Neuer Markt (Berlin)

Neuer Markt (Berlin)
Neuer Markt um 1740

Der Neue Markt war nach dem Molkenmarkt der zweitälteste innerstädtische Berliner Marktplatz im früher dicht besiedelten Marienviertel in Alt-Berlin im heutigen Bezirk Berlin-Mitte. Er lag zwischen der St. Marienkirche und der Spandauer Straße.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Neuer Markt um 1880

Die urkundliche Erwähnung des Neuen Marktes geht in das Jahr 1292 zurück, als die St. Marienkirche erstmalig als „Kirche am Neuen Markt“ erwähnt wurde. Vor dieser Zeit, etwa um 1250, weitete sich die aus Berlin und Cölln gegründete Doppelstadt Berlin nach Nordwesten hin aus. Es gab bereits den Molkenmarkt in Alt-Berlin, der jedoch in seiner Fläche nicht mehr ausreichte und ein zweiter Marktplatz, der Neue Markt, angelegt wurde. Das Ende dieser beiden Handelsplätze kam 1886, als die Zentralmarkthalle am Alexanderplatz eröffnete. Der Neue Markt existierte als Platz bis zur völligen Neugestaltung des Stadtzentrums in den 1960er Jahren.

Am Neuen Markt befand sich das Hochgericht. 1324 wurde der Bernauer Propst Nikolaus von wütenden Berlinern gelyncht. Sie lehnten sich gegen den Papst um dessen Landesherrschaft auf und wurden dafür von Papst Johannes XXII. mit dem Kirchenbann bestraft, der 1347 wieder aufgehoben wurde. Das weiße Sühnekreuz neben dem Portal der Marienkirche zeugt davon. Am 27. April 1458 wird der Schneider Matthäus Hagen wegen Ketzerei auf dem Scheiterhaufen hingerichtet.

Umgestaltung ab 1885

Mit der Errichtung der Zentralmarkthalle am Alexanderplatz 1886 wurde der Neue Markt von einem geruchsintensiven Marktplatz in einen repräsentativen hauptstädtischen Schmuckplatz umgewandelt. Zu dieser stadtgestalterischen Aufwertung musste die nördliche Häuserreihe des Neuen Marktes, die den Anblick der Marienkirche von Süden bis dahin verstellte, abgerissen werden. Um 1900 stand die Marienkirche frei zum Platz mit dem neu errichteten Lutherdenkmal davor. Grünanlagen gaben dem neu gestalteten Platz zusätzlich einen hohen Erholungswert inmitten der verdichteten Innenstadt.

Das wilhelminische Berlin, konkurrierend mit Paris, London und Rom, inszenierte städtebaulich und gestalterisch Pracht, Monumentalität und Modernität. Das Moderne äußerte sich besonders in großangelegten infrastrukturellen Maßnahmen, wie dem Neubau der Kaiser-Wilhelm-Straße (der jetzigen Karl-Liebknecht-Straße), die in den Jahren 1887 bis 1888 als repräsentative Fortsetzung der Straße Unter den Linden zum Stadtteil Alt-Berlin bis zur Münzstraße angelegt wurde. Im Zuge dieser Baumaßnahme wurde auch die westliche Häuserreihe an der Marienkirche abgerissen, um den Sakralbau von dieser Seite ebenfalls monumental in Szene zu setzen. So ergab sich eine völlig neue Platzform, die die bisherige langgestreckt-rechteckige Form auflöste.

Lutherdenkmal am Neuen Markt (Postkarte, 1904)

Nach dem Tod des Bildhauers Paul Otto wurde 1893 dem Bildhauer Robert Toberentz (1849–1895) die Vollendung des Lutherdenkmals mit der dreieinhalb Meter hohen Standfigur des Reformators auf dem Neuen Markt übertragen. Nach dem Einschmelzen sämtlicher Begleitfiguren der Denkmalsanlage vor Kriegsende und der Zerstörung des Platzes im Zweiten Weltkrieg wurde die Luther-Figur in der Stephanus-Stiftung in Berlin-Weißensee aufgestellt. Die Begleitfiguren am Sockel, Melanchthon, Bugenhagen, Spalatin, Cruciger, Reuchlin, Jonas, von Sickingen und von Hutten, sind nicht mehr vorhanden. Die Rückführung des Denkmals an die Nordseite der Marienkirche in die Nähe seines ursprünglichen Standortes fand im Oktober 1989, kurz vor dem Fall der Berliner Mauer statt.

Heutige Situation

Der Neue Markt wurde Ende der 1960er Jahre in den als begrünte Freifläche neugestalteten weiträumigen Bereich zwischen der Karl-Liebknecht-Straße, der Spandauer Straße und der Rathausstraße einbezogen und ist als eigenständiger Platz im heutigen Stadtgrundriss nicht mehr ersichtlich. Das Gelände wurde durch Aufschüttungen um etwa 1,50 m höhergelegt, wobei der Höhenunterschied im Bereich der nunmehr über hinabführende Stufen erreichbaren und seitdem "tiefergelegt" wirkenden Marienkirche erkennbar ist. Die bis über das Erdgeschoss zugeschütteten und planierten Reste der für die Stadtumgestaltung abgerissenen Gebäude liegen unter dem heutigen Pflaster. Mit der städtebaulichen Neugestaltung und der Enteignung des Privateigentums an Grund und Boden wurden zahlreiche nur kriegsbeschädigte Gebäude, die bis Ende der 1960er Jahre in Funktion waren, abgerissen und das Stadtbild völlig verändert.

Quellen

  • Architekt Dr. Helmut Maier, Berlin

Literatur

Weblinks

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