Neue Österreichische Tunnelbaumethode

Neue Österreichische Tunnelbaumethode
NÖT – Bohren der Sprenglöcher
NÖT – Einbringen der Ausbaubögen
NÖT – Einbringen der Baustahlmatten
NÖTStrossen
NÖT – Spritzbetonauftrag in der Strosse

Die Neue Österreichische Tunnelbaumethode (NÖT) nutzt die Eigentragfähigkeit des Gebirges zur sicheren und wirtschaftlichen Herstellung von Tunneln. Sie ist in den 1950er Jahren als seinerzeit neuartiges Ausbaukonzept entwickelt worden und kombiniert geologische und felsmechanische Grundlagen mit speziellen Bauverfahren zur Sicherung und zum Ausbau eines Tunnelhohlraums. Diese technischen Vorteile führten auch zu geringeren Baukosten, so dass sich die Methode schnell durchsetzte und seitdem kontinuierlich weiterentwickelt wurde.[Lit. 1]

Im englischsprachigen Raum ist die Kennzeichnung New Austrian Tunneling Method (NATM) gebräuchlich. Im deutschsprachigen Raum ist in den letzten Jahren der Begriff Spritzbetonbauweise in Verbindung mit Tunnelbau gebräuchlich geworden. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist häufig die Kopplung Spritzbetonbauweise gemäß NÖT als Abgrenzung zur Verwendung des Spritzbetons zur Oberflächensicherung zu finden.[Lit. 2]

Ein Arbeitszyklus beim Tunnelvortrieb gemäß NÖT umfasst die Schritte:

  • Ausbruch“ (mit Hammer, Bagger, Fräsvortrieb),
  • „Sichern“ (vorrangig Spritzbeton, bei Bedarf ergänzende Maßnahmen wie Anker oder Schirmgewölbe),
  • „Schuttern“ (Förderung des Ausbruchs, in der Regel im trockenen Zustand).

Das Sichern mit Spritzbeton ist auch bei anderen Vortriebsweisen (Sprengvortrieb, Vortrieb mit Tunnelbohrmaschine oder Schildvortriebsmaschine) anwendbar.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Bei den traditionellen Tunnelbauweisen bestand der Grundgedanke bei der Erstellung des Tunnelhohlraums darin, den als unvermeidbar angesehenen Gebirgsdruck durch konstruktive Methoden, wie Abfangungen und Ausbauten, sicher aufzunehmen. Diese Methoden, wie die Deutsche Kernbauweise und die Alte Österreichische Tunnelbauweise, waren bis Mitte des vergangenen Jahrhunderts üblich.

Demgegenüber steht bei der Neuen Österreichischen Tunnelbauweise der Gedanke im Vordergrund, diese Gebirgsdrücke gar nicht oder nur in geringem Umfang zuzulassen und die Eigentragfähigkeit des Gebirges weitgehend zu erhalten. Dazu werden die örtlichen geologischen und gebirgsmechanischen Bedingungen beachtet, womit dieses Verfahren über eine reine Bauweise mit schematisierten Verfahrensweisen für den Ausbruch und für die Sicherung des Tunnelhohlraums hinausgeht.

Dieses grundlegende Umdenken wurde durch Zusammenwirken von theoretischen Überlegungen und praktischen Erkenntnissen möglich: Bei der Erstellung der Tunnelhohlräume wurde zunächst von Ladislaus von Rabcewicz 1944 die Bedeutung des Zeiteinflusses zwischen Ausbruch des Hohlraums und seiner anschließenden Sicherung erkannt. Hierzu lieferte Franz Pacher 1964 die felsmechanischen Erklärungen als Wechselspiel zwischen Gebirgsdruck und Ausbauwiderstand. Auf der praktischen Seite wurde die Hohlraumsicherung durch den variabel aufzubringenden Spritzbeton vereinfacht, dessen Anwendung in dem Zeitraum wesentlich erweitert und verbessert wurde. Weitere variabel einsetzbare Stütz- und Ausbauelement kamen hinzu, wie Spieße, Rohrschirme, Anker und Ausbaubögen.[Lit. 3]

