Neckar-Dampfschiff

Neckar-Dampfschiff

Die Geschichte der Heilbronner Abend-Zeitung erstreckt sich von den Vorläuferblättern der Märzrevolution 1848 bis zur Einstellung des Erscheinens im Jahr 1933. Die Geschichte der Zeitung ist gleichermaßen auch die Geschichte der Pressefreiheit in der Reichsstadt Heilbronn.

Seit der Erfindung des Buchdrucks bis weit ins 19. Jahrhundert durfte in Heilbronn nur gedruckt werden, was vom Rat der Stadt genehmigt war. Als so konzessionierte Zeitung erschien seit 1744 das Intelligenz-Blatt (später Wochenblatt, dann Tagblatt). Erst 1842 begann mit der Herausgabe des Neckar-Dampfschiffs, das erstmals Pressefreiheit für sich reklamierte und revolutionäre Ideen vertrat, die Ära einer kritischen Presse in Heilbronn. 1848 erfolgte der Wechsel vom „Neckar-Dampfschiff“ zum „Neckar-Dampfschiff aus Heilbronn“, dem 1851 der Wechsel zur „Neuen Neckar-Zeitung aus Heilbronn“ folgte, die bis 1855 erschien. 1870 wurde der Untertitel des Vorgängerblattes „Heilbronner Zeitung“ zum Titel des neuen Blattes, das 1920 zur „Heilbronner Abend-Zeitung“ erweitert wurde und bis zum Verbot durch die Nationalsozialisten 1933 erschien.

Inhaltsverzeichnis

Neckar-Dampschiff

Titelseite des Neckar-Dampschiff 1841 bis 1849
Titelseite 1844 mit dem Adler
Titelseite des Neckar-Dampschiff 1849 bis 1853 mit dem Untertitel „Heilbronner Zeitung“
Aus dem „Neckar-Dampfschiff“ ging das „Neckar-Dampfschiff aus Heilbronn“ hervor
Aus dem „Neckar-Dampfschiff aus Heilbronn“ ging die „Neue Neckarzeitung aus Heilbronn“ hervor[1]
Aus dem Untertitel „Heilbronner Zeitung“ der Titelseite des Neckar-Dampschiff (1849-1853) wird der neue Titel
Ausgabe vom 25. März 1849

Das Neckar-Dampfschiff (1842-1851) war eine Zeitung aus Heilbronn, die mehrmals pro Woche erschien, am Dienstag, Donnerstag und Samstag. Der Name der Zeitung leitet sich von der seit 1841 bestehenden Heilbronner Neckar-Dampfschifffahrt ab, die damals das modernste Verkehrsmittel der Zeit war.

Das Neckar-Dampfschiff hatte sich den Ideen der Märzrevolution verschrieben und wurde von August Ruoff erstmals am 6. Oktober 1842 herausgegeben. Ruoff war Buchdrucker und hatte bereits 1841 die Konzession für die Herausgabe einer Heilbronner Zeitung mit Neckarblättchen bekommen. Aufgrund seines Engagements in der Märzrevolution 1848 musste er die Leitung der Zeitung abgeben. Der Herausgeber August Ruoff war einer der leitenden Persönlichkeiten der Heilbronner Bürgerwehr und gehörte zu den Köpfen der Widerständler. Dementsprechend hat er sich in seiner Zeitung den Gedanken der Heilbronner Demokraten von 1848 gewidmet.

