Arthur Axmann

Arthur Axmann
Artur Axmann bei einem Verhör in Nürnberg, 16. Oktober 1947

Artur Axmann alias Erich Siewert (* 18. Februar 1913 in Hagen/Westf., † 24. Oktober 1996 in Berlin) war ein nationalsozialistischer Funktionär und Reichsjugendführer in der Zeit des Nationalsozialismus.

Inhaltsverzeichnis

Leben

1913–1931: Kindheit und Jugend

Axmann, Jüngster von fünf Geschwistern, zog 1916 mit der Familie nach Berlin-Wedding, wo sein Vater bis zu seinem Tod 1918 als Versicherungsangestellter arbeitete. 1919 eingeschult, wurde Axmann 1921 wegen herausragender schulischer Leistungen in eine Förderklasse versetzt und wechselte 1922 in eine Oberrealschule, für die er ein Stipendium erhalten hatte.

Im November 1928 trat Axmann in die Hitler-Jugend (HJ) ein, nachdem er am 14. September dieses Jahres durch eine Ansprache von Joseph Goebbels auf die Nationalsozialisten aufmerksam geworden war. Kurz darauf wurde er HJ-Führer im Bezirk Wedding und aktives Mitglied des NS-Schülerbundes, den er 1931 nach seinem Abitur wieder verließ.

1931–1942: Funktionär der Reichsjugendführung und HJ

An der Berliner Universität studierte Axmann Volkswirtschaft, Staats- und Rechtswissenschaft. Nachdem seine Mutter im Sommer 1931 arbeitslos geworden war, unterbrach er das Studium, um zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Im September 1931 trat er in die NSDAP ein, 1932 wurde er in die Reichsleitung der HJ berufen und übernahm die Organisation der Betriebs- und Berufsschulzellen.

Ab Mai 1933 war Axmann Gebietsführer und Leiter des Sozialen Amts der Reichsjugendführung, im November 1934 übernahm er die Führung der HJ in Berlin, im Juli 1936 wurde er Leiter des Reichsberufswettkampfes.

1939/40 nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs verlor Axmann als Soldat den rechten Arm. Am 1. Mai 1940 wurde er Stellvertreter des Reichsjugendführers Baldur von Schirach und am 8. August 1940 dessen Nachfolger. Er trieb die militärische Organisation der HJ voran, widmete den HJ-Streifendienst zu einer Nachwuchs- und Rekrutierungsorganisation für die Waffen-SS um. Seit Oktober 1941 war er Mitglied des Reichstages, Wahlkreis Ostpreußen.

1943–1945: Kriegsengagement

Auf eine Idee Axmanns ging die Aufstellung der 12. SS-Panzer-Division „Hitlerjugend“ zurück, die 1943 aus Freiwilligen der Hitlerjugend, mehrheitlich 17 Jahre alt, gebildet wurde. Hitler begrüßte Axmanns Initiative und erwartete von derartigen Divisionen, dass sie „sich phantastisch schlagen werden, weil die einen wunderbar idealistischen Geist haben“.[1] Die SS-Division wurde später bei der Invasion der Alliierten in der Normandie eingesetzt.

In den letzten Kriegswochen kommandierte Axmann improvisierte Einheiten der HJ als Teil des Volkssturms zum Einsatz gegen die sowjetische Armee auf den Seelower Höhen und beim Endkampf um Berlin, letzteres von seinem Befehlsstand im Gebäude der Reichsjugendführung am Kaiserdamm. Kurz nach dem Suizid Hitlers am 30. April 1945 verließ er zusammen mit Martin Bormann den Führerbunker und floh aus Berlin. Nach Aussage des SS-Offiziers Johann Rattenhuber soll er zuvor noch die Pistole, mit der sich Hitler erschossen hatte, an sich genommen haben.

1945–1958: Prozesse

Nach dem Krieg wurde Axmann offiziell für tot erklärt, lebte jedoch unter dem Decknamen Erich Siewert unerkannt in Mecklenburg-Vorpommern, bis er im Dezember 1945 in Lübeck verhaftet wurde, nachdem er Kontakt zu ehemaligen Funktionären der HJ und der NSDAP aufgenommen hatte.

Sämtliche Schriften Axmanns wurden in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[2]

Im Oktober 1946 wurde Axmann kurzzeitig aus der Haft entlassen, im Juli 1947 jedoch erneut inhaftiert und verhört. Im April 1949 wurde er im Entnazifizierungsverfahren als Hauptschuldiger zu über drei Jahren Arbeitslager verurteilt, auf die jedoch die Untersuchungshaft angerechnet wurde. Anschließend hatte er nach britischen Geheimdienstunterlagen Kontakte zur sogenannten „Bruderschaft“, einer Untergrundorganisation aus ehemaligen NS-Funktionären und Offizieren, der auch Karl Kaufmann angehörte.[3] Am 19. August 1958 verurteilte ein Berliner Gericht Axmann wegen „Verhetzung der Jugend“ zu einer Geldstrafe von 35.000 DM, die Axmann durch den Verkauf mehrerer Berliner Grundstücke aufbringen konnte.

1950–1996

Ein von Axmann gegründetes Handelsunternehmen musste 1960 wegen schlechter Auftragslage schließen. Von 1971 bis 1976 plante er auf Gran Canaria für ein spanisches Unternehmen ein Freizeitzentrum. Nach 1976 lebte er in Berlin, zog sich ab 1985 aus dem Berufsleben zurück und arbeitete an seinen Memoiren, die 1995 unter dem Titel Das kann doch nicht das Ende sein erschienen.

Gegen Ende seines Lebens kam Axmann noch einige Male in mehreren TV-Dokumentarsendungen zum Themenbereich Zweiter Weltkrieg und „Drittes Reich“ als Zeitzeuge zu Wort. Darin gestand er unter anderem ein, den Vorwurf, einem System gedient zu haben, „in dem auch Verbrechen vorgekommen sind“, nicht bestreiten zu können.

Am 24. Oktober 1996 starb Axmann im Alter von 83 Jahren in Berlin.

Schriften

  • Olympia der Arbeit. Arbeiterjugend im Reichsberufswettkampf. Junker und Dünnhaupt Verlag, Berlin 1937.
  • Der Reichsberufswettkampf. Junker & Dünnhaupt, Berlin 1938.
  • Schicksalsjahre der Hitlerjugend. Heitz und Höffkes, Essen 1992, ISBN 3-926650-67-2.
  • Das kann doch nicht das Ende sein. Verlag Siegfried Bublies, Koblenz 1995. ISBN 3-926584-33-5 (spätere Aufl. unter dem Titel Hitlerjugend).

Literatur

  • Ernst Klee: Artur Axmann. In: Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Aktualisierte Ausgabe. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-16048-0, S. 21 f.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. In einer Besprechung am 26. Juli 1943 mit Generalfeldmarschall Günther von Kluge, zitiert bei Peter Lieb: Konventioneller Krieg oder NS-Weltanschauungskrieg? Kriegführung und Partisanenbekämpfung in Frankreich 1943/44. Oldenbourg, München 2007, ISBN 978-3-486-57992-5, S. 114.
  2. http://www.polunbi.de/bibliothek/1946-nslit.html
  3. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, S. 22, Quelle: BA N 1080/272.

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