Straßenunterhaltung

Straßenunterhaltung

Straßenunterhaltung begreift alle Maßnahmen in sich, die erforderlich sind, um eine Straße oder ein Netz von Straßen in gutem Zustande zu erhalten. Man hat hier die Verwaltungsmaßregeln und die eigentlich technischen Unterhaltungsarbeiten zu unterscheiden.

Zu den ersteren gehört die Beaufsichtigung der Straße, das Erlassen polizeilicher Vorschriften und Verordnungen über die Benutzungsweise der Straße, über die zulässigen Achsbelastungen und ihre Beziehung zur Radfelgenbreite, die Anstellung geeigneter Straßenwärter und Hilfsarbeiter u. dergl. mehr. – Die Unterhaltungsarbeiten bestehen in der regelmäßigen Beseitigung von Staub, Kot, Schnee und Eis (Straßenreinigung) und in der Ersetzung der abgenutzten oder sonst beschädigten Teile des Straßenoberbaues. Hierzu bedarf es eingehender Beobachtung der Straßenabnutzung, des Verkehrs und Straßenbaumaterials, um das geeignetste Material ausfindig zu machen. Auch ergeben sich durch die Verschiedenheit der Befestigungsart der Straßenoberfläche verschiedenartige Unterhaltungsweisen [1]–[4].

Die Straßenreinigung ist nicht allein für die Erhaltung der Straßenbefestigung und für den Verkehr, sondern auch gesundheitlich von der größten Wichtigkeit und wird gegenwärtig in den größeren Städten durch besonders dazu angestellte Mannschaften regelmäßig zur Nachtzeit oder in den frühen Morgenstunden bewirkt ([2], S. 115–125). Auch auf Landstraßen ist dafür zu sorgen, daß die Staub- oder Kotschicht keine zu große Dicke erreicht. Zu den Reinigungsarbeiten gehört: 1. das Besprengen, 2. das Abziehen von Staub und Kot (Abschlämmen, s.d.) sowie das Kehren, 3. das Beseitigen von Eis und Schnee. Ein Teil dieser Tätigkeiten kann durch Maschinen erfolgen.

1. Das Besprengen und Begießen der Straßen [5], S. 58; [3], S. 422; [1], S. 370, geht bei trockenem Wetter dem Kehren voraus und kann durch Gießkannen, Sprengwagen (s.d.) oder mittels Schläuchen von Hydranten aus erfolgen, wofür auf Rollen gelegte Schläuche oder der Schlauchtrommelwagen [6] benutzt werden. Mit gutem Erfolg ist Seewasser, also Salzwasser, zum Besprengen verwendet worden, da die sich bildende Salzkruste den Staub besser niederhielt und die Straße, bei nur 1/3 der sonst erforderlichen Wassermenge, länger feucht erhalten wurde [2], S. 118.