Ruoff stand im ständigen Widerstreit mit den in Stuttgart ansässigen Zensurbehörden des württembergischen Staates. Diese lehnten z.B. einen Artikel Ruoffs ab, in dem er Menschikoff, einen Herrscher in der Türkei, den „weisesten aller europäischen Fürsten seiner Zeit“ genannt hatte.[2]

Ein Redakteur des Neckar-Dampfschiffs war der ehemalige Apothekergehilfe und „1848er“ Adolph Majer, der „den gewaltsamen Umsturz der Regierung“ propagierte. Er galt als führende Person der Arbeiterbewegung in Heilbronn und verlangte als Redakteur im „Neckar-Dampfschiff“ die Abschaffung „aller Vorrechte der Geburt und des Besitzes“. Majer gelangte am 4. April 1848 in Gefangenschaft auf die Burg Asperg wegen Hochverrats. Ihm gelang die Flucht in die Schweiz.[3]

Der Redakteur des Neckar-Dampfschiffs Wilhelm Binder wurde zu mehreren Jahren Freiheitsstrafe auf dem Asperg verurteilt.[4]

Neckar-Dampfschiff aus Heilbronn

Im Jahre 1848 wurde das Neckar-Dampfschiff von dem Verleger Heinrich Güldig übernommen. Er gab das Blatt bis 1852 als Neckardampfschiff aus Heilbronn heraus.[2] Güldig, der Nachfolger Ruoffs, wurde von der staatlichen Zensurbehörde als „verdorbener Kaufmann aus Waiblingen, der wiederholt bankrott gemacht und Monate lang wegen Pressevergehen im Gefängnis gesessen habe“ bezeichnet.

Neue Neckar-Zeitung aus Heilbronn

1851 änderte Verleger Güldig den Namen des Blattes in Neue Neckarzeitung aus Heilbronn. Das neue Blatt war im Typus vom Vorgängerblatt kaum zu unterscheiden, abgesehen vom Titel der zwar die Betitelung Neckar und aus Heilbronn weiterführte, dem aber das Dampfschiff fehlen ließ. Möglicherweise, weil die Neckardampfschiffahrt nicht mehr neu genug war und die inzwischen errichtete Eisenbahn fortschrittlicher und erfolgreicher schien. 1855 erschien die letzte Ausgabe.

Heilbronner Zeitung

Aus dem Untertitel der Titelseite des Neckar-Dampschiff wurde 1870 der Titel eines neuen Blattes, das bei Heinrich Güldig in der Schellengasse 6 gedruckt wird: Heilbronner Zeitung.[5] Das Blatt trug ab 1880 den Untertitel: Gleiches Recht für Alle! und Unabhängig von Berlin![6], sicherlich wieder in Anspielung auf Ruoff und Majer aus der Heilbronner Arbeiterbewegung. Mit dem Redakteur Franz Lipp, seit 1888 in Heilbronn, übte dieses Blatt als oppositionelles Blatt besonders viel Kritik aus und wurde als „aggressiv“[7] bezeichnet.

Im Jahre 1894 wechselte der Verlag zur Druckerei Carl-Wilhelm Fischer & Carl Wulle und wurde „gemäßigter“. Ab 1920 arbeitete in der Redaktion auch Willy Dürr aus Esslingen, ein Parteifreund des späteren Bundespräsidenten Heuss und lange Jahre im Stadtrat zu Heilbronn und Ehrenringträger der Stadt.

Heilbronner Abend-Zeitung

1920 ging die „demokratische“ Heilbronner Zeitung an den Verleger der konkurrierenden Neckar-Zeitung, Viktor Kraemer, und den Verlag der Schell'schen Buchdruckerei über und erschien künftig als Heilbronner Abend-Zeitung.[8].

Die demokratische Haltung der Zeitung macht hier ein Auszug der Heilbronner Abend-Zeitung vom 23. Mai 1927[9] deutlich:

„...es ist eine ungemeine Ungerechtigkeit, wenn antisemitische Kreise die Juden als Staatsbürger zweiter Klasse betrachten und behandelt wissen wollen. Wir sind stets als Demokraten aus unserer Weltanschauung und Staatsauffassung heraus, auch im politischen Alltag für die menschliche und staatsbürgerliche Gleichberechtigung aller derer eingetreten, die gewillt sind, ihre Pflichten als Menschen und deutsche Staatsbürger zu erfüllen und haben stets den Rassenkampf abgelehnt...Wer kann die wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Leistungen der Juden für unser deutsches Vaterland gerade im Weltkrieg leugnen, wer die politischen Verdienste etwa eines Rathenau ? Wir haben die Überzeugung, daß sie auch weiterhin nur das Beste für unser Vaterland wünschen und in ihrem Teil dazu beitragen. Wissen uns schuldlos an der Kluft, von der Dr. Gumbel gesprochen hat und werden auch weiterhin an der Überbrückung solcher Gegensätze im Interesse wahrer Volksgemeinschaft arbeiten. Daß die Kreise, denen dies bisher eine Selbstverständlichkeit, war, auch weitherhin in diesem Sinnen arbeiten, genügt aber nicht, Hauptsache ist, daß diese Einstellung immer weitere Kreise erfaßt. Un wir haben das Empfinden, daß dieses Jubiläum, angefangen von der Festschrift Dr. Mayer, ... am besten geeignet war, Rassendämme einzureissen. Möge das kein trügerischer Schein sein, sondern sich erfüllen, das wäre der schönste Lohn dieses Festes, für die Veranstalter von doppeltem Wert, weil aus eigener Kraft errungen. “

In seinem Schlusswort des Artikel Die Geschichte der Juden in Heilbronn in der Heilbronner Abend-Zeitung vom 4. Mai 1927[10]kommt die demokratische Ansicht der Zeitung wiederum zum Ausdruck:

„Die Kenntnis der Geschichte der Juden ist geeignet, mit Vorurteilen gegenüber den Juden aufzuräumen. Die Fähigkeit, mit der die Juden all die schweren Zeiten vergangener Jahrhunderte überwanden und der Opfersinn, mit dem sie den Neuaufbau ihrer Gemeinde beschleunigen, muß jedem größte Achtung abringen

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten erteilten „Rollkommandos“ des Kreisleiters Richard Drauz Verleger Viktor Kraemer II und Redakteur Dürr Prügel. Kraemer gab daraufhin seine Arbeit als Verleger der Abend-Zeitung, der Neckar-Zeitung mit dem Redakteur Hans Franke, und des General-Anzeigers auf[11]

Quellen und Anmerkungen

  1. Franke, Seite 260
  2. a b Franke (s. Literatur), Seite 260
  3. Jacobi (s. Literatur), Seiten 59–62
  4. Uwe Jacobi: Die vermißten Ratsprotokolle – Aufzeichnung der Suche nach der unbewältigten Vergangenheit. Heilbronner Stimme, Heilbronn 1981. Seite 105
  5. Franke,Seite 260
  6. Gauss, Seite 174
  7. Gauss, Seite 174
  8. Jacobi, 1987, Seite 60
  9. Warum die Synagogen brannten, Seite 8
  10. Warum die Synagogen brannten, Seite 9
  11. Jacobi, 1987, Seite 60

Literatur

  • Uwe Jacobi: Heilbronn, so wie es war. Droste, Düsseldorf 1987, ISBN 3-7700-0746-8
  • Hans Franke: 200 Jahre Zeitungsgeschichte in Heilbronn. In: Historischer Verein Heilbronn: 23. Veröffentlichung, Heilbronn 1960
  • Uwe Jacobi: 250 Jahre Heilbronner Presse : Geschichte der Medien im Unterland und in Hohenlohe 1744–1994. Verlag Heilbronner Stimme, Heilbronn am Neckar 1993, ISBN 3-921923-11-5 (Heilbronner Stimme : Buchreihe ; 5).
  • Werner Gauss:Druck-,Verlags und Zeitungswesen, erschienen in Stadt- und Landkreis Heilbronn von Wolfram Angerbauer, Hans Ulrich Eberle, Wilfried Hartmann, Helmut Schmolz und Heiner Weidner im Konrad Theiss-Verlag 1974.

Weblinks

  • Kontakseite des Archivs der Tageszeitung Heilbronner Stimme, wo nach Angaben des Archivs auch viele Ausgaben der Heilbronner Abend-Zeitung archiviert sind und (kostenpflichtig) eingesehen bzw. in Recherchen einbezogen werden können

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