Arbeitsschritte

Die wesentlichen Arbeitsschritte bei der Neuen Österreichischen Tunnelbaumethode sind der Ausbruch und das Sichern mit folgenden Einzelheiten:[Lit. 4][Lit. 5][Lit. 6]

Zum Ausbruch werden eingesetzt:

  • bei Lockergestein: Bagger mit Tieflöffel, Reißzähnen oder Hydraulikmeißel,
  • bei mittleren Gesteinsfestigkeiten und bei geklüftetem Fels: Teil- oder Vollschnittmaschinen mit rotierenden Schneidwalzen, die mit aufgesetzten Meißeln das Felsmaterial abfräsen. Nach der Wirkweise der Schneidwalzen wird unterteilt in axiale (in Richtung des Tragarms drehend) und radiale (quer zum Tragarm mit zwei Walzen) Schnittmaschinen. Letztere sind im härteren Fels einsetzbar oder
  • Lockerungssprengungen.

Mit dem anschließenden Sichern als wesentlichem Kennzeichen der NÖT soll ein hohlraumloses, kraftschlüssiges Anschließen der Sicherung an das Gebirge erreicht werden soll. Kernstück ist die Aufbringung von Spritzbeton, womit die Gebirgsoberfläche vergütet und eine passende Verbundkonstruktion zwischen Gebirge und Betonschale des Endausbaus erreicht wird. Der Spritzbeton kann in zwei unterschiedlichen Verfahren aufgebracht werden:

  • Beim Trockenspritzverfahren wird erst an der Spritzdüse Wasser zu einem Trockengemisch (Zement, Zuschlag, Zusatzmittel) zugegeben.
  • Beim Nassspritzverfahren wird bereits der fertige Beton gefördert und an der Spritzdüse mit Luft und Zusatzmittel vermischt.

Je nach Gebirgseigenschaften werden ergänzend Sicherungssysteme in das Gebirge oder die Schale eingebaut. Sie werden zur Verbesserung der Tragfähigkeit bei Lockergesteinen oder zerklüftetem Gestein vorauseilend vor dem eigentlichen Ausbruch des Gebirges eingebaut: Pfändbleche, Spieße, Rohrschirme, Düsenstrahl- und Injektionsschirme. Ihnen ist gemeinsam, dass sie eine Verbundwirkung im Gestein herstellen oder sichern sollen, um so den Gebirgstragring um den Tunnelhohlraum zu bilden und standfest zu halten.

Nach dem Ausbruch werden bei Bedarf Anker als Verdübelung zwischen Gebirge und Beton eingebaut, die die ebenfalls die Ausbildung des Gebirgstragringes unterstützen, oder Ausbaubögen (Stahl- oder Gitterträger mit verschiedenen Profilformen) aufgestellt, die den Kern einer umlaufenden Betonbewehrung bilden und auch zum Schutz vor herunterfallenden Gebirgsbruchstücken dienen.

Spieße und Pfändbleche

Pfändbleche und (Stahl)-Spieße sind einfache mechanische Sicherungen, die sternförmig um den Ausbruchquerschnitt mit 10 bis 20 Grad Neigung zur Tunnelachse in das Gestein gerammt oder gebohrt werden. Pfändbleche reichen etwa 2 bis 4 Meter tief, Spieße, meist Rohre mit Durchmessern bis 22 mm, sind bis zu 5 Meter lang und haben untereinander 30 bis 50 cm Abstand. Sie können auch in Verbindung mit Injektionen verwendet werden, wobei gelochte Rohre eingesetzt werden, in denen Injektionsgut in den umgebenden Untergrund gepresst wird, so dass ein tragfähiger Injektionskörper erzeugt wird.

Rohrschirme

Rohrschirme werden aus längeren, bis zu 15 Meter langen Rohren mit Durchmessern von 140 bis 200 mm hergestellt. Nur der vordere, bis zu 4 Meter lange Abschnitt wird später freigelegt. Rohrschirme werden häufig eingesetzt, um Setzungen an der Geländeoberfläche zu begrenzen.