2. Das Abziehen des Staubes kann ebenso wie das Abschlämmen des Kotes von Hand durch hölzerne oder eiserne Krücken geschehen, wobei jedoch auf Schotterstraßen leicht ein Verletzen der Straßenoberfläche vorkommt, woher vielfach für letzteren Zweck, wie beim Kehren, Reiserbesen oder Piassavabürsten [3], S. 418; [1], S. 145, verwendet werden. Die zur Seite gekehrten Staub- und Kothaufen müssen baldmöglichst abgeführt werden. In größeren Städten haben sich die verschiedenen Straßenreinigungsmaschinen immer mehr Eingang verschafft, da mit ihnen die Reinigung nicht allein billiger, sondern auch rascher sich bewerkstelligen läßt. Man unterscheidet: a) Die Abziehmaschinen oder Abschlämmmaschinen, auch Kratzmaschinen genannt [5], S. 41; [1], S. 376; [7]. Ihre Konstruktion ist auf diejenige der Planiermaschinen und Wegehobel zurückzuführen. Sie besitzen schaufelartige, auf einer Achse nebeneinander sitzende Kratzschuhe (Kratzschuh-Klaviatur), welche mittels eines rechteckigen eisernen Rahmens, mit einem zwei- oder vierräderigen Wagengestell so in Verbindung gebracht sind, daß sie durch Hebelvorrichtungen mehr oder weniger stark gegen die Straßenoberfläche gedrückt werden können und bei verstellbarer, bezw. umlegbarer schräger Stellung zur Wagenachse den Staub oder Kot streifenweise rechts oder links zur Seite schieben. Für gepflasterte Straßen eignen sie sich weniger als für Chausseen und Asphaltstraßen, auf denen sie auch zur Beseitigung des Schnees Verwendung finden können (s. unten), b) Die Kehrmaschinen bestehen aus einem Radgestell, mit welchem eine schräg zur Wagenachse gestellte Bürstenwalze so in Verbindung gebracht ist, daß sie durch die Räderachsen mittels Kegelrädern oder Kettengetrieben in drehende Bewegung versetzt wird und den Staub oder Schmutz in Streifen zur Seite kehrt. Außerdem kann die Walze durch Anheben außer Tätigkeit gesetzt werden [5], S. 47. Außer der in Berlin gebräuchlichen Straßenkehrmaschine der Aktiengesellschaft H.F. Eckert ist diejenige von A. Hentschel in Berlin (D.R.P. Nr. 40953) [2], S. 116 und [8] zu nennen, die mit einem Wasserkasten versehen ist, so daß dieselbe auch als »Straßenwaschmaschine« und bei Anwendung von heißem Wasser, das durch einen mit Koks heizbaren schmiedeeisernen Kessel im Wasserkasten hergestellt wird, auch als »Schneeschmelzmaschine« dienen kann. Kehrmaschinen mit Vorrichtungen zum Verladen und Aufnehmen des Kehrichts finden sich beschrieben in [5], S. 55, [1], S. 379 und in den Literaturberichten von [2], S. 122 und von [1] S. 453.

3. Die Beseitigung von Schnee und Eis verursacht viel Mühe und große Kosten. Die Handarbeit kann hier nur für kleinere Strecken und geringe Schneemassen sowie bei Entfernung des Eises von den Bürgersteigen, aus den Gräben und Abzugrinnen, sowie aus den Spurrinnen der Straßenbahnen mit den bekannten Schneeschaufeln und den Schnee- und Eiskratzern in Frage kommen. Kehrmaschinen können noch bei 5 cm Dicke der Schneeschicht wirken. Bei größeren Schneemassen dagegen werden Schneepflüge verwendet, die in der Regel von Pferden gezogen werden und einen in Keilform hergestellten, mit lotrechter,[359] mit Eisen beschlagenen Schneide versehenen Schlitten darstellen, der, hinreichend beschwert, den Schnee rechts und links zu einem Wall aufwirft und eine befahrbare Schlittenbahn herstellt. Statt dieses Keilschlittens sind mit Vorteil auch den Abziehmaschinen (s. oben) ähnliche Schneepflüge [5], S. 66; [1], S. 385, hergestellt worden, von denen der von der Aktiengesellschaft H.F. Eckert in Berlin gebaute »Universalstraßenpflug« [5], S. 67, sowie derjenige von Weygand & Klein Erwähnung finden mögen. – Die größten Kosten verursacht die Abfuhr der von den Schneepflügen oder auf andre Weise zur Seite der Straße aufgehäuften Schneemassen, wenn man sie nicht einfach, wie dies auf den Landstraßen meist geschieht, sich selbst überlaufen kann. Vielfach, z. B. in Frankfurt a.M. und in Cöln a. Rh., werden die Schneemassen in die Schächte der Entwässerungskanäle geworfen, was weniger Zeit und Arbeit erfordert als das sonst übliche Hinausfahren aufs freie Feld. Bei frisch gefallenem Schnee von nicht zu großer Mächtigkeit kann die Schneeschmelzmaschine von A. Hentschel (s. oben) Verwendung finden. Die Verflüssigung durch Streusalz, wie dies in Paris in großem Maßstabe versucht worden in, hat zu große Nachteile für die Hufe der Zugtiere, für das Schuhwerk sowie für eiserne Brücken oder sonstige eiserne Unterbauten. Stehende Schmelzvorrichtungen, die aus Röhrensystemen bestehen, durch welche Feuer hindurchstreicht und auf welche der zu schmelzende Schnee aufgeschaufelt wird, sowie fahrbare Schmelzöfen und Schmelzpfannen scheinen sich nicht bewährt zu haben [2], S. 117.

