Niederländisch-Westindische Kompanie

Niederländisch-Westindische Kompanie
Das Westindienhaus in Amsterdam, Hauptquartier der Kompanie von 1623 bis 1647 in einer Darstellung von 1655
Das Westindienhaus heute
Ehemaliges Lagerhaus der Kompanie in Amsterdam

Die Niederländische Westindien Kompanie (niederl.: Geoctroyeerde West-Indische Compagnie, häufig kurz WIC), die im deutschsprachigen Raum allgemein unter dem Namen Niederländische Westindische Gesellschaft bekannt wurde, war eine niederländische Handelskompanie, der am 3. Juni 1621 durch die Republik der Sieben Vereinigten Niederlande ein exklusives Handelspatent (Monopol) für den Handel in Westafrika und Amerika zugesprochen wurde. Diese Charta sollte jeglichen Wettbewerb zwischen den verschiedenen Handelsplätzen unterbinden.

Inhaltsverzeichnis

Organisation der WIC, eroberte Gebiete

Die WIC wurde nach dem Vorbild der Niederländischen Ostindien-Kompanie (VOC) organisiert. Sie bestand aus fünf Kammern:

Das Unternehmen wurde von den Herren XIX (neunzehn) geleitet, ein Gremium das abwechselnd in Amsterdam und Middelburg tagte.

Die bemerkenswerteste Leistung der Gesellschaft war 1624 die Gründung der Kolonie Neu-Niederland (Nieuw Nederland), einschließlich der 1626 auf der Südspitze von Manna-hata errichteten Stadt Neu-Amsterdam (Nieuw Amsterdam), heute New York. Andere Gründungen sind Breukelen, heute Brooklyn, Hoboken, Connecticut, Delaware, New Jersey und Niederländisch-Guayana an der Nordküste von Südamerika. Ein gescheiterter Versuch, den Portugiesen Brasilien zu entreißen, endete nach einem 30-jährigen Krieg, siehe Niederländisch-Brasilien. In Westafrika betrieb die Gesellschaft einige befestigte Handelsstützpunkte im heutigen Ghana, zum Beispiel das Fort Batensteyn.

Die Kolonisation von Neu-Niederland kam allerdings nicht weit. Einerseits aufgrund der erbitterten Rivalität mit England, das 1664 Neu-Niederland eroberte, andererseits durch Schwierigkeiten, Siedler für die Kolonie zu begeistern. Die Politik der Gesellschaft sah vor, den Leuten, die Siedler in die Kolonie gebracht hatten, weitreichende Vollmachten über diese zu garantieren.

Im Gründungsvertrag der Niederländischen Westindischen Gesellschaft wurde festgeschrieben, einem Frieden zwischen den Niederlanden und Spanien entgegenzuwirken. Dies geschah zu dem Geschäftszweck, bewaffnete Überfälle auf spanische Silberflotten durchzuführen.

Die „Zweite WIC“ wird gegründet

Im Jahre 1671 lief die Charta der WIC ab, wurde aber einige Male vorläufig verlängert. 1674 wurde die Kompanie dann komplett umorganisiert. Das Kapital wurde um ein Fünftel des ursprünglichen Betrages, auf 1.2 Millionen Gulden zurückgebracht und die Herren XIX wurden auf zehn Sitze reduziert. Auch die neue Charta (Octrooi) von 1674 wurde einschneidend geändert. Hierin war jetzt nur noch von einem Handelsmonopol auf die Küste von Afrika und den Besitzungen in Essequibo, Pomeroon (Bestandteile von Niederländisch-Guayana), Curaçao, Aruba und Bonaire die Rede. De facto konzentrierte sich die Tweede Geoctroyeerde West-Indische Compagnie hauptsächlich auf den Sklavenhandel mit Afrika.

Sklavenhandel

In der Periode von 1674 bis 1740 waren für die Kompanie 383 Sklavenschiffe auf Fahrt. Die Organisation der Sklavenfahrten lag bei verschiedenen Kammern der WIC, die dafür spezielle Ausschüsse bestimmt hatte. Die sogenannte „Dreiecksfahrt“ begann in einer der niederländischen Häfen mit als erstem Ziel die afrikanische Westküste. Hier waren vor allem die niederländischen Festungen, Fort Elmina und Fort Accra Anlegestellen.

An die Beschaffenheit von Sklaven wurden genaue Forderungen gestellt. Als akzeptabel und annehmbar galten Sklaven, die nicht blind oder lahm waren und keine ansteckende Krankheiten hatten. Weiter wurde bestimmt, welches Alter sie haben mussten und was ihr Marktwert war. Vollwertige Sklaven waren 15-36 Jahre alt. Waren sie älter als 36 Jahre, wurden sie als nicht rentabel für den Transport angesehen. Sklaven im Alter von 6-15 Jahren zählten als drei für den Preis von zwei - und im Alter von 2-6 Jahren zwei für den Preis von einem. Für einen Sklaven mussten kontraktlich zweihundert Gulden (ungefähr der Jahreslohn eines Arbeiters) bezahlt werden. Pflanzer von Zuckerrohrplantagen bekamen Preisnachlässe. Die Rechnungsbegleichung musste zu einem Drittel in Zucker und sollte vierzehn Tage nach Übernahme der gekauften Sklaven erfolgen. Hiervon war der Zuckeranteil wichtiger als das Geld, welches eventuell auch später entrichtet werden konnte.

Die größten Sklavenschiffe waren mit fünfzehn bis zwanzig Kanonen bestückt, hatten eine Bemannung von 45–60 Personen und transportierten rund 500–600 Sklaven. Die durchschnittliche Reisedauer belief sich auf 516 Tage (einschließlich Aufenthalts in Afrika, Amerika und Rückreise in die Republik).

Auf der Rückreise nahmen die WIC-Schiffe Stapelprodukte wie Zucker mit in die Niederlande, um dann erneut nach West-Afrika, Amerika und zurück zu segeln (daher auch „Dreiecksfahrt“ genannt).

Preußen und die WIC

Der preußische König Friedrich Wilhelm I. verkaufte der Gesellschaft seine afrikanischen Besitzungen, unter anderem das von Kurbrandenburg gegründete Groß Friedrichsburg, in Staatsverträgen von 1717 und 1720.

Die „Zweite WIC“ wird aufgehoben

Als Folge rückläufiger Einkünfte und finanzieller Probleme wurde die Kompanie endgültig im Mai 1791 aufgehoben.

Literatur

  • Dantzig, A. van: Het Nederlandse aandeel in de slavenhandel, Bussum 1968, Van Dishoeck N.V.
  • Emmer, P.C.: De Nederlandse slavenhandel 1500-1850, Amsterdam u. Antwerpen 2000, De Arbeiderspers. ISBN 9029515090
  • Heijer, Henk den: De geschiedenis van de WIC, Zutphen 1994, Walburg Pers. ISBN 9060119126
  • Wellenreuther, Hermann: Niedergang und Aufstieg: Geschichte Nordamerikas vom Beginn der Besiedlung bis zum Ausgang des 17. Jahrhunderts, Hamburg 2000, LIT Verlag. ISBN 3825844471

Siehe auch


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