Düsenstrahlschirme

Düsenstrahlschirme entfalten eine ähnliche Tragwirkung wie Rohrschirme, bestehen allerdings aus verpressten Bohrlöchern. Zunächst wird ein Bohrloch hergestellt und beim langsamen Zurückziehen wird unter permanentem Drehen des Bohrgestänges der Boden mit einer Verpressdüse am Bohrkopf aufgeschnitten und verpresst. Es entstehen zylinderförmige, verfestigte Zonen mit 50 bis 100 cm Durchmesser.

Injektionsschirme

Zur Stabilisierung können auch umlaufende Injektionen verwendet werden, indem die Porenräume verpresst werden, so dass die Tragfähigkeit des Untergrunds erhöht und die Durchlässigkeit gemindert wird.

Vereisung

Vereisungsschirme können im Grundwasser als vorauseilende Sicherung eingesetzt werden, wenn nur eine vorübergehenden Erhöhung der Tragfähigkeit erforderlich ist oder die Durchlässigkeit des Bodens zeitweise vermindert werden soll. Die Herstellung von Vereisungskörpern – meist mit Sole oder flüssigem Stickstoff – erfordert einen hohen logistischen Aufwand und ist daher mit erheblichen Kosten verbunden.

Begleitende Messungen

Die NÖT ist mit ständigen messtechnischen Überprüfung verknüpft, um einerseits die Annahmen zu prüfen, die dem Vortrieb zugrunde liegen, und andererseits Spannungen und Deformationen nach dem Einbau der ersten Stützmittel (üblicherweise die Spritzbetonschale) und im ausgebauten Zustand zu kontrollieren. Volle Messquerschnitte mit Spannungs- und Verformungsmessungen sind je nach geologischen Verhältnissen in Abständen von 200 m bis 400 m angeordnet, in städtischen Bereichen unter Bauwerken auch deutlich geringer, mitunter nur 50 m. Dazwischen liegt ein Punktnetz, über welches die Verformungen der Schale kontinuierlich beobachtet werden.

Grundsätze und Definition

Die Grundsätze der Neuen Österreichischen Tunnelbaumethode sind 1979 zusammen mit einer Definition von der Arbeitsgruppe „Tunnelbau“ der Forschungsgesellschaft für das Straßenwesen im Österreichischen Ingenieur- und Architektenverein verfasst worden.[Lit. 7]

Grundsätze der
Neuen Österreichischen Tunnelbaumethode
(NÖT) in Auszügen[Lit. 7]
1 Wesentlich tragender Bauteil eines Tunnels ist das Gebirge
2 Ursprüngliche Gebirgsfestigkeit erhalten
6 Verbau nicht zu früh und nicht zu spät,
nicht zu starr, nicht zu schwach
9 Sicherung kraftschlüssig (deshalb Spritzbeton)
10 Verbau und Ausbau dünnschalig
11 Verstärkungen nicht durch Verdickungen,
sondern durch Bewehrungsnetze, Tunnelbögen, Anker
12 Disposition der Verbaumittel und Bauzeiten
aufgrund von Messungen
13 Statisch ist der Tunnel ein Rohr,
bestehend aus Gebirgstragring und Verbau
18 Möglichst gerundete Querschnittsformen
19 Auch Innenschale schlank. Kraftschluss mit
Außenschale. Aber nicht Reibungsschluss
Definition

Die Neue Österreichische Tunnelbaumethode (NATM) folgt einem Konzept, welches das den Hohlraum umgebende Gebirge (Fels oder Boden) durch Aktivierung eines Gebirgsringes zu einem tragenden Bauteilen macht. Dabei müssen einige Grundsätze beachtet werden, wie:

  • Berücksichtigung des geomechanischen Gebirgsverhaltens,
  • Vermeidung von ungünstigeren Spannungs- und Verformungszuständen durch den zeitgerechten Einbau geeigneter Stützmaßnahmen,
  • Insbesondere rechtzeitig eingebrachter, statisch wirksamer Sohlschluss, welcher den Gebirgstragring die statische Funktion einer geschlossenen Röhre verleiht,
  • Optimierung des Ausbauwiderstandes in Abhängigkeit von den zulässigen Deformationen sowie
  • Messtechnische Überwachung auch zur Kontrolle der Optimierung.[Lit. 7]

Hierzu sind 22 Grundsätze sowohl in Textform als auch – besonders anschaulich – mit kennzeichnenden Skizzen und prägnanten Kurzfassungen entwickelt worden (siehe nebenstehende Tabelle).

Anwendung der Tunnelbaumethode

Die erste praktische Anwendung der Neuen Österreichischen Tunnelbauweise unter Einsatz von Spritzbeton erfolgte 1955 bei Stollenbauarbeiten für das Wasserkraftwerk Prutz-Imst in Österreich. Als erste Anwendung in der Bundesrepublik Deutschland wurde zwischen 1963 und 1965 der 308 m lange Schwaikheimer Tunnel, ein zweigleisiger Tunnel der Bahnstrecke Waiblingen–Schwäbisch Hall nahe Schwaikheim, etwa 20 km vom Stuttgarter Hauptbahnhof entfernt, im Letten- und Gipskeuper hergestellt.[Web 1]

Zwischen 1969 und 1971 folgte mit der U-Bahn Frankfurt, Baulos 25, erstmals ein oberflächennaher Tunnel, der im Frankfurter Ton unter Bebauung erstellt wurde. In den folgenden Jahren sind in immer kürzeren Abständen Tunnel nach dieser Methode entstanden, wie 1970 bis 1971 der Hasenbucktunnel und 1973 bis 1975 das U-Bahn-Los A2 in Bochum.[Lit. 1]

In den folgenden Jahren gewann die Neue Österreichische Tunnelbauweise in unterschiedlich modifizierten Formen zunehmend an Bedeutung. Bei den bergmännisch hergestellten Tunneln betrug der Streckenanteil 1983 bereits zwei Drittel.[Lit. 1]

In den 1980er Jahren hat die Neue Österreichische Tunnelbauweise beim Bau von Fernbahnen- und Fernstraßentunnel die konventionellen, bis dahin üblichen Bauweisen weitestgehend verdrängt. Auf der Schnellfahrstrecke Hannover–Würzburg, der ersten großen Neubaustrecke der Deutschen Bundesbahn, sind nahezu alle der 61 Tunnel mit einer Gesamtlänge von rund 121 km nach der NÖT gebaut worden, darunter mit dem Landrückentunnel (10.779 m) und dem Mündener Tunnel (10.525 m), die beiden längsten Tunnel in Deutschland.

Verfahrensentwicklung im Zusammenhang mit dem Tunnelbau

Der Bedarf an Tunnelbauten stieg außerordentlich mit dem Einsetzen des Eisenbahnbaues in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Tunnelbauverfahren mit Ausbau- und Lösetechniken wurden weitgehend aus dem Bergbau übernommen, welcher an die Dauerhaftigkeit der Bauwerke jedoch bedeutend geringere Anforderungen stellte.

Die Stabilisierung der freigelegten Tunnelwandungen erfolgte noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts zumeist mit Hilfe von Holzeinbauten, die einen erheblichen Teil des neugeschaffenen Hohlraumes beanspruchten, so dass die endgültigen Ausbauarbeiten mit Mauerwerk aus behauenem oder unbehauenem Naturstein, vereinzelt auch aus Ziegeln, erheblich erschwert waren.

Das hierzu erforderliche, oftmalige Umsetzen der Abstützungen führte zusammen mit deren Nachgiebigkeit und dem mangelhaften flächige Kontakt zu Bewegungen im umgebenden Fels und in vielen Fällen zu einer Auflösung des Gebirgsverbandes in Hohlraumnähe. Hierdurch wurden Gefügeauflockerung hervorgerufen, das umgebende Gebirge wurde dadurch „entfestigt“ und belastete den endgültigen Ausbau durch sein zusätzliches Gewicht.