Straßenabnutzung. Zur Feststellung des Materialverbrauches für die Straßenunterhaltung ist eine genaue Beobachtung der durch den Verkehr erfolgenden Abnutzung der Straßenoberfläche der Versuchsstrecken erforderlich. Dies geschieht durch Profilaufnahmen der abgenutzten Straßenstrecke und durch ihre Vergleichung mit den ursprünglichen Querprofilen. Hierzu können einfache Nivellierinstrumente benutzt werden oder besondere Vorrichtungen ([2], S. 25), wie der »Profilograph« (s.d.) von Schmid [2], [9], das »Autodoskop« [2], [10] von Turola, oder die von Nessenius verwendete einfache Maßvorrichtung [2], [4], welche aus einer wagerecht einzustellenden Latte besteht, an welcher in Abständen von je 25 cm etwa 50 cm lange, mit glatten Füßen versehene Stäbe durch Klemmschrauben festzustellen sind, nachdem sie bis auf die Steinbahn niedergelassen wurden. Die durch diese Vorrichtung erhaltenen Profile sind aber, ebenso wie bei einer Aufnahme mit dem Nivellierinstrument, nur durch einzelne Punkte festgelegt, während der Profilograph und das Autodoskop durch unmittelbare Zeichnung des Profiles jede Unebenheit erkennen lassen.

Wertziffern der Straßenbaumaterialien wurden zuerst in Frankreich auf Grund umfassender Beobachtungen des Verkehrs und der Abnutzung der Straßen bezw. der zur Straßenunterhaltung erforderlichen Materialmengen aufgestellt, und zwar nahm man an, daß die Güte des Materials in umgekehrtem Verhältnis zu der für die Längeneinheit (1 km) und Verkehrseinheit (100 Zugtiere) verbrauchten Materialmenge stehe [2]. Sind ω und ω' die Wertziffern zweier Materialien, Q und Q' die für je eine gleichen Verkehrs- und Witterungsverhältnissen ausgesetzte gleichlange Straßenstrecke für 1 km und 100 Zugtiere jährlich zu Ausbesserungen aufzuwendenden Materialmengen, so verhält sich: ω : ω' = Q' : Q, also ω Q = ω' Q' = const. Dieses Produkt wurde Versuchsnorm (Etalon de la consommation) genannt. Für das härteste Material (Basalt aus den Vogesen) ergab sich ein durchschnittlicher jährlicher Materialverbrauch von Q = 15 cbm. Für dieses wurde ω = 20 gesetzt, so daß die Verbrauchsnorm ω · Q = 300 sich ergab. Durch Division mit der Verbrauchsmenge ließ sich die nebenstehende Tabelle ableiten (vgl. [2], [12], [13] und [1], S. 129). Diese namentlich auf der Beobachtung des Verkehrs, wie sie in ähnlicher Weise auch in Bayern [14], Württemberg [15] und Hannover [16], zum Teil auf besonderen Versuchsstrecken angestellt wurden, beruhenden Wertziffern haben aber nach [17] und [18] noch nicht vollkommen befriedigende Ergebnisse geliefert, weil vor allem mit größerer Sicherheit als seither festgestellt werden müßte, in welchem Verhältnis der schwerere Frachtverkehr mehr zu berücksichtigen ist und welcher Einfluß auf die Abnutzung durch die Hufe der Tiere sowie durch die Art des Hufbeschlages ausgeübt wird [2], S. 29. Von Wichtigkeit sind daher, neben den geschilderten praktischen Bestrebungen zur Ermittlung der Güte und Brauchbarkeit des Besteinungsmaterials, die in neuerer Zeit auf den Versuchsanstalten mit den verschiedenen Materialien vorgenommenen unmittelbaren Prüfungen auf Druck, Abschleifen und Anbohren in trockenem und nassem Zustande, auf Politurfähigkeit (Glattwerden) und auf Wetterbeständigkeit [13], sowie die mikroskopischen Untersuchungen der Materialien ([13] und [15], S. 20–33), da diese von vornherein gewisse Materialien ausscheiden lassen und gegenüber den langwierigen Beobachtungen auf den Versuchsstrecken – gleichlange Straßenstrecken, die gleichen Verkehrs- und Witterungsverhältnissen ausgesetzt sind und gleiche Steigungsverhältnisse aufweisen, mit verschiedenartigen Materialien beschottert bezw. gepflastert und bezüglich ihrer Abnutzung und erforderlich werdenden Unterhaltung in gleicher Weise beobachtet – in verhältnismäßig kurzer Zeit einen Ueberblick gewinnen lassen. Vgl. a. Schotter, Schotterprüfung.


