B. Kriegsverrat, Fahnenflucht, Feigheit, Insubordination. Man rechnet zu den M. auch gemeine Verbrechen, sofern sie, wenn im Militärverhältnis begangen, mit höherer Strafe… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Meuterei — Meuterei, 1) im weiteren Sinn jedes Zusammenrotten Mehrer in der Absicht, Gewalt gegen Vorgesetzte anzuwenden, daher man z.B. auch von M en der Sträflinge spricht, wenn dieselben sich zu einem Ausbruch etc. zusammenrotten; 2) im engeren Sinne das …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Militärgesetzgebung — Militärgesetzgebung, der Inbegriff derjenigen Rechtsnormen, durch welche die rechtliche Stellung der Militärpersonen geregelt wird. Hierher gehören zunächst die Gesetzesvorschriften über die Wehrpflicht (s. d.) überhaupt, ferner derjenigen… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

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