Eine ingenieurmäßige Behandlung des Tunnel- und Untertagebaus setzte mit dem ersten großen Standardwerk Lehrbuch der gesamten Tunnelbau-Kunst von Franz Rziha im Jahre 1867 (Band I) und 1874 (Band II) ein.[Lit. 8] Er stellte schon damals grundlegend und richtungsweisend fest:

„Die Kunst des Ingenieurs ist, großen Gebirgsdruck fernzuhalten, das heißt, nicht entstehen zu lassen, eine weit größere Kunst als jene, einmal vorhandenen Gebirgsdruck zu bewältigen.“

Franz Rziha[Lit. 3]

Bohrarbeiten beim Bau der Tunnel der Jungfraubahn in den Schweizer Alpen (um 1900)

Weitere grundlegende Erkenntnisse veröffentlichte Ernst Wiesmann in den Jahren 1909 und 1912. Er erkannte als erster die Spannungsumlagerung um den neue entstandenen Tunnelhohlraum grundsätzlich richtig und zog daraus den Schluss:

„Der Tunnelbauer hat also gar nicht die Aufgabe, den Hohlraum gegen Überlagerungsdruck abzustützen, dies bewirkt die Schutzhülle, sondern er muß nur um deren Erhaltung besorgt sein.“

Ernst Wiesmann[Lit. 3]

Ladislaus von Rabcewicz stellte 1944 seine eigenen Erfahrungen sowie die Erkenntnisse anderer Fachleute aus den zurückliegenden Jahrzehnten zusammen, die zum besseren Verständnis der geomechanischen Vorgänge im Tunnelbau beigetragen hatten. Für zwei Kernbereiche des Tunnelbaus fasste er die Erkenntnisse wie folgt zusammen:

Zum Auflockerungsdruck:

„Die Ursache des Auflockerungsdruckes liegt vor allem in den Mängeln unserer Minierung und des hierbei verwendeten vorübergehenden Ausbaues, der Setzungen und Hohlraumbildungen begünstigt.“

Ladislaus von Rabcewicz[Lit. 3]

Er wies auf den entscheidenden Einfluss der Zeit zwischen Erstellen des Tunnelhohlraums und dem endgültigen Ausbau hin:

„Einer der bedeutendsten Faktoren für die Erzeugung des Auflockerungsdruckes ... ist die Zeit. Je rascher ein Hohlraum geschlossen wird, umso geringer sind die Setzungen.... Bei Auflockerungsdruck ist stets jene Tunnelbau- und Betriebsweise als die geeignetste zu bezeichnen, welche den schnell und mit geringsten Setzungen geöffneten Querschnitt möglichst rasch wieder durch einen unzusammendrückbaren, endgültigen Einbau schließt.“

Ladislaus von Rabcewicz[Lit. 3]

Zum Echten Gebirgsdruck befand er:

„Das Primäre bei lotrechtem Überlagerungsdruck ist eine Stauchung der Ulmen mit elastischem Ausweichen gegen den Hohlraum. Wird dabei die Gebirgsfestigkeit nicht überschritten, so geschieht nichts, der Tunnel bedarf keiner Ausmauerung .... Im Augenblick aber, wo es zu Zerstörungen kommt, ändert sich das Spannungsbild. Bei den Ulmen sinkt die Spannung auf 0, und der Druckanstieg verlagert sich weiter in den Berg hinein.“

Ladislaus von Rabcewicz[Lit. 3]

Begriffe im Tunnelquerschnitt

Eine Änderung im praktischen Tunnelausbau hielt ab etwa 1947 mit Verankerungen Einzug, die in das umgebende Gebirge eingebaut werden, um die endgültigen Tunnelausbauten zu sichern. Dieses als „Roof bolting“ oder Ankerung bezeichnete Verfahren wurde zunächst in den USA und Schweden, später auch in Mitteleuropa eingesetzt.