Straßenunterhaltung

Bei Schotterstraßen ist vor allem der ungehinderte Wasserabfluß zu überwachen, damit kein Aufweichen der Straßenoberfläche Stattfindet. Ausgefahrene Gleise und Mulden sind daher auszufüllen und einzuebnen und locker gewordene Steine sind zu beseitigen. Zur Wiederherstellung der durch die Abnutzung verminderten Fahrbahnstärke sind zwei Arten der Ausführung gebräuchlich: 1. Der Flickbetrieb, d.h. die unausgesetzte Unterhaltung oder[360] teilweise Einbringung der Deckschicht. Dieser Betrieb erfordert eine verhältnismäßig große Anzahl von geschulten Straßenwärtern und erscheint nur in solchen Gegenden berechtigt, wo die zum Schotter verwendbaren Steine unmittelbar gewonnen werden können, da von dem meist lose eingeschütteten, nicht durch Wälzung fest eingedrückten Material viel verloren geht. Auch wird durch das notwendig werdende Auslegen von Sperrsteinen (s.d.) der Verkehr gestört. 2. Der Deckenbetrieb (s.d.), d.h. die in gewissen Zeitabschnitten sich wiederholende vollständige Erneuerung und Abwälzung der Deckschicht. Hierbei wird zwar die fortlaufende Unterhaltung durch Ausfüllung etwaiger Gleisbildungen und Schlaglöcher nicht vollständig unnötig, jedoch ist in den ersten Jahren nach einer Neueindeckung nur geringer Arbeits- und Materialaufwand erforderlich, da der letztere nicht der ganzen jährlichen Abnutzung entspricht, sondern es hier genügt, die Straßenoberfläche glatt und eben zu erhalten, während die Dicke der Deckschicht bis auf ein gewisses, der Art der Straße und der Verkehrsgröße entsprechen des, durch die Erfahrung festzustellendes Maß abnehmen kann. – Ist e die kleinste zulässige Stärke der abgenutzten Straße, r die Stärke der abgewälzten, frisch beschotterten Straße, m die mittlere Stärke während des Zeitraumes von δ Jahren, u die jährliche Abnutzungshöhe, L die Länge des Straßenzuges, l die jährlich zu beschüttende Länge, so ist nach Durand Claye [4] und [2], S. 33 (s. die Figur):

m = e + r/2; r = 2(m – e); r = δ u; δ = r/u; l = L/δ.

Dabei erscheint es am besten, für r eine mittlere Stärke (0,1–0,12 m) zu wählen, aus der man nach Annahme des Zeitraumes δ die übrigen Größen aus obigen Formeln erhält, da ja die Gesamtstärke der Straßendecke gegeben und daher auch e bekannt ist. Bei dem Deckenbetrieb ist der Zustand der Straße ein durchgängig besserer, da sie besser abgebunden und daher widerstandsfähiger ist, also auch weniger Abraum an Staub, Kot und losen Steinen ergeben wird; auch erhalten sich die Querprofile regelmäßiger, was für den Wasserabfluß günstiger ist.

Bei Steinpflaster, sorgfältig und aus gutem Gestein hergestellt, sind die laufenden Unterhaltungsarbeiten geringfügig und beschränken sich auf das Ersetzen einiger zerdrückter Steine oder auf die Ausbesserung entstandener muldenartiger Senkungen oder beulenartiger Erhebungen sowie auf die in bestimmten Zeitabschnitten erfolgende Neupflasterung, die je nach der Verkehrsstärke in 6–18 Jahren zu erfolgen hat, wobei das Reihenpflaster aus parallelepipedischen Steinen ein ein- bis zweimaliges Umwenden der Steine gestattet [1], S. 228.

Asphaltpflaster erfordert am wenigsten Unterhaltungsarbeiten, die bei Abbröckelungen und Wellenbildungen außerdem leicht während der Nachtzeit, also ohne Störung des Straßenverkehrs sich ausführen lassen, und in der Erweichung der Oberfläche mittels erhitzter Bleche, im Abkratzen loser Teile und im Einstampfen von frischem heißem Asphaltsteinpulver bestehen. Ueber die Größe der Abnutzung der Asphaltdecke und über die Zeitdauer bis zur notwendig werdenden vollständigen Erneuerung liegen noch zu wenig Erfahrungsergebnisse vor.

Holzpflaster bedarf häufiger Ausbesserungen und bei starkem Verkehr oft schon nach 4–5 Jahren vollständiger Erneuerung. – Alle Unterhaltungsarbeiten werden in der Regel im Frühjahr oder im Herbst vorgenommen.

Straßenölung und -teerung. Den durch die Abnutzung der Straßenoberfläche infolge der zermalmenden und reibenden Einwirkung der Wagenräder sowie durch die Schlagwirkung der Tierhufe bei Steinschlagstraßen entstehenden Staub, der bei rasch fahrenden Fahrzeugen (Straßenbahnen, Automobilen u.s.w.) in lästiger und gesundheitsschädigender Weise aufwirbelt, hat man in neuerer Zeit durch Aufbringen einer öligen, zähflüssigen Masse zu binden gesucht [3], S. 537–542, [19]–[24]. Gleichzeitig soll durch das Eindringen der öligen Masse in die Zwischenräume zwischen den Steinen der Schotterstraßen eine Verkittung der letzteren und hierdurch sowie durch den öligen Ueberzug der Straßenoberfläche eine zeitweilige Verminderung der Abnutzung, also auch der Staubbildung selbst, bewirkt werden.

Die seitherigen Versuche, die zuerst in Kalifornien [20], dann auch an verschiedenen Orten Europas [22], namentlich neuerdings in Frankreich [25] ausgeführt wurden, haben im allgemeinen ergeben, daß die gewünschte Wirkung in der Tat eintritt, solange die aufgetragene Schicht standhält und nicht durch den Verkehr, durch Nässe und Frost gelitten hat. Dabei erscheint es von Wichtigkeit, daß die Straße, vor der Behandlung mit einer der öligen Massen, in einen guten Zustand gebracht, also am besten frisch beschottert, abgewalzt und gehörig ausgetrocknet ist. In wirtschaftlicher Beziehung, d.h. bezüglich der Frage, ob die Oelung oder Teerung die üblichen Unterhaltungskosten der Straßen erhöht oder vermindert, können die Versuche noch nicht als abgeschlossen betrachtet werden. Auch hängt dies wesentlich von der Ausführungsweise, von den Witterungsverhältnissen, vom Klima und von den örtlichen Preisen der Rohstoffe ab. Als ölige Massen kamen zur Verwendung: Erdöle (Rohpetroleum), Teer und künstliche Mischungen wie Asphaltin und Westrumit.

1. Anwendung von Erdölen. In Kalifornien und Texas wurden seit dem Jahre 1898 Versuche mit Rohpetroleum, gewöhnlich in erhitztem Zustande, vorgenommen, indem zuerst, ähnlich wie beim Besprengen mit Wasser, nur so viel Oel aufgebracht wurde, als zur Staubdämpfung erforderlich war. Später brachte man größere Mengen auf, indem man die Straße förmlich tränkte. Dadurch wurde eine widerstandsfähigere Straßendecke geschaffen, die dann nur in gewissen Zwischenräumen mit einer geringeren Oelmenge besprengt zu werden brauchte, um eine staubfreie Straße zu erhalten [20]. In Liverpool wurden 1902, mit gutem Erfolg, mit Kreosotöl Versuche gemacht, dem kleine Mengen Pech zugesetzt waren [21]. Der Bedarf an Oel betrug rund 0,71 für den Quadratmeter, wodurch die Straße etwa 3 Wochen lang staubfrei erhalten wurde. Bei anhaltendem Regenwetter wird das Oel leicht fortgeschwemmt. Auch bilden der üble Geruch und die schmierig bleibende Oberfläche der Straße Uebelstände, die[361] namentlich in städtischen Straßen das Oelen nicht empfehlenswert machen. Für deutsche und wohl allgemein für europäische Verhältnisse ist außerdem das Erdöl zu teuer.

2. Anwendung von Teer. Das Teeren der Landstraßen wurde in Frankreich bereits im Jahre 1880 auf einer Straße in der Gironde versucht, dann in Algier, in Ravenna und neuerdings wieder in größerem Maßstabe in Frankreich [22], [25], Der Teer wurde dabei, entweder rein oder mit Teeröl vermischt, auf etwa 80° C. erhitzt und von der Mitte der dazu vorbereiteten Straße aus mittels Gießkannen aufgebracht und rasch mit Besen verteilt, worauf Flußsand oder Straßenstaub aufgestreut und der Verkehr 3–5 Tage unterbrochen wurde. Aus letzterem Erfordernis hat man auch wohl nur jedesmal die Hälfte der Straße geteert, um den Verkehr nicht vollständig unterbrechen zu müssen. Der Teergeruch hat sich auf offenen Straßen kaum lästig erwiesen, dagegen ist dies wohl in den geschlossenen städtischen Straßen der Fall, wo auch die jedesmalige längere Unterbrechung des Verkehrs auf mindestens der Hälfte der Straße störend wirkt. Dagegen scheint die Teerung die Staubbildung nachhaltiger zu verhindern als die Oelung, auch sollen die Unterhaltungskosten wesentlich vermindert werden, da nur einmal jährlich, am bellen im Frühjahr, die Teerung vorgenommen zu werden braucht. Die Kosten werden zu 0,15 Frs. (12 Straßenunterhaltung.) für den Quadratmeter angegeben.

3. Anwendung von Asphaltin. Mit diesem Namen bezeichnet Büttner u München ein ihm patentiertes Gemisch von Asphalt und Oelen, das ähnlich wie Teer in heißem Zustande aufgebracht und auf der Straße mit Bürsten verteilt wird. Die Wirkung ist eine ähnliche wie beim Teeren. Gelegentlich der deutschen Städteausstellung in Dresden wurde Asphaltin in der Lennéstraße daselbst verwendet und zeigte befriedigende Ergebnisse [23].

4. Anwendung von Westrumit. Das nach dem Erfinder C. van Westrum in Berlin benannte Besprengungsmittel eines in Wasser löslichen Gemischs von Teer und Petroleum mit Alkalien wird von den Deutschen Oelbesprengungswerken in Berlin in den Handel gebracht und scheint nach den Berichten eine günstige Einwirkung auf die Staubdämpfung auszuüben. Die Verwendung wird dadurch erleichtert, daß es in kaltem Zustande mit gewöhnlichen Sprengwagen auf die Straße gebracht werden kann, ohne daß der Verkehr unterbrochen zu werden braucht. Auch ist es verhältnismäßig billig (1000 l werden zu 200 ℳ. abgegeben). Eine zweimalige Besprengung mit einer 10%–Lösung, wobei die zweite sogleich nach Abtrocknung der ersten zu erfolgen hat, soll bei Landstraßen nur eine alle 3–4 Monate erfolgende weitere Besprengung mit einer 5%–Lösung nötig machen. Die Kosten betragen bei zweimaliger Besprengung mit einer 10%–Lösung 4–5 Straßenunterhaltung. Mit 6–8 Straßenunterhaltung. für den Quadratmeter soll eine Straße bei schwachem Verkehr vom April bis Oktober staubfrei erhalten werden können. Bei mittlerem Verkehr wären 9–12 Straßenunterhaltung. bei starkem Verkehr 16–17 Straßenunterhaltung. pro 1 qm zu rechnen ([3], S. 542, [24]).


Literatur: [1] Laißle, Straßenbau, Handbuch d. Ingenieurwissensch., Bd. 1, Abt. 4, 3. Aufl., Leipzig 1903, Kap. VIII, S. 124–162 und 400–409. – [2] Willmann, L. v., Straßenbau, Fortschr. d. Ingenieurwissensch., zweite Gruppe, 4. Heft, Leipzig 1895, S. 31. – [3] Loewe, Straßenbaukunde, 2. Aufl., Wiesbaden 1906, S. 557–579. – [4] Notice sur l'entretien des chaussées d'empierrement par la méthode des rechargements généraux cylindrés par Mr. Leon Durand-Claye, Ann. des ponts et chaussées 1891, II, S. 407, und Zeitschr. f. Transportw. u. Straßenbau 1893, S. 233, 250, 265, 280, 299, 317. – [5] Sonne, Maschinen für den Bau und die Unterhaltung der Straßen, Handbuch der Ingenieur-Wiss., Bd. 4, Abt. 3, Kap. XVI, Leipzig 1888. – [6] Wertheim, O., Der Schlauchtrommelwagen, Zeitschr. d. österr. Ing.- u. Arch.-Ver. 1867, S. 135. – [7] Dietrich, Die Asphaltstraßen, Berlin 1882, S. 165. – [8] Zentralblatt der Bauverwalt. 1887, S. 466 und 510. – [9] Zeitschr. f. Baukunde, 1882, S. 3. – [10] Il Politecnico 1888, S. 25. – [11] Deutsche Bauztg. 1888, S. 98. – [12] Annales des ponts et chaussées 1879, Decrets, Lois etc., S. 114. – [13] Dietrich, Die Baumaterialien der Straßen, Berlin 1885, S. 17. – [14] Zeitschr. f. Baukunde 1882, S. 3. – [15] Verwaltungsbericht der Kgl. Ministerialabteilung für den Straßen- und Wasserbau für 1891/92 und 1892/93, 1. Abt., Stuttgart 1894, S. 33 ff. – [16] Zeitschr. d. Arch.- und Ing.-Ver. zu Hannover 1887, S. 409, und 1891, S. 493. – [17] Annales des ponts et chaussées 1883, I, S. 5. – [18] Ebend. 1889, II, S. 293. – [19] Oel und Teer in seiner Verwendung für Straßen, Revue technique 1902, S. 98 und 141; Zeitschr. für Transportwesen und Straßenbau 1902, S. 98 u. 477; 1903, S. 115, 231, 336, 455, 487, 501; 1904, S. 326; 1905, S. 249, 266, 344 u. 440; 1906, S. 377; Zentralbl. d. Bauverw. 1903, S. 558; Südd. Bauztg. 1905, S. 138; Zeitschr. d. Oesterr. Ing.- u. Arch.-Ver. 1905, S. 447. – [20] Das Oelen der Straßen in Kalifornien, Zeitschr. f. Transportw. u. Straßenb. 1900, S. 567; 1902, S. 397; 1903, S. 264 u. 407; 1905, S. 3, 26, 43, 66, 87, 105, 208, 592; Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1904, S. 1974; Engineer. rec. 1904, Bd. 50, S. 752 u. 780. – [21] Oelen der Straßen in Liverpool, Zeitschr. f. Transportw. u. Straßenb. 1905, S. 344. – [22] Das Teeren der Straßen, Zeitschr. f. Transportw. u. Straßenb. 1902, S. 399 u. 505; 1903, S. 472; 1904, S. 264; Ann. des ponts et chaussées 1904, II, S. 252; Zeitschr. d. Oesterr. Ing.- u. Arch.-Ver. 1904, S. 551 u. 641; Bauing.-Ztg. 1904, S. 16; Nouv. ann. d. C. constr. 1904, S. 22, 25 u. 44. – [23] Versuche zur Staubbekämpfung mit Asphaltin, Zeitschr. f. Transportw. u. Straßenb. 1903, S. 373, 391, 407; 1906, S. 393; Schmidt, C., Techn. Studienhefte Nr. 5, S. 87. – [24] Staubbekämpfung durch Westrumit, Zeitschr. f. Transportw. u. Straßenb. 1904, S. 363; 1905, S. 123 u. 143; 1906, S. 193. – [25] Neuere Versuche zur Staubbekämpfung in Frankreich, Ann. des ponts et chaussées 1905,1, S. 201; III, S. 232; IV, S. 260; Zeitschr. f. Transportw. u. Straßenb. 1905, S. 43; 1906, S. 5, 24, 42, 63, 83, 105 u. 334.

L. v. Willmann.

Straßenunterhaltung

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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