Gleichzeitig wurde zunehmend auch Spritzbeton eingesetzt, der sich aus dem „Gunit“, einem Spritzmörtel für Sanierungen, entwickelt hat und für den Einsatz im Tunnelbau vom österreichischen Tunnelbauingenieur Anton Brunner weiterentwickelt wurde. Die theoretischen Grundlagen für das seinerzeit neue Fachgebiet Felsmechanik wurden zusammen mit geomechanischen Erkenntnissen in Österreich vom sogenannte „Salzburger Kreis“ um Leopold Müller und Franz Pacher zusammengestellt und systematisiert. Ladislaus von Rabcewicz nutzte 1956 bis 1958 erstmals den Einsatz von Systemankerung und Spritzbeton als alleinigem Stützmittel beim Bau von Autobahn- und Eisenbahntunnels in Venezuela.

Der Durchbruch der Neuen Österreichischen Tunnelbaumethode in Europa gelang 1963, als sie nach einem Verbruch beim Massenbergtunnels als Sanierungsmaßnahme eingesetzt wurde. Ladislaus von Rabcewicz änderte als Berater die Ausbaumethode grundlegend, verwendete Spritzbeton, Perfo-Ankerung und einen relativ raschen Ringschluss. Der Stabilisierungsprozess wurde durch systematische Messung beobachtet, wobei sich die Wirkung des Sohlschlusses deutlich zeigte. Der Bau des Tunnels wurde danach ohne Probleme beendet.

Beispielbauwerke

Folgende prominente Tunnel – neben den oben genannten Leitprojekten – sind in dieser Bauweise konstruiert:[Web 2][Web 3]

Literatur

  • Wulf Schubert, Georg M. Vavrovsky: Die Neue Österreichische Tunnelbaumethode. (ohne Abbildungen, pdf/https, online.tugraz.at, abgerufen am 17. September 2011).

Einzelnachweise

  1. Historische Fotos vom Bau des Schwaikheimertunnels. Heimatverein Schwaikheim, abgerufen am 28. August 2011.
  2. Neue Österreichische Tunnelbauweise (NÖT). In: structurae. Abgerufen am 17. September 2011.
  3. Tunnelbauweise, Neue Österreichische. In: Austria-Forum. Abgerufen am 17. September 2011.
  1. a b c Friedrich Quellmelz: Die Neue Österreichische Tunnelbauweise. Bauverlag, Wiesbaden/Berlin 1987.
  2. Walter Wittke, Berndt Pierau, Clasu Erichsen: Statik und Konstruktion der Spritzbetonbauweise. Verlag Glückauf, Essen 2002.
  3. a b c d e f Wulf Schubert, Georg M. Vavrovsky: Die Neue Österreichische Tunnelbaumethode. In: Österreichische Ingenieur- und Architekten-Zeitschrift. Wien 1996, S. 311–318.
  4. Deutsche Gesellschaft für Geotechnik e.V.: Empfehlungen des Arbeitskreises „Tunnelbau“ – ETB. Verlag Ernst & Sohn, Berlin 1995.
  5. Gerhard Grimscheid: Baubetrieb und Bauverfahren im Tunnelbau. 2. Auflage. Berlin 2008.
  6. Bernhard Maidl: Handbuch des Tunnel- und Stollenbaus, Band I und II. 3. Auflage. Essen 2004.
  7. a b c ÖIAV; Österreichischer Ingenieur- und Architektenverein (Hrsg.): Neue Österreichische Tunnelbaumethode, Definition und Grundsätze. Wien 1980.
  8. Franz Rziha: Lehrbuch der gesamten Tunnelbau-Kunst Band I und II. Verlag von Ernst & Korn, Wien 1867 und 1874.
  9. A. Myers, M. John, D. Fugeman, M. Lafford, W. Purrer: Planung und Ausführung der britischen Überleitstelle im Kanalstunnel. In: Felsbau. 9, Nr. 1, 1991. Zit. in Schubert, Vavrovsky: S. 11 (Zitate wörtl. ebd